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leitartikel - Zahnärztekammer Niedersachsen

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Im medizinischen Bereich erfolgt die<br />

Übertragung durch perkutane Exposition,<br />

also Nadelstich- und andere Verletzungen<br />

durch chirurgische bzw. scharfkantige<br />

Instrumente, Kontamination<br />

von Wunden oder nicht intakter Haut,<br />

sowie mukokutaner Exposition, also<br />

Schleimhautkontakt.<br />

1.4 Risikofaktoren<br />

bei perkutaner Exposition<br />

• Tiefe Verletzungen<br />

• Hohlnadeln (z.B. Injektionsnadeln)<br />

• End- oder fortgeschrittenes Stadium<br />

des HIV-Infizierten<br />

• Keine postexpositionelle Chemoprophylaxe.<br />

Nach heutigem Wissensstand liegt das<br />

Infektionsrisiko bei einer einmaligen<br />

perkutanen HIV-Infektion bei 0,3 %<br />

und bei einer mukokutanen bei<br />

0,09 %. Damit liegt das Risiko weit unter<br />

dem einer Hepatitis-B Infektion,<br />

das mit 27 - 43 % (andere Quellen<br />

6 - 30 %) und einer Hepatitis-C Infektion,<br />

das mit 3 -10 % (andere Quellen<br />

2 - 3%) angegeben wird.<br />

1.5 Vorgehen bei einer<br />

perkutanen HlV-Exposition<br />

1. Blutungsprovokation bis zur<br />

Schmerzgrenze um Fremdmaterial aus<br />

dem Stichkanal zu eliminieren (≥ 1 Minute).<br />

2. Bei Kontamination von Wunden und<br />

Schleimhäuten diese gründlich mit<br />

Wasser spülen und/oder 0,89 %iger<br />

NaCl-Lösung, eventuell auch PVP-Iod-<br />

Lösung.<br />

3. Desinfektion: Am besten mit jodhaltigen<br />

Präparaten auf Ethanolbasis: Ethanolische<br />

Iodophorlösung (z.B. Betaseptic®).<br />

4. Einleitung einer Chemoprophylaxe<br />

als 2-er oder 3-er Kombination (Cave<br />

Proteinase-Inhibitoren bei Schwangeren).<br />

Muß innerhalb von 30 - 60 Minuten<br />

erfolgen. (Nach Schleimhautexposition<br />

wahrscheinlich nach 72 Std.<br />

nach perkutaner oder intravenöser Exposition<br />

nach 24 Std. wirkungslos).<br />

Über mindestens 4 Wochen, länger<br />

wenn erst nach einer Stunde begonnen<br />

wurde. Die Wirksamkeit ist nicht erwiesen.<br />

5. Meldung beim D-Arzt.<br />

6. Sorgfältige Patientenanamnese. Besonders<br />

wichtig: Sind bereits therapeutische<br />

Maßnahmen erfolgt?<br />

(s. Punkt 4.!).<br />

7. Sofortiger HIV-Test, sog. Nullprobe.<br />

Es soll hierdurch eine zum Zeitpunkt<br />

der Kontamination bestehende HIV-Infektion<br />

ausgeschlossen werden. Sehr<br />

wichtig, um eine spätere Anerkennung<br />

als Berufskrankheit zu erreichen.<br />

8. Wiederholung des Tests nach 2, 3, 6<br />

und 12 Monaten.<br />

1.6 Wechselwirkung<br />

mit anderen Erkrankungen<br />

Neben venerischen Erkrankungen ist<br />

vor allem die Tuberkulose zu erwähnen:<br />

Die HIV-Infektion ist heute der<br />

größte bekannte Risikofaktor für die<br />

Reaktivierung einer latenten TBC. Wir<br />

haben in der BRD mit 15 Fällen pro<br />

100.000 Einwohner eine sehr niedrige<br />

TBC-Inzidenz, weltweit ist die Tuberkulose<br />

aber eine wichtige Quelle von<br />

Morbidität und Mortalität mit steigender<br />

Tendenz. Bei uns ist z.Z. keine Zunahme<br />

resistenter Stämme zu beobachten,<br />

deren Anteil von 1991-1996<br />

konstant bei 5 %lag. Es mehren sich<br />

aber die Anzeichen, daß mit einem Anwachsen<br />

zu rechnen ist, die TBC ist auf<br />

dem besten Weg, durch Erregerresistenzen<br />

wieder zu einer unheilbaren<br />

Krankheit zu werden. Die Impfung ist<br />

aus bisher ungeklärten Gründen nicht<br />

sicher wirksam: Sie reicht von keinem<br />

bis zu einem 80 %igen Schutz, im<br />

Durchschnitt aller Studien beträgt die<br />

Wirksamkeit etwa 50 %, wobei zu beachten<br />

ist, daß die Schutzwirkung weniger<br />

in einer Verhinderung der Infektion<br />

als in einer Vermeidung schwerer<br />

