leitartikel - Zahnärztekammer Niedersachsen
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10<br />
Die Infektionsgefährdung<br />
hat einen quantitativen<br />
Aspekt. Quantitativ ist<br />
einmal epidemiologisch<br />
aufzufassen, also wie groß<br />
sind Inzidenz und<br />
Prävalenz der infrage<br />
kommenden Infektionen.<br />
Allgemein gilt: Je höher<br />
der Durchseuchungsgrad,<br />
desto größer ist die<br />
Infektionsgefahr. Quantitativ<br />
bedeutet aber auch,<br />
den Infektionsstatus des<br />
Betreffenden einzukalkulieren,<br />
denn die Anzahl<br />
der Erreger ist in<br />
verschiedenen Phasen der<br />
Erkrankung durchaus<br />
unterschiedlich, weshalb<br />
auch die Gefahr, die vom<br />
Infizierten ausgeht,<br />
unterschiedlich zu<br />
bewerten ist. Besonders<br />
krasse Unterschiede gibt<br />
es bei der HIV-Infektion,<br />
wo Phasen hoher Virämie<br />
mit solchen abwechseln,<br />
bei denen nur wenige<br />
oder gar keine Viren im<br />
Blut nachzuweisen sind.<br />
ZAHNÄRZTLICHE<br />
NACHRICHTEN<br />
NIEDERSACHSEN 5/00<br />
INFEKTIONSRISIKEN<br />
IN DER<br />
ZAHNÄRZTLICHEN PRAXIS<br />
Was ist zu tun nach einer Verletzung?<br />
Qualitativ bedeutet: Um was für<br />
einen Erreger handelt es sich?<br />
Es gibt solche mit sehr geringem<br />
(z.B. HIV) und andere mit extrem hohem<br />
(z.B. HBV) Infektionspotential.<br />
Qualitativ heißt aber auch, daß sich die<br />
Erreger, was ihre potentielle Viruzidie<br />
anbelangt, ständig verändern, so daß<br />
je nach ihrem Wirtsorganismus die Infektionsgefahr,<br />
die von ihnen ausgeht,<br />
sehr unterschiedlich ist. Diese ständigen<br />
Erregermutationen sind z.B. der<br />
wesentliche Grund dafür, daß es bis<br />
heute keinen Impfschutz gegen HIV<br />
gibt. (Das erdrückende Problem zunehmend<br />
resistenter Bakterien- und Virusstämme<br />
würde den Rahmen dieses Beitrages<br />
bei weitem sprengen!) Unter<br />
dem Begriff qualitativ fällt auch der<br />
Zustand des Immunsystems des Infektionsgefährdeten.<br />
Bekanntermaßen<br />
sind wir nicht immer gleich anfällig für<br />
eine Infektion. Hier können wir selber<br />
ansetzen, indem wir durch entsprechende<br />
Maßnahmen unser Immunsystem<br />
stärken und/oder Schutzimpfungen<br />
in Anspruch nehmen.<br />
Ich werde mich in diesem Beitrag auf<br />
die Gefahren beschränken, die durch<br />
die Hepatitis-B und -C sowie durch die<br />
HIV-Infektion und AIDS verursacht<br />
sind. Die Sonderstellung, welche diese<br />
Erkrankungen in unserem Zusammenhang<br />
einnehmen, resultiert aus den<br />
häufig oder immer chronischen Verläufen,<br />
mit entsprechend schwerwiegenden<br />
gesundheitlichen Konsequenzen.<br />
Ein paar Updates zu diesen Seuchen:<br />
1. HIV und AIDS<br />
1.1 Inkubationszeit<br />
9 bis 12 Jahre in den Industrieländern,<br />
nach 12 bis 15 Jahren haben 60 % der<br />
Infizierten das Vollbild von AIDS entwickelt,<br />
die restlichen 40 % werden<br />
nach einer maximalen Inkubationszeit<br />
von 20 bis 30 Jahren an AIDS erkranken.<br />
Schlußfolgerungen aus der<br />
variablen Inkubationszeit:<br />
• Die Dauer der Epidemie wird sich<br />
wahrscheinlich über viele Jahrzehnte<br />
erstrecken.<br />
• Die AIDS-Inzidenz spiegelt die HlV-<br />
Inzidenz von vor vielen Jahren wider.<br />
1.2 Epidemiologie<br />
Weltweit geht die WHO im Jahre 2000<br />
von 40 Millionen HIV-Infizierten aus,<br />
davon über 90 % in den Entwicklungsländern.<br />
Die vorhergesagte AIDS-Inzidenz<br />
beläuft sich dann auf 10 Millionen.<br />
Deutschland (Stand 30.6.1998):<br />
AIDS-Fälle= 17.490, HIV-1 = 84.128,<br />
HIV-2 = 453.<br />
Während sich weltweit AIDS zur<br />
führenden Todesursache bei Erwachsenen<br />
im Alter von 25 bis 44 Jahren entwickelt,<br />
ist in der BRD das Ausmaß der<br />
Epidemie vergleichsweise moderat geblieben.<br />
Es leben hier z.Z. etwa 35.000<br />
bis 40.000 HIV-Infizierte, wovon 5.000<br />
das Vollbild von AIDS entwickelt haben.<br />
Man geht davon aus, daß sich<br />
jährlich etwa 2.000 Personen neu anstecken,<br />
50 % gehen zu Lasten der Homo-<br />
und Bisexuellen, die heterosexuelle<br />
Übertragung wird auf 17 % und die<br />
bei Drogenabusus (Needlesharing) auf<br />
14 % geschätzt.<br />
1.3 Infektionsgefährdung<br />
Vorab einige Anmerkungen<br />
zum Speichel:<br />
Es konnte nur bei 10 % der untersuchten<br />
Patienten eine geringe Virusmenge<br />
festgestellt werden (einschließlich solcher<br />
mit periodontalen Erkrankungen).<br />
Die Ursache liegt in der Anwesenheit<br />
von Hemmstoffen, die von den Speicheldrüsen<br />
in die Mundhöhle sezerniert<br />
werden. Eine Übertragung durch<br />
Speichel ohne Blutkontamination<br />
konnte bisher nicht nachgewiesen<br />
werden. Auch bei Exposition mit Tropfen<br />
und Ärosolen aus nicht mit Blut<br />
kontaminiertem Speichel ist das Infektionsrisiko<br />
gering.