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Wechselwirkungen sehr langsamer hochgeladener Ionen mit einer ...

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<strong>Wechselwirkungen</strong> <strong>sehr</strong><br />

<strong>langsamer</strong> <strong>hochgeladener</strong> <strong>Ionen</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Si–Oberfläche<br />

Jens J. Ducrée<br />

Institut für Kernphysik<br />

Westfälische<br />

Wilhelms–Universität Münster<br />

Drucksatz: L ATEX 2ε<br />

April 1996


2 L


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 9<br />

2 Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong> 11<br />

2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

2.2 Potentialverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.2.1 Die Form der Äquipotentialflächen . . . . . . . . . . . 13<br />

2.2.2 Energieniveaus des Ions . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

2.2.3 Selbstanziehung des Ions . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.2.4 Gesamtpotential des Ions vor der Oberfläche . . . . . . 18<br />

2.3 Zeitskalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

2.4 Auger-Übergänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

2.4.1 Auger–Übergangsenergien . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

2.4.2 Auger–Linienintensitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

2.4.3 Coster–Cronig–Übergänge . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

2.4.4 Oberflächensensitivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.5 Elektronentransferprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.6 Die Screening Dynamics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3


4 INHALTSVERZEICHNIS<br />

2.7 Strahlungsübergänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

2.8 <strong>Wechselwirkungen</strong> im Kristall . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

2.8.1 Scale Matching an der Oberfläche . . . . . . . . . . . . 33<br />

2.8.2 XVV–Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

2.8.3 Stöße <strong>mit</strong> Rumpfatomen . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

3 Der experimentelle Aufbau 37<br />

3.1 Die EZR–<strong>Ionen</strong>quelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

3.2 Das Strahltransportsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

3.3 Die Abbremsoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

3.4 Das Auger–Elektronen–Spektrometer . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

3.5 Das <strong>Ionen</strong>spektrometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

3.5.1 Das Gegenfeldspektrometer . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

3.5.2 Simulation des Transmissionsverhaltens . . . . . . . . . 55<br />

3.5.3 Ergebnisse der Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

3.5.4 Das Ablenkspektrometer . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

3.5.5 Energiespektrum der <strong>Ionen</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

3.6 Targetpräparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

3.7 Augerelektronenspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

3.8 Die UHV–Kammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

3.9 Computeransteuerung und Meßwerterfassung . . . . . . . . . . 72<br />

4 Simulation der Autoionisationsspektren 77<br />

4.1 Der COWAN–Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78


INHALTSVERZEICHNIS 5<br />

4.1.1 Programmbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

4.1.2 Berechnung von Augerenergien . . . . . . . . . . . . . 78<br />

4.1.3 Berechnung der Autoionisationsraten . . . . . . . . . . 79<br />

4.2 Fehlerquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

5 Die Argon–Spektren 83<br />

5.1 Der LMM–Peak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

5.1.1 Beschreibung der Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

5.1.2 Winkelabhängigkeit der Messung . . . . . . . . . . . . 88<br />

5.1.3 Rekonstruktion der LMM–Linien . . . . . . . . . . . . 90<br />

5.1.4 Interpretation der Berechnungen . . . . . . . . . . . . . 92<br />

5.2 Der MXY–Buckel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

5.2.1 Die zeitliche Abfolge der MXY–Prozesse . . . . . . . . 94<br />

5.2.2 Winkelabhängigkeit des MNN–Peaks . . . . . . . . . . 95<br />

5.2.3 Energieabhängigkeit der MNN–Spektren . . . . . . . . 97<br />

5.3 Die 220eV–Stufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

5.3.1 Veränderung der Stufenform <strong>mit</strong> den experimentellen<br />

Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

5.3.2 Einbeziehung von Kristalleffekten . . . . . . . . . . . . 101<br />

5.3.3 Übergangsraten in einem freien Elektronengas . . . . . 103<br />

5.3.4 LVV–Übergangsenergien . . . . . . . . . . . . . . . . . 103<br />

5.4 Präparationsabhängigkeit der Spektren . . . . . . . . . . . . . 104<br />

5.4.1 Sauerstoff–Beschuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106<br />

5.4.2 Interpretation der Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . 107


6 INHALTSVERZEICHNIS<br />

5.5 Zusammenfassung und Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . 108<br />

6 Die Sauerstoff–Spektren 111<br />

6.1 Die hochenergetischen Peaks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

6.1.1 Rekonstruktion des KXY–Spektrums . . . . . . . . . . 113<br />

6.1.2 Winkel– und Energieabhängigkeit der Spektren . . . . 119<br />

6.2 Die LXY–Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126<br />

6.2.1 Simulation der Übergangsenergien . . . . . . . . . . . . 126<br />

6.2.2 Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129<br />

6.3 Das O 8+ –Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129<br />

6.4 Zusammenfassung und Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . 131<br />

7 Simulation der Kristallschädigung 133<br />

7.1 Der TRIM–Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133<br />

7.1.1 Programmbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134<br />

7.1.2 Modell der Stoßprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . 137<br />

7.2 Simulationsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138<br />

7.3 Ausblick auf technologische Anwendungen . . . . . . . . . . . 138<br />

8 Zusammenfassung und Ausblick 141<br />

A Atomare Einheiten 143<br />

B <strong>Ionen</strong>spektrometersimulation 145<br />

B.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145<br />

B.2 Der mathematische Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . 146


INHALTSVERZEICHNIS 7<br />

B.3 Reduktion der Dimension von Aij . . . . . . . . . . . . . . . . 147<br />

C AUGER-Meßprogrammcode 153


8 INHALTSVERZEICHNIS


Kapitel 1<br />

Einleitung<br />

Die ersten Arbeiten über die <strong>Wechselwirkungen</strong> <strong>langsamer</strong>, mehrfach geladener<br />

<strong>Ionen</strong> <strong>mit</strong> Oberflächen stammen aus dem Jahr 1954 von Hagstrum [22]. Er<br />

maß bei <strong>mit</strong>tleren Ladungszuständen q = 5 die Spektren der Sekundärelektronen<br />

und ihre Ausbeuten pro einfallendem Ion. Im Jahre 1973 führten<br />

Arifov et al. [11] ähnliche Experimente <strong>mit</strong> q ≤ 7 durch und verifizierten<br />

über theoretische Modellrechnungen die von Hagstrum vorgeschlagene Interpretation<br />

der Spektren. Danach werden die hochgeladenen <strong>Ionen</strong> vor der<br />

Abbildung 1.1: Hohle Atome Die Reneutralisation erfolgt über einen Elektronentransfer<br />

zwischen dem Valenzband des Festkörpers und den äußeren Rydbergniveaus<br />

des Ions.<br />

Oberfläche über das Leitungsband des Kristalls neutralisiert. Die Elektronen<br />

gelangen zunächst in die isoenergetischen Rydbergzustände, so daß für die<br />

kurze Zeit bis zu ihrem Eintritt in den Festkörperverbund besetzungsinver-<br />

9


10 1. Einleitung<br />

tierte, ≪hohle≫ Atome entstehen, siehe Abb.1.1. Vor etwa einem Jahrzehnt<br />

fand <strong>mit</strong> der Entwicklung <strong>sehr</strong> leistungsfähiger <strong>Ionen</strong>quellen und anderer experimenteller<br />

Techniken eine Wiederbelebung dieses <strong>sehr</strong> interessanten Forschungsgebiets<br />

statt.<br />

Unsere Gruppe ist zur Zeit in der Lage, <strong>mit</strong> Hilfe <strong>einer</strong> selbstentwickelten<br />

EZR–<strong>Ionen</strong>quelle [43] Ladungszustände bis hin zu q = 11 herzustellen. Die<br />

hochgeladenen <strong>Ionen</strong> können über eine Teilchenoptik in eine UHV–Kammer<br />

geleitet werden, wo sie bei Einschußenergien von wenigen eV <strong>mit</strong> dem Target<br />

wechselwirken. Dort werden Spektren der dabei im Rahmen <strong>einer</strong> Autoionisationskaskade<br />

e<strong>mit</strong>tierten Augerelektronen <strong>mit</strong> einem <strong>sehr</strong> effizienten<br />

Energieanalysator aufgenommen. Ein umfangreiches Kapitel wird den experimentellen<br />

Aufbau unserer Meßappartur und die Funktionsweise s<strong>einer</strong><br />

wichtigsten Komponenten beschreiben.<br />

Im Hauptteil dieser Arbeit werden diese erstmals systematisch bei <strong>sehr</strong> niedrigen<br />

<strong>Ionen</strong>energien erfaßten Spektren anhand einiger einfacher Modelle qualitativ<br />

diskutiert. Augerenergien und –Übergangsraten werden <strong>mit</strong> Hilfe eines<br />

Standard–Computercodes zur Atomstrukturberechnung bestimmt. Eine<br />

vollständige quantitative Rekonstruktion der Spektren ist jedoch aufgrund<br />

der Komplexität und des dynamischen Charakters der Ion–Oberflächenwechselwirkungen<br />

noch nicht durchführbar.<br />

Abschließend werden einige Simulationsergebnisse zur Veränderung der Kristallstruktur<br />

durch Ion–Targetatomstöße vorgestellt. Daraus ergeben sich einige<br />

potentielle technologische Anwendungsgebiete für Strahlen <strong>langsamer</strong>,<br />

<strong>hochgeladener</strong> <strong>Ionen</strong>.


Kapitel 2<br />

Fundamentale<br />

<strong>Wechselwirkungen</strong><br />

In diesem Kapitel werden im Rahmen einfacher Modelle die wesentlichen<br />

Aspekte der <strong>Wechselwirkungen</strong> von langsamen hochgeladenen <strong>Ionen</strong> <strong>mit</strong> Oberflächen<br />

vorgestellt. Bisher veröffentlichte Arbeiten berufen sich zum Großteil<br />

auf die aus diesen Modellen abgeleiteten Formeln, <strong>mit</strong> deren Hilfe zahlreiche<br />

Eigenschaften der beobachteten Spektren zumindest qualitativ erklärt<br />

werden können. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existieren noch keine Simulationsergebnisse,<br />

bei denen die Reneutralisations– und Abregungsprozesse unter<br />

Einbeziehung dynamischer und quantenmechanischer Effekte vollständig<br />

durchgerechnet wurden. Einige Gruppen haben entsprechende Projekte in<br />

Arbeit [40].<br />

2.1 Überblick<br />

Zunächst wird im folgenden Abschnitt auf die gegenüber dem Vakuum veränderten<br />

Potentialverhältnisse des Ions vor der Kristalloberfläche eingegangen.<br />

Das positiv geladene Ion induziert im Kristall eine Ladungsschicht entgegengesetzten<br />

Vorzeichens. Einerseits erfährt es dadurch eine zusätzliche Beschleunigung<br />

senkrecht zur Kristalloberfläche. Andererseits verschieben sich<br />

die energetischen Positionen der atomaren Energieniveaus des Ions. Daraus<br />

ergeben sich wichtige Konsequenzen für den Zeitablauf der Wechselwirkun-<br />

11


12 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

gen vor der Oberfläche.<br />

Mit Annäherung an die erste atomare Schicht des Kristalls spürt das Ion<br />

immer stärker die abgeschirmten Coulomb–Potentiale jedes einzelnen Targetatoms.<br />

Die weit vor dem Kristall noch planaren Äquipotentialflächen weichen<br />

dort immer stärker von der ebenen Struktur ab und wellen sich <strong>mit</strong><br />

der Periodizität der Gitterkonstanten auf, was sich insbesondere bei kleinen<br />

Einschußenergien auf die Trajektorien der einfallenden Teilchen auswirkt.<br />

Anschließend werden einige fundamentale Elektronentransferprozesse<br />

zwischen Kristallniveaus und atomaren<br />

Zuständen des Ions besprochen. Im Abstand einiger 10˚A<br />

vor der ersten Kristallschicht sorgen sie für eine komplette<br />

Neutralisation der hochgeladenen <strong>Ionen</strong> über ihre äußeren<br />

Rydbergniveaus noch vor deren Eintritt in den Kristallverbund.<br />

Auf diese Weise entstehen für eine kurze Zeitspanne<br />

neutralisierte ≪hohle≫ Atome <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> massiven Population<br />

hochangeregter Zustände, während nahe am Kern nur<br />

die nach dem ursprünglichen Ionisationsvorgang verbliebenen<br />

Zustände besetzt sind.<br />

Für eine detaillierte Analyse der beobachteten Spektren ist die Kenntnis typischer<br />

Zeitskalen (s. Kap.2.3) von großer Bedeutung. Alle bekannten Simulationen<br />

deuten darauf hin, daß eine vollständige Abregung des hohlen Atoms<br />

im kurzen Zeitintervall vor der Oberfläche über intraatomare Prozesse allein<br />

nicht möglich ist.<br />

Vor der Oberfläche verläuft die Abregung dieser besetzungsinvertierten Atome<br />

hauptsächlich über Augerprozesse und Strahlungsübergänge, deren Spektren<br />

wichtige Informationen über die zeitliche Abfolge der <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

und über die an ihnen beteiligten Zustände enthalten. Die beiden Kapitel 5<br />

und 6 werden sich <strong>sehr</strong> ausführlich <strong>mit</strong> der Interpretation der von uns gemessenen<br />

Augerelektronenspektren befassen. Abschnitt 2.7 faßt kurz wesentliche<br />

Aspekte der von anderen Gruppen aufgenommenen Röntgenspektren zusammen.<br />

In der Anfangsphase des Abregungsprozesses kann über einen dynamischen<br />

Elektronenaustausch zwischen Leitungsband und Rydbergzuständen,<br />

den sogenannten ≪Screening Dynamics≫ ein effektiver Transfer von Elektronen<br />

in innere Schalen erfolgen, was Thema von Kap.2.6 sein wird.<br />

Durch das Eindringen des Ions in den Kristall werden Elektronen aus äußeren<br />

Niveaus ≪abgeschält≫. Der verbleibende <strong>Ionen</strong>rumpf ist dann in die hohe


2.2. Potentialverhältnisse 13<br />

Ladungsträgerdichte des Valenzbandes 1 eingebettet. Für das Auffüllen der<br />

inneren Schalen stehen dort weitere Mechanismen zur Verfügung, so daß die<br />

aus dem Kristall heraus e<strong>mit</strong>tierten Spektren charakteristischen Intensitätsverlagerungen<br />

unterliegen. Die verbleibenden Abschnitte widmen sich diesen<br />

Wechselwirkungsprozessen <strong>mit</strong> dem Valenzband.<br />

2.2 Potentialverhältnisse<br />

2.2.1 Die Form der Äquipotentialflächen<br />

Allgemein setzt sich das Potential eines Ions der Ladung Z1 vor <strong>einer</strong> geerdeten<br />

Leiteroberfläche aus s<strong>einer</strong> eigenen Bildladungsanziehung und der<br />

Superposition der repulsiven Potentiale aller Atomrümpfe der Ladung Z2<br />

der ersten Kristallagen zusammen. Letztere sind reine Coulomb–Potentiale,<br />

welche von der hohen Dichte an freibeweglichen Leitungsbandelektronen abgeschirmt<br />

werden, so daß die Einzelbeiträge <strong>mit</strong><br />

VCT F M(r) = Z1<br />

� �<br />

· Z2 r<br />

· Θ<br />

(2.1)<br />

r a<br />

angesetzt werden können [5]. Die Größe r bezeichnet den Abstand des Ions<br />

zum entsprechenden Atomrumpf, Θ eine Abschirmfunktion wie etwa das<br />

Thomas–Fermi–Moliere Potential [31]<br />

�<br />

VT F M = 0, 35 exp −0, 3 r<br />

�<br />

�<br />

+ 0, 55 exp −1, 2<br />

a<br />

r<br />

�<br />

�<br />

+ 0, 1 exp −6, 0<br />

a<br />

r<br />

�<br />

(2.2)<br />

a<br />

<strong>mit</strong> <strong>einer</strong> charakteristischen Abschirmlänge a, welche man <strong>mit</strong><br />

�� � �−2/3 a = 0, 8853 · a0 · Z1 +<br />

(2.3)<br />

ansetzt. Die Konstante a0 repräsentiert den Bohr’schen Radius.<br />

In Entfernungen z oberhalb einiger Gitterkonstanten d vor der ersten Kristallschicht<br />

spürt das Ion das aus den einzelnen VCT F M–Beiträgen zusammengesetzte<br />

planare Potential Vpl<br />

� �<br />

z<br />

Vpl = 2π · Z1Z2 · µ · a · fpl<br />

(2.4)<br />

1 Alle Experimente wurden an einem p–Siliziumwafer durchgeführt, bei dem sich die<br />

<strong>sehr</strong> mobilen Leitungselektronen im Valenzband befinden. Gelegentlich wird dieses Band<br />

auch als Leitungsband bezeichnet werden.<br />

Z2<br />

a


14 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Abbildung 2.1: Bereiche planarer und gewellter Äquipotentialflächen Mit abnehmender<br />

Entfernung des Ions von der Oberfläche geht das planare Potential in ein<br />

korrugiertes Nahpotential über. Ankommende <strong>Ionen</strong> werden in Abhängigkeit von ihrer<br />

kinetischen Energie entweder trans<strong>mit</strong>tiert oder u.U. <strong>mit</strong> stark verändertem Winkel zur<br />

Flächennormalen reflektiert.<br />

<strong>mit</strong><br />

�<br />

fpl(z) = 1, 167 · exp −0, 3 z<br />

�<br />

�<br />

+ 0, 45 · exp −1, 2<br />

a<br />

z<br />

�<br />

�<br />

+ 0, 017 · exp −6, 0<br />

a<br />

z<br />

�<br />

a<br />

(2.5)<br />

<strong>einer</strong> Großzahl von Targetatomen. Die Konstante µ gibt dabei die Flächendichte<br />

der Targetatome an der Oberfläche in atomaren Einheiten an. Dringt<br />

es aber zu Abständen z � d vor, so vermindert sich die effektive Anzahl der<br />

abschirmenden Elektronen pro Targetatom. Das einfallende Ion erfährt dann<br />

die fast Coulomb–artigen Einzelpotentiale der Atomrümpfe in s<strong>einer</strong> un<strong>mit</strong>telbaren<br />

Umgebung. Die Äquipotentialflächen in dieser Zone zeigen einen <strong>mit</strong><br />

der Periodizität des Gitters gewellten Verlauf (s. Abb.2.1) auf.<br />

Insbesondere bei kleinen kinetischen Ausgangsenergien weichen dadurch die<br />

Trajektorien der einfallenden <strong>Ionen</strong> in der Nahzone vor dem Kristall erheblich<br />

von <strong>einer</strong> geradlinigen Bahn ab. Unter den reflektierten Teilchen ergibt<br />

sich eine Verteilung von Ein– und Ausfallswinkeln, die sowohl in ihrer Breite<br />

als auch in ihrem Mittelwert kaum noch <strong>mit</strong> derjenigen bei spekularer Reflektion<br />

korreliert ist. Der Anteil der in den Kristall trans<strong>mit</strong>tierten <strong>Ionen</strong><br />

ist schwer zu berechnen. Er hängt sicherlich von der Gitterkonstanten, der<br />

kinetischen Energie und dem Einfallswinkel ab. In Abschnitt 2.2.4 werden<br />

wir eine Abschätzung versuchen.


2.2. Potentialverhältnisse 15<br />

2.2.2 Energieniveaus des Ions<br />

Die Verschiebung der atomaren Energieniveaus des Ions vor <strong>einer</strong> leitenden<br />

Oberfläche wird durch seine eigene Bildladung hervorgerufen. Zur Beschreibung<br />

der Verhältnisse greifen wir auf das sogenannte Jellium–Modell der<br />

Abbildung 2.2: Die Verschiebung der atomaren Energieniveaus im Jellium-Modell<br />

der Metalle Das Elektron erfährt vor der Oberfläche zusätzlich zum Coulombpotential<br />

des <strong>Ionen</strong>rumpfs und dessen Bildladung noch sein eigenes Bildladungspotential.<br />

Das ungestrichene Koordinatensystem bezieht sich auf die erste atomare Lage des<br />

Kristalls, das gestrichene kennzeichnet die Koordinaten des Elektrons relativ zum sich<br />

bewegenden <strong>Ionen</strong>rumpf.<br />

Metalle zurück (s. Abb.2.2). In diesem unterteilt man den Festkörper in<br />

einen Kristall aus Atomrümpfen 2 an festen Gitterplätzen und eine (räumlich)<br />

kontinuierliche, negative Ladungsverteilung, welche die frei beweglichen<br />

Leitungsbandelektronen repräsentiert. Sie dehnt sich in diesem Modell <strong>mit</strong><br />

konstanter Dichte bis zur Jellium–Kante im Abstand <strong>einer</strong> halben Gitterkonstante<br />

d vor der ersten Kristallage aus und bricht dann abrupt ab. Die<br />

Symmetrieebene, auf der sich die der Bildladung äquivalente Oberflächenladungsverteilung<br />

formiert, befindet sich aber nicht genau auf der Jellium–<br />

Kante, sondern liegt etwa ein bis zwei atomare Einheiten von ihr entfernt bei<br />

z = zim.<br />

2 Atomrümpfe bezeichnen den Kern und die fest gebundenen Elektronen in seinen in-<br />

neren Schalen.


16 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Eine reale und zwei Bildladungen tragen zur energetischen Lage des Elektronenzustands<br />

bei: Einerseits befindet sich das Elektron in dem attraktiven<br />

Feld des (q − 1)–fach geladenen <strong>Ionen</strong>rumpfs und s<strong>einer</strong> eigenen Bildladung 3 ,<br />

andererseits drückt die vom Rumpf induzierte negative Bildladung das Elektronenniveau<br />

näher an den Vakuumlevel heran. Der aus den beiden Bildladungen<br />

stammende Beitrag<br />

läßt sich <strong>mit</strong> D =<br />

zu<br />

Vim(�r ′ , zIon − zim) =<br />

q − 1<br />

D<br />

− 1<br />

4de<br />

(2.6)<br />

�<br />

x ′2 + y ′2 + (z ′ + 2 · (zIon − zim)) 2 und de = zIon −zim +z ′<br />

Vim(zIon, z ′ ) =<br />

2 · q − 1 (q − 1) · z′<br />

−<br />

4 · (zIon − zim) 4 · (zIon − zim) 2<br />

(2.7)<br />

umformen, so daß alle Koordinaten in den beiden oben genannten Bezugssystemen<br />

ausgedrückt sind. Für ein Ion im Abstand von zIon − zim = 59<br />

atomaren Einheiten 4 (a.u.) vor der Jellium–Kante ergibt sich hierdurch eine<br />

Energieverschiebung von ∆E = +2, 03eV. Die Rydbergzustände des Ions<br />

wandern also während der Annäherung an die Kristalloberfläche energetisch<br />

nach oben. Dabei können sie z.B. aus <strong>einer</strong> anfänglichen Resonanz <strong>mit</strong> den<br />

gefüllten Zuständen des Leitungsbandes heraus ins Kontinuum oberhalb der<br />

Fermikante laufen.<br />

2.2.3 Selbstanziehung des Ions<br />

Die nach allen Abbremsstufen der <strong>Ionen</strong>optik verbleibende Geschwindigkeitskomponente<br />

senkrecht zur Kristalloberfläche v⊥ und die (attraktive) Bildladungsbeschleunigung<br />

des Ions auf das Target hin<br />

Vim =<br />

−q 2<br />

4 · (z − zim)<br />

(2.8)<br />

legen die maximale Zeitspanne für alle vor dem Eintritt in Festkörper ablaufenden<br />

Prozesse fest. Während sich v⊥ un<strong>mit</strong>telbar aus den experimentell<br />

3 Der Bildladungseffekt des Elektrons hängt, sofern es sich um einen angeregten Zustand<br />

handelt, davon ab, ob sich die Oszillationsfrequenz s<strong>einer</strong> Bewegung um den Kern in<br />

Resonanz <strong>mit</strong> der Oberflächenplasmonfrequenz befindet. Nahe der Resonanz kann es zu<br />

<strong>einer</strong> abstoßenden Wechselwirkung kommen [13].<br />

4 Eine Tabelle der in dieser Arbeit häufig benutzten atomaren Einheiten findet sich in<br />

Anhang A.


2.2. Potentialverhältnisse 17<br />

bestimmbaren Parametern Plasmapotential UP , Quellenvorspannung UQ und<br />

Einfallswinkel Θ ergibt (s. Kap.3), können keine exakten Aussagen über die<br />

Größe der Bildladungsanziehung gemacht werden.<br />

Im einfachen Bild des klassischen overbarrier–Modells setzt der Reneutralisationsprozeß<br />

in <strong>einer</strong> Entfernung von Rc(q) = √ 2q<br />

a.u. vor der Jellium<br />

W<br />

Kante ein [16]. W kennzeichnet hierbei die Austrittsarbeit von Kristallelektronen<br />

aus der betrachteten Oberfläche, wie sie z.B. via Photoemissionsspektroskopie<br />

bestimmt werden kann. Unter der Annahme <strong>einer</strong> schrittweisen und<br />

vollständigen Neutralisation – dem sogenannten staircase Modell – ergibt sich<br />

da<strong>mit</strong> ein Energiegewinn des hochgeladenen Ions von5 ∆Ekin(q) = W<br />

3 √ 2 q3/2 � q 3/2 . (2.9)<br />

Experimentell wurde diese Formel auf verschiedene Weise verifiziert. F.Aumayr<br />

et al. [12] schlossen aus der Sättigung der totalen Elektronenausbeute von<br />

bis zu 80–fach geladenen <strong>Ionen</strong> vor <strong>einer</strong> Metalloberfläche <strong>mit</strong> abnehmender<br />

Projektilenergie auf eine untere Grenze der für die Wechselwirkungsprozesse<br />

vor der Oberfläche zur Verfügung stehenden Zeit und führten diese auf die<br />

für einen festen Ladungszustand konstante Bildladungsanziehung zurück.<br />

Abbildung 2.3: Aufbauschema des Streuversuchs von H.Winter et al. Der über mehrere<br />

Blenden kollimierte <strong>Ionen</strong>strahl wird unter streifendem Einfall an <strong>einer</strong> Al(111)–<br />

Oberfläche gestreut. Mit einem beweglichen Detektor wird die Winkelverteilung der<br />

reflektierten Teilchen gemessen.<br />

5 In 2.9 wurde eine Verschiebung der atomaren Energieniveaus des Ions vor der Oberfläche<br />

durch seine eigene Bildladung berücksichtigt. Bei Vernachlässigung dieses Effekts<br />

erhält man im overbarrier–Modell die Gleichungen Rc(q) = q<br />

W a.u. [19] und Vim = W<br />

2 q.


