leitartikel - Zahnärztekammer Niedersachsen
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Totale Prothese<br />
D ie<br />
Totalprothese ist ein Musterbeispiel<br />
dafür, daß nicht, wie<br />
durch die Kette der klinischen<br />
Verrichtungen, der Werkstoffe und der<br />
labortechnischen Arbeiten schon dargestellt,<br />
einem einzelnen Schritt eine<br />
Sonderstellung für den Erfolg zuzusprechen<br />
ist, sondern daß das harmonische<br />
Zusammenfügen aller Schritte<br />
erst zu einem funktionstüchtigen Ersatz<br />
führt.<br />
Funktionsabformung: Bis Mitte der<br />
50er Jahre wurde die Basis der unteren<br />
Prothese nicht über die Gingiva propria<br />
(heute attached Gingiva) ausgedehnt.<br />
Sie war daher entsprechend<br />
schmal (Abb. 28).<br />
Im Oberkiefer wurde der Funktionsrand<br />
mit Hilfe von Grünkerr mundoffen<br />
passiv geformt. Dann erreichte uns etwa<br />
1955 von Amerika via Wien die von<br />
Slack inaugurierte Mucoseal-Methode.<br />
Abb.28) Schmale Basis einer totalen Unterkieferprothese<br />
oben links.<br />
Extendierte Basis links unten.<br />
WANDEL UND<br />
STRÖMUNGEN IN DER<br />
PROTHETISCH<br />
RESTAURATIVEN<br />
ZAHNHEILKUNDE<br />
DER VERGANGENEN<br />
40 JAHRE<br />
(Teil 3)<br />
Prof. Dr. R. Marxkors<br />
Es handelte sich um ein absolut<br />
myostatisches Verfahren, wobei besonderer<br />
Wert auf die ebenfalls myostatisch<br />
geformte sublinguale Rolle gelegt<br />
wurde, die den vorderen muskelarmen<br />
Sublingualraum ausfüllte.<br />
Aus der myostatischen Abformung resultierte<br />
eine Ausdehung der Basis weit<br />
über die Null-Linie hinaus. Man sprach<br />
von der Extensionsprothese. Die Basis<br />
war sehr voluminös, was Karikaturisten<br />
zu entsprechenden Darstellungen reizte.<br />
Die Überdehnung stand natürlich<br />
der Funktion entgegen. Deshalb wurden<br />
die Ränder in fünf Korrekturschliffen<br />
in Raten zurückgeschliffen. Dieses<br />
Vorgehen war sehr mechanistisch.<br />
Dennoch: die Extensionsprothese<br />
brachte in der Tat eine Verbesserung<br />
des Prothesenhaltes gegenüber der<br />
mukostatischen Prothese (Abb. 28).<br />
Bei einem Kursus über die Mucoseal-<br />
Methode sagte damals ein älterer Kollege<br />
in einem emotionellen Anflug:<br />
„Daß ich das noch erleben darf, daß<br />
nun auch das Problem der totalen Unterkieferprothese<br />
gelöst ist.“ Nun, die<br />
Mucosealära kam, das Problem der totalen<br />
Unterkieferprothese ist geblieben.<br />
Die Mucoseal-Methode hatte aber unstrittig<br />
ihr Gutes. Die Extension der<br />
Basis über die Null-Linie hinaus hatte<br />
sich endgültig durchgesetzt. Durch die<br />
Korrekturschliffe wurde aber auch dokumentiert,<br />
daß man die Ausdehnung<br />
der Basis der Funktion anpassen mußte.<br />
Weiterhin wurde deutlich, daß man<br />
der Funktion nicht durch schematische<br />
Schliffe gerecht werden kann, daß<br />
vielmehr der Patient selbst das Abformmaterial<br />
durch Muskelanspannung<br />
formen muß. Es kam im wahrsten Sinne<br />
des Wortes Bewegung in die Funktionsabformung.<br />
Die unterschiedlichsten<br />
Methoden wuchsen wie Pilze aus<br />
dem Boden: Adheseal, X-3-N, Schreinemakers,<br />
Schluckabdruck, Xantopren<br />
function u.v.a.. Der Kauabdruck wurde<br />
reaktiviert. Allmählich vollzog sich der<br />
Übergang von den mundoffen-passiven<br />
Verfahren zu den mundgeschlos-<br />
a<br />
b<br />
Abb.29) Funktionsabformungen<br />
a) mundoffen passiv<br />
b) mundgeschlossen aktiv<br />
ZAHNÄRZTLICHE<br />
NACHRICHTEN<br />
NIEDERSACHSEN 5/00<br />
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