Krankheitsverläufe besteht. Vorgehen<br />

nach Tuberkuloseexposition: Tuberkulintest<br />

bei negativem Vorbefund 8<br />

Wochen nach der Exposition. Fällt der<br />

Hauttest negativ aus, ist ebenso wie<br />

bei einem positiven Vorbefund keine<br />

Prophylaxe erforderlich. Bei deutlicher<br />

Hauttest-Konversion Einleitung einer<br />

prophylaktischen Therapie, wenn eine<br />

akute Erkrankung ausgeschlossen werden<br />

kann.<br />

1.7 HIV-Infektion und Hepatitis<br />

Bei einer Reihen-Biopsie-Untersuchung<br />

an 501 HIV-Infizierten ergab sich, daß<br />

36,2 % mit HCV und 50,2 % mit HBV<br />

infiziert waren (Quelle: Douglas T. Dieterich,<br />

M.D.).<br />

1.8 Schlußbemerkung<br />

Die HIV-Infektion gehört zu den<br />

schwer übertragbaren Krankheiten. Es<br />

ist aber in Betracht zu ziehen, daß diese<br />

Patienten an zahlreichen anderen<br />

opportunistischen Infektionen leiden,<br />

so daß nicht nur die Gefahr der HIV-<br />

Übertragung besteht. Der Behandler ist<br />

auch einem erhöhten Risiko ausgesetzt,<br />

sich mit anderen Keimen zu infi-<br />

zieren, die möglicherweise durch Mutationen<br />

im Wirtsorganismus therapieresistent<br />

geworden sind.<br />

2. Hepatitiden<br />

E inige<br />

Anmerkungen zu den Hepatitiden<br />

allgemein: Man spricht bereits<br />

von einer „Alphabetkrankheit“,<br />

denn mittlerweile ist man schon<br />

beim Buchstaben „G“ angelangt. (Die<br />

Hepatitis-GB wurde erst im Januar<br />

1996 entdeckt. Sie wird durch drei verschiedene<br />

Viren ausgelöst, die Ähnlichkeit<br />

mit dem HCV haben!) Man schätzt,<br />

daß etwa 500.000 Patienten in<br />

Deutschland wegen einer chronischen<br />

Lebererkrankung in ambulanter Behandlung<br />

sind. Die Zahl der symptomlosen<br />

und nicht diagnostizierten Fälle<br />

ist sicherlich erheblich höher. Experten<br />

gehen von 2,5 Millionen Leberkranken<br />

in der BRD aus, Tendenz steigend. Die<br />

Leberzirrhose (350.000 geschätzte Fälle,<br />

davon 40 - 60 % nicht durch ROH-<br />

Abusus bedingt!) ist bei den 20- bis<br />

45jährigen die häufigste Todesursache.<br />

Etwa 30.000 meist jüngere Patienten<br />

sterben in Deutschland jährlich an einer<br />

Lebererkrankung.<br />

2.1 Hepatitis-B<br />

Auch hier ein paar Vorabinformationen<br />

und Updates: Die Inkubationszeit beträgt<br />

40 bis 160 Tage, die Ausheilungschancen<br />

sind gut, nur 5 bis 10 %<br />

aller Fälle führen zu einer chronischaggressiven<br />

Hepatitis. Weltweit gibt es<br />

über 300 Millionen chronisch Kranker<br />

mit der Option einer Leberzirrhose<br />

oder eines hepatozellulären Karzinoms.<br />

Das Risiko, an einem derartigen Tumor<br />

zu erkranken, ist 300 mal höher, als bei<br />

jemandem, der nicht mit dem HBV infiziert<br />

ist. Dieser Personenkreis stellt<br />

ein dauerhaftes Virusreservoir und somit<br />

eine permanente Infektionsquelle<br />

dar. Das HBV ist an etwa 50 bis 60 %<br />

aller Virushepatitiden beteiligt. Die<br />

Durchseuchung in der BRD liegt bei<br />

etwa 5 bis 6 %, die Zahl der jährlichen<br />

Neuinfektionen wird auf 20 bis 50.000<br />

geschätzt, davon 5.000 Kinder zwischen<br />

5 und 14 Jahren. Die jährliche<br />

Todesrate liegt bei ca. 1.000.<br />

Im Gegensatz zum HIV-Kranken ist der<br />

Speichel eines HB-Infizierten sicher infektiös,<br />

(Kußkrankheit) . Hauptsächlich<br />

wird die Erkrankung aber durch GV<br />

übertragen, weshalb wegen der häufiger<br />

wechselnden Sexualpartner besonders<br />

die 15- bis 25jährigen betroffen<br />

sind. Hinsichtlich der Behandlung<br />

zeichnen sich Fortschritte ab: Das bisher<br />

nur in der HIV- und AIDS-Therapie<br />

ZAHNÄRZTLICHE<br />

NACHRICHTEN<br />

NIEDERSACHSEN 5/00<br />

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