18 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

H. Winter und C. Auth [45] maßen an einem unter streifendem Winkel <strong>mit</strong><br />

<strong>einer</strong> Energie von q·3,7keV auf eine Kristalloberfläche treffenden Strahl <strong>hochgeladener</strong><br />

<strong>Ionen</strong> die Abweichung des Streuwinkels der reflektierten Teilchen<br />

von dem im Falle spekularer Reflektion erwarteten Wert. Da der Neutralisationsprozeß<br />

im wesentlichen im Punkt der nächsten Annäherung an die<br />

Oberfläche abgeschlossen ist, spüren die reflektierten Atome im Gegensatz<br />

zu den einfallenden kein Bildladungspotential mehr. So<strong>mit</strong> gewinnt das einfallende<br />

Ion bis zu seinem Reflexionspunkt an Geschwindigkeit senkrecht zur<br />

Oberfläche und bewegt sich in der Nähe des Reflexionspunkts relativ zur<br />

ursprünglichen Strahlrichtung steiler auf die Oberfläche zu. Der beobachtete<br />

Austrittswinkel ΦS ist also größer als die spekularen Ein– und Ausfallswinkel<br />

Φin = Φout.<br />

Beide Experimente bestätigen die q 3/2 –Abhängigkeit des Bildladungspotentials<br />

sowohl für q ≤ 12 als auch bis hinauf zu Ladungszuständen q = 80.<br />

Bezüglich des Vorfaktors ergeben sich trotz der Einfachheit des zugrunde<br />

liegenden physikalischen Modells nur überraschend klein ausfallende Diskrepanzen.<br />

Eine Modellrechnung, welche den dynamischen Charakter der<br />

Wechselwirkung und Multielektrontransferprozesse <strong>mit</strong> einbezieht ist zum<br />

gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht durchführbar.<br />

Alle ionisierten Teilchen erfahren demnach vor der Oberfläche einen ladungsabhängigen<br />

Zuwachs in der Geschwindigkeitskomponente v⊥. Daraus resultiert<br />

eine prinzipielle Zeitbegrenzung für <strong>Wechselwirkungen</strong>, die vor dem Eindringen<br />

in den Kristall stattfinden.<br />

2.2.4 Gesamtpotential des Ions vor der Oberfläche<br />

Nachdem wir die beiden Potentiale kennengelernt haben, welche die Trajektorie<br />

des Ions vor der Oberfläche beeinflussen, wollen wir in diesem Abschnitt<br />

eine grobe Abschätzung für die minimale kinetische Energie des Ions Emin<br />

versuchen, welche für sein Eindringen in den Gitterverbund erforderlich ist.<br />

Dabei betrachten wir ein ursprünglich q0–fach geladenes Ion, welches sich <strong>mit</strong><br />

<strong>einer</strong> kinetischen Energie Ekin senkrecht auf einen Si–Kristall der Gitterkonstanten<br />

d = 5, 431˚A und Ordnungszahl Z = 14 zubewegt. Wir modellieren<br />

seinen Ladungszustand6 <strong>mit</strong> q(z) = q(z = Rc) · z−zim (s.a. Kap.2.3). Das<br />

Rc<br />

6 Wir benutzen q = q(z) für das Bildladungspotential, aber q = q0=const. für das


2.2. Potentialverhältnisse 19<br />

Abbildung 2.4: Gesamtpotential vor <strong>einer</strong> Si–Oberfläche Das q–fach geladene Ion<br />

erfährt nach dem im Text beschriebenen (<strong>sehr</strong> stark vereinfachten) Modell zwischen<br />

z = Rc und z = zim = 5a.u. die dargestellten Gesamtpotentiale. Die Potentialschwellen<br />

bei z = zim gehen deutlich über die in Tab.2.1 aufgeführten Bildladungsenergien<br />

nach dem klassischen overbarrier Modell hinaus, so daß die hochgeladenen <strong>Ionen</strong> erst<br />

ab Einschußenergien von einigen 10eV in den Kristallverbund eindringen können.


20 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Gesamtpotential (Abb.2.4) besteht dann aus der Summe von dem planaren<br />

Vpl (Gl.2.4) und dem Bildladungspotential Vim (Gl.2.8)<br />

Vges = Vpl + Vim. (2.10)<br />

Der jeweilige Wert dieses Potentials bei z = zim sollte ein ungefähres Maß<br />

für die Einfallsenergie Emin ergeben, ab der die Teilchen vorwiegend zurückreflektiert<br />

werden. Leider sind die Fehler in den angesetzten Potentialen aber<br />

bei solch kleinen Abständen zur ersten Atomlage des Kristalls zu groß, um<br />

genaue Aussagen über Emin treffen zu können. Weitergehende Rechnungen<br />

zeigen zudem, daß besonders das Gesamtpotential für hochgeladene <strong>Ionen</strong> in<br />

der Nähe des Bildladungsschicht empfindlich von der Wahl der Funktion q(z)<br />

und dem Ansatz für Vpl abhängt. Für gewisse Verläufe des Planarpotentials<br />

Vpl(z) wandelt sich Vges (bei hochgeladenen <strong>Ionen</strong>) sogar in ein insgesamt<br />

anziehendes Potential um.<br />

In den nachfolgenden Betrachtungen dieser Arbeit werden wir deshalb nicht<br />

weiter auf die zurückreflektierten <strong>Ionen</strong> bzw. Atome eingehen. Dem Autor ist<br />

bewußt, daß sie bei <strong>einer</strong> vollständigen Beschreibung der Ion–Oberflächenwechselwirkungen<br />

– speziell bei <strong>sehr</strong> kleinen <strong>Ionen</strong>energien – zu berücksichtigen<br />

sind. Ein entsprechender Detektor für diese Teilchen befindet sich zur<br />

Zeit in der experimentellen Testphase.<br />

2.3 Zeitskalen<br />

In diesem Abschnitt schätzen wir die Zeitspanne zwischen dem Einsatz der<br />

Reneutralisation des Ions und seinem Eindringen in den Kristall ab. Hierzu<br />

setzen wir in einem einfachen Modell die Gültigkeit des Bildladungskonzepts<br />

bis hin zu z = zim voraus, wo das Ion vollständig neutralisiert sein soll. Vereinfachend<br />

setzten wir die Position der Jellium–Kante <strong>mit</strong> zim gleich und<br />

verlegen der Ursprung der z–Achse auf zim. Den Ladungszustand des Ions<br />

approximieren wir dann wie in Abb.2.5 dargestellt durch q(z) ∝ z. Die einzelnen<br />

Überlegungen und Ansätze sind im folgenden zusammengestellt.<br />

planare Potential, da die äußeren Rydbergniveaus als äquivalent zu den Vakuumschwanzelektronen<br />

angesehen werden, da sie nahe der Oberfläche den Kern nicht mehr abschirmen.


2.3. Zeitskalen 21<br />

Abbildung 2.5: Modell der <strong>Ionen</strong>ladung Im Bereich zwischen z = Rc und z = 0<br />

wird eine lineare Abnahme der <strong>Ionen</strong>ladung q(z) angenommen. Außerdem soll zur<br />

Vereinfachung zim = 0 gelten.<br />

• <strong>Ionen</strong>ladung:<br />

q(z) = q0 · z<br />

• Bildladungspotential:<br />

• kinetische Energie:<br />

• Geschwindigkeit:<br />

• Zeit:<br />

Rc<br />

für 0 ≤ z ≤ Rc =<br />

Vim(z) = − 1<br />

4πɛ0<br />

q(z) 2<br />

4z<br />

√ 2q<br />

W<br />

(a.u.) (2.11)<br />

(2.12)<br />

Ekin(z) = Vim(z = Rc) − Vim(z) (2.13)<br />

v(z) =<br />

T =<br />

�<br />

2Ekin(z)<br />

m<br />

� 0<br />

Rc<br />

dz<br />

v(z)<br />

(2.14)<br />

(2.15)<br />

Nach dem Einsetzen der Formeln 2.11–2.14 in Gl.2.15 ergibt sich nach der<br />

Integration:<br />

T = 2√2πmɛ0 · R3/2 c<br />

.<br />

q0<br />

(2.16)


22 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

T repräsentiert also die Zeitspanne, die einem anfänglich q0–fach geladenen<br />

Ion der Masse m für den Reneutralisations– und Abregungsprozeß vor der<br />

Oberfläche zur Verfügung steht, falls es sich bei z = Rc in Ruhe befand. In<br />

Ladung q Rc [˚A] Vim,cob [eV] ∆Ekin [eV] T [10 −15 sec]<br />

3 7,66 14,48 5,63 3,95<br />

4 8,85 16,72 8,67 3,68<br />

5 9,89 18,70 12,12 3,48<br />

6 10,83 20,48 15,93 3,32<br />

7 11,70 22,12 20,08 3,20<br />

8 12,51 23,65 24,53 3,09<br />

9 13,27 25,09 29,27 3,00<br />

10 13,99 26,44 34,29 2,93<br />

11 14,67 27,73 39,56 2,86<br />

Tabelle 2.1: Werte von Rc, Vim,cob, ∆Ekin und T nach dem klassischen overbarrier–<br />

Modell Auf der Grundlage des (hypothetischen) Neutralisationsverlaufs aus Gl.2.11<br />

errechnet sich der Energiegewinn durch die Bildladungsanziehung zu ∆Ekin und die<br />

Interaktionszeit T . Zum Vergleich ist der aus <strong>einer</strong> schrittweisen Neutralisation folgende<br />

Energiegewinn Vim,cob angegeben. Die Entfernung des ersten Elektroneneinfangs<br />

beträgt in beiden Fällen Rc.<br />

Tab. 2.1 sind die auf der Basis dieses Modells errechneten Werte von Rc,<br />

∆Ekin und T in Abhängigkeit von q aufgelistet. Es sei betont, daß Rc den<br />

klassisch berechneten Einsatzpunkt der Reneutralisation angibt. Bei Verwendung<br />

quantenmechanischer Wellenfunktionen ergeben sich größere Abstände.<br />

In der rechten Spalte erkennt man, daß typische Interaktionszeiträume des<br />

q–fach geladenen Ions vor der Oberfläche etwa einige 10 −15 sec betragen.<br />

2.4 Auger-Übergänge<br />

Augerprozesse werden durch das Herauslösen eines Elektrons aus <strong>einer</strong> inneren<br />

Schale eingeleitet. Die Abregung des Atoms erfolgt über das Auffüllen<br />

dieses Lochs aus <strong>einer</strong> äußeren Schale, wobei die freigesetzte Energie instantan<br />

über eine reine Coulomb–Kopplung auf ein zweites Elektron übertragen<br />

wird. Letzteres geht dabei in einen Kontinuumszustand über. Daraus resultiert<br />

ein Endzustand <strong>mit</strong> zwei Vakanzen, dessen Gesamtbindungsenergie


2.4. Auger-Übergänge 23<br />

größer als diejenige des Ausgangszustands ist. Die für Strahlungsübergänge<br />

geltenden Auswahlregeln sind nicht relevant, da der Energieübertrag direkt,<br />

d.h. ohne Ver<strong>mit</strong>tlung über ein γ–Quant geschieht.<br />

Abbildung 2.6: Schema zum Augerprozeß Ein anfängliches Loch in der K–Schale<br />

wird in der Darstellung durch ein L–Elektron aufgefüllt. Die freiwerdende Energie wird<br />

direkt auf ein anderes Elektron übertragen.<br />

In Abb.2.6 ist ein solcher Augerprozeß schematisch dargestellt. Zur Nomenklatur<br />

der Übergänge verwendet man die aus der Röntgenspektroskopie bekannten<br />

Schalenbezeichnungen, also von innen nach außen K,L,M,N, usw..<br />

Insbesondere bei den energetisch stark aufgespaltenen L– und M–Schalen<br />

(Feinstruktur) kennzeichnet man noch die einzelnen Unterschalen 2sj=1/2,<br />

2pj=1/2 und 2pj=3/2 durch römische Indizes, s. Tab.2.2. Einzelne Übergänge<br />

werden durch Angabe der drei beteiligten Schalen klassifiziert, wobei das<br />

Loch an erster Stelle genannt wird. Eine Permutation der anderen beiden<br />

Schalen führt zu einem identischen Prozeß, da dieser Übergang von dem ursprünglichen<br />

im quantenmechanischen Sinn nicht unterscheidbar ist.<br />

In der Augerspektroskopie verwendet man zur Erzeugung des inneren Lochs<br />

meistens einen Elektronenstrahl, welcher sich über elektrostatische Optiken<br />

<strong>sehr</strong> gut auf eine Probe fokussieren läßt. Prinzipiell erfüllen natürlich Röntgenquellen<br />

und <strong>Ionen</strong>strahlen <strong>mit</strong> adäquaten Energien die gleiche Aufgabe.


24 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Röntgen– optische Anzahl der<br />

Spektroskopie Spektroskopie mögl. Löcher<br />

MV I 3d5/2 4<br />

MV 3d3/2 4<br />

MIV 3d1/2 2<br />

MIII 3p3/2 4<br />

MII 3p1/2 2<br />

MI 3s 2<br />

LIII 2p3/2 4<br />

LII 2p1/2 2<br />

LII 2s 2<br />

K 1s 2<br />

Tabelle 2.2: Bezeichnung der atomaren Schalen Für jede Unterschale sind sowohl<br />

die entsprechenden Bezeichnungen aus der Röntgen– und optischen Spektroskopie als<br />

auch ihr maximaler Besetzungsgrad angegeben. In der Augerspektroskopie verwendet<br />

man meist die Nomenklatur der linken Spalte.<br />

Alternativ zum Augerprozeß können auch Röntgenübergänge (s. Kap. 2.7)<br />

stattfinden. Ihren prozentualen Anteil an den Abregungsprozessen bezeichnet<br />

man als Fluoreszensausbeute. Tendenziell überwiegt sie nur bei K–Schalenübergängen<br />

und <strong>mit</strong>telschweren bis schweren Kernen die Augerelektronenproduktion.<br />

Das Schema aus Abb.2.7 zeigt die Entwicklung der relativen<br />

Ausbeuten für einzelne Übergangsgruppen <strong>mit</strong> zunehmender Kernladungszahl<br />

Z.<br />

2.4.1 Auger–Übergangsenergien<br />

Eine einfache Abschätzung von Auger–Übergangsenergien EAE läßt sich aus<br />

der Differenz der Gesamtbindungsenergien von Anfangs– und Endzustand<br />

A und E des betreffenden freien Atoms gewinnen. Die kinetische Energie<br />

des e<strong>mit</strong>tierten Elektrons ergibt sich aus diesem Betrag ggf. abzüglich s<strong>einer</strong><br />

Austrittsarbeit aus dem Kristall W .<br />

EAE = EE − EA − W (2.17)<br />

Durch die Einbettung des Atoms in den Kristall erfahren besonders äuße-


2.4. Auger-Übergänge 25<br />

Abbildung 2.7: Schema zu den Auger– und Fluoreszensausbeuten Die blauen Linien<br />

kennzeichnen Auger–, die roten Röntgenübergänge. Die Kurvenverläufe sind nur schematisch<br />

wiedergegeben, quantitativ können sie leicht von den physikalischen Werten<br />

abweichen.<br />

re Niveaus einen zusätzlichen chemical shift. Falls die beteiligten Elektronen<br />

aus dem Valenzband stammen, ist ihre ≪Linie≫ um die Breite des Bandes<br />

aufgeweitet. Auch wenn das betreffende Atom in verschiedenartige Bindungen<br />

eingebaut ist, ergeben sich Veränderungen der Linienstruktur. So etwa<br />

verbreitert sich die 92eV–LMM–Linie eines reinen Siliziumkristalls bei Ausbildung<br />

<strong>einer</strong> SiO2–Schicht durch Oxydationsvorgänge an der Oberfläche zu<br />

niedrigen Energien hin, da sich der breite LMM–Peak des molekularen SiO2<br />

bei etwa 75eV befindet. Ein ähnliches Verhalten zeigen die Augerlinien eines<br />

sich durch einen Kristall bewegenden Atoms oder Ions, weil sich seine<br />

dielektrische Umgebung gegenüber dem Vakuum verändert hat.<br />

Eine bessere Übereinstimmung <strong>mit</strong> dem Experiment erhält man über eine<br />

Ergänzung von Gl.2.17 durch weitere Korrekturterme. Diese berücksichtigen<br />

z.B. Loch–Loch–<strong>Wechselwirkungen</strong> und die Kontraktion von Atomorbitalen<br />

in Gegenwart eines Schalenlochs. Die in dieser Arbeit (s. Kap.4, 5 und 6)<br />

angegebenen Augerenergien wurden aus der Differenz der Schwerpunkts–<br />

Gesamtenergien (s. Kap.4) der beteiligten Zustände er<strong>mit</strong>telt, in welchen<br />

letztere Effekte global enthalten sind.


26 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

2.4.2 Auger–Linienintensitäten<br />

Die Übergangsraten Γ von Augerlinien werden maßgeblich durch das Übergangsmatrixelement<br />

aus Anfangs–, Endzustand A bzw. B und dem Coulomb–<br />

Kopplungsoperator e 2<br />

r2−r1 bestimmt.<br />

Γ ∝ 1<br />

¯h<br />

�<br />

��<br />

�<br />

�<br />

� Ψ<br />

�<br />

∗ E,1Ψ ∗ e<br />

E,2<br />

2<br />

ΨA,1ΨA,2dr<br />

r2 − r1<br />

3 1dr 3 �<br />

�2<br />

�<br />

2�<br />

�<br />

(2.18)<br />

Die Größen r1 und r2 kennzeichnen die Ortsoperatoren der beiden Elektronen.<br />

Zur Berechnung der Intensitäten muß Γ noch <strong>mit</strong> der Anzahl der möglichen<br />

Endzustände und dem Besetzungsgrad der Ausgangszustände multipliziert<br />

werden. Während sich die so berechneten Intensitäten für freie Atome in guter<br />

Übereinstimmung <strong>mit</strong> dem Experiment befinden, lassen sich die aus dem<br />

Kristall heraus e<strong>mit</strong>tierten Intensitäten gegenwärtig nur schlecht reproduzieren.<br />

2.4.3 Coster–Cronig–Übergänge<br />

Sind zwei Orbitale der gleichen Schale soweit voneinander entfernt, daß ein<br />

Augerübergang zwischen diesen energetisch möglich wird, so spricht man von<br />

Coster–Cronig–Prozessen. In den meisten Fällen finden sie innerhalb der L–<br />

Schale statt. Aufgrund der ähnlichen räumlichen Wellenfunktionen der beteiligten<br />

Orbitale nimmt das Übergangsmatrixelement aus Gl.2.18 vergleichsweise<br />

große Werte an. Die <strong>mit</strong>tleren Lebensdauern der Anfangszustände bleiben<br />

dadurch auf typischerweise 10 −16 sec beschränkt. Folglich sind die zugehörigen<br />

Spektrallinien stark verbreitert.<br />

Coster–Cronig–Prozesse sorgen aufgrund ihrer hohen Raten für eine effektive<br />

Umverteilung der Elektronen in der betreffenden Schale. Falls diese nur<br />

die Zwischenstufe eines längeren Kaskadenzerfalls darstellt, stehen für den<br />

nachfolgenden Übergang nur die Endzustände der Coster–Cronig–Übergänge<br />

bereit. Auf diese Weise werden einige anhand der Übergangsenergien aus<br />

Gl.2.17 prognostizierte Linien nicht beobachtet.


2.5. Elektronentransferprozesse 27<br />

2.4.4 Oberflächensensitivität<br />

Finden Augerprozesse in einem Festkörper statt, so ist bei der Interpretation<br />

der Spektren zu berücksichtigen, daß nur aus den obersten Schichten<br />

e<strong>mit</strong>tierte Elektronen aus dem Kristallverbund entkommen können. Typische<br />

<strong>mit</strong>tlere freie Weglängen für inelastische Stöße der Elektronen liegen<br />

unterhalb von 7 10˚A, s. auch Abb.3.18. Sie steigen in etwa linear <strong>mit</strong> der<br />

Elektronenenergie an. Hieraus begründet sich die extreme Oberflächensensibilität<br />

der Auger Elektronenspektroskopie (AES), siehe auch Kap.3.7.<br />

2.5 Elektronentransferprozesse<br />

In Abb.2.8 sind mögliche Transferprozesse von Elektronen zwischen dem Valenzband,<br />

den Rumpfniveaus der Kristallatome und den atomaren Zuständen<br />

des Ions aufgetragen. Die einzelnen Prozesse lassen sich nach der Anzahl der<br />

beteiligten Elektronen klassifizieren.<br />

Falls ein einzelnes Elektron vom Valenzband des Kristalls in ein isoenergetisches<br />

Niveau des Ions übergeht, spricht man von resonanter Neutralisation<br />

RN und der umgekehrte Prozeß heißt resonante Ionisation RI. Diesen beiden<br />

Prozessen kommt im Wechselwirkungsintervall vor der Oberfläche die<br />

größte Bedeutung zu. Die Transfergeschwindigkeit hängt empfindlich von der<br />

Höhe der Potentialbarriere zwischen dem Kristall und dem Ion und da<strong>mit</strong><br />

von seinem Abstand von der Oberfläche und der Kristallaustrittsarbeit ab.<br />

Weiterhin spielt der Überlapp des Valenzband–Vakuumschwanzes <strong>mit</strong> der<br />

Wellenfunktion des ionischen Elektrons eine große Rolle.<br />

Sowohl für RN– als auch für RI–Prozesse müssen jeweils unbesetzte Endzustände<br />

zur Verfügung stehen. Im Valenzband befinden sich diese gemäß<br />

der Fermi–Dirac–Verteilung oberhalb der Fermienergie EF , wo folglich auch<br />

die RI–Anfangszustände anzusiedeln sind. In die Übergangsraten der RN–<br />

Prozesse gehen die Tunnelwahrscheinlichkeit durch die Potentialbarriere 8 und<br />

die Valenzbandzustandsdichte ∝ √ E − E0 ein. Es ist offensichtlich, daß bei-<br />

7 Hier wird von kinetischen Energien der Elektronen von bis zu einigen 100eV ausgegangen.<br />

Das ist der in dieser Arbeit relevante Energiebereich.<br />

8 Im klassischen overbarrier–Modell muß die Potentialbarriere allerdings tiefer als die<br />

beteiligten Niveaus liegen.


28 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Abbildung 2.8: Elektronentransferprozesse zwischen Ion und Kristall Dargestellt<br />

sind mögliche Übergänge der Elektronen zwischen Kristallniveaus, dem Valenzband<br />

und den Zuständen des Ions. Weitere Erläuterungen finden sich im Text.<br />

de Kriterien am besten bei kleinem Abstand des Ions vom Kristall und für<br />

energetisch nahe der oberen Valenzbandkante angesiedelte Rydbergzustände<br />

des Ions erfüllt werden.<br />

Bei einem reinen Strahlungsübergang RD 9 regt sich das Ion unter Aussendung<br />

eines Photons ab. Kristallelektronen sind nicht beteiligt. Die Übergangsraten<br />

berechnen sich nach der Goldenen Regel. Abschnitt 2.7 wird näher<br />

auf diese Übergänge und die zugehörigen Röntgenspektren eingehen.<br />

Bei einem Auger–Neutralisationsprozeß AN geht ein Valenzbandelektron in<br />

ein inneres Niveau des Atoms über, während ein weiteres Valenzbandelektron<br />

e<strong>mit</strong>tiert wird. Bei der Auger–Abregung AD stammt das ausgesendete Elektron<br />

hingegen aus <strong>einer</strong> äußeren Schale des Ions. In die entsprechenden Übergangsraten<br />

Γ gehen u.a. die <strong>mit</strong> einem Abstandsterm 1<br />

r12 multiplizierten<br />

Überlappintegrale der Anfangs– und Endzustände der beteiligten Elektro-<br />

9 für radiative deexcitation


2.6. Die Screening Dynamics 29<br />

nen ein.<br />

Γ ∝ 1<br />

〈Ψ(nℓ, r1)|Ψ(k, ɛ, r1)〉 〈Ψ(k<br />

r12<br />

′ , ɛ ′ , r2)|Ψ(k ′′ , ɛ ′′ , r2)〉 (2.19)<br />

Die ri kennzeichnen den jeweiligen Ortsvektor der Elektronen; die Wellenvektoren<br />

der Valenzbandzustände und deren Energien werden durch k und<br />

k ′ bzw. ɛ und ɛ ′ , der ungebundene Zustand durch k ′′ und ɛ ′′ klassifiziert. Weiterhin<br />

geben n und ℓ die Haupt– bzw. Drehimpulsquantenzahl des atomaren<br />

Zustands an.<br />

Die AN–und AI–Raten werden durch die große Zahl von Anfangszuständen<br />

aus dem Leitungsband begünstigt. Trotzdem sind sie gegenüber RN–Prozessen<br />

wegen des höheren zu durchtunnelnden Potentialbergs und der geringeren<br />

räumlichen Ausdehnung der inneren atomaren Zustände im Vergleich zu den<br />

Rydbergzuständen unterdrückt. Das wird durch experimentell bestimmte Raten<br />

bestätigt, s. auch [7] oder [41] für weitere Details.<br />

Quasiresonante Neutralisationsprozesse QRN können stattfinden, falls die<br />

Energielücke dE zwischen zwei atomaren Niveaus ≪zufällig≫ über die kinetische<br />

Energie des Ions kompensiert werden kann.<br />

2.6 Die Screening Dynamics<br />

Alle Autoren stimmen darin überein, daß im kurzen Interaktionszeitraum der<br />

<strong>Ionen</strong> vor der Oberfläche allein über Autoionisationsprozesse keine vollständige<br />

Abregung der Elektronen aus den Rydbergzuständen möglich ist. Sowohl<br />

berechnete Übergangsraten als auch Experimente zur Bestimmung der totalen<br />

Sekundärelektronenausbeute pro einfallendem Ion sprechen dagegen,<br />

siehe z.B. [44]. Da aber andererseits bei geringen Einschußenergien der <strong>Ionen</strong><br />

verschiedene Eigenschaften der Autoionisationsspektren – siehe Kap.5 und<br />

6 – auf vor der Oberfläche stattfindende Innerschalenübergänge hindeuten,<br />

wird zur Erklärung der Spektren ein weiterer, <strong>sehr</strong> schneller Transportmechanismus<br />

von Rydbergelektronen in diese inneren Schalen benötigt.<br />

In diesem Abschnitt wird dazu die von H.J. Andrä et al. [5], S.95ff vorgeschlagenen<br />

Screening Dynamics vorgestellt. Man betrachte die energetische Lage<br />

der Rydbergzustände in Abhängigkeit vom Auffüllungsgrad der Schalen, s.<br />

Abb.2.9.


30 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Abbildung 2.9: Screening Dynamics Mit zunehmender Auffüllung der Rydbergzustände<br />

werden die n– und die (n-1)–Mannigfaltigkeiten energetisch nach oben verschoben.<br />

Im Zusammenspiel <strong>mit</strong> dem Bildladungsshift ergibt sich ein dynamischer<br />

Elektronenaustausch zwischen Valenzband und den Rydbergniveaus.<br />

Zu Beginn des Neutralisationsprozesses im Abstand einiger 10˚A vor dem<br />

Kristall befindet sich die n–Mannigfaltigkeit des nackten Ions oberhalb der<br />

Fermienergie EF , so daß RN–Prozesse einsetzen können. Durch die anwachsende<br />

gegenseitige Abschirmung der Elektronen <strong>mit</strong> zunehmender Besetzung<br />

der n–Schale klettert dieser Rydbergzustand bei <strong>einer</strong> bestimmten Anzahl<br />

von Elektronen aus der Resonanz <strong>mit</strong> dem Valenzband hinaus. Er wird dann<br />

über RI–Prozesse solange entvölkert, bis die Resonanzbedingung wiederhergestellt<br />

ist.<br />

Andererseits kann das tieferliegende (n-1)–Niveau durch den gleichen Abschirmeffekt<br />

in Resonanz <strong>mit</strong> dem Valenzband geraten. Der Elektronentransfer<br />

beginnt dann auch über diese Schale abzulaufen. Sobald sie einen bestimmten<br />

Besetzungsgrad erreicht hat, wandert die obere n–Schale dauerhaft<br />

aus der Resonanz heraus. Es hat sich dann effektiv ein Transfer der Elektronen<br />

in eine weiter innen liegende Schale ereignet, wobei das Valenzband<br />

gewissermaßen als ≪Katalysator≫ fungierte.<br />

Dieser Populationstransfer kann sich solange fortsetzen, bis der Abschirmeffekt<br />

der i–ten Schalen nicht mehr ausreicht, um das (i-1)–te Niveau über<br />

die Unterkante des Valenzbandes hinauszudrücken. Modellrechnungen sagen<br />

diese Unterbrechung der Screening Dynamics z.B. für Ne 9+ bei n=5 voraus.<br />

Die Bildladungskraft verursacht ebenfalls eine Anhebung der atomaren Rydbergniveaus.<br />

Ihre Wirkung wird aber erst bei Abständen unterhalb von etwa


2.7. Strahlungsübergänge 31<br />

10˚A <strong>mit</strong> dem durch die Screening Dynamics hervorgerufenen Shift vergleichbar.<br />

Kurz vor der Oberfläche ist so durch Kombination dieser beiden Mechanismen<br />

eine Fortsetzung des schnellen Elektronentransfers in innere Schalen<br />

denkbar.<br />

Die Screening Dynamics konkurrieren direkt <strong>mit</strong> den wesentlich <strong>langsamer</strong>en<br />

Autoionisationsvorgängen. Ihre Existenz impliziert also eine starke Unterdrückung<br />

niederenergetischer Sekundärelektronen in der Anfangsphase des<br />

Neutralisationsprozesses gegenüber der von <strong>einer</strong> reinen Autoionisationskaskade<br />

erwarteten Ausbeute. Diese Überlegung könnte als Ansatz für eine experimentelle<br />

Verifikation der Screening Dynamics dienen.<br />

2.7 Strahlungsübergänge<br />

Die Übergangswahrscheinlichkeit P der RD–Übergänge ist nach Fermis Goldener<br />

Regel aus der zeitabhängigen Störungstheorie durch das Betragsquadrat<br />

des Matrixelements aus Anfangs–, Endzustand i bzw. f und Kopplungsoperator<br />

H sowie der Anzahl verfügbarer Endzustände n(E)<br />

P = 2π<br />

¯h |< f|H|i >|2 · n(E) (2.20)<br />

gegeben. Bei großen Hauptquantenzahlen n wächst die Lebensdauer τ eines<br />

Zustands gegenüber einem Strahlungsübergang <strong>mit</strong> ∆n = 1 ungefähr proportional<br />

zu n3 bzw. P ∝ ν3 , wobei ν = Eγ<br />

die Frequenz der e<strong>mit</strong>tierten<br />

¯h<br />

Strahlung kennzeichnet.<br />

Daraus ergeben sich für <strong>Ionen</strong>–Oberflächenwechselwirkungen vernachlässigbare<br />

Wahrscheinlichkeiten P für Übergänge zwischen Rydbergzuständen (n �<br />

15) von einigen 10 5 sec −1 . Auch Photonen im Bereich des sichtbaren Lichts<br />

fallen <strong>mit</strong> Energien von wenigen eV und daraus resultierenden Raten von<br />

10 9 sec −1 aus diesen Betrachtungen heraus.<br />

Mit typischen Lebensdauern von 10 −12 sec stoßen Röntgenübergänge zwischen<br />

inneren Schalen hingegen durchaus in den (unteren) Bereich der entsprechenden<br />

Augerraten vor und lassen sich da<strong>mit</strong> inbesondere bei hohen<br />

Ladungszuständen <strong>mit</strong> großem (s. Abb.2.7) Zeff spektroskopisch gut erfassen.<br />

In [5] sind einige hochaufgelöste Röntgenspektren von Ar 17+ und Ne 9+<br />

dargestellt. Aufgrund der hohen effektiven Kernladung lassen sich in den


32 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Abbildung 2.10: Schema zum Strahlungsübergang Ein anfängliches Loch in der K–<br />

Schale wird in der Darstellung durch ein L–Elektron aufgefüllt. Der Übergang erfolgt<br />

nach den Auswahlregeln für elektrische Dipolstrahlung unter Emission eines γ–Quants<br />

<strong>mit</strong> der freigewordenen Energie.<br />

Kα–Spektren acht Satelliten ausmachen, welche den unterschiedlichen Besetzungsgraden<br />

der L–Schale entsprechen. Die einzelnen Linienintensitäten<br />

verändern sich relativ zueinander <strong>mit</strong> der Strahlenergie und dem Einfallswinkel.<br />

Mit Hilfe eines Ratengleichungsansatzes für das Auffüllen der atomaren<br />

Schalen vor und im Kristall wird gezeigt, daß sich diese Intensitätsverlagerungen<br />

<strong>mit</strong> der Existenz von hohlen Atomen vor der Oberfläche bei kleinen<br />

Einschußenergien vereinbaren lassen.<br />

2.8 <strong>Wechselwirkungen</strong> im Kristall<br />

Wie bereits erwähnt gehen alle Autoren davon aus, daß sich das Ion auch bei<br />

<strong>sehr</strong> kleinen Einfallsgeschwindigkeiten nicht vollständig vor der Oberfläche<br />

abregen kann. Ein gewisser Anteil des Spektrums wird so<strong>mit</strong> erst im Kristallinneren<br />

erzeugt. Aus der <strong>mit</strong>tleren freien Weglängen von Elektronen für<br />

inelastische Stöße im Kristall von der Größenordnung einiger weniger Gitterkonstanten<br />

kann man schließen, daß außerhalb des Festkörpers nachgewiesene<br />

Augerelektronen entweder vor oder innerhalb der ersten Kristallschichten<br />

generiert wurden.


2.8. <strong>Wechselwirkungen</strong> im Kristall 33<br />

Unter dem Einfluß des Festkörperumfelds unterliegt das Ion jedoch andersartigen<br />

<strong>Wechselwirkungen</strong> als vor der Oberfläche. Beim Eintritt in den Kristall<br />

macht sich zunächst die zusätzliche Abschirmung der Kernladung über die<br />

Leitungsbandelektronen bemerkbar. Dadurch verliert das Ion diejenigen Orbitale,<br />

deren Radius < r >nl die Abschirmlänge des Kristalls übersteigt.<br />

Typischerweise bleiben so nur noch die K–, L– und M–Schalenelektronen an<br />

das Ion gebunden.<br />

Auch das Auffüllen der äußeren Schalen funktioniert innerhalb des Kristalls<br />

auf andere Weise als vor der Oberfläche. Es existieren mehrere Modellbilder<br />

für Besetzungsmechanismen innerer Schalen im Festkörper, die im folgenden<br />

zusammenfassend vorgestellt werden. Wahrscheinlich ergibt sich der<br />

tatsächliche Auffüllungsgrad der inneren Niveaus aus dem Zusammenspiel<br />

dieser Prozesse, wobei sich das relative Gewicht der Einzelbeiträge zueinander<br />

<strong>mit</strong> den experimentellen Parametern umschichten sollte. Die bekannten<br />

Simulationsrechnungen reichen aber noch nicht aus, um hierüber quantitativ<br />

präzise Aussagen treffen zu können.<br />

2.8.1 Scale Matching an der Oberfläche<br />

Burgdörfer et al. zeigen in [17], daß sich die inneren Orbitale des Ions unter<br />

dem wachsenden Einfluß der Abschirmung durch das Kristallelektronengas<br />

energetisch an das Valenzband anpassen können. Die vorgestellten Simulationsergebnisse<br />

für diesen Vorgang sind weitgehend unabhängig von der<br />

Wahl spezieller Eingabeparameter, insbesondere variieren sie kaum <strong>mit</strong> der<br />

verwendeten Elektronendichte. Die ≪Universalität≫ der Spektren, d.h. die<br />

verblüffende Unabhängigkeit ihrer Struktur von der Art des verwendeten<br />

(leitenden) Targetmaterials, läßt sich da<strong>mit</strong> auf elegante Weise erklären.<br />

Der un<strong>mit</strong>telbar an der Oberfläche stattfindende Elektronentransfer läßt sich<br />

stark vereinfacht im klassischen overbarrier–Modell [15] veranschaulichen.<br />

Als notwendige Bedingung für RN– und QRN–Prozesse müssen sich die<br />

klassisch erlaubten Bereiche für die Orbitale des Valenzbandelektrons und<br />

des leeren <strong>Ionen</strong>niveaus überlappen. Die Höhe der Potentialbarriere zwischen<br />

ihnen hängt vom Abstand des Ions vom Targetatom ab. Je größer die Einschußenergie,<br />

desto dichter rücken die beiden Stoßpartner im Punkt größter<br />

Annäherung R0 aneinander. Die Autoren geben als Beispiel einen minimalen<br />

Abstand von 1,4 a.u. für einen <strong>mit</strong> 60keV unter dem streifenden Winkel


34 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Abbildung 2.11: Scale–Matching der Energieniveaus Aufgetragen ist die energetische<br />

Lage der atomaren Orbitale in Abhängigkeit vom Abstand des Ions von der<br />

Oberfläche. Die beiden Kurven repräsentieren unterschiedliche Besetzungen der L–<br />

Schale.<br />

Θ = 1, 8 ◦ einfallenden <strong>Ionen</strong>strahl an. Die hier relevante senkrechte ≪Komponente≫<br />

der kinetischen Energie beträgt dabei nur E⊥ = 2, 1 a.u. und liegt<br />

da<strong>mit</strong> in der gleichen Größenordnung wie bei den in dieser Arbeit diskutierten<br />

Spektren.<br />

Aber nicht nur die Energien, sondern auch die räumlichen Abmessungen der<br />

beteiligten Elektronenorbitale und R0 passen sich aufgrund des Abschirmeffekts<br />

aneinander an. Sie liegen zwischen 1 a.u. und 2 a.u., wodurch die<br />

Überlappintegrale und da<strong>mit</strong> die Transferraten <strong>sehr</strong> große Werte annehmen.<br />

2.8.2 XVV–Prozesse<br />

Die <strong>Wechselwirkungen</strong> innerhalb des Kristalls kann man über die Bewegung<br />

des Ions durch ein freies Elektronengas modellieren. Wie in Kap.2.8.1<br />

erläutert verliert das hohle Atom beim Eintritt in den Kristall durch den<br />

Abschirmeffekt des Leitungsbandes die Elektronen s<strong>einer</strong> äußersten Orbitale.<br />

Da die Geschwindigkeit der Autoionisationskaskade i.a. nicht ausreicht um<br />

innere Niveaus zu einem höheren Grad zu besetzen, bilden sich anfänglich<br />

<strong>Ionen</strong> <strong>mit</strong> schwach besetzten L– und M–Schalen.


2.8. <strong>Wechselwirkungen</strong> im Kristall 35<br />

Um diese geladenen Teilchen herum gruppieren sich<br />

Ladungswolken aus <strong>sehr</strong> mobilen Valenzbandelektronen.<br />

Diese können ähnlich wie Elektronen aus atomaren<br />

Orbitalen über sogenannte XVV–Augerprozesse,<br />

X={K,L,M} an der Neutralisation und Abregung des<br />

Ions teilnehmen.<br />

Díez Muiño et al. [20] haben die Raten solcher Übergänge in <strong>einer</strong> theoretischen<br />

Studie berechnet. Sie wurden sowohl über die effektive Kernladungszahl<br />

Zeff als auch über die Geschwindigkeit v der <strong>Ionen</strong> relativ zum Elektronengas<br />

parametrisiert 10 . Demnach erreichen im quasistatischen Fall v ≪ 1 a.u. und<br />

für Zeff < 4 die LVV–Raten Werte von bis zu 10 15 sec −1 . Berücksichtigt man<br />

noch die hohe Dichte an potentiellen Ausgangszuständen, so ist unter diesen<br />

Umständen ein <strong>sehr</strong> schnelles Auffüllen der L– und M–Schalen zu erwarten.<br />

2.8.3 Stöße <strong>mit</strong> Rumpfatomen<br />

Innerhalb des Festkörpers stößt das Ion <strong>mit</strong> den periodisch angeordneten Targetatomrümpfen.<br />

Die Kollisionsfrequenz ν hängt von der kinetischen Energie<br />

des einfallenden Teilchens Ekin und der Gitterkonstanten d ab.<br />

ν =<br />

� 2E<br />

m<br />

d<br />

Während sich bei m = 16 amu, d = 5˚A und Einschußenergien<br />

von 50keV hohe Frequenzen von ν =<br />

1, 5 · 10 15 sec −1 einstellen, spielen sie bei kinetischen<br />

Energien von der Größe der Bildladungsanziehung <strong>mit</strong><br />

ν = 3, 1 · 10 13 sec −1 im Vergleich zu anderen typischen<br />

Raten des Abregungsszenarios kaum eine Rolle. Bei jedem<br />

Stoß können Elektronen von Rumpfatomniveaus<br />

direkt in die inneren Schalen des Ions übergehen, wobei<br />

unklar ist, wie viele Elektronen pro Stoß transferiert<br />

werden.<br />

(2.21)<br />

In [29] wird die Geschwindigkeits– und Winkelabhängigkeit von N 6+ –Spektren<br />

über die unterschiedlichen Kollisionsfrequenzen der <strong>Ionen</strong> interpretiert. Die<br />

ab.<br />

10 Die genauen Raten hängen auch von den Quantenzahlen des zu besetzenden Zustands


36 2. Fundamentale <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

Einschußenergien betrugen dabei bis zu 78keV und es wurde von einem übertragenen<br />

Elektron pro Stoßprozeß ausgegangen. Bei den in dieser Arbeit verwendeten<br />

kinetischen Energien kann dieser Prozeß jedoch auch bei einem<br />

größeren Elektronenübertrag pro Kollision nur kleine Beiträge leisten.


Kapitel 3<br />

Der experimentelle Aufbau<br />

Die technische Realisation des kompletten Meßaufbaus nahm einen Hauptteil<br />

der Arbeitszeit unserer Gruppe in Anspruch, angefangen bei der Entwicklung<br />

<strong>einer</strong> leistungsfähigen <strong>Ionen</strong>quelle bis hin zur Konstruktion <strong>einer</strong> <strong>mit</strong> allen<br />

Meßsystemen ausgestatteten UHV–Targetkammer. In diesem Kapitel werden<br />

die wichtigsten Komponenten des Aufbaus und deren Funktionsprinzipien<br />

erläutert.<br />

3.1 Die EZR–<strong>Ionen</strong>quelle<br />

Aus technischer und physikalischer Sicht stellt die Erzeugung von hochgeladenen<br />

<strong>Ionen</strong> eine große Herausforderung dar. Unsere Gruppe entwickelt seit<br />

einigen Jahren Quellen für hochgeladene <strong>Ionen</strong> nach dem Elektron–Zyklotron–<br />

Resonanz (EZR) Prinzip. An dieser Stelle sind nur die wichtigsten Aspekte<br />

dieser Technologie in stark vereinfachter Form anhand unserer Quelle zusammengestellt,<br />

für weitere Details sei auf andere Arbeiten aus unserer Gruppe<br />

[1, 27, 38, 43] verwiesen.<br />

Mikrowellenheizung des Plasmas<br />

In der Vakuumkammer <strong>einer</strong> EZR–<strong>Ionen</strong>quelle wird über Mikrowelleneinstrahlung<br />

ein Plasma generiert. Um das Plasmavolumen herum befinden sich<br />

37


38 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Abbildung 3.1: Experimenteller Aufbau – Quellenseite Hinter der EZR–<strong>Ionen</strong>quelle<br />

folgen in Strahlrichtung die Extraktionselektrode, der Separationsmagnet, eine horizontale<br />

und eine vertikale Korrekturlinse, ein Strahlprofilmonitor, eine Schlitzblende,<br />

ein Faraday–Cup und eine der beiden Einzellinsen. Außerdem erkennt man einige Komponenten<br />

des Vakuumsystems wie z.B. d Positionen der Turbomolekularpumpen.


3.1. Die EZR–<strong>Ionen</strong>quelle 39<br />

Ringe aus Permanentmagneten, so daß die Ladungsträger auf Schraubenbahnen<br />

entlang der Feldlinien gezwungen werden.<br />

Die Kreisfrequenz ω dieser Rotationsbewegung hängt nur von<br />

der Teilchenmasse m, der Ladung q und der Stärke des magnetischen<br />

Induktionsfeldes B ab.<br />

ω = |q|eB<br />

m<br />

(3.1)<br />

Die Positionen der äußeren Magnete werden so gewählt, daß die Frequenz<br />

ω für Elektronen (Masse m = me und Ladung q = −1) auf <strong>einer</strong> innerhalb<br />

der Kammer geschlossenen Fläche <strong>mit</strong> der Frequenz der eingestrahlten Mikrowelle<br />

ωMW = 6, 8GHz übereinstimmt. Die Form dieser Resonanzzone hat<br />

entscheidenden Einfluß auf die Effizienz der EZR–Quelle.<br />

Es kann gezeigt werden [27], daß die Elektronen beim Durchlaufen dieser<br />

über ω(B) = ωMW definierten Hyperfläche im Mittel über ihre Drehphasen<br />

Energie von der zirkular polarisierte Komponente der eingestrahlten Welle<br />

übertragen bekommen. Dieses Phänomen bezeichnet man auch als stochastisches<br />

Heizen. Die Resonanzbedingung für <strong>Ionen</strong> ist hingegen aufgrund ihrer<br />

wesentlich größeren Masse mIon ≫ me erst im Bereich der Radiofrequenzen<br />

erfüllt. Die Mikrowelle heizt demnach selektiv das Elektronengas auf,<br />

während die <strong>Ionen</strong> ≪kühl≫ bleiben.<br />

Durch Stöße <strong>mit</strong> den schnellen Plasmaelektronen werden die <strong>Ionen</strong> sukzessive<br />

in höhere Ladungszustände befördert, bis die kinetische Energie nicht<br />

mehr ausreicht, um weitere Elektronen auszulösen, die stärker an das Ion<br />

gebunden sind. Zur Produktion hoher Ladungszustände benötigt man also<br />

ein Elektronengas, dessen Energieverteilung den Bereich oberhalb des letzten<br />

gewünschten Ionisationsschritts abdeckt 1 .<br />

Der Energiegewinn eines Ladungsträgers pro Resonanzzonendurchlauf hängt<br />

un<strong>mit</strong>telbar von der elektrischen Feldamplitude der eingestrahlten Mikrowelle<br />

ab. Konzipiert man die Plasmakammer als Hohlraumresonator <strong>mit</strong> metallischen<br />

Wänden, so bilden sich im Inneren auch bei vergleichsweise geringen<br />

1 Das ist nur eine ≪Mindestanforderung≫ an die Plasmaelektronen. Eine komplexere<br />

Darstellung muß die energieabhängigen Wirkungsquerschnitte für Stoßionisation, Reneutralisation,<br />

Ratengleichungen etc. <strong>mit</strong> einbeziehen.


40 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Einstrahlleistungen stehende Wellen <strong>mit</strong> <strong>sehr</strong> großen Feldamplituden aus. Die<br />

möglichst reflexionsfreie Einkopplung der Mikrowelle aus <strong>einer</strong> Wanderfeld–<br />

Röhre oder einem Magnetron über ein Hohlleitersystem in den Resonator<br />

hinein stellt ein Hauptproblem des Quellendesigns dar, siehe auch [38, 43].<br />

Magnetischer Plasmaeinschluß<br />

Im allgemeinen reicht aber die Mikrowellenresonanz zusammen <strong>mit</strong> dem<br />

Hohlraumresonator zur Produktion hoher Ladungszustände nicht aus. Zur<br />

Effizienzsteigerung versucht man die Elektronen <strong>mit</strong> Hilfe eines magnetischen<br />

Spiegelfeldes in der Kammer einzusperren, so daß sie die Resonanzzone mehrfach<br />

durchlaufen. Auf das Prinzip <strong>einer</strong> solchen Feldanordnung sei hier kurz<br />

eingegangen.<br />

Der Betrag des magnetischen Moments 2 des Elektrons �µ � �v� (s. Abb.3.2)<br />

stellt bei einem räumlich nicht allzu stark variierenden äußeren Magnetfeld<br />

Abbildung 3.2: Wirkung des Spiegelfeldes Mit anwachsendem Magnetfeld verschwindet<br />

die parallel zum Magnetfeld ausgerichtete Geschwindigkeitskomponente v �<br />

des Elektrons.<br />

eine Konstante der Bewegung dar. Aus energetischen Gründen (Epot minimal<br />

für �µ � � B) richtet sich �µ parallel zu den � B–Feldlinien aus, entlang derer sich<br />

die Elektronen <strong>mit</strong> dem Zentrum ihrer Kreisbahnen bewegen. Die Energie der<br />

Elektronen läßt sich in eine Translations– E|| und eine Rotationskomponente<br />

Erot zerlegen. E|| verhält sich proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit<br />

v 2 || entlang der Feldlinien, für die Rotationsenergie gilt Erot ∝ v 2 ⊥.<br />

2 Das magnetische Moment �µ <strong>einer</strong> ebenen Leiterschleife kann man über das Produkt<br />

aus dem fließenden Strom I und der Normalen zur umschlossenen Fläche � A definieren.


3.1. Die EZR–<strong>Ionen</strong>quelle 41<br />

Die Gyrationsfrequenz ω ∝ v⊥ hängt aber von der ortsabhängigen magnetischen<br />

Induktion B(r) ab. Bewegt sich ein Elektron also <strong>einer</strong> � B–Feldlinie<br />

folgend in Gebiete größerer Feldstärke hinein, so verlagert sich aufgrund der<br />

Energieerhaltung<br />

Eges = E|| + Erot = const. (3.2)<br />

ein Teil der Translations– in Rotationsenergie Erot ∝ v 2 ⊥. Existiert entlang<br />

<strong>einer</strong> Trajektorie ein gewisses Verhältnis Bmax/Bmin , so wird ein im Bereich<br />

von Bmin gestartetes Elektron oberhalb eines bestimmten anfänglichen Geschwindigkeitsquotienten<br />

v0,⊥<br />

v 0,� = tan(Θ) am Ort von Bmax in seine ursprüngliche<br />

Bahn zurückgespiegelt. Im Geschwindigkeitsraum läßt sich v0,⊥<br />

v 0,|| auch<br />

über den Winkel Θ zwischen �v und der Magnetfeldlinie interpretieren. Daraus<br />

ergibt sich ein Fluchtkegel, dessen Raumwinkel sich <strong>mit</strong> zunehmendem<br />

Verhältnis Bmax<br />

Bmin verringert.<br />

Das Spiegelfeld wird bei unserer Quelle über zwei zylindersymmetrisch angeordnete<br />

Permanentmagnetringe realisiert, welche an den beiden Enden der<br />

ebenfalls zylinderförmigen Plasmakammer angebracht sind und entgegengesetzt<br />

gepolt ausgerichtet werden. Auf diese Weise wird aber nur ein axialer<br />

Einschluß der Elektronen erreicht. Sowohl für die Energieverteilung der Elektronen<br />

als auch für die Evolution hoher Ladungszustände der <strong>Ionen</strong> ist ein<br />

guter radialer Plasmaeinschluß von essentieller Bedeutung.<br />

Abbildung 3.3: Magnetisches Hexapolfeld Die um die Plasmakammer gruppierten<br />

Permanentmagnete sorgen für einen radialen Plasmaeinschluß.<br />

Man mache sich zunächst klar, daß sich die langsamen <strong>Ionen</strong> zur Aufrechterhaltung<br />

der Quasineutralität des Plasmas bevorzugt in den Regionen hoher


42 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Elektronendichte aufhalten. Münden die Feldlinien in die metallischen Kammerwände<br />

hinein, so gehen dem Plasma dort nicht nur die heißen Elektronen<br />

verloren; auch die ihnen folgenden <strong>Ionen</strong> werden dort durch den Wandkontakt<br />

neutralisiert. Zur Minimierung dieser beiden unerwünschten Effekte überlagert<br />

man dem axialen noch ein radiales Spiegelfeld. In unserer gegenwärtigen<br />

EZR–Quelle handelt es sich dabei um eine aus Permanentmagneten bestehende<br />

Hexapolstruktur, s. Abb.3.3.<br />

Optimierung der Quelle<br />

Die Produktion spezieller <strong>Ionen</strong>typen und Ladungszustände kann über die<br />

variable Frequenz der eingestrahlten Mikrowelle, den Abstand der Extraktionsnase<br />

zur Quelle und <strong>sehr</strong> effektiv über fein regelbare Gaszustromventile<br />

optimiert werden. Der Gasdruck in der Quelle kann nicht direkt bestimmt<br />

werden. An <strong>einer</strong> Stelle nahe der Quelle ist jedoch eine Vakuummeßröhre<br />

(Ionivac) angebracht, deren Anzeige pAnz <strong>mit</strong> dem Plasmakammerdruck p<br />

korreliert ist und von uns zur Dosierung des Gaszustroms verwendet wird.<br />

Erfahrungsgemäß lassen sich hohe Ströme niedriger Ladungszustände durch<br />

Drücke pAnz � 1 · 10 −6 mbar (Anzeige auf dem Ionivac) des betreffenden<br />

Gases realisieren. Eine Optimierung auf hochgeladene <strong>Ionen</strong> erfolgt hingegen<br />

bei Drücken pAnz � 2 · 10 −7 mbar unter Beimischung eines Zusatzgases.<br />

Strahleigenschaften<br />

Die Symmetrie des Magnetfeldes und die Form der Extraktionselektrode spiegeln<br />

sich im Strahlprofil wider. So führt das unserer Quelle überlagerte Hexapolfeld<br />

zu <strong>einer</strong> dreispitzigen ≪Mercedes≫–sternartigen Geometrie in der<br />

Transversalebene des Strahls.<br />

Außerdem zeichnen sich EZR–Quellen aus konzeptionellen Gründen durch<br />

eine hohe Strahlbrillianz und <strong>sehr</strong> stabile Ströme aus. Sie erfordern weiterhin<br />

einen nur <strong>sehr</strong> geringen Wartungsaufwand.


3.2. Das Strahltransportsystem 43<br />

3.2 Das Strahltransportsystem<br />

In vielen industriellen Anlagen befinden sich zu bearbeitende Oberflächen<br />

<strong>sehr</strong> nahe an oder sogar innerhalb der Plasmaquelle. Wir sind aber speziell<br />

an der Analyse von <strong>Wechselwirkungen</strong> <strong>hochgeladener</strong> <strong>Ionen</strong> eines bestimmten<br />

Ladungszustands q <strong>mit</strong> atomar reinen Oberflächen interessiert. Einerseits<br />

müssen wir daher eine q/m–Separation vornehmen können, andererseits<br />

unsere Experimente von dem für Oberflächenuntersuchungen ungeeigneten<br />

Druckverhältnissen nahe der EZR–Quelle in eine UHV–Kammer (siehe<br />

Kap.3.8) auslagern.<br />

Zu diesem Zweck nehmen wir wie bereits erwähnt eine Hochspannungsextraktion<br />

der Ladungsträger aus der EZR–Quelle vor. In den folgenden Unterabschnitten<br />

gehen wir ausführlicher auf die Vorteile dieser Methode ein.<br />

q/m–Separation des Strahls<br />

Zunächst können wir auf diese Weise hinter der Extraktionselektrode <strong>mit</strong>tels<br />

eines elektromagnetischen Sektormagneten einzelne <strong>Ionen</strong>spezies gemäß<br />

ihrem q/m–Verhältnis voneinander separieren, welche dort eine kinetische<br />

Energie von q · Uextr besitzen. Das Auflösungsvermögen dieses Massenfilters<br />

läßt eine saubere Trennung aller in dieser Arbeit verwendeten <strong>Ionen</strong>spezies<br />

zu [43]. Da in der Quelle allerdings immer ein Gemisch aus verschiedenen ionisierten<br />

Atomen und Molekülen existiert, kann bei ≪zufälliger≫ Übereinstimmung<br />

des q/m–Quotienten, z.B. im Fall von O 4+ und Ar 10+ , selbstverständlich<br />

keine Separation erfolgen 3 .<br />

<strong>Ionen</strong>strommessung<br />

Direkt hinter dem Magneten sind eine Schlitzblende variabler Breite (2mm<br />

und 4mm) und eine horizontale und eine vertikale elektrostatische Ablenkeinheit<br />

zur Korrektur des Astigmatismus der magnetischen Abbildungsoptik<br />

angebracht. Dann folgt ein in den Strahl hineinbewegbarer Faraday–Cup, an<br />

3 Falls die hochenergetischen Äste der jeweiligen Autoionisationsspektren nicht zusammenfallen,<br />

können (unter Vernachlässigung der gegenseitigen Beeinflussung) trotzdem die<br />

Oberflächen–<strong>Wechselwirkungen</strong> dieser beiden <strong>Ionen</strong>typen getrennt voneinander untersucht<br />

werden.


44 3. Der experimentelle Aufbau<br />

welchem ein Ampèremeter angeschlossen ist. Fährt man das Magnetfeld des<br />

Separationsmagneten über den Spulenstrom durch 4 , so läßt sich über den<br />

am Faradaybecher gemessenen Strom ein Intensitätsspektrum der einzelnen,<br />

nach q/m separierten <strong>Ionen</strong>typen aufnehmen. Zur Bestimmung der absoluten<br />

Teilchenströme ist eine Division der Ladungsströme durch den jeweiligen<br />

q–Wert und eine die Sekundärelektronenproduktion berücksichtigende Korrektur<br />

anzuwenden.<br />

Differentielles Pumpen<br />

Die Druckdifferenz zwischen dem Quellenbereich (pQuelle � 5 · 10 −7 mbar)<br />

und der Targetkammer (pT arget � 5 · 10 −11 mbar) wird über zwei Zwischenkammern<br />

aufgebaut, welche jeweils <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Lochblende abgeschlossen sind.<br />

Man spricht auch von einem differentiell gepumpten System. Der Strahl wird<br />

über zwei elektrostatische Einzellinsen durch diese Kammern transportiert.<br />

Der Neutralteilchenstop<br />

Kurz vor der Targetkammer ist ein sogenannter Beamstop (s. Abb.3.5) installiert,<br />

welcher ein Eindringen von reneutralisierten, hochenergetischen Teilchen<br />

in die nachfolgenden Bereiche <strong>mit</strong> Hilfe eines elektrostatischen Ablenkmechanismus’<br />

verhindert. Beispielsweise würde ein Ion, das hinter dem Magneten,<br />

aber noch vor den beiden Abbremsstufen (s. folgender Abschnitt)<br />

vom Ladungszustand q nach q − 1 übergeht, <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> kinetischen Energie<br />

von Ekin � eUextr = 20keV auf das geerdete Target treffen. Dieses hätte<br />

unter anderem eine erhöhte Sekundärelektronenproduktion am Target und<br />

das Auftreten von Si–Augerlinien in den Autoionisationsspektren zur Folge.<br />

Tatsächlich wurde in einigen Fällen eine solche Si–Linie beobachtet. Durch<br />

eine bessere Justierung der Linsenspannungen an unserer <strong>Ionen</strong>optik konnte<br />

dieser Effekt stets zum Verschwinden gebracht werden.<br />

Aus technischen Gründen wurde der Beamstop bei Messungen bisher noch<br />

nicht implementiert.<br />

4 Für eine Eichung siehe [43].


3.2. Das Strahltransportsystem 45<br />

Abbildung 3.4: Targetkammerseite der Apparatur Die Darstellung beginnt an der<br />

Isolationskeramik zwischen dem Hochspannungsbereich des Versuchs und dem geerdeten<br />

Targetbereich. Man erkennt die beiden Abbremslinsen, den auf einem Manipulator<br />

angebrachten Kristall, Teile des Vakuumsystems und einige Analysegeräte, siehe Text.


46 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Abbildung 3.5: Der Beamstop Hinter dem Magneten reneutralisierte Teilchen werden<br />

von den gegenüber der -20kV–Masse anliegenden, betragsgleichen Spannungen<br />

±V nicht abgelenkt und so durch die einfahrbare Lochblende ausgefiltert, deren Kanten<br />

zur Sekundärelektronenunterdrückung kegelförmig angeschliffen sind.<br />

3.3 Die Abbremsoptik<br />

Hinter der Extraktionsnase bewegen sich die <strong>Ionen</strong> <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> kinetischen<br />

Energie Ekin = q · (Uextr + UQuelle + UP lasma) durch die Kammern. Uextr kennzeichnet<br />

die Extraktionsspannung und UQuelle ein an die Quelle gegenüber<br />

Erde angelegtes Zusatzpotential. Das Plasmapotential UP lasma wird an späterer<br />

Stelle auf S.60 noch erklärt und beträgt etwa +12V. Den weitaus größten<br />

Beitrag zu Ekin liefert Uextr <strong>mit</strong> -20kV, so daß bei allen Messungen annähernd<br />

gilt: Ekin � q · 20keV.<br />

Da wir die <strong>Wechselwirkungen</strong> <strong>sehr</strong> <strong>langsamer</strong> <strong>Ionen</strong> <strong>mit</strong> einem in einem Targetkammer<br />

positionierten Siliziumwafer untersuchen wollen, müssen diese


3.3. Die Abbremsoptik 47<br />

Abbildung 3.6: Erste Abbremsstufe Das Linsensystem besteht aus fünf zylinderförmigen<br />

Elektroden (Längen: 118,5mm bzw. 120mm) <strong>mit</strong> alternierendem Radius<br />

(Ø 72,2mm bzw. 97,6mm), von denen das in Strahlrichtung erste durch eine Isolationskeramik<br />

führt und <strong>mit</strong> dem Extraktionspotential kontaktiert ist. Die verbleibenden vier<br />

Elemente werden über die eingezeichneten Durchführungen gegenüber der geerdeten<br />

Kammer <strong>mit</strong> Spannungen versorgt, s.a. Abb.3.7.<br />

Abbildung 3.7: Trajektorien in der ersten Abbremslinse An den beiden äußeren<br />

Elektroden sind die Spannungen -20kV (durch Uextr) bzw. -2kV (als Ausgangsenergie<br />

für die nächste Linse) vorgegeben; gute Werte der weiteren Linsenelemente sind (in<br />

Strahlrichtung) -5kV, -13kV und -3kV. Die Trajektorien starten am Fokuspunkt der<br />

davorliegenden Einzellinse (z = -825mm) <strong>mit</strong> Ekin = q · 20keV, <strong>einer</strong> Winkeldivergenz<br />

von ±4 ◦ und enden im Mittelpunkt der vor der letzten Abbremslinse angebrachten<br />

Lochblende (z = +17,5mm).


48 3. Der experimentelle Aufbau<br />

zum Target hin noch zwei Abbremsstufen durchlaufen. Die erste besteht<br />

aus fünf Zylinderelektroden (s. Abb.3.6) und beschleunigt die Teilchen von<br />

Ekin = q · 20keV auf Ekin = q · 2keV herunter. Sie ist in eine schon unter<br />

UHV–Bedingungen betriebene Vorkammer des Targetraums integriert. Die<br />

an den Linsenelementen anliegenden Spannungen und die <strong>Ionen</strong>trajektorien<br />

(s. Abb.3.7) wurden <strong>mit</strong> dem Simulationsprogramm PLUTO [1] berechnet.<br />

Erst bei einem anfänglichen Winkel von 4 ◦ zur Mittelachse können die <strong>Ionen</strong><br />

nicht mehr gebündelt werden und schlagen gegen die Elektroden und Isolatoren.<br />

Aufgrund des geringen Verhältnisses von Transversal– E⊥ � q · 20eV<br />

zu Longitudinalenergie E� � q · 20keV bei z=-825mm folgt jedoch, daß an<br />

dieser Stelle der Öffnungswinkel δ wegen<br />

� �<br />

⎛√<br />

⎞<br />

v⊥<br />

E⊥<br />

δ = arctan = arctan ⎝ � ⎠ � 1, 8<br />

v�<br />

E�<br />

◦<br />

auf Werte unter 2 ◦ beschränkt ist.<br />

(3.3)<br />

Abbildung 3.8: Letzte Abbremsstufe Der Strahl tritt durch zwei jeweils 1mm starke<br />

Lochblenden in die zylindersymmetrische Linse ein. Die erste (Ø 4mm) liegt auf etwa<br />

-1,9kV, die zweite (Ø 5mm) ist <strong>mit</strong> dem ersten Linsenelement und zugleich <strong>mit</strong> der Abschlußelektrode<br />

der vorhergehenden Abbremsstufe (U=-2kV) kontaktiert. Die vordere<br />

Platte saugt so<strong>mit</strong> (Sekundär–)Elektronen von der zweiten Platte ab. Die Innenkanten<br />

der Blenden sind zur Sekundärelektronenunterdrückung vom Target aus kegelförmig<br />

angeschnitten. Die übrigen drei Elektroden sorgen für die Abbremsung und Fokussierung<br />

des Strahls auf das Target, s.a. Abb.3.9, wobei ein großer Radius der abschließenden<br />

Linsenöffnung (Ø 20mm) zur Vermeidung von Sekundärelektronenemissionen<br />

gewählt wurde.


3.3. Die Abbremsoptik 49<br />

Die letzte Abbremsphase von q ·2keV auf das stets geerdete<br />

Target hin findet in <strong>einer</strong> un<strong>mit</strong>telbar vor dem Target<br />

positionierten Linse statt. Die Form der Linsenelemente<br />

(s. Abb.3.8) und die an ihnen anliegenden Spannungen<br />

(s. Abb.3.9) wurden ebenfalls <strong>mit</strong> Hilfe des Programms<br />

PLUTO [1] optimiert. Dabei wurde eine Minimierung<br />

des Strahlflecks auf dem Target angestrebt.<br />

Man beachte, daß die Verlangsamung des Strahls eine<br />

Zunahme s<strong>einer</strong> Divergenz Θ <strong>mit</strong> sich bringt, weil<br />

sich nur die longitudinale v�, nicht aber die transversale<br />

Komponente v⊥ der Teilchengeschwindigkeit verringert.<br />

Selbst in <strong>einer</strong> idealen Abbildungsoptik ist kein punktförmiger Strahlfleck zu<br />

erreichen, da die <strong>Ionen</strong> aus einem räumlich ausgedehnten Gebiet in der Quelle<br />

stammen. Der Satz von Liouville besagt außerdem, daß das von den Strahl-<br />

Abbildung 3.9: Trajektorien in der letzten Abbremslinse Die Trajektorien beginnen<br />

<strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Winkelaufweitung von ±4 ◦ und <strong>einer</strong> kinetischen Energie von q · 2keV bei<br />

z = 0. Die an den zylindersymmetrischen Linsenelementen anliegenden Spannungen<br />

betragen (in Strahlrichtung) -2kV, -200V, -300V und -80V. Der Strahlfleck auf dem (in<br />

dieser Simulation aus rechnungstechnischen Gründen ungeerdeten) Target am rechten<br />

Ende der Zeichnung hat einen Durchmesser von etwa 10mm.<br />

teilchen eingenommene Phasenraumvolumen am Extraktionsort und nach<br />

der Abbremsung übereinstimmen muß. Eine Bündelung des Strahls bringt<br />

folglich eine starke Winkelaufweitung <strong>mit</strong> sich 5 . Die in Abb.3.9 dargestellten<br />

<strong>Ionen</strong>bahnen starten <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Winkelaufweitung von ±3 ◦ im Mittelpunkt der<br />

5 Außerdem spielte beim Linsendesign die Minimierung der unerwünschten Se-


50 3. Der experimentelle Aufbau<br />

kreisförmigen Eintrittsblende dieser Abbremslinse (Ø 4mm) und enden auf<br />

Höhe der Kristalloberfläche. Selbst unter diesen ≪idealisierten≫ Bedingungen<br />

hat der Strahlfleck auf dem Target noch einen Durchmesser von knapp einem<br />

Zentimeter.<br />

3.4 Das Auger–Elektronen–Spektrometer<br />

Zur Untersuchung der <strong>Wechselwirkungen</strong> zwischen den abgebremsten <strong>Ionen</strong><br />

und dem Siliziumtarget werden Spektren der e<strong>mit</strong>tierten (Auger)–Elektronen<br />

aufgenommen.<br />

Abbildung 3.10: Schema des Elektronenspektrometers Eine Linse bildet einen<br />

Punkt auf der Targetoberfläche auf den Eintrittsspalt ab. Die Spannungen werden<br />

von einem integrierten Computer automatisch an die gewünschte Spektrometermode<br />

angepaßt. Für die Kopplung der einzelnen Potentiale aneinander siehe Manual.<br />

Der Energieanalysator<br />

Die Energieanalyse der Elektronen geschieht <strong>mit</strong> Hilfe eines elektrostatischen<br />

150 ◦ –Kugelanalysators [42] (s. Abb.3.10). Eine vorgeschaltete Linse bildet<br />

kundärelektronenemission eine Rolle, welche durch das Auftreffen der <strong>Ionen</strong> auf die Linsenwände<br />

und Blenden ausgelöst werden kann.


3.4. Das Auger–Elektronen–Spektrometer 51<br />

einen Punkt der Targetoberfläche auf die Mitte seines Eintrittsspalts ab. Die<br />

Energie der Elektronen im Analysator EAna kann über ein an seinen beiden<br />

Abschlußblenden anliegendes Verzögerungspotential Vr eingestellt werden.<br />

Relativ zu Vr liegen an den beiden Hemisphären entgegengesetzt gepolte<br />

Spannungen an Vo = −Vi < 0 an. Hinter dem Analysator ist ein Sekundärelektronenvervielfacher<br />

(Channeltron) als eigentlicher Detektor angebracht,<br />

dessen Schnauze auf Vr liegt, während die über ihm abfallende Spannungsdifferenz<br />

über VC geregelt wird.<br />

Der beschriebene Aufbau ist zusammen <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> integrierten Computersteuerung<br />

für die Spannungen als CLAM (Combined Lense Analyzer Module)<br />

von der Firma VG Instruments gekauft worden. In Kombination <strong>mit</strong> <strong>einer</strong><br />

Elektronenkanone wird das CLAM auch für AES–Messungen verwendet.<br />

Abbildung 3.11: Transmissionsverhalten des CLAM–Spektrometers (schematisch)<br />

Die Transmission T ändert sich in beiden Moden <strong>mit</strong> der kinetischen Energie Ekin der<br />

Elektronen. In der CRR–Mode wächst T linear <strong>mit</strong> Ekin, in der CAE–Mode kann T<br />

für kleine Energien durch den Einsatz der Linse konstant gehalten werden.<br />

Spektrometermoden<br />

Zur Aufnahme kompletter Spektren kann das Spektrometer in zwei unterschiedlichen<br />

Moden betrieben werden, wobei der Computer die Spannungen<br />

VL, Vr,Vi und Vo automatisch reguliert. Das über dem Channeltron abfallende<br />

Potential VC wird manuell auf einen fixen Wert – üblicherweise ca. 2,7kV<br />

– eingestellt.<br />

In der sogenannten CAE–Spektrometermode (Constant Analyzer Energy)


52 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Abbildung 3.12: Abschätzung der Transmission Anhand des annähernd konstanten<br />

Untergrunds eines AES–Spektrums kann der Anstieg der Spektrometertransmission<br />

T approximiert werden. Eine lineare Regression liefert die Ausgleichsgrade y = mx + b<br />

<strong>mit</strong> m = 1, 1eV −1 und b = 271,60.<br />

wird die Verzögerungsspannung Vr so <strong>mit</strong>gefahren, daß die Analysatorenergie<br />

EAna und da<strong>mit</strong> das absolute Auflösungsvermögen ∆E des CLAMs konstant<br />

bleibt. Bei kleinen Elektronenenergien Ekin kann die vorgeschaltete Eintrittslinse<br />

der <strong>mit</strong> Vr steigenden Strahlaufweitung entgegenwirken. Dann bleibt das<br />

Transmissionsverhalten (s. Abb.3.11) T (Ekin) unverändert.<br />

Wählt man eine CRR–Mode (Constant Retard Ratio), so kann das ganze<br />

Spektrum bei konstantem relativen Auflösungsvermögen ∆E<br />

E aufgenommen<br />

werden, während die Transmission T linear <strong>mit</strong> Ekin wächst. Als Verzögerungsverhältnis<br />

(retard ratio) bezeichnet man dabei<br />

R = Ekin<br />

. (3.4)<br />

EAna<br />

Die Erfahrung zeigte, daß <strong>mit</strong> R = 4/1 ein guter Kompromiß zwischen Transmission<br />

und Auflösungsvermögen erreicht wird. Alle in dieser Arbeit vorkommenden<br />

Spektren wurden in dieser Mode aufgenommen.<br />

Spektrometerparameter<br />

Leider macht der Hersteller im Manual keine quantitativen Angaben über<br />

die Spektrometereigenschaften wie Transmission, Akzeptanz und Auflösungsvermögen.<br />

Selbst die genauen Abmessungen und die Größe der angelegten


3.4. Das Auger–Elektronen–Spektrometer 53<br />

Spannungen werden nicht aufgeführt. Eine Demontage des CLAMs zur Bestimmung<br />

der fehlenden Werte ist aus technischen Gründen unratsam. Mehrere<br />

Meßversuche zur Bestimmung dieser Parameter auf experimentelle Weise<br />

≪von außen≫ schlugen fehl.<br />

Für die Interpretation der Spektren kommt es jedoch hauptsächlich auf eine<br />

Energieeichung zur Angabe von Peakpositionen an. Aussagen über Intensitäten<br />

werden in dieser Arbeit nur in qualitativer Form von engen Spektralregionen<br />

benötigt, so daß eine grobe Abschätzung des Transmissionsverhaltens<br />

hinreicht. Dieses wird anhand der Argumentationen in den Kapiteln 5<br />

und 6 noch deutlich werden.<br />

Die Energieeichung des Spektrometers wurde anhand eines Vergleichs der<br />

Meßspektren <strong>mit</strong> aus der Literatur [7, 6, 28, 29] bekannten Positionen atomarer<br />

Augerpeaks überprüft. Alle Meßwerte stimmen <strong>mit</strong> einem Fehler von<br />

∆E = ±1eV <strong>mit</strong> den Literaturwerten überein, was für die Zwecke dieser<br />

Arbeit genügt.<br />

Der Anstieg der Transmission von CRR–Spektren kann anhand<br />

des CRR–4/1–AES–Spektrums aus Abb.3.12 abgeschätzt werden.<br />

Der Untergrund solcher <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Elektronenkanone aufgenommenen<br />

Spektren ist weitgehend konstant, so daß <strong>mit</strong>tels<br />

linearer Regression die Steigung<br />

∆T (Ekin)<br />

∆E<br />

� 1, 1eV −1<br />

(3.5)<br />

bestimmt werden konnte.<br />

Die Spektrometerakzeptanz η kann aus <strong>einer</strong> einfachen geometrischen<br />

Überlegung zu η = arctan(a/b) � 16 ◦ abgeschätzt werden,<br />

siehe rechte Zeichnung. Der Fehler muß hierbei <strong>mit</strong> etwa ±5 ◦ angesetzt<br />

werden. Wichtig ist, daß die große Akzeptanz <strong>einer</strong>seits<br />

zu vergleichsweise hohen Zählraten führt, andererseits aber Effekte,<br />

die sich nur unter scharf definierten Winkeln beobachten<br />

lassen, ausgewaschen werden.<br />

Beobachtungsgeometrie<br />

In der Targetkammergeometrie ist der Winkel zwischen der Strahlachse und<br />

der Symmetrieachse der Spektrometerlinse auf 90 ◦ festgelegt (s. Abb.3.13).


54 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Abbildung 3.13: Geometrie in der Targetkammer Der Winkel zwischen der Strahl–<br />

und der Spektrometerachse beträgt in allen Messungen 90 ◦ . Der Einfallswinkel Θ und<br />

der Beobachtungswinkel Ψ ergänzen sich dadurch ebenfalls stets zu 90 ◦ .<br />

Das Target läßt sich um eine senkrecht aus der Zeichenebene herausragende<br />

Achse beliebig drehen 6 . Auf diese Weise ergänzen sich Θ und Ψ stets zu 90 ◦ .<br />

Der große Akzeptanzwinkel des Spektrometers η läßt erwarten, daß auch für<br />

leicht (wenige Grad) über Θ = 90 ◦ hinausgehende Einfallswinkel noch vor<br />

dem Kristall e<strong>mit</strong>tierte Elektronen nachgewiesen werden können.<br />

6 Außerdem stehen noch ein weiterer Rotations– und alle drei Translationsfreiheitsgrade<br />

zur Positionierung des Targets zur Verfügung. Diese werden aber nur zur Ausrichtung<br />

benützt und werden danach auf fixen Werten belassen.


3.5. Das <strong>Ionen</strong>spektrometer 55<br />

3.5 Das <strong>Ionen</strong>spektrometer<br />

Um Aussagen über die Energieverteilung der <strong>Ionen</strong> machen zu können, benötigen<br />

wir deren Energiespektrum am Ort des in allen Messungen geerdeten<br />

Targetkristalls.<br />

3.5.1 Das Gegenfeldspektrometer<br />

Zu diesem Zweck wurde ein Gegenfeldspektrometer (Abb.3.14) konstruiert,<br />

welches konzentrisch zur Strahlachse hinter dem herausfahrbaren Target positioniert<br />

ist. Die durch eine (Ø10mm)–Lochblende eintretenden Teilchen<br />

durchlaufen zuerst das Feld von fünf äquidistant hintereinander liegenden<br />

Stanzgittern, von denen die beiden äußeren und das <strong>mit</strong>tlere zur Feldabschirmung<br />

geerdet sind. Das in Strahlrichtung zweite Gitter wird zur Abschirmung<br />

von Sekundärelektronen auf negatives Potential gelegt. Das vierte<br />

Gitter wird von <strong>einer</strong> über unser Computermeßsystem ansteuerbaren, positiven<br />

Gegenspannung UG versorgt und ist so<strong>mit</strong> für <strong>Ionen</strong> oberhalb <strong>einer</strong> kinetischen<br />

Energie von eUG durchlässig. Die trans<strong>mit</strong>tierten <strong>Ionen</strong> treffen auf<br />

die der Eintrittsöffnung eines Sekundärelektronenvervielfachers (CEM), dessen<br />

Ausgangssignal über eine nachgeschaltete Spannungsauskoppelbox und<br />

einen Vorverstärker in unser Datenerfassungssystem gelangt.<br />

3.5.2 Simulation des Transmissionsverhaltens<br />

Die Schwellenenergie eUS, welche darüber entscheidet, ob ein Ion das Gegenfeld<br />

noch passieren kann, liegt genauer betrachtet unterhalb des Wertes eUG,<br />

da letzterer Wert nur auf den das Gitter bildenden Drähten selbst erreicht<br />

wird. Aus physikalischen Gründen ist leicht ersichtlich, daß sich in der Mitte<br />

jeder Gittermasche ein Potentialminimum einstellt, welches den tatsächlichen<br />

Schwellenwert festlegt. Dieser ließe sich experimentell als Funktion von<br />

UG bestimmen, falls man <strong>mit</strong> einem <strong>Ionen</strong>strahl hinreichender energetischer<br />

Schärfe eine Eichkurve US gegen UG aufnehmen würde. Dazu hätten wir aufwendige<br />

Umbauten innerhalb unserer Ultrahochvakuumkammer vornehmen<br />

müssen.<br />

Wir entschieden uns stattdessen für eine Computersimulation des Feldver-


56 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Abbildung 3.14: Das Gegenfeld–<strong>Ionen</strong>spektrometer Von den fünf Gittern werden<br />

das erste, dritte und fünfte geerdet, während die anderen beiden als Abschirmgitter<br />

bzw. als Energieschwelle dienen. Die trans<strong>mit</strong>tierten <strong>Ionen</strong> werden im Channeltron<br />

(CEM) nachgewiesen. Alle Maße sind in mm angegeben.<br />

laufs, da auch die für unsere spätere Dateninterpretation erforderliche Genauigkeit<br />

von US nur im Bereich etwa 10% Prozent liegen muß. Auf eine<br />

Berechnung von <strong>Ionen</strong>trajektorien wurde verzichtet, da man aufgrund der<br />

geringen Schwankungen des Potentials in der Gitterebene keine signifikante<br />

Abweichung des trans<strong>mit</strong>tierten Strahlanteils vom Quotienten der Stirnfläche<br />

eines Gitters zur Gesamtfläche erwartet. Der geringe Anteil der <strong>Ionen</strong>, die<br />

trotz Ekin > eUS im Bereich zwischen Potentialminimum und den Drähten<br />

reflektiert wird, spielt insbesondere beim senkrechten Strahleinfall in unserem<br />

Aufbau nur eine untergeordnete Rolle. Der mathematische und numerische<br />

Hintergrund der Simulation wird in Anhang B erläutert.


3.5. Das <strong>Ionen</strong>spektrometer 57<br />

Abbildung 3.15: Konvergenz der Simulation für das Potential auf der Mittelachse<br />

Aufgetragen ist das Potential gegen den Abstand zur Gitterebene. Mit zunehmender<br />

Oberflächensegmentdichte nimmt das Potential in der Mitte <strong>einer</strong> beliebigen Masche<br />

systematisch bis zu U = 19,68V (1500 Segmente) ab. Im Abstand von 3mm von<br />

diesem <strong>mit</strong>tleren Gitter <strong>mit</strong> dem Potential 20V befinden sich rechts und links zwei<br />

geerdete Gitter, welche über homogene Flächenladungsdichten <strong>mit</strong>einbezogen wurden.<br />

Für weiter Erläuterungen siehe Anhang B.<br />

3.5.3 Ergebnisse der Simulationen<br />

Die Rechnungen basieren auf <strong>einer</strong> selbstkonsistenten Bestimmung der Ladungsdichten<br />

auf den Leiteroberflächen, welche in diskrete Zonen aufgeteilt<br />

werden. Im Prinzip werden die Coulomb–Potentiale zwischen diesen Segmenten<br />

σj in <strong>einer</strong> Matrix Aij erfaßt, so daß sich die (bekannten) Potentiale Ui<br />

aus<br />

Ui = Aij · σj<br />

(3.6)<br />

ergeben. Bei der numerischen Inversion der hochdimensionalen Matrix Aij<br />

wurde teilweise auf numerische Routinen aus [35] zurückgegriffen.<br />

Zur Simulation wurde ein C–Sourcecode entwickelt und auf einem 486er–<br />

Linux–PC <strong>mit</strong> dem GNU C–Compiler compiliert und codeoptimiert. Um<br />

zunächst aufgetretene Probleme <strong>mit</strong> der Genauigkeit des Iterationsformalismus’<br />

zur Matrixinversion zu beheben, wurde durchgehend <strong>mit</strong> 8–Byte–<br />

double–Zahlen gerechnet. Der 20Mbyte–RAM–Speicher des PCs begrenzte


58 3. Der experimentelle Aufbau<br />

die maximale Vektorlänge auf etwa 1500 Gittersegmente. In Abb.3.15 erkennt<br />

man, daß das Potential bei x = 0, also in der Mitte der untersuchten Masche,<br />

<strong>mit</strong> zunehmender Segmentdichte absinkt und auf einen Wert U = 19, 68V<br />

(untere Kurve) konvergiert, was einem Abfall von 1,60% gegenüber dem an<br />

den Drähten anliegenden Potential entspricht.<br />

3.5.4 Das Ablenkspektrometer<br />

Leider stellte sich im Experiment heraus, daß das Abschirmgitter des Gegenfeldspektrometers<br />

allein nicht genügte, um einfallende Streu– und auch<br />

Sekundärelektronen ausreichend zu unterdrücken. Aus diesem Grund kombinierten<br />

wir das Gegenfeldspektrometer ( in unveränderter Form ) <strong>mit</strong> einem<br />

UHV–tauglichen Ablenkspektrometer, welches in [37] ausführlich dargestellt<br />

ist.<br />

Die (vereinfachte) Sollbahn der <strong>Ionen</strong> durch das Spektrometer zeigt Abb.3.16.<br />

Durch einen <strong>sehr</strong> schmalen Schlitz gelangen die <strong>Ionen</strong> in das Feld der <strong>mit</strong><br />

einem Spannungsteiler <strong>mit</strong> der Spannung U versorgten Ablenkplatten. Neutralteilchen<br />

können das Spektrometer durch eine Öffnung in der geradlinigen<br />

Einschußrichtung ungehindert wieder verlassen. Über dieses Loch läßt sich<br />

das Spektrometer außerdem vakuumtechnisch besser pumpen.<br />

Die Analysatorenergie E0 verändert sich linear <strong>mit</strong> der Spannung an den<br />

Ablenkplatten U<br />

U = C · E0, (3.7)<br />

wobei man C als Spektrometerkonstante bezeichnet. Ihr experimentell verifizierter<br />

Wert beläuft sich auf C = 0, 618 ± 0, 002. Das Auflösungsvermögen<br />

(FWHM) des Analysators verschlechtert sich von 3% für E0 = 75eV auf 7,6%<br />

für E0 = 10eV.<br />

Die Gitter des nachfolgenden Gegenfeldspektrometers können als zusätzliche<br />

Abschirmbarrieren benutzt werden. Der Nachweis der <strong>Ionen</strong> erfolgt im<br />

Channeltron.


3.5. Das <strong>Ionen</strong>spektrometer 59<br />

Abbildung 3.16: Kombination aus Ablenk– und Gegenfeldspektrometer Die Sollbahn<br />

der <strong>Ionen</strong> ist (vereinfacht) über eine gestrichelte Linie angedeutet.<br />

3.5.5 Energiespektrum der <strong>Ionen</strong><br />

Man erwartet, daß sich das <strong>Ionen</strong>gas innerhalb der EZR–Quelle nahezu im<br />

thermischen Gleichgewicht befindet. Einerseits liegt die Frequenz der eingestrahlten<br />

Mikrowelle weit oberhalb der EZ–Resonanz aller <strong>Ionen</strong>, so daß aus<br />

dem Strahlungsfeld kein Energieübertrag auf die <strong>Ionen</strong> stattfinden kann. Andererseits<br />

sollte aufgrund der Massenverhältnisse kein effektiver Impulsübertrag<br />

des aufgeheizten Elektronen– auf das <strong>Ionen</strong>gas möglich sein. Folglich<br />

sollte sich in <strong>einer</strong> groben Näherung ein Spektralverlauf ähnlich der Maxwell–Verteilung<br />

einstellen.<br />

Das <strong>mit</strong> dem <strong>Ionen</strong>spektrometer aufgenommene Spektrum in Abb.3.17 läßt<br />

sich tatsächlich <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Maxwell–Verteilung im Energieraum<br />

f(E)dE = 2<br />

√ (kT )<br />

π −3/2√ �<br />

E exp − E<br />

�<br />

dE (3.8)<br />

kT


60 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Abbildung 3.17: Vergleich zwischen <strong>Ionen</strong>energiespektrum und Maxwell– bzw. Gaußverteilung<br />

Die gemessene Kurve läßt sich über eine Maxwell–Verteilung der Temperatur<br />

T = 17000K und einem Energieoffset von +10.2eV approximieren. Besser gelingt<br />

jedoch ein Gauß–Fit.<br />

bei <strong>einer</strong> Temperatur von etwa (17000 ± 3000)K approximieren. Der Fehler<br />

wurde über einen visuellen Vergleich der Maxwell–Kurven bei T = 14000K<br />

bzw. T = 20000K <strong>mit</strong> dem Meßspektrum bestimmt. Ein Regressionsfit liefert<br />

kein physikalisch sinnvolles Resultat, da die Kurve durch andere über die<br />

Spektrometerauflösung von etwa 5% hinausgehende Effekte aufgeweitet wird,<br />

die hier nicht weiter ausgeführt werden können.<br />

Das Meßspektrum weist allerdings gegenüber <strong>einer</strong> rein thermischen Verteilung<br />

ein Offset Uoffset = 10, 2eV auf, weil sich aufgrund der unterschiedlichen<br />

Elektronen– und <strong>Ionen</strong>geschwindigkeiten und des magnetischen Plasmaeinschlusses<br />

innerhalb der EZR–Quelle ein Plasmapotential UP zwischen den<br />

metallischen Kammerwänden und dem Teilchengas aufbaut.<br />

Die Näherung des <strong>Ionen</strong>spektrums durch die Maxwell–Verteilung war physikalisch<br />

motiviert und ist für das Verständnis der Vorgänge in der Quelle<br />

von Interesse. Wir sind hier aber hauptsächlich an den Einfallsenergien der<br />

Teilchen auf das Target interessiert. Aus Abb.3.17 entnimmt man, daß sich<br />

das Spektrum wesentlich besser über eine Gauß–Kurve <strong>mit</strong> dem Schwerpunkt<br />

bei Uoffset = 11, 6eV und <strong>einer</strong> Untergrundunterdrückung anfitten<br />

läßt. Deren Halbwertsbreite (FWHM) von 3,16eV entspricht jedoch nicht


3.5. Das <strong>Ionen</strong>spektrometer 61<br />

dem Spektrometerauflösungsvermögen von etwa 7, 6% � 0, 88eV in diesem<br />

Energiebereich.<br />

Alle Energiespektren wurden <strong>mit</strong> Ar 1+ –<strong>Ionen</strong> aufgenommen, wobei die EZR–<br />

Quelle ggf. auf den jeweiligen Parametern der davorliegenden Autoionisationsspektren<br />

höherer Ladungszustände belassen wurde. Für hochgeladene <strong>Ionen</strong><br />

reichten die durch den schmalen Schlitz in das Spektrometer gelangenden<br />

Ströme nicht aus, um Channeltronzählraten oberhalb des stark verrauschten<br />

Untergrunds zu erzielen. Die für alle Ionisationsgrade q ähnlich verlaufende<br />

Abnahme des Targetstroms I bei <strong>einer</strong> Verringerung der Quellenvorspannung<br />

UQ von -5V auf -15V, wo I in beiden Fällen fast ganz verschwindet, deutet<br />

aber zumindest auf eine grobe Übereinstimmung der <strong>Ionen</strong>energiespektren<br />

von q = 1 und q = 9 hin. Insbesondere konnten beim Übergang zu Vorspannungen<br />

UQ < −15V keine Targetströme mehr nachgewiesen werden, so daß<br />

Beiträge <strong>sehr</strong> hochenergetischer <strong>Ionen</strong> zu unseren Autoionisationsspektren<br />

ausgeschlossen werden können.<br />

Die aus Gauß–Fits bestimmten Schwerpunkte der Meßkurven lagen in allen<br />

Messungen bei 12±1eV, so daß sich die Einfallsenergie q · eUoffset der <strong>Ionen</strong><br />

auf das Target stets aus diesem nahezu konstanten Wert UP und <strong>einer</strong> an der<br />

Kammerwand anliegenden Vorspannung UQ<br />

Uoffset = UP + UQ. (3.9)<br />

zusammensetzt. Bei den Spektren in den nachfolgenden Kapiteln wird nur<br />

UQ angegeben werden.


62 3. Der experimentelle Aufbau<br />

3.6 Targetpräparation<br />

In der Oberflächenphysik ist eine sorgfältige Präparation der zu untersuchenden<br />

Kristalle von großer Bedeutung. Einerseits ist so eine leichtere Reproduzierbarkeit<br />

der Meßergebnisse gewährleistet. Andererseits verursachen Adsorbatschichten,<br />

Verunreinigungen und Gitterdefekte meist schwer zu quantifizierende<br />

Abweichungen vom Verhalten eines idealen Kristalls, insbesondere<br />

wenn sie experimentell nicht genau erfaßt werden können.<br />

Während sich interne Kristallfehler in der Regel erst durch gewisse äußere<br />

Einflüsse ergeben, führt der nie vollständig unterdrückbare Restgasdruck in<br />

der Targetkammer <strong>mit</strong> der Zeit zur Ausbildung von Adsorbatschichten an<br />

der Oberfläche. Vor Beginn des eigentlichen Experiments an einem Kristall<br />

führt man deshalb einige Präparationsschritte durch.<br />

Herstellung <strong>einer</strong> reinen Silizium–Oberfläche<br />

In der Literatur existieren zahlreiche ≪Kochrezepte≫ zur Herstellung atomar<br />

r<strong>einer</strong> Oberflächen, siehe z.B. [33], auf welche wir zur Präparation unserer<br />

Si(111)–Oberfläche zurückgegriffen haben. Das Target wird dabei mehreren<br />

gleichartigen Reinigungszyklen unterworfen, zwischen denen jeweils eine Messung<br />

der elementaren Oberflächenkomposition (s.u.) eingeschoben wird.<br />

Ein Zyklus besteht aus zwei Präparationsschritten.<br />

Zunächst werden die Adsorbatteilchen durch Stöße<br />

<strong>mit</strong> einfallenden Ar 1+ –<strong>Ionen</strong> von der Oberfläche<br />

entfernt. Die Argonionen werden in unserer EZR–<br />

<strong>Ionen</strong>quelle (s. Kap.3.1), welche auf ein Potential<br />

UQ = +600V gelegt wird, erzeugt und über die <strong>Ionen</strong>optik<br />

zum Target hin transportiert. Dort ließen<br />

sich typischerweise Ströme von 15µA messen. Der<br />

Einfallswinkel Θ betrug etwa ±20 ◦ , d.h. der Kristall<br />

wurde auch in der zur Abbildung spiegelsymmetrischen<br />

Geometrie beschossen. Der <strong>Ionen</strong>strahl wirkte<br />

üblicherweise für eine Zeitspanne von ein bis zwei<br />

Stunden pro Zyklus auf den Kristall ein.<br />

Die Ar 1+ –<strong>Ionen</strong> tragen <strong>mit</strong> ihrer kinetischen Energie von 600eV aber nicht


3.6. Targetpräparation 63<br />

nur Adsorbatteilchen ab, sondern verursachen auch eine Implantation von<br />

Argon oder Rückstoßteilchen und Kristalldefekte in den obersten Festkörperschichten,<br />

s.a. Kap.7. Diese Fehlstellen lassen sich durch eine thermische Behandlung<br />

des Kristalls beseitigen.<br />

Zu diesem Zweck wurden in die aus Tantal bestehende Auflageplatte<br />

des Kristalls mehrere Wolframdrähte integriert,<br />

die durch einen extern regelbaren Heizstrom <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Leistung<br />

von erfahrungsgemäß etwa 100W versorgt werden.<br />

Die Temperatur kann über ein auf die Tantalplatte geschweißtes<br />

Chromel–Alumel–Thermoelement kontrolliert werden.<br />

Durch einen Temperaturgradienten hervorgerufene mechanische<br />

Spannungen werden vermieden, indem der Kristall<br />

<strong>sehr</strong> langsam über etwa eine halbe Stunde hinweg von Zimmertemperatur<br />

auf 940 ◦ C hochgeheizt wird. In der Anfangsphase<br />

kann man das Target weiterhin <strong>mit</strong> dem Argonstrahl<br />

beschießen.<br />

Nach ca. 15min auf Maximaltemperatur 7 läßt man den Kristall durch Verminderung<br />

der Heizleistung über etwa eine Stunde hinweg allmählich abkühlen.<br />

Erfahrungsgemäß bilden sich bei zu schneller Absenkung der Temperatur<br />

hartnäckige Graphitstrukturen auf der Oberfläche aus.<br />

Die thermische Behandlung des Kristalls hat zur Folge, daß Fremdatome<br />

aus dem Kristall herausdiffundieren und Gitterdefekte ausgeheilt werden.<br />

Die Reinheit der Oberfläche wird nach jedem Präparationszyklus <strong>mit</strong>tels <strong>einer</strong><br />

AES–Messung (s. Abschnitt 3.7) überprüft. In Zukunft sind ebenfalls<br />

LEED–Analysen 8 der Oberflächengitterstruktur geplant. Je nach Zustand<br />

des Targets müssen die Präparationszyklen wiederholt werden.<br />

7 Die Temperatur darf auf keinen Fall den Schmelzpunkt von Silizium bei 1410 ◦ C er-<br />

reichen.<br />

8 Low Energy Electron Diffraction oder niederenergetische Elektronenbeugung


64 3. Der experimentelle Aufbau<br />

3.7 Augerelektronenspektroskopie<br />

Die Auger–Elektronen–Spektroskopie (AES) stellt eine experimentelle<br />

Standardmethode zur Bestimmung der elementaren<br />

Zusammensetzung von Oberflächen dar. Entsprechende<br />

Geräte werden von verschiedenen Herstellern als Komplettsysteme<br />

angeboten. Unser Elektronenspektrometer (s. Kap.3.4)<br />

ist Teil eines solchen Systems. Im Winkel von 20 ◦ relativ zu<br />

dessen Spektrometerlinse läßt sich eine Elektronenkanone anflanschen,<br />

welche <strong>mit</strong> ihrem Strahl einen etwa 1µm durchmessenden<br />

Bereich des Targets ≪ausleuchten≫ kann.<br />

Die Beschleunigungsspannung der Elektronen kann auf bis zu 5kV eingestellt<br />

werden; für alle Messungen dieser Arbeit wurden 3kV verwendet. Weiterhin<br />

lassen sich die Größe des Fokuspunktes und seine Position auf dem Target<br />

manipulieren.<br />

Durch Stöße zwischen schnellen Strahl– und fest gebundenen Rumpfelektronen<br />

der Kristallatome werden Löcher in deren inneren Schalen erzeugt.<br />

Als Faustregel gilt, daß der Wirkungsquerschnitt dieses Vorgangs bei einem<br />

Verhältnis von 1/3 zwischen Ionisations– und Strahlenergie maximal wird.<br />

Wie in Kapitel 2.4 beschrieben wird durch diese Vakanzen in den inneren Orbitalen<br />

eine Abregungskaskade initiiert, bei der vorwiegend Augerelektronen<br />

freigesetzt werden.<br />

Die kinetischen Energien der e<strong>mit</strong>tierten Elektronen ergeben sich in charakteristischer<br />

Weise aus den energetischen Positionen der beteiligten atomaren<br />

Orbitale und der Austrittsarbeit des Kristalls. Jedem Element des Periodensystems<br />

<strong>mit</strong> Ausnahme von Wasserstoff und Helium können Haupt– und<br />

Nebenpeaks zugeordnet werden, die gewissermaßen als spektraler Fingerabdruck<br />

des jeweiligen Elements aufgefaßt werden können. In [2, 3, 4] sind<br />

einige Augeratlanten aufgeführt. Die dort abgebildeten Spektren erleichtern<br />

die Identifikation bestimmter Elemente anhand der beobachteten Augerspektren.<br />

Aus dem Festkörper heraus e<strong>mit</strong>tierte Elektronen müssen zuerst einige Kristallschichten<br />

durchdringen, bevor sie in das Vakuum gelangen können. Bei<br />

Stößen <strong>mit</strong> den Kristallelektronen erleiden sie dabei Richtungsänderungen<br />

und Energieverluste, die im wesentlichen von der kinetischen Energie des<br />

Elektrons, aber nur wenig von der Wahl des Targetmaterials abhängen. Die


3.7. Augerelektronenspektroskopie 65<br />

Abbildung 3.18: Inelastische freie Weglänge der Elektronen Elektronen <strong>mit</strong> kinetischen<br />

Energien von einigen 100eV erleiden im Mittel schon nach dem Durchdringen<br />

weniger Kristallschichten elastische und inelastische Stöße, so daß aus tiefen Schichten<br />

stammende Elektronen nicht mehr aus dem Kristallverbund heraustreten können. Die<br />

<strong>mit</strong>tlere Reichweite läßt sich fast unabhängig vom Targetmaterial über die schwarz eingezeichnete<br />

≪Universalkurve≫ [24] (S.99) annähern, die anderen drei Geraden geben<br />

die <strong>mit</strong>tleren inelastischen freien Weglängen in verschiedenen Materialien wieder.<br />

≪Universalkurve≫ in Abb.3.18 veranschaulicht, daß die <strong>mit</strong>tlere Reichweite<br />

von Elektronen <strong>mit</strong> kinetischen Energien unterhalb von 500eV weniger als<br />

10˚A beträgt. Daraus ergibt sich auch die Oberflächensensitivität von AES–<br />

Messungen von Elektronen in Festkörpern, wie schon in Kap.2.4.4 besprochen.<br />

In der Regel nimmt man AES–Spektren differentiell auf, wobei früher in Zeiten<br />

der analogen Datenverarbeitung Lock–in–Verstärker zum Einsatz kamen.<br />

Durch eine leichte Modifikation des Lock–in–Prinzips, welches normalerweise<br />

zur Rauschunterdrückung oder Bandpaßfilterung angewendet wird, konnte so<br />

die geglättete Ableitung des Spektrums direkt auf einem XY–Schreiber sichtbar<br />

gemacht werden.<br />

Wir hingegen verwenden direkte Spektren und führen eventuelle Differentiationsschritte<br />

und Glättungen in einem digitalen Nachbehandlungsschritt aus.<br />

Da Ansteuerung und Datenerfassung von einem Meßcomputer übernommen<br />

werden, reichen in den meisten Fällen jedoch direkte Spektren zur Identifikation<br />

von Oberflächenverunreinigungen aus. Eine gute Meßstatistik kann in<br />

diesem Fall durch die Aufsummation mehrerer, direkt hintereinander aufgenommener<br />

Spektren erzielt werden.


66 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Abbildung 3.19: AES–Spektrum <strong>einer</strong> belegten Si–Oberfläche Das Spektrum wurde<br />

nach einem Pumpenausfall aufgenommen. Man erkennt einen großen Kohlenstoffpeak<br />

und Beiträge anderer Adsorbatteilchen.<br />

Abbildung 3.20: AES–Spektrum <strong>einer</strong> gut präparierten Si–Oberfläche Der Si–Peak<br />

tritt deutlich im Bereich um 90eV aus dem Spektrum hervor, während die Peaks der<br />

Adsorbatteilchen verschwunden sind. Zur Präparation <strong>einer</strong> solchen Oberfläche sind<br />

i.a. mehrere Reinigungszyklen notwendig.


3.8. Die UHV–Kammer 67<br />

Abb.3.19 und 3.20 zeigen AES–Spektren vor und nach <strong>einer</strong> Präparationsphase.<br />

Es ist deutlich zu erkennen, wie nach der Reinigung der Siliziumpeak<br />

aus dem Restspektrum klar hervortritt und die Peaks der Adsorbatschichtelemente<br />

verschwinden.<br />

3.8 Die UHV–Kammer<br />

Abbildung 3.21: Schema des differentiell gepumpten Vakuumsystems Zwischen<br />

Targetkammer und <strong>Ionen</strong>quelle wird über Strahltransportkammern ein Druckgefälle<br />

von etwa vier Größenordnungen aufgebaut. Der UHV–Bereich ist grau unterlegt.<br />

In Kapitel 3.6 wurde beschrieben, wie man durch eine Kombination von<br />

Sputter– und Ausheizzyklen eine atomar reine Oberfläche präparieren kann.<br />

Der Restgasdruck in der Kammer sorgt aber dafür, daß ständig neue Teilchen<br />

an der Oberfläche adsorbieren.<br />

Oberflächenbelegung<br />

Dazu stelle man sich vor, daß die Restgaspartikel <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> gewissen Wahrscheinlichkeit<br />

κ, dem sogenannten Haftkoeffizienten, beim Auftreffen auf den<br />

Kristall adsorbiert werden. In einem einfachen Modell sei κ konstant, obwohl<br />

es in der Realität sicherlich zumindest eine Funktion von Teilchengeschwindigkeit,<br />

Einfallswinkelswinkel und Auftreffort darstellt und vom Targetmaterial<br />

abhängt. Dann ist die Adsorptionsrate pro Flächeneinheit Γad proportional<br />

zur <strong>mit</strong>tleren Geschwindigkeit der Gasteilchen ¯v(T ), welche von der<br />

Temperatur T abhängt, und der Teilchendichte ρ ∝ p, die sich nach dem<br />

allgemeinen Gasgesetz proportional zum Druck p verhält.<br />

Γad ∝ κp¯v(T ) (3.10)


68 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Da alle terrestrischen Experimente bei einem gewissen Restgasdruck ablaufen,<br />

dessen untere Grenze sich aus dem Dampfdruck der Wandmaterialien 9<br />

und der Pumpleistung ergibt, wird jede Oberfläche <strong>mit</strong> der Zeit von <strong>einer</strong><br />

Adsorbatschicht bedeckt. In der Praxis hat sich in den meisten Fällen die<br />

Abschätzung bewährt, daß das Produkt aus Druck p und Expositionszeit<br />

∆ T an das Restgas bei Ausbildung <strong>einer</strong> Monolage an Adsorbatteilchen den<br />

Wert<br />

p∆T = 1 mbar · sec (3.11)<br />

ergibt, den man auch als Langmuir 10 bezeichnet.<br />

Druck p [mbar] Belegungsdauer ∆T<br />

10 −6 1 sec<br />

10 −7 10 sec<br />

10 −8 1,67 min<br />

10 −9 16,67 min<br />

10 −10 2,78 h<br />

10 −11 27,78 h<br />

10 −12 11,57 Tage<br />

Tabelle 3.1: Zeitspanne bis zur Ausbildung <strong>einer</strong> Monolage Nur im Druckbereich<br />

unterhalb von etwa 10 −10 mbar ergeben sich praktikable Belegungsdauern oberhalb<br />

einiger Stunden.<br />

In Tab. 3.1 sind für verschiedene Kammerdrücke die Zeitspannen bis zur Ausbildung<br />

<strong>einer</strong> Monolage gemäß Gl.3.11 zusammengestellt. Drücke oberhalb<br />

von 10 −10 mbar sind für die meisten Oberflächenexperimente ungeeignet, weil<br />

übliche Meßdauern dort die Belegungsdauern ∆T überschreiten.<br />

Das Pumpsystem<br />

Zum Auspumpen der UHV–Targetkammer stehen vier verschiedene Pumpsysteme<br />

zur Verfügung (s. Abb.3.22). Eine Drehschieberpumpe liefert den<br />

notwendigen Vordruck für die nachfolgenden drei Turbomolekularpumpen.<br />

9 Metalle haben Partialdrücke von größenordnungsmäßig ppartial � 10 −12 mbar.<br />

10 Statt der Einheit mbar wird in Gl.3.11 häufig auch das Torr verwendet. Der Unterschied<br />

ist aber in der ≪Laborpraxis≫ meist unwesentlich.


3.8. Die UHV–Kammer 69<br />

Abbildung 3.22: Schema des Pumpsystems der UHV–Kammer Insgesamt sind drei<br />

Turbomolekular–, zwei Stickstoff–Kühlfallen, eine Drehschieber–Vorpumpe und temporär<br />

zwei Titanverdampferpumpen zur Herstellung der UHV–Bedingungen im Einsatz.<br />

Zwei von diesen sind an die Vakuumkammer angeflanscht, während die dritte<br />

direkt an die Vorpumpe angeschlossen ist. Sie soll hauptsächlich den Druck<br />

an den Ausgangsstutzen der beiden nachfolgenden Turbopumpen absenken,<br />

so daß letztere ihre Pumpleistung insbesondere bei leichteren Gasen <strong>mit</strong> erfahrungsgemäß<br />

hohen Partialdrücken wie z.B. H2 verbessern können (s.u.).<br />

Außerdem verhindert sie die Diffusion von Vorpumpenöl in den UHV–Bereich<br />

und kann bei einem Ausfall der anderen Turbopumpen einen Druckeinbruch<br />

in der Targetkammer abfangen.<br />

Turbomolekularpumpen bestehen aus <strong>einer</strong> Anordnung von Statoren und Rotoren,<br />

welche sich <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Frequenz von einigen 10000 Umdrehungen pro<br />

Minute um eine gemeinsame Achse drehen. Bei diesen hohen Geschwindigkeiten<br />

der Rotorblätter und geschickter Wahl des Winkels zwischen Rotor<br />

und Stator werden die Restgasmoleküle regelgerecht aus dem Rezipienten<br />

≪herausgeschlagen≫, wobei die Effizienz von der Relativgeschwindigkeit der<br />

beiden Stoßpartner zueinander abhängt.<br />

Nach dem Äquipartitionsgesetz entfällt auf jeden Freiheitsgrad eines sich im<br />

thermischen Gleichgewicht befindenden Ensembles die gleiche <strong>mit</strong>tlere Ener-


70 3. Der experimentelle Aufbau<br />

gie Ē. Für alle translatorischen Freiheitsgrade gilt demnach<br />

Ēkin,F G = 1<br />

6 m ¯ v 2 . (3.12)<br />

Auch die <strong>mit</strong>tlere (unquadrierte) Geschwindigkeit ¯v <strong>einer</strong> bestimmten Spezies<br />

von Gasteilchen hängt folglich von ihrer Masse m ab. Schwere Moleküle <strong>mit</strong><br />

geringerer Durchschnittsgeschwindigkeit ¯v werden demnach besser gepumpt<br />

als z.B. Wasserstoff.<br />

Um den aus diesen Überlegungen resultierenden (und experimentell bestätigten),<br />

hohen H2–Partialdruck zu verringern sind zwischen den Turbopumpen<br />

und der Kammer Titansublimationspumpen angebracht. Durch das Hochheizen<br />

eines Titanfadens wird auf die kupfernen Innenwände des Pumpengehäuses<br />

ein dünner Titanfilm aufgedampft, auf welchem bevorzugt Wasserstoff<br />

adsorbiert. Um ein Eindringen des Dampfes in die Kammer zu vermeiden,<br />

ist ein Großteil der Ansaugfläche zum Rezipienten (und auch zu<br />

den Turbopumpen hin) <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Kupferplatte abgedeckt. Nach <strong>einer</strong> gewissen<br />

Zeit – üblicherweise nach etwa <strong>einer</strong> Woche – ist die Titanschicht durch<br />

Adsorbatteilchen belegt muß erneuert werden, da<strong>mit</strong> ihre Pumpwirkung aufrechterhalten<br />

werden kann.<br />

Um die zwei oberen Titanverdampferpumpen herum sind Rundgefäße aus<br />

Edelstahl angeschweißt, die <strong>mit</strong> flüssigem Stickstoff gefüllt werden können.<br />

Sie wirken als sogenannte Kühlfallen, indem durch Abkühlung der Kammerinnenwände<br />

eine starke Adsorption von Gasteilchen an diesen herbeigeführt<br />

wird. Kühlfallen müssen regelmäßig nachgefüllt werden, da die adsorbierten<br />

Teilchen beim Auftauen wieder freigesetzt werden.<br />

Ausheizen der Targetkammer<br />

Wird die Targetkammer über einige Wochen hinweg leergepumpt, so läßt sich<br />

auch durch das Auffüllen der Kühlfallen ein Druck von etwa 10 −9 mbar nicht<br />

unterschreiten. Erst nach einem Ausheizen des gesamten UHV–Bereichs über<br />

einen Zeitraum von mehreren Tagen hinweg lassen sich Drücke von wenigen<br />

10 −11 mbar und darunter erzielen.<br />

Dabei wird ein thermisch isolierendes Zelt über den Kammerbereich gestülpt<br />

und <strong>mit</strong> mehreren Heizelementen <strong>einer</strong> Gesamtleistung von etwa 7kW bestückt.<br />

Angefangen bei Raumtemperatur fährt man dann die Heizleistung über et-


3.8. Die UHV–Kammer 71<br />

wa einen Tag hinweg langsam hoch, um durch Temperaturgradienten und<br />

die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten der Kammermaterialien<br />

verursachte mechanische Spannungen zu vermeiden. Anschließend<br />

wird der Ausheizbereich für wenige Tage auf der Maximaltemperatur<br />

von ca. 180 ◦ C belassen. Während dieser Zeit können sich Adsorbatschichten<br />

von allen Oberflächen der Kammer lösen und Gasteilchen aus den Wänden<br />

herausdiffundieren. Das macht sich in einem Druckanstieg zu Beginn der<br />

Ausheizphase bemerkbar.<br />

Nach dem Abkühlen der Kammer kann durch mehrmaliges ≪Feuern≫ der<br />

Titansublimationspumpen und unter Einsatz der Kühlfallen ein Enddruck<br />

von etwa 2, 2 · 10 −11 mbar erreicht werden.<br />

Vakuummeßgeräte<br />

Zur Anzeige des Drucks in der Targetkammer stehen ein Ionisationsvakuumeter<br />

(Ionivac) und eine Extraktorröhre zur Verfügung. Während das Ionivac<br />

über einen <strong>sehr</strong> weiten Meßbereich 10 −12 mbar < p < 10 −4 mbar hinweg eingesetzt<br />

werden kann, lassen sich UHV–Drücke bis hinunter zu 10 −14 mbar (laut<br />

Hersteller) am zuverlässigsten <strong>mit</strong> der Extraktorröhre bestimmen. Mit ihr<br />

wurden alle in dieser Arbeit angegebenen Targetkammerdrücke gemessen.<br />

Der Vordruck wird über ein Wärmeleitungsvakuummeter (Thermovac) kontrolliert.<br />

Sein Einsatzbereich ist durch die <strong>mit</strong> abnehmender Teilchendichte<br />

steigende Bedeutung gasunabhängiger Wärmeleitungsmechanismen auf<br />

Drücke oberhalb von 10 −4 mbar li<strong>mit</strong>iert.<br />

Zur Partialdruckanalyse des Restgases und zum Lecktesten der Kammerflansche<br />

und Durchführungen <strong>mit</strong> Heliumgas kann ein Quadrupolmassenspektrometer<br />

angeschlossen werden, in welchem Gasteilchen nach dem Durchlaufen<br />

<strong>einer</strong> Ionisationsstufe über ein elektrisches (Quadrupol–)Wechselfeld massensepariert<br />

werden.<br />

Die Funktionsweise der hier aufgeführten Meßgeräte wird ausführlich in den<br />

zugehörigen Manuals beschrieben.


72 3. Der experimentelle Aufbau<br />

3.9 Computeransteuerung und Meßwerterfassung<br />

Zur Ansteuerung des Spektrometers und zur digitalen Datenerfassung wird<br />

ein Meßkartensystem der Firma Burr Brown Electronics in Kombination<br />

<strong>mit</strong> einem 486 DX 66/2–PC verwendet. Auf den Karten befinden sich<br />

analoge und digitale Ein– und Ausgänge, Zähler und Funktionsgeneratoren,<br />

die sich über Prozeduren <strong>einer</strong> <strong>mit</strong>gelieferten C–Softwarebibliothek auslesen<br />

bzw. programmieren lassen.<br />

Der Signalfluß<br />

Die Analysatorenergie EAna des CLAMs (s. Kap.3.4) kann wahlweise über<br />

einen in die Ansteuereinheit integrierten Computer oder über einen externen<br />

Datenbus gesetzt werden. Die erste Methode wird meist vor der eigentlichen<br />

Messung – z.B. zur Abschätzung der Zählraten – angewendet. Mit dem<br />

zweiten Verfahren hingegen wurde eine PC–Ansteuerung des Spektrometers<br />

realisiert, wobei EAna kanalweise (<strong>mit</strong> <strong>einer</strong> 15–Bit Auflösung) durch einen<br />

vorwählbaren Meßbereich gefahren wird.<br />

In Abb.3.23 ist der gesamte Signalfluß durch die Meßelektronik schematisch<br />

dargestellt. Elektronen <strong>mit</strong> der Analysatorenergie EAna treffen am Ende des<br />

Kugelspektrometers auf das Channeltron, welches einzelne Zählimpulse um<br />

einen Faktor von etwa 10 6 verstärkt. Diese Signale werden in einen Vorverstärker<br />

geleitet, welcher sie in TTL–Pulse umformt. Über einen 16–Bit–<br />

Counter auf den Meßkarten können diese dann vom Computer ausgelesen<br />

und erfaßt werden.<br />

Die Messungen müssen auf den Targetstrom normiert werden, weil der von<br />

der Quelle erzeugte <strong>Ionen</strong>fluß erfahrungsgemäß leichten zeitlichen und räumlichen<br />

Schwankungen unterliegt. Zu diesem Zweck nimmt ein Ampèremeter<br />

den über das Target fließenden Strom auf. Am Ausgang dieses CD1010–<br />

Current Digitizers liegt ein TTL–Signal, dessen Frequenz sich proportional<br />

zum gemessenen Strom verhält.


3.9. Computeransteuerung und Meßwerterfassung 73<br />

Abbildung 3.23: Flußdiagramm der Signale Der über die Software programmierbare<br />

VDCG regelt die zeitliche Abfolge von Kanalwechseln und dem Auslesen des Counters.<br />

Sein Taktsignal kommt vom CD1010, der den Targetstrom in ein Frequenzsignal<br />

transformiert. Der Counter zählt die Channeltronpulse. Die grünen Pfeile weisen auf<br />

digitale, die roten auf analoge Signale hin. Für weitere Erläuterungen siehe Text.


74 3. Der experimentelle Aufbau<br />

Abbildung 3.24: Flußdiagramm des Meßprogramms Der blaue Pfeil kennzeichnet<br />

die Haupt–, die grünen zwei Abfrageschleifen. DIO (Digital Input / Output) bezeichnet<br />

einen digitalen Eingang. Weitere Erläuterungen finden sich im Text.


3.9. Computeransteuerung und Meßwerterfassung 75<br />

Das Meßprogramm<br />

Die Koordination des Datenflusses übernimmt ein in Eigenregie entwickeltes<br />

Meßprogramm, dessen C–Sourcecodelisting in Anhang C abgedruckt ist. Das<br />

unter MSDOS kompilierte Programm beginnt <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Eingaberoutine zur<br />

Festlegung der relevanten Meßparameter und der Initialisierung von Hard–<br />

und Software. Anschließend wird der vorgewählte Spektralbereich in <strong>einer</strong><br />

Programmschleife mehrmals durchlaufen, wobei der Anwender das aktuelle<br />

Spektrum über ein Onlinedisplay verfolgen kann.<br />

Ein sogenannter VDCG (Variable Duty Cycle Generator) generiert ein stromnormiertes<br />

Gatesignal für den Counter zur Messung der Channeltronimpulse.<br />

Im Prinzip handelt es sich beim VDCG um einen programmierbaren Rechteckgenerator,<br />

an dessen Eingang als externes Taktsignal der Ausgang des<br />

CD1010 angeschlossen ist. Für die Dauer <strong>einer</strong> einstellbaren Anzahl von Eingangspulsen<br />

liegt der Ausgang des VDCG auf low bzw. high.<br />

Das Problem besteht nun darin, den von der Software gesteuerten Wechsel<br />

der Energiekanäle <strong>mit</strong> dem eventuell ungleichförmigen Takt des Gates zu koordinieren.<br />

Dazu wird das VDCG–Signal über ein BNC–T–Stück zusätzlich<br />

auf einen digitalen Eingang (DIO) geleitet. Am Anfang und am Ende der<br />

Hauptschleife des Programms (s. Abb.3.24) sind zwei reine Warteschleifen<br />

eingebaut, welche ausschließlich den Zustand dieses DIO abfragen; die Software<br />

darf nur während das Gate geschlossen ist den Counter auslesen und<br />

den nächsten Energiekanal einstellen.<br />

Der Programmablauf wird durch ≪unkontrollierte≫ Hintergrundprozesse des<br />

Betriebssystems oder parallel laufende Programme in <strong>einer</strong> Multitaskingumgebung<br />

empfindlich gestört. Es sollte daher nicht in DOS–Fenstern <strong>einer</strong> MS–<br />

Windows oder OS/2–Oberfläche gestartet werden.


76 3. Der experimentelle Aufbau


Kapitel 4<br />

Simulation der<br />

Autoionisationsspektren<br />

Die folgenden beiden Kapitel 5 und 6 beschäftigen sich <strong>mit</strong> den Autoionisationsspektren<br />

von Ar 9+ – und O 7+ –<strong>Ionen</strong> an <strong>einer</strong> Si(111)–Oberfläche. Erstmals<br />

wird in dieser Arbeit das Verhalten dieser Strukturen bei Einfallsenergien im<br />

Bereich der reinen Bildladungsanziehung systematisch untersucht. Ziel wird<br />

es sein, den Verlauf der Spektren und ihre Abhängigkeit von der kinetischen<br />

Energie und dem Einfallswinkel des <strong>Ionen</strong>strahls qualitativ zu erklären.<br />

Aufgrund der Vielzahl der beteiligten Zustände und einigen Ungewißheiten<br />

bzgl. des genauen Wechselwirkungsmechanismus’ und der Potentialverhältnisse<br />

lassen sich die vollständigen Autoionisationsspektren gegenwärtig noch<br />

nicht quantitativ rekonstruieren. Es existieren aber schon einige erfolgversprechende<br />

Ansätze zur Aufklärung von Teilaspekten, siehe z.B. [29, 36].<br />

Wir werden uns darauf beschränken, anhand der für ein freies Atom bzw.<br />

Ion berechneten Übergangsenergien und –raten die beobachteten Peaks und<br />

Strukturen gewissen Augerprozessen zuzuordnen. Unter Berücksichtigung der<br />

typischen Zeitskalen von Ion–Oberflächen–<strong>Wechselwirkungen</strong> können viele<br />

energetisch mögliche Übergänge aufgrund ihrer geringen Übergangsraten von<br />

unseren Betrachtungen ausgeschlossen werden.<br />

77


78 4. Simulation der Autoionisationsspektren<br />

4.1 Der COWAN–Code<br />

Zur Simulation von Augerenergien, Übergangswahrscheinlichkeiten und der<br />

energetischen Position atomarer Orbitale verwenden wir den Cowan–Code.<br />

Dabei handelt es sich um ein von Robert D. Cowan seit Anfang der 60er<br />

Jahre 1 entwickeltes Programmpaket, daß sich seit vielen Jahren als Standard<br />

zur Berechnung atomarer Spektren etabliert hat. Im Rahmen dieser Arbeit<br />

kann an vielen Stellen nur auf die praktische Vorgehensweise innerhalb der<br />

für uns relevanten Simulationen eingegangen werden.<br />

4.1.1 Programmbeschreibung<br />

Der Cowan–Code gliedert sich in die Fortran 77–Sourcefiles RCN36,<br />

(HF8), RCN2, RCG11 und RCE, die jeweils auf die verwendete Systemplattform<br />

angepaßt werden müssen. In unserem Fall wurde der Code auf die beiden<br />

32–Bit–Systeme <strong>einer</strong> SUN–Solaris–Workstation und eines LINUX–PCs<br />

angepaßt und <strong>mit</strong> mehrfacher Codeoptimierung compiliert. Ferner mußten<br />

mehrere Arraygrößen modifiziert werden, um bei der Berechnung der Übergangswahrscheinlichkeiten<br />

möglichst viele Elektronenkonfigurationen berücksichtigen<br />

zu können.<br />

Die einzelnen Teilprogramme lassen sich in bestimmter Weise <strong>mit</strong>einander<br />

kombinieren, wobei sie sowohl vom Anwender manipulierbare ASCII– als<br />

auch binäre Files aneinander weitergeben. Eine ausführliche Beschreibung<br />

des recht archaischen, noch aus den Zeiten der Lochkartenverarbeitung stammenden<br />

Eingabeformats der Textfiles kann an dieser Stelle nicht erfolgen.<br />

Der interessierte Leser sei hierzu auf die (durch ihr reines ASCII–Format<br />

schwer lesbaren) Writeup–Dateien [18] des Programmpakets verwiesen. Eine<br />

allgemeine Darstellung der zur numerischen Berechnung atomarer Spektren<br />

verwendeten Methoden findet sich in [39].<br />

4.1.2 Berechnung von Augerenergien<br />

Augerübergangsenergien können im Prinzip aus Gl.2.17 abgeleitet werden.<br />

Dazu benötigt man die beiden Gesamtbindungsenergien der atomaren Konfi-<br />

1 Wir benutzen die Version vom August 1993.


4.1. Der COWAN–Code 79<br />

gurationen vor und nach der Emission des Elektrons. Im Rahmen des RCN36–<br />

Programms lassen sich verschiedene Algorithmen zur Bestimmung dieser<br />

Energien implementieren, die im wesentlichen auf den bekannten Hartree–<br />

und Hartee–Fock–Verfahren aufbauen.<br />

Die Simulationen der Augerenergien in Kap.5 und 6 führen wir <strong>mit</strong> einem reinen<br />

Hartree-Algorithmus unter Verwendung sphärisch–symmetrisierter Wellenfunktionen<br />

und relativistischer Korrekturen durch. Die daraus resultierende<br />

Gesamtbindungsenergie nennt man auch Schwerpunktsenergie. LS–<br />

Kopplungsterme bleiben dabei unberücksichtigt, können aber durch eine Erweiterung<br />

des Eingabefiles <strong>mit</strong>einbezogen werden. Nachfolgend ist ein Beispiel<br />

dieses RCN36–Inputfiles in36 abgedruckt.<br />

2 -9 2 10 0.2 5.e-08 1.e-11-2 190 1.0 0.65 40.0 0.0 -6<br />

18 1Ar I ini 1s2 2s2 2p5 3s2 3p6 3d1<br />

18 2Ar I end 1s2 2s2 2p6 3s1 3p5 3d1<br />

-1<br />

Die erste Zeile setzt einige Kontrollparameter, die in fast allen Rechnungen<br />

beibehalten werden können. Mit den nächsten beiden Zeilen wird das<br />

Programm RCN36 zur Berechnung der zwei im rechten Teil spezifizierten<br />

Elektronenkonfigurationen im Einteilchenbild {niℓi} für neutrales und einfach<br />

ionisiertes Argon angewiesen. Der Wert -1 in der letzten Zeile definiert<br />

das Programmende.<br />

Subtrahiert man die berechneten Schwerpunktsenergien -1040,3320 Ryd und<br />

-1054,7072 Ryd (1 Ryd = 13,6056eV) voneinander, so erhält man für das<br />

e<strong>mit</strong>tierte LMM–Augerelektron eine Energie von EAuger = 195, 50eV.<br />

4.1.3 Berechnung der Autoionisationsraten<br />

Ausgehend von diesen Augerenergien lassen sich auch die entsprechenden<br />

Übergangsraten bestimmen. Dazu muß in das Eingabefile in36 zunächst das<br />

e<strong>mit</strong>tierte Elektron (<strong>mit</strong> der ≪Hauptquantenzahl≫ n=99) samt s<strong>einer</strong> kinetischen<br />

Energie von 14,3752 Ryd und seinem Bahndrehimpuls ℓ in die zweite<br />

Zeile der Endkonfiguration eingefügt werden. Der Wert von ℓ folgt aus der<br />

Paritätserhaltung des Gesamtsystems. In diesem Beispiel bleibt der Gesamtbahndrehimpuls<br />

L = | � L| = | �<br />

i �ℓi| der beiden Rumpfzustände unverändert,


80 4. Simulation der Autoionisationsspektren<br />

so daß nur gerade Bahndrehimpulse ℓ = s, d, . . . des e<strong>mit</strong>tierten Elektrons<br />

erlaubt sind.<br />

Mit dem UNIX–Shellskript<br />

rcn<br />

rcn2<br />

cp out2ing ing11<br />

rcg<br />

werden dann die Teilprogramme in der richtigen Reihenfolge aufgerufen und<br />

benötigte Files automatisch an die darauffolgenden Berechnungen weitergeleitet<br />

2 .<br />

Die Ergebnisse dieser Simulation sind in der Datei outg11 zusammengestellt.<br />

Dort finden sich zahlreiche in der Theorie atomarer Spektren auftauchende<br />

Matrixelemente zwischen verschiedenen Eigenzuständen des Gesamtdrehimpulses<br />

J = | � L + � S| und andere Größen, die aber für unsere Zwecke keine<br />

Rolle spielen. Es sei erwähnt, daß die Drehimpulseigenzustände über eine<br />

Mischung von Einelektronenkonfigurationen unter Verwendung sogenannter<br />

cfp–Parameter (coefficients of fractional parentage, siehe auch [39]) gebildet<br />

werden.<br />

Bei den in den folgenden Kapiteln für jede Einelektronenkonfiguration {niℓi}<br />

angegebenen Werten Γ handelt es sich nicht um die für jede einzelne Kopplungskombination<br />

von |LSJMJ〉– und entsprechenden Kontinuumszuständen<br />

bestimmten Übergangsraten. Diese werden zwar vom Programm RCG11 in<br />

tabellarischer Form aufgelistet, jedoch würde eine explizite Berücksichtigung<br />

dieser Ergebnisse den Rahmen dieser Arbeit sprengen.<br />

Stattdessen wird im folgenden für jede {niℓi}–Konfiguration nur ein Wert Γ<br />

angeführt, welcher aus der Summe der Übergangsraten aller aus der LS–<br />

Kopplung hervorgehenden J –Eigenzustände hervorgeht. Die einzelnen J –<br />

Beiträge werden dabei durch Aufsummation über die nach den magnetischen<br />

Gesamtdrehimpulsquantenzahlen MJ klassifizierten, ≪tatsächlichen≫ Übergangsraten<br />

gebildet, welche vorher jeweils <strong>mit</strong> ihrem statistischen Gewicht<br />

multipliziert wurden.<br />

2 Das Shellskript läuft nur nach <strong>einer</strong> in den Writeups beschriebenen Initialisierung<br />

einiger Binärdateien.


4.2. Fehlerquellen 81<br />

Die Raten Γ beziehen sich weiterhin auf die Ankopplung des jeweiligen Übergangs<br />

an dasjenige Vakuumendniveau des e<strong>mit</strong>tierten Elektrons, welches den<br />

geringsten <strong>mit</strong> der Paritätserhaltung des Systems verträglichen Bahndrehimpuls<br />

ℓ besitzt.<br />

Wegen dieses Summationsschritts liegen alle tabellierten Daten von Γ um etwa<br />

zwei Größenordnungen oberhalb der (maximalen) Raten, die sich zwischen<br />

zwei definierten |LSJMJ〉–Eigenzuständen einstellen. Falls man aber von einem<br />

statistisch gleichförmigen Auffüllen der inneren (LSJMJ)–Unterschalen<br />

aus äußeren Niveaus ausgeht, so stellen die Werte ein gutes, relatives Maß<br />

für das erwartete Intensitätsverhältnis der einzelnen Hauptlinien des Spektrums<br />

zueinander dar. Als ≪verboten≫ betrachtete Übergänge sind gegenüber<br />

den Hauptbeiträgen um mehr als drei Größenordnungen unterdrückt und<br />

brauchen da<strong>mit</strong> in unseren Betrachtungen zu den Meßserien nicht berücksichtigt<br />

zu werden 3 . Zur Bestimmung absoluter Peakhöhen reichen weder<br />

die zu globalen Werte von Γ noch das zugrundeliegende, <strong>sehr</strong> unspezifische<br />

Auffüllungsmodell der Unterschalen aus.<br />

4.2 Fehlerquellen<br />

Anhand der Betrachtungen aus Kap.2 lassen sich einige potentielle Fehlerquellen<br />

bei <strong>einer</strong> direkten Übertragung der Cowan–Code–Simulationsergebnisse<br />

auf unsere Problemstellung aufzeigen.<br />

Zunächst werden alle Berechnungen an freien Atomen vorgenommen. Tatsächlich<br />

liegen sowohl vor als auch innerhalb des Kristalls abweichende Potentialverhältnisse<br />

vor, die sich <strong>mit</strong> der Annäherung des Ions an den Kristall<br />

dynamisch verändern. Deren Einfluß auf die Position der Augerlinien ist jedoch<br />

weitgehend unbekannt.<br />

Außerdem kann es durch schnelle zeitliche Veränderungen des äußeren Potentials<br />

zu <strong>einer</strong> von der Einschußenergie abhängigen Aufweitung der Augerpeaks<br />

kommen. Aus der Heisenberg’schen Unschärferelation<br />

∆E � ¯hν (4.1)<br />

3 Da typische Maximalzählraten bei etwa hundert Counts pro sec angesiedelt sind, ist<br />

ein Nachweis dieser ≪verbotenen≫ Übergänge sogar dann kaum zu erwarten, wenn sie sich<br />

energetisch von den Hauptbeiträgen abheben.


82 4. Simulation der Autoionisationsspektren<br />

<strong>mit</strong> dem Planck’schen Wirkungsquantum ¯h = 6, 582 · 10 −16 eV · sec folgt, daß<br />

schon ungestörte Übergänge bei typischen Raten von ν = 1<br />

τ � 1014 sec −1<br />

<strong>mit</strong> ∆E � 0, 07eV eine in unserem Spektrometer fast schon auflösbare Breite<br />

aufweisen. Da typische Zeitspannen des Interaktionsszenarios der <strong>Ionen</strong><br />

vor der Oberfläche (s. Kap.2.3) auf höchstens einige τInt � 10 −15 sec begrenzt<br />

sind, könnte dort ein bedeutender Anteil der Augerübergänge durch Kollisionen<br />

<strong>mit</strong> Targetatomen und andere Gitterwechselwirkungen gestört werden.<br />

Dadurch würden sich entsprechende Peaks evtl. meßbar verbreitern. Es gibt<br />

einige vage experimentelle Hinweise auf diese Effekte, die aber noch <strong>einer</strong><br />

systematischen Untersuchung bedürfen.<br />

Innerhalb des Festkörpers ergeben sich weitere Komplikationen wie chemische<br />

Verschiebungen der Linien von Gitteratomen und Adsorbatteilchen, die aber<br />

hauptsächlich bei der Rekonstruktion von AES–Spektren relevant werden.<br />

Weiterhin sei erwähnt, daß selbst die Berechnung von freien ≪hohlen≫ Atomen<br />

keineswegs unproblematisch ist. Durch die Vielzahl der gleichzeitig hochangeregten<br />

Elektronen stoßen die vom Cowan–Code herangezogenen Hartree–,<br />

Hartree–Fock–Verfahren, usw. an ihre Grenzen [21, 39], da sie letztendlich<br />

auf einem Einteilchenmodell basieren. Zudem brach der Code bei einigen<br />

wenigen Schalenkonfigurationen die Berechnung der Raten Γ <strong>mit</strong> dem Hinweis<br />

auf numerische Fehler ab. Aufgrund mangelnder Erfahrung <strong>mit</strong> der numerischen<br />

Simulation atomarer Spektren kann der Autor die Auswirkungen<br />

dieser Problematik aber schlecht beurteilen.<br />

Aus einem Vergleich vieler Meßwerte <strong>mit</strong> den berechneten Peakpositionen<br />

läßt sich jedoch ableiten, daß der akkumulierte Fehler der energetischen Abweichungen<br />

den Betrag von 2eV nicht übersteigt.


Kapitel 5<br />

Die Argon–Spektren<br />

Von besonderem Interesse für das Studium der <strong>Wechselwirkungen</strong> <strong>hochgeladener</strong><br />

<strong>Ionen</strong> <strong>mit</strong> Oberflächen sind Ar 9+ –Spektren. Zum einen lassen sich für<br />

diesen Ladungszustand Targetströme [38, 43] in der Größenordnung 100nA<br />

realisieren, bei denen eine verhältnismäßig gute Meßstatistik gegeben ist.<br />

Zum anderen existiert in diesem <strong>Ionen</strong>typus ein L–Schalen–<br />

Loch, so daß neben einem nieder– auch ein hochenergetischer<br />

Beitrag in den Spektren in Erscheinung tritt. Letzterer muß<br />

aus energetischen Gründen Übergängen zugeordnet werden,<br />

bei denen das L–Loch gefüllt wird. Da nur ein einziges davon<br />

in Ar 9+ –<strong>Ionen</strong> vorhanden ist, bleibt die Anzahl der möglichen<br />

Anfangs– und Endzustände klein gegenüber Konfigurationen<br />

<strong>mit</strong> stärkerer L–Schalenentleerung. Die Rekonstruktion der<br />

Spektren über Simulationsrechnungen wird so erheblich vereinfacht.<br />

Wie in Kapitel 2 beschrieben setzt die Neutralisation der <strong>Ionen</strong> im Abstand<br />

einiger 10˚A vor der Oberfläche über resonante Elektronentransferprozesse<br />

zwischen den unbesetzten Rydbergzuständen des ankommenden Ions und<br />

dem Leitungsband des Kristalls ein. Dabei entstehen kurzzeitig hochangeregte<br />

≪hohle≫ Atome, welche sich vor dem Kristall hauptsächlich über Autoionisationsprozesse<br />

und evtl. auch die Screening Dynamics abregen. Hierdurch<br />

werden im Verlauf dieser Frühphase vorwiegend niederenergetische Elektronen<br />

freigesetzt. Die enorme Vielfalt dieser Übergänge im Bereich eines einige<br />

eV umfassenden Energieintervalls verhindert eine Ausbildung von Struktu-<br />

83


84 5. Die Argon–Spektren<br />

Abbildung 5.1: Beispiel eines Ar 9+ –Spektrums Das Messung erfolgte unter einem<br />

Einfallswinkel von 45 ◦ bei geerdeter Quelle. Die linke Struktur entsteht durch MXY–,<br />

das rechte Maximum durch LXY-Übergänge, siehe Text.


5.1. Der LMM–Peak 85<br />

ren 1 . Erst die in unserem Modell als Vorstufe zur L–Schalenkomplettierung<br />

auftretenden MXY-Übergänge (X,Y>M) setzten sich deutlich von diesen niederenergetischen<br />

Beiträgen ab, indem sie einen markanten ≪Buckel≫ in einem<br />

weiten Bereich um 60eV herum ausbilden.<br />

Im Laufe unserer Meßserien zeigte sich, daß sich diese bisher weitgehend<br />

außer acht gelassene Struktur zusammen <strong>mit</strong> den Peaks höherenergetischer<br />

LMX–Übergänge (X≥M) unter Variation der experimentellen Randbedingungen<br />

systematisch verändert. Bei <strong>sehr</strong> niedrigen Einschußenergien im Bereich<br />

der reinen Bildladungsanziehung des Ions weisen die Spektren Anteile<br />

<strong>einer</strong> schon vor der Oberfläche bis zur L–Schale fortgeschrittenen Neutralisationskaskade<br />

auf.<br />

Diese erstmals von uns beobachteten Effekte können <strong>mit</strong> Hilfe von Cowan–<br />

Code Simulationsrechnungen (s. Kap.4) konsistent im Rahmen bekannter<br />

Modelle erklärt werden. Anhand unserer Meßserien wird dazu in den folgenden<br />

Abschnitten eine Argumentationskette entwickelt.<br />

5.1 Der LMM–Peak<br />

5.1.1 Beschreibung der Struktur<br />

Charakteristisch für alle Ar 9+ –Spektren ist ein Peak bei 211±1eV (s. Abb.5.1),<br />

der aus energetischen Gründen nur Auger–LMM–Übergängen zugeordnet<br />

werden kann. Dessen hochenergetische Flanke fällt unter allen experimentellen<br />

Randbedingungen <strong>sehr</strong> steil bis zu <strong>einer</strong> Energie von ca. 220eV ab.<br />

Oberhalb davon findet man eine noch zu diskutierende Stufe (s.Kap.5.3). Auf<br />

der anderen Seite dieses Maximums geht eine etwas weniger scharf abfallende<br />

Flanke ab einem leichten ≪Knick≫ bei 205±1eV in einen flacher werdenden<br />

Teil über, der sich bis hinunter zu <strong>einer</strong> Energie von etwa 140eV fortsetzt. Auf<br />

niederenergetischen Teil dieses Ausläufers deuten sich in einigen Spektren<br />

gewisse Strukturen an, für die jedoch keine Systematik festgestellt werden<br />

konnte.<br />

1 Elektronenspektroskopie im Bereich weniger eV kann zudem nur unter Abschirmung<br />

äußerer Magnetfelder sinnvoll durchgeführt werden. Eine solche Vorrichtung stand zum<br />

Zeitpunkt des Messungen noch nicht zur Verfügung.


86 5. Die Argon–Spektren<br />

Abbildung 5.2: Aufweitung des 211eV –Peaks Durch die ≪überdrehte≫ Geometrie<br />

werden bevorzugt vor der Oberfläche ablaufende Prozesse gemessen.


5.1. Der LMM–Peak 87<br />

Der Bereich zwischen 180 und 206eV weist jedoch eine verblüffende Eigenschaft<br />

auf. Falls man bei geerdeter Quelle das Target auf einen Winkel<br />

Θ = 92 ◦ dreht (s. Abb.5.3), so bildet sich energetisch unterhalb des ursprünglichen<br />

206eV–Knicks ein ca. 20eV breiter Buckel aus, der den unter<br />

Einfallswinkeln kl<strong>einer</strong> als 90 ◦ dominierenden 211eV–Peak überragt. Im folgenden<br />

Unterabschnitt werden wir begründen, daß in dieser Meßgeometrie<br />

bevorzugt vor der Oberfläche erzeugte Elektronen zum Spektrometereintritt-<br />

Abbildung 5.3: Überdrehung des Targets Der Kristall selbst versperrt den optischen<br />

Weg von der Target<strong>mit</strong>te zum Spektrometer. Dadurch erhöht sich die Nachweiswahrscheinlichkeit<br />

von vor dem Kristall gegenüber aus ihm heraus e<strong>mit</strong>tierten Elektronen.<br />

spalt gelangen. Dadurch werden wir anschließend bei der Rekonstruktion der<br />

Autoionisationsspektren in die Lage versetzt, aus dem Kristall heraus e<strong>mit</strong>tierte<br />

Anteile der Spektren von den letzteren zu ≪trennen≫.


88 5. Die Argon–Spektren<br />

5.1.2 Winkelabhängigkeit der Messung<br />

In der Θ = 92 ◦ –Geometrie ist Elektronen, die <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> Energie<br />

von etwa 200eV im Kristall gestartet werden, der direkte<br />

Weg zum Spektrometer fast vollständig versperrt. Denn<br />

die auf ca. 16 ◦ begrenzte Akzeptanz der Spektrometerlinse (s.<br />

Kap.3.4) verlangt, daß sie den Festkörper <strong>mit</strong> einem fast parallel<br />

zur Oberfläche gerichteten Geschwindigkeitsvektor verlassen<br />

müßten, um auf geradem Weg die Linse zu erreichen.<br />

Dabei hätten sie aber eine <strong>sehr</strong> lange Bahn durch den Kristall<br />

zurückzulegen, was wiederum durch ihre kleinen inelastischen<br />

freien Weglängen (s. Abb.3.18) in Silizium von weniger als<br />

10˚A nicht möglich ist.<br />

Vor der Oberfläche e<strong>mit</strong>tierte Elektronen profitieren hingegen von der großen<br />

Akzeptanz der vorgeschalteten Linse, deren Raumwinkelkegel den Emissionsort<br />

zu einem Teil noch auf direktem (≪optischen≫) Weg erfassen kann.<br />

Natürlich ergeben sich in dieser Geometrie <strong>sehr</strong> geringe Absolutzählraten,<br />

da der von der Target<strong>mit</strong>te aus gemessene Raumwinkel der Linsenöffnung,<br />

welcher vom Kristall unbedeckt gelassenen wird, gegenüber flachen Winkeln<br />

Θ stark reduziert ist. Das Verhältnis der im Spektrometer nachweisbaren<br />

Peakintensitäten von Elektronen, die vor, respektive im Kristall freigesetzt<br />

werden, verlagert sich aber unter Θ = 92 ◦ zugunsten der Emissionen vor der<br />

Oberfläche.<br />

An dieser Stelle kann man einwenden, daß unter diesen extremen<br />

Bedingungen nur Elektronen <strong>mit</strong> einem großen Abstand<br />

r � R zur Mittelachse der Linse auf den Eintrittsspalt fokussiert<br />

werden. Die beobachteten Effekte könnten so<strong>mit</strong> auch<br />

durch eine starke Ortsabhängigkeit der Linsentransmissionsfunktion<br />

T (r) hervorgerufen werden.<br />

Zwar können wir aus den in Kap.3.4 angegebenen Gründen keine expliziten<br />

Aussagen über den Verlauf von T (r) machen. Allerdings hätten solche Einflüsse<br />

nicht nur fatale Folgen für die Interpretation der (Θ = 92 ◦ )–Spektren.<br />

Selbst unter flachen Einfallswinkel aufgenommene AES–Spektren würden<br />

massiv beeinträchtigt, da die Augerelektronen räumlich fast homogen über<br />

ihre Eintrittsfläche verteilt in die zylindersymmetrische Linse eindringen. Die<br />

Fläche eines Kreissegments der Dicke dr wächst aber proportional zu r an, so<br />

daß die meisten Elektronen über die äußeren ≪Ringe≫ in das Kugelspektro-


5.1. Der LMM–Peak 89<br />

meter gelangen. Da<strong>mit</strong> wäre nur eine stark verzerrte Wiedergabe der Spektren<br />

möglich. Das wäre im Widerspruch zu der guten Übereinstimmung unserer<br />

AES–Messungen <strong>mit</strong> entsprecheden Referenzspektren aus der Literatur.<br />

Geht man zu Spektren über, bei denen der Einfallswinkel Θ = 90 ◦ unterschreitet,<br />

so erfaßt die Spektrometerlinse <strong>mit</strong> einem Großteil ihres Akzeptanzkegels<br />

die Targetoberfläche. Dann können sowohl vor als auch im Kristall<br />

e<strong>mit</strong>tierte Beiträge detektiert werden.<br />

Abbildung 5.4: Energieabhängigkeit der Ar 9+ –Spektren unter Θ = 5 ◦ Die Spektren<br />

sind auf ihr jeweiliges Maximum normiert. Bei den beiden negativen Vorspannungen<br />

gewinnt der Knick um 206eV deutlich an Gewicht. Bei 231eV erkennt man einen<br />

kleinen Peak, der auf die im Text diskutierende 220eV–Stufe aufgesetzt ist.<br />

Auch Messungen bei <strong>sehr</strong> flachen Einfallswinkeln und niedrigen Einschußenergien<br />

sind nicht ganz unproblematisch. Durch die fokussierende Wirkung (s.<br />

Kap.3.3) der letzten Abbremslinse wird ein Teil der <strong>Ionen</strong> vom Target weggelenkt,<br />

ein anderer trifft <strong>mit</strong> wesentlich steilerem Einfallswinkel als durch<br />

die Strahlachse vorgegeben auf den Kristall auf. Zudem reagieren diese Spektren<br />

<strong>sehr</strong> sensibel auf Dreckschichten und Unebenheiten der Oberfläche wie<br />

Stufen und Terrassen.


90 5. Die Argon–Spektren<br />

Außerdem ist hier zu beachten, daß unter bestimmten<br />

Umständen der Targetstrom nicht mehr als Normierungsgröße<br />

der Spektren geeignet ist. Bei zeitlichen<br />

Instabilitäten der EZR–<strong>Ionen</strong>quelle kann der Strahl beispielsweise<br />

seitlich schwanken. Während kleine Schwankungen<br />

den als Norm verwendeten Gesamttargetstrom<br />

wenig beeinflussen, kann die Anzahl der auf die Mitte<br />

des Targets gelangenden <strong>Ionen</strong> deutlich variieren, welche<br />

für die Intensität der Augerspektren relevant ist.<br />

Alle verwendeten Spektren weisen deshalb trotz der<br />

Stromnormierung (s. S.3.9) eine große Anzahl von Meßdurchläufen<br />

auf.<br />

5.1.3 Rekonstruktion der LMM–Linien<br />

In diesem Abschnitt geht es darum, den 211eV–Peak und das Auftreten des<br />

ihm benachbarten, breiten Nebenmaximums <strong>mit</strong> Hilfe von Cowan–Code–<br />

Simulationen zu erklären. Aus Tab. 5.1 und anderen Rechnungen ergibt sich,<br />

daß ausschließlich LMM–Übergänge zu diesem etwa 20eV breiten Bereich<br />

Beiträge leisten können. LXY–Augerprozesse <strong>mit</strong> L


5.1. Der LMM–Peak 91<br />

(3s ↦→ 2p, 3d ↑), (3p ↦→ 2p, 3d ↑) und auch (3d ↦→ 2p, 3d ↑) bei entsprechender<br />

Umbesetzung der M–Schale um ein bis vier Größenordnungen geringere relative<br />

Intensitäten ergeben, wurden sie aus Übersichtlichkeitsgründen nicht <strong>mit</strong><br />

aufgelistet. Zudem befinden sich die zu ihnen gehörenden Linien außerhalb<br />

der hier diskutierten Peakregion des Spektrums.<br />

LMM–Übergänge<br />

Besetzung Übergang rel. Intensität [10 15 sec −1 ] Energie [eV]<br />

M2 N7 3s ↦→ 2p, 3p ↑ 2,0 181,4<br />

3p ↦→ 2p, 3p ↑ 9,1 200,7<br />

M3 N6 3s ↦→ 2p, 3p ↑ 5,5 183,2<br />

3p ↦→ 2p, 3p ↑ 41,2 198,5<br />

M4 N5 3s ↦→ 2p, 3p ↑ 33,5 184,4<br />

3p ↦→ 2p, 3p ↑ 24,9 189,3<br />

M5 N4 3s ↦→ 2p, 3p ↑ 45,6 186,1<br />

3p ↦→ 2p, 3p ↑ 65,1 202,0<br />

M6 N3 3s ↦→ 2p, 3p ↑ 16,4 188,2<br />

3p ↦→ 2p, 3p ↑ 33,9 205,1<br />

M7 N2 3s ↦→ 2p, 3p ↑ 1,2 191,1<br />

3p ↦→ 2p, 3p ↑ 0,4 208,8<br />

M8 N1 3s ↦→ 2p, 3p ↑ 0,4 194,0<br />

3p ↦→ 2p, 3p ↑ 1,4 212,2<br />

M9 N0 3s ↦→ 2p, 3p ↑ 2,7 195,6<br />

3p ↦→ 2p, 3p ↑ 8,6 213,4<br />

Tabelle 5.1: Auger–Energien der LMM–Übergänge Die Besetzung der M–Schale<br />

nimmt von oben nach unten hin zu. Die zur Neutralisation fehlenden Elektronen wurden<br />

in die N–Schale eingefügt. Für die beiden (3s ↦→ 2p, 3p ↑)– und (3s ↦→ 2p, 3p ↑)–<br />

Übergangstypen ergeben sich die größten relativen Intensitäten.<br />

Eine exakte Übereinstimmung der berechneten Werte <strong>mit</strong> den experimentell<br />

beobachteten ist selbstverständlich nach den Bemerkungen in Kap.4.2) nicht<br />

zu erwarten. Die in diesem Abschnitt behandelten LMM–Übergänge unterliegen<br />

den dort beschriebenen ≪äußeren≫ Einflüssen aufgrund der Kernnähe der<br />

beteiligten Orbitale jedoch relativ schwach. Quantitativ weisen die gemessenen<br />

Werte Abweichungen im Bereich der in Kapitel 2.2.2 für den Bildladungs-<br />

terscheiden, so daß eine Permutation der Elektronen einen identischen Übergang bezeichnet.


92 5. Die Argon–Spektren<br />

shift äußerer Orbitale abgeschätzten ±2eV von den Simulationsergebnissen<br />

auf.<br />

5.1.4 Interpretation der Berechnungen<br />

Verfolgt man die energetischen Positionen der in Tab. 5.1 berechneten LMM–<br />

Linien, so ist deutlich zu erkennen, daß ein 211eV–Peak ausschließlich durch<br />

(3p ↦→ 2p, 3p ↑)–Augerprozesse oberhalb <strong>einer</strong> 7– bis 8–fachen M–Schalenbesetzung<br />

erzeugt werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß in Tab. 5.1<br />

nicht aufgeführte LMM-Übergänge sowohl wegen ihrer geringen Raten als<br />

auch aufgrund ihrer energetischen Lage aus diesen Betrachtungen herausfallen.<br />

Desweiteren fällt auf, daß sich bei Vorhandensein von zwei M–Elektronen<br />

schon beträchtliche relative Übergangsintensitäten von 2, 0 · 10 15 sec −1 für<br />

(3s ↦→ 2p, 3p ↑) bzw. 9, 1 · 10 15 sec −1 für (3p ↦→ 2p, 3p ↑) vorherrschen.<br />

Diese steigern sich bei <strong>mit</strong>tlerer M–Schalenauffüllung auf Werte von einigen<br />

10 16 sec −1 . Im Zusammenhang <strong>mit</strong> den in Kap.2.3 abgeschätzten Zeitspannen<br />

zwischen dem Beginn der Ion–Oberflächeninteraktion und dem Erreichen der<br />

ersten Kristallage folgt daraus, daß die Zahl der M–Elektronen für vor der<br />

Oberfläche stattfindende <strong>Wechselwirkungen</strong> auf maximal vier li<strong>mit</strong>iert ist.<br />

Die zugehörigen Peaks liegen allesamt unterhalb von 201eV.<br />

So<strong>mit</strong> läßt sich die Dominanz des breiten Nebenpeaks bei den (Θ = 92 ◦ )–<br />

Messungen in der <strong>sehr</strong> oberflächensensitiven, ≪überdrehten≫ Meßgeometrie<br />

aus Abb.5.3 im Rahmen der Abregung des hohlen Atoms über Augerkaskaden<br />

vor der Oberfläche erklären. Danach reicht die Geschwindigkeit des<br />

Elektronentransfers aus den Rydbergniveaus nicht aus, um vor dem Eintritt<br />

des Ions in den Kristall LMM–Augerelektronenemissionen aus <strong>einer</strong> hochbesetzten<br />

M–Schale heraus zu ermöglichen.<br />

Aus der plötzlichen Evolution des scharfen 211eV–Peaks unter Einfallswinkeln<br />

kl<strong>einer</strong> als 90 ◦ und der 211eV–Reststruktur unter Θ = 92 ◦ folgt weiterhin,<br />

daß die M–Schale des Ions entweder schon direkt beim Kontakt <strong>mit</strong><br />

der ersten Kristallschicht oder nach deren Durchdringen <strong>sehr</strong> effektiv gefüllt<br />

wird. Die Vermutung liegt nahe, daß die M–Schalenlöcher des Ions durch<br />

das nahezu unbegrenzte Reservoir an mobilen Valenzband– und örtlich fixierten<br />

Rumpfelektronen innerhalb des Festkörpers quasi instantan besetzt


5.2. Der MXY–Buckel 93<br />

werden können. Hiefür wurden in Kap.2 schon mehrere potentielle Wecheselwirkungsmodelle<br />

vorgestellt. Auf diesen Aspekt werden wir an späterer Stelle<br />

noch ausführlicher zurückkehren.<br />

Auch das <strong>mit</strong> abnehmendem UQ stärker werdende Abknicken der (Θ = 5 ◦ )–<br />

Spektren bei E = 204eV in Abb.5.4 läßt sich in das vorgestellte Modell<br />

einordnen. Wegen des fast senkrechten Beobachtungswinkels Ψ behält der<br />

211eV–Peak trotz der <strong>sehr</strong> geringen senkrechten Geschwindigkeitskomponente<br />

seine Schärfe bei. Allerdings macht sich die steigende Bedeutung des breiten,<br />

vor der Oberfläche erzeugten Nebenpeaks zwischen 180eV und 206eV<br />

bemerkbar.<br />

Der langgestreckte niederenergetische Ausläufer des LMM–Peaks setzt sich<br />

zum Teil aus (3s ↦→ 2p, 3s ↑)–Übergängen zusammen, welche ein Energieintervall<br />

von 165eV bis 175eV abdecken. Bei zwei– bis sechsfacher Auffüllung<br />

der M–Schale liegen die Übergangsenergien gemäß Tab.5.1 zwischen 165eV<br />

und 167eV; eine weitergehende Besetzung führt zu einem schrittweisen Anwachsen<br />

der Energien bis auf 175eV bei <strong>einer</strong> (3s 2 3p 6 3d 1 )–Konfiguration der<br />

M–Schale. Auf S.90 wurde bereits erwähnt, daß die Übergangsraten dieser<br />

Prozesse relativ zu den (3p ↦→ 2p, 3p ↑)–Intensitäten <strong>sehr</strong> klein ausfallen. Ob<br />

der Hauptbeitrag des Ausläufers tatsächlich durch diese Prozesse zustande<br />

kommt oder einfach den niederenergetischen Schwanz der Peakregion darstellt,<br />

kann anhand der vorhandenen Meßdaten nicht aufgeklärt werden.<br />

In den folgenden Abschnitten werden weitere experimentelle Hinweise auf<br />

die Schlüssigkeit dieses semiempirischen Modells unter Berücksichtigung der<br />

anderen spektralen Strukturen angeführt.<br />

5.2 Der MXY–Buckel<br />

Parallel zum Auftauchen des 211eV–Nebenpeaks unter Θ = 92 ◦ entwickelt<br />

sich in Bereich um 60eV ein großer MXY–Buckel (Abb.5.2), welcher in einigen<br />

(allerdings nicht eindeutig reproduzierbaren) Messungen den LMM–Peak<br />

sogar überragen kann.<br />

Die ihm zugrundeliegenden Übergänge müssen fast ausschließlich vor der<br />

Targetoberfläche stattfinden. Aus dem Kristall heraus kann ein Ion kaum<br />

noch Augerelektronen <strong>mit</strong> der entsprechenden Energie freisetzen, weil ihm


94 5. Die Argon–Spektren<br />

dort durch das quasi instantane Auffüllen der M–Schale die notwendige potentielle<br />

Energie fehlt. Außerdem liegen diese Übergänge zeitlich vor den<br />

LMM–Transitionen. Es überrascht daher nicht, daß sich dieser Buckel in<br />

Abhängigkeit vom Präparationszustand der Kristalloberfläche verändert (s.<br />

Kap.5.4). Wie der LMM–Peak ist seine Struktur zudem vom Einfallswinkel<br />

und der Energie der auftreffenden <strong>Ionen</strong> abhängig.<br />

5.2.1 Die zeitliche Abfolge der MXY–Prozesse<br />

Aus den in Tab. 5.2 zusammengestellten Berechnungen der Übergangsener-<br />

MOO–Übergänge<br />

Besetzung Übergang rel. Intensität [10 15 sec −1 ] Energie [eV]<br />

M0 N0 O9 5s ↦→ 3s, 5s ↑ n.b. 92,7<br />

5p ↦→ 3s, 5p ↑ n.b. 100,1<br />

5s ↦→ 3p, 5p ↑ n.b. 79,0<br />

5p ↦→ 3p, 5p ↑ n.b. 82,1<br />

M0 N3 O6 5s ↦→ 3p, 5p ↑ n.b. 72,8<br />

5s ↦→ 3p, 5p ↑ n.b. 74,9<br />

MNO–Übergänge<br />

M0 N1 O8 4s ↦→ 3s, 5s ↑ 0,3 68,3<br />

4p ↦→ 3s, 5p ↑ 0,1 78,6<br />

4s ↦→ 3p, 5p ↑ 0,7 53,9<br />

4p ↦→ 3p, 5p ↑ 5,4 60,6<br />

M0 N3 O6 4s ↦→ 3p, 5p ↑ n.b. 51,0<br />

4p ↦→ 3p, 5p ↑ n.b. 58,0<br />

MNN–Übergänge<br />

M0 N9 4s ↦→ 3s, 4s ↑ n.b. 41,8<br />

4p ↦→ 3p, 4p ↑ n.b. 39,8<br />

Tabelle 5.2: Auger–Energien der MXY–Übergänge Die Elektronenkonfiguration <strong>einer</strong><br />

Schale ergibt sich aus ihrer energetisch günstigsten Besetzung, also z.B. O6:<br />

5s 2 5p 4 . Bei den <strong>mit</strong> ≪n.b.≫ gekennzeichneten relativen Intensitäten Γ führt eine Cowan–Code–Berechnung<br />

zu keinem Ergebnis.<br />

gien entnimmt man, daß MNN–Augerprozesse vor allem zum niederenergetischen,<br />

MNO–, MOO–Übergänge usw. zum Peakbereich und dem lang-


5.2. Der MXY–Buckel 95<br />

gestreckten hochenergetischen Ausläufer des Buckels beitragen. In welcher<br />

chronologischen Reihenfolge laufen diese Übergänge im Rahmen des Neutralisations–<br />

und Abregungsszenarios vor der Oberfläche ab?<br />

Sobald sich mindestens zwei Elektronen in der O–Schale<br />

angesammelt haben, kann sich die M–Schale über MOO–<br />

Augerprozesse <strong>mit</strong> signifikanten Raten an der Autoionisationskaskade<br />

beteiligen. Alternativ dazu finden NOO–<br />

Übergänge statt, bis die N–Schale einen gewissen Besetzungsgrad<br />

erreicht hat. Das Auffüllen der N–Schale verläuft in Konkurrenz<br />

zu MNN– und MNO–Übergängen, welche sie wieder<br />

entleeren. Hier nicht aufgeführte Berechnungen zeigen, daß<br />

sich bereits bei <strong>einer</strong> Zweifachbesetzung der N–Schale MNN–<br />

Intensitäten bis zu 78, 8 · 10 15 sec −1 einstellen. Deshalb sammeln<br />

sich im Laufe der Frühphase des Deexitationsszenarios<br />

nicht wesentlich mehr als zwei Elektronen in der N–Schale an.<br />

Erst <strong>mit</strong> zunehmender Auffüllung der M–Schale nimmt die<br />

N–Entleerungsrate ab, so daß sie aus äußeren Schalen stärker<br />

bevölkert werden kann.<br />

5.2.2 Winkelabhängigkeit des MNN–Peaks<br />

Analog zu Kapitel 5.1.2 interpretieren wir die Winkelabhängigkeit des MXY–<br />

Buckels in Abb.5.5 dahingehend, daß sich <strong>mit</strong> flacher werdendem Beobachtungswinkel<br />

immer spätere Phasen der Kaskade im Spektrum widerspiegeln.<br />

Übergänge aus dieser Zeitspanne ergänzen einen gewissen ≪Sockel≫ im höherenergetischen<br />

Teil der Struktur, welcher allein im Verlauf der Anfangsphase<br />

entsteht und deswegen <strong>mit</strong> fast unveränderter Struktur unter verschiedenen<br />

Winkeln in Erscheinung tritt. Dieser Anteil konstituiert sich hauptsächlich 3<br />

aus MNO– und MOO–Übergangen im Bereich von etwa 50eV bis 100eV.<br />

Zu den hierfür in Tabelle 5.2 relativen Intensitäten muß angemerkt werden,<br />

daß diesem Spektralbereich durch die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten<br />

von Anfangs– und Endzuständen der betreffenden Schalen ein großes<br />

statistisches Gewicht zukommt. Es überrascht daher nicht, daß dem MNO–<br />

/MOO–Bereich trotz s<strong>einer</strong> im Vergleich zu den MNN-Übergängen geringen<br />

Γ–Werte noch eine verhältnismäßig hohes Gewicht zufällt.<br />

3 Zudem wird ein intensiver NOO–Peak erwartet, der energetisch weit tiefer liegt und<br />

nicht näher untersucht worden ist.


96 5. Die Argon–Spektren<br />

Solange vorwiegend MNO– und MOO–Übergänge den niederenergetischen<br />

Anteil des Buckels generieren, ist gemäß Tab. 5.2 die untere Kante dieser<br />

Abbildung 5.5: Winkelabhängigkeit der Position der MNN–Kante Unter steiler werdendem<br />

Beobachtungswinkel Θ wandert die den MNN-Übergängen zugeordnete linke<br />

Flanke zu höheren Energien hin. Die Spektren sind so skaliert worden, daß der Verlauf<br />

des hochenergetischen Ausläufers weitgehend übereinstimmt. Dieser repräsentiert<br />

in unserem Modell die in allen Spektren ≪gemeinsame≫ Frühphase der Wechselwirkungsprozesse.<br />

MXY–Struktur energetisch scharf auf etwa 50 bis 55eV festgelegt. Das Θ =<br />

92 ◦ –Spektrum aus Abb.5.5 repräsentiert diesen frühen Zeitpunkt der Kaskade.<br />

Treten in einem späteren Zeitpunkt des Abregungsszenarios die ersten<br />

MNN–Beiträge hinzu, so weicht diese Flanke auf und ihr Zentrum wandert<br />

zu niedrigen Energien hin, da typische MNN–Augerenergien dieser Phase im<br />

Intervall um 45eV zu finden sind.<br />

Geht man von den steilen Einfallswinkeln Θ um 90 ◦ zu 70 ◦ und 60 ◦ über,


5.2. Der MXY–Buckel 97<br />

so wächst der von der Spektrometerakzeptanz abgedeckte Raumwinkel der<br />

Targetoberfläche sprungartig auf sein Maximum, während die senkrechte Geschwindigkeitskomponente<br />

der <strong>Ionen</strong> vor der Oberfläche nahezu konstant<br />

bleibt.<br />

In den Spektren spiegelt sich dann die komplette<br />

Kaskade wider, wobei vom Ion aus gesehen aufgrund<br />

der unveränderten Interaktionszeit vor dem<br />

Kristall die gleiche Folge und Art von Prozessen<br />

wie unter steilerem Einfall durchlaufen wird. Die<br />

linke Kante des Peaks wandert in die für eine (M3<br />

N6)–Konfiguration berechnete Zone um etwa 33eV<br />

hinein.<br />

Unter <strong>sehr</strong> flachen Einfallswinkeln verändert sich die physikalische Situation.<br />

Die gegenüber steilen Winkeln bei gleicher Quellenspannung extrem verminderte<br />

senkrechte Geschwindigkeitskomponente sorgt dafür, daß dem Ion wesentlich<br />

mehr Zeit für die Kaskade vor der Oberfläche zur Verfügung steht.<br />

Unter dieser Voraussetzung können die M– und die L–Schale vermehrt im<br />

gefüllten Zustand die Oberfläche erreichen, was die Erzeugung <strong>einer</strong> Vielzahl<br />

von niederenergetischen Elektronen <strong>mit</strong> sich bringt. Diese ergänzen gleichartige,<br />

aus dem Kristall heraus e<strong>mit</strong>tierte Beiträge. Die niederenergetische<br />

Kante des Buckels stumpft dann extrem ab und geht in den untersten Peak<br />

über, siehe auch Abb.5.6 und 5.7.<br />

5.2.3 Energieabhängigkeit der MNN–Spektren<br />

Die Interaktionszeit des Ions vor der Oberfläche kann man auch direkt über<br />

die Einfallsenergie steuern. Am stärksten treten die sich daraus ergebenden<br />

Effekte unter steilen Winkeln im Spektrum in Erscheinung. Unter Θ = 92 ◦<br />

mißt man selektiv die frühe Phase der Augerkaskade. Für hohe Einschußenergien<br />

wie im (UQ = +20V )–Spektrum aus Abb.5.6 sind zu diesem Zeitpunkt<br />

die M– und die N–Schale noch wenig bevölkert, so daß fast gar keine niederenergetischen<br />

Beitrage im Spektrum zu verzeichnen sind. Bei negativen<br />

Quellenvorspannungen UQ kann ein Ion diese Schalen hingegen schon in ei-


98 5. Die Argon–Spektren<br />

Abbildung 5.6: Energie– und Winkelabhängigkeit der MNN–Kante Die Position<br />

und Schärfe der unteren Kante des MXY–Buckels geben Hinweise auf den zeitlichen<br />

Verlauf des Abregungsszenarios vor dem Festkörper.


5.2. Der MXY–Buckel 99<br />

nigem Abstand vor der Oberfläche zu einem höheren Grad gefüllt haben. In<br />

Abbildung 5.7: Energieabhängigkeit der LMM–Kante unter Θ = 92 ◦ Die LMM–<br />

Kante wandert <strong>mit</strong> abnehmender Strahlenergie nach links und weicht auf. Das zweite<br />

(UQ = 0V)–Spektrum wurde nach einem Beschuß der Oberfläche <strong>mit</strong> Sauerstoffionen<br />

aufgenommen.<br />

Abb.5.7 erkennt man klar, daß unter dieser Voraussetzung die MNN–Kante<br />

aufweicht, jedoch in geringerem Ausmaß als unter flacheren Winkeln.


100 5. Die Argon–Spektren<br />

5.3 Die 220eV–Stufe<br />

5.3.1 Veränderung der Stufenform <strong>mit</strong> den experimentellen<br />

Randbedingungen<br />

Auf der rechten Flanke des 211eV–Peaks manifestiert sich in allen Spektren<br />

eine kleine Stufe. Unter flachen Einfallswinkeln tritt sie bei allen Einschuß-<br />

Abbildung 5.8: Winkel– und Energieabhängigkeit der Stufe Bei Θ = 92 ◦ stumpft<br />

die Stufe ab, ansonsten ist sie klar ausgeprägt. Alle anderen besprochenen Phänomene<br />

sind auch hier vorhanden. Die Spektren sind auf ihr Maximum normiert. Sie stammen<br />

aus verschiedenen Meßserien <strong>mit</strong> frisch präparierten Oberflächen.<br />

energien gut definiert in Erscheinung. Sie spaltet sich im Bereich zwischen<br />

215 und 220eV vom rechten Ausläufer des 211eV–Peaks ab. Oberhalb von<br />

etwa 235eV fällt das Spektrum wieder deutlich ab. Bei etwa 232eV deutet


5.3. Die 220eV–Stufe 101<br />

sich ein leichter Peak an. Eine Abhängigkeit der Stufe von der Einfallsenergie<br />

des Ions läßt sich anhand unserer Meßserien nur bei Θ = 92 ◦ aufzeigen. In<br />

unserer ≪überdrehten≫ Beobachtungsgeometrie aus Abb.5.3 prägt sich erst<br />

bei <strong>sehr</strong> niedrigen <strong>Ionen</strong>energien (UQ � −12V) eine leichte Stufe aus. In<br />

den Fällen, in denen sie klar hervortritt, ist keine signifikante Variation ihrer<br />

oberen Begrenzung bei etwa 235±eV feststellbar.<br />

5.3.2 Einbeziehung von Kristalleffekten<br />

In diesem Abschnitt wollen wir die Form der Stufe bei verschiedenen experimentellen<br />

Randbedingungen erklären. Zunächst scheint sich eine Inkonsistenz<br />

anzudeuten. Die Energieabhängigkeit unter Θ = 92 ◦ läßt vermeintlich auf<br />

einen vor der Oberfläche ablaufenden Erzeugungsprozeß schließen. Andererseits<br />

sollte dieser Effekt dann unter flachen Winkeln analog zur Argumentation<br />

der LMM–Winkelabhängigkeit in Abschnitt 5.1.2 erkennbar unterdrückt<br />

sein.<br />

Um diesen Widerspruch aufzulösen, müssen wir die Herkunft der die Stufe<br />

erzeugenden Elektronen klären. Als potentielle Kandidaten prüfen wir als<br />

erstes LMN– und LMM–Übergänge, beispielsweise (3p ↦→ 2p, 3d ↑) <strong>mit</strong> E =<br />

232eV bei <strong>einer</strong> (K2, L7, M9)–Besetzung der atomaren Schalen. Die hier nicht<br />

tabellierten Berechnungen weisen eine Vielzahl solcher Augerübergänge im<br />

Bereich oberhalb des 211eV–Peaks auf. Allerdings läßt sich weder <strong>mit</strong> Hilfe<br />

der zugehörigen Raten noch aufgrund der simulierten Energiewerte ein<br />

≪Einbruch≫ oberhalb von 235eV rekonstruieren. Die Berechnungen deuten<br />

stattdessen auf einen bis in die Region um 260eV auslaufenden, unstrukturierten<br />

Schwanz aus LMX–Übergängen hin. Dieser tritt tatsächlich in allen<br />

Spektren auf. Was verursacht aber die Entstehung der markanten Stufe?<br />

An dieser Stelle erweitern wir das bisher entwickelte Modell und schließen<br />

LVV–Übergänge (s. Kap.2.8.2) zwischen den Valenzbandelektronen des Siliziumwafers<br />

und dem L–Schalenloch des Argonions in unsere Überlegungen<br />

<strong>mit</strong> ein. Wir handeln dabei nicht im Widerspruch zu den Messungen unter<br />

Θ = 92 ◦ , welche auf den ersten Blick einen vor der Oberfläche stattfindenden<br />

Effekt als Ursache suggerieren. Denn auch in dieser Meßgeometrie mißt man<br />

noch Kristalleffekte, sie erscheinen aber gegenüber den vor der Oberfläche ablaufenden<br />

Augerprozessen im Spektrum unterdrückt. So z.B. verschwindet in<br />

allen (Θ = 92 ◦ )–Serien der LMM–Peak keineswegs vollständig, sondern ver-


102 5. Die Argon–Spektren<br />

liert nur gegenüber dem benachbarten, vor der Oberfläche erzeugten breiten<br />

Nebenpeak an Gewicht. Es werden allerdings bevorzugt Elektronen gemessen,<br />

die innerhalb der Zone zwischen dem ersten Kontakt der entsprechenden<br />

Orbitale <strong>mit</strong> dem Vakuumschwanz des Leitungsbandes und den obersten Kristallschichten<br />

entstehen.<br />

Abbildung 5.9: Winkelabhängigkeit des LVV–Emissionsortes Unter steilem Einfallswinkel<br />

können die LVV–Elektronen nur bei <strong>sehr</strong> niedriger Einschußenergie des Ions aus<br />

dem Kristall entweichen.<br />

Daraus ergibt sich sofort eine Energieabhängigkeit, die sich im Einklang <strong>mit</strong><br />

den Messungen befindet. Langsam in den Kristall eindringende <strong>Ionen</strong> produzieren<br />

das LVV–Elektron im Mittel nach kürzerer Wegstrecke innerhalb des<br />

Kristalls 4 als schnellere. Unter steilem Winkel verläuft die Bahn des Ions fast<br />

4 evtl. auch schon kurz nach Beginn des Überlapps der L–Schalenwellenfunktion <strong>mit</strong>


5.3. Die 220eV–Stufe 103<br />

senkrecht zur Oberfläche, so daß sich der <strong>mit</strong>tlere Emissionsort <strong>mit</strong> zunehmender<br />

Einschußenergie <strong>sehr</strong> schnell so weit in den Kristall hineinbewegt,<br />

daß die LVV–Augerelektronen kaum noch in Richtung der Spektrometerlinse<br />

aus ihm entweichen können. Unter flachem Winkel hingegen bewegt sich das<br />

Ion quasi unabhängig von s<strong>einer</strong> kinetischen Energie <strong>sehr</strong> lange dicht ober–<br />

und unterhalb der Oberfläche, so daß eine hohe Nachweiswahrscheinlichkeit<br />

für die LVV–Prozesse besteht. Diese wird durch den günstigen Winkel des<br />

Spektrometers zur Oberfläche noch weiter verstärkt.<br />

5.3.3 Übergangsraten in einem freien Elektronengas<br />

Zur Berechnung der LMX–Übergangsraten innerhalb des Kristalls verwenden<br />

Díez Muiño et al. [20] das Modell eines sich durch ein freies Elektronengas<br />

bewegenden Ions, s.a. Kap.2.8.2. Der gegenüber dem Vakuum veränderten<br />

dielektrischen Umgebung tragen die Autoren über eine Frequenz– und Wellenvektorabhängigkeit<br />

der Dielektrizitätskonstante ɛ(�q, ω) (Lindhardfunktion<br />

[30]) Rechnung und geben für die intraatomaren (2p ↦→ 2s, 2p ↑)– und<br />

(3s ↦→ 2s, 2s ↑)–Prozesse und ebenfalls für den entsprechenden LVV–Übergang<br />

Raten im Bereich 10 15 sec −1 an 5 . Unter der Annahme, daß sich bei der<br />

Übertragung auf unseren Fall des 2p–Lochs die Verhältnisse nicht wesentlich<br />

ändern, kann das Hervortreten der LVV–Stufe gegenüber dem weniger intensiven,<br />

langgestreckten LMX–Ausläufer von den Intensitäten her in unser<br />

Modell integriert werden.<br />

5.3.4 LVV–Übergangsenergien<br />

Die Autoren machen leider keine Angabe über die Energien der e<strong>mit</strong>tierten<br />

LVV–Elektronen. Wir wollen ein einfaches Modell benutzen, das zumindest<br />

für eine grobe Abschätzung hinreichen sollte. In diesem simulieren<br />

wir den Einbettungseffekt des Ions in das Elektronengas des Kristalls<br />

durch ein freies Neutralatom der Konfiguration 1s 2 2s 2 2p 5 3s 2 3p 6 3d 1 . Die M–<br />

Schalenelektronen erfüllen dabei die Abschirmungsaufgaben des Leitungsbandes,<br />

welche nach einem Augerprozeß innerhalb des Kristalls quasi instan-<br />

dem Vakuumschwanz des Valenzbandes vor dem Kristall<br />

5 Berechnet für effektive Kernladungszahlen Zeff < 5 des 2p–Orbitals und ein sich im<br />

Elektronengas <strong>mit</strong> v ≪ 1 a.u. <strong>sehr</strong> lansam bewegendes Ion.


104 5. Die Argon–Spektren<br />

tan nachgeliefert werden können. Deswegen lassen wir den Anfangszustand<br />

im Rahmen der Cowan–Code–Simulation wieder in ein neutrales Teilchen<br />

übergehen.<br />

Zunächst schätzen wir so eine obere Grenze für die auftretenden Energien<br />

ab. Offensichtlich entsteht sie aus einem Übergang nach 1s 2 2s 2 2p 6 3s 2 3p 6 ,<br />

welcher ein Elektron <strong>mit</strong> E = 248eV freisetzt. Zieht man davon noch zweimal<br />

die Austrittsarbeit 6 W = 4, 6eV der Si(111)–Oberfläche ab, so kommt<br />

man auf 238,8eV. Dieser Wert stimmt trotz der gemachten Vereinfachungen<br />

überraschend gut <strong>mit</strong> der energetischen Position der rechten Stufenkante bei<br />

ca. 235eV überein.<br />

5.4 Präparationsabhängigkeit der Spektren<br />

In einigen Ar 9+ –Meßserien wurde auf eine vorhergehende frische Präparation<br />

der Oberfläche verzichtet (s. Kap.3.6). Mittels <strong>sehr</strong> oberflächensensitiver<br />

AES-Messungen (s. Kap.3.4) konnte in diesen Fällen eine Bedeckung der<br />

Kristalloberfläche <strong>mit</strong> Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff nachgewiesen<br />

werden. Eine gezielte Verunreinigung <strong>mit</strong> Sauerstoff wurde durch Aufnahme<br />

von O q+ –Serien zwischen den Ar 9+ –Spektren herbeigeführt. Es zeigten<br />

sich teilweise <strong>sehr</strong> ausgeprägte Abhängigkeiten, welche allerdings wegen ihrer<br />

Komplexität nur schwer in ein theoretisches Modell einzubauen sind. Zudem<br />

konnten diese Effekte aus Zeitgründen im Experiment nur vereinzelt systematisch<br />

dokumentiert werden. Die Daten werden aus diesem Grund hier nur<br />

qualitativ im Rahmen des in diesem Kapitel vorgestellten Modells diskutiert.<br />

6 Die Austrittsarbeit bezieht sich auf das Fermi–Niveau an der Kristallsoberfläche, welches<br />

sich bei p–Halbleitern etwas unterhalb der Mitte der ≪verbotenen Zone≫ befindet.<br />

Nimmt man an, daß sich die dem Ion übertragenen Elektronen aus dem die mobilen<br />

Elektronen führenden Valenzband schöpfen, so sollte man statt der Austrittsarbeit W die<br />

Differenz von der Oberkante des Valenzbandes und dem Vakuumlevel benutzen. Diese liegt<br />

etwa um den Betrag eines halben Bandgaps, also 0,6eV unterhalb der Fermi–Energie.


5.4. Präparationsabhängigkeit der Spektren 105<br />

Abbildung 5.10: Ar 9+ –Spektren unter Θ = 92 ◦ bei UQ = 0V <strong>mit</strong> zunehmender Sauerstoffbelegung<br />

der Siliziumoberfläche Alle Spektren sind auf ihr Maximum normiert.<br />

Innerhalb dieser über einen Zeitraum von drei Tagen gemessenen Serie nimmt die Höhe<br />

des 60eV–Peaks <strong>mit</strong> wachsender Sauerstoffexposition der Oberfläche zu. Während der<br />

Meßperiode erfolgte keine weitere Targetpräparation.


106 5. Die Argon–Spektren<br />

5.4.1 Sauerstoff–Beschuß<br />

In Abb.5.10 ist eine über einen Zeitraum von drei Tagen hinweg aufgenommene<br />

Serie von Ar 9+ –Spektren unter Θ = 92 ◦ aufgetragen. Zwischen den<br />

Argon-Spektren wurde der Kristall für jeweils etwa eine Stunde einem O q+ –<br />

<strong>Ionen</strong>strahl <strong>mit</strong> q = 6, 7 bei einem etwa 5nA großen Targetstrom Ic und <strong>einer</strong><br />

Quellenvorspannung −10V < UQ < 0V ausgesetzt. Geht man von <strong>einer</strong> Zeit<br />

T = 1h und einem Teilchenstrom Ip ∼ = Ic/q <strong>mit</strong> q = 6 aus, so ergibt sich<br />

zwischen den einzelnen Spektren eine Sauerstoffdosis von 2 · 10 13 Teilchen.<br />

Aus den Simulationsrechnungen der <strong>Ionen</strong>trajektorien innerhalb der Targetlinse<br />

(s. Abb.3.9) wissen wir, daß ein stark abgebremster Strahl auf eine etwa<br />

1cm 2 große Kristallfläche einwirkt. Unter der Annahme eines idealen Oberflächenhaftkoeffizienten<br />

dieser niederenergetischen Sauerstoffionen und unter<br />

Vernachlässigung von Eindringeffekten ergibt sich eine Flächenkonzentration<br />

von größenordnungsmäßig 2 · 10 13 Sauerstoff–Adsorbatteilchen pro cm 2 .<br />

Setzt man diese Zahl in Relation zur Belegungsdichte <strong>einer</strong> kompletten Adsorbatmonolage<br />

auf der Si(111)–Oberfläche von 1, 4 · 10 14 cm −2 [23], so resultiert<br />

aus dieser Überschlagsrechnung ein Zuwachs der Sauerstoffbedeckung<br />

von etwa <strong>einer</strong> hundertstel bis zehntel Monolage zwischen zwei Ar 9+ –Spektren.<br />

Diese Zahl muß auch <strong>mit</strong> der ≪natürlichen≫ Adsorptionsrate des Restgases<br />

in der UHV–Kammer verglichen werden. Als Faustregel (s. Gl.3.11) gilt, daß<br />

sich das Produkt aus dem Gasdruck p und s<strong>einer</strong> Einwirkdauer T auf die<br />

Oberfläche bei Ausbildung <strong>einer</strong> Monolage auf p · T = 1 · 10 −6 mbar · sec =<br />

1Langmuir beläuft. In unserer Targetkammer herrscht ohne <strong>Ionen</strong>strahl ein<br />

Druck 7 um 5 · 10 −11 mbar, so daß innerhalb von 3600sec = 1h ungefähr eine<br />

sechstel Monolage an Restgas auf der Oberfläche adsorbiert.<br />

Eine aus diesen Berechnungen folgende massive Anhäufung von Adteilchen<br />

an der Kristalloberfläche über den Meßzeitraum von ca. 30 Stunden hinweg<br />

wird durch die in regelmäßigen Intervallen durchgeführten Ar 9+ –Spektren<br />

verhindert. Verschiedene Autoren [8, 34] berichten über Sputterausbeuten<br />

von 5 bis 10 Teilchen pro langsamem Ar 9+ –Ion. Da bei etwa gleichen Ar 9+ –<br />

wie O q+ –Targetströmen die Meßdauern dieser Spektren bei 5min bis 10min<br />

lagen, blieben die <strong>mit</strong>tlere Desorptions– und die <strong>mit</strong>tlere Adsorptionsrate<br />

7 Durch Anwesenheit des <strong>Ionen</strong>strahls erhöht sich der Druck aufgrund des Teilchenflusses<br />

in die Kammer. Man beachte, daß bei einem typischen UHV–Druck von 5 · 10 −11 mbar<br />

eine Dichte von etwa 1, 2 · 10 9 Restgasteilchen pro Liter Kammervolumen vorliegt. Dem<br />

steht bei einem Strom von 1nA einfach geladener <strong>Ionen</strong> ein Teilchenzufluß von 6, 2·10 9 sec −1<br />

gegenüber!


5.4. Präparationsabhängigkeit der Spektren 107<br />

<strong>mit</strong>einander nahezu im Gleichgewicht. Durch Vergleich <strong>mit</strong> anderen Serien,<br />

in denen diese Raten deutlich zugunsten der Adsorption verschoben waren,<br />

können wir folgern, daß es sich beim Anwachsen des 60eV–Peaks um ≪Verdreckungs≫–<br />

und keinen Säuberungseffekt handelt.<br />

Die auf ihre jeweiligen Maxima normierte Serie aus Abb.5.10 weist ein systematisches<br />

Anwachsen des 60eV–Buckels <strong>mit</strong> zunehmender Sauerstoffexposition<br />

der Oberfläche auf. Dieses Verhalten konnte jedoch nur unter der<br />

Randbedingung kl<strong>einer</strong> Ar 9+ – und O 6+/7+ –Ströme gezielt herbeigeführt werden.<br />

Bei großen Sauerstoffdosen traten Abweichungen von diesem Verhalten<br />

auf, ebenso wie bei <strong>einer</strong> nur unzureichend präparierten Kristalloberfläche.<br />

In einigen dieser Serien stieg zwar der Peak zunächst an, brach aber später<br />

wieder ein. Selbst un<strong>mit</strong>telbar nach den Targetpräparationen stellten sich<br />

Diskrepanzen in der relativen Höhe der beiden Hauptpeaks ein.<br />

5.4.2 Interpretation der Effekte<br />

Wie in der Einleitung dieses Abschnitts bereits erwähnt steht kein einfaches<br />

Modell zur befriedigenden Deutung dieser Verunreinigungsphänomene<br />

zur Verfügung. Auch waren unsere Meßserien zum damaligen Zeitpunkt noch<br />

nicht auf eine detallierte Analyse dieser Effekte ausgelegt. Hierzu wären regelmäßigigere<br />

und da<strong>mit</strong> <strong>sehr</strong> zeitaufwendige AES– (s.Kap.3.4) und LEED–<br />

Untersuchungen des Targets notwendig gewesen, wie sie in Zukunft geplant<br />

sind. Dann wird auch ein Spektrometer zum Nachweis desorbierter und reflektierter<br />

<strong>Ionen</strong> zur Verfügung stehen. Aus unseren Experimenten bleibt die Erkenntnis,<br />

daß eine unterschiedliche Vorpräparation des Siliziumwafers deutliche<br />

Veränderungen in den beobachteten Spektren hervorruft. Im folgenden<br />

werden einige Argumente dafür angeführt, daß sich diese Effekte durchaus<br />

im Einklang <strong>mit</strong> unserem Modell befinden.<br />

• Es ist bekannt[24] (S.226), daß die Austrittsarbeit W des Kristalls<br />

durch Oberflächenverunreinigungen modifiziert wird. Vorzeichen und<br />

Betrag von ∆W hängen von der kristallographischen Richtung der<br />

Oberfläche, der Festkörper–Adsorbatteilchen–Kombination und dem<br />

Bedeckungsgrad ab. Typische Werte von |∆W | liegen bei einigen Zehntel<br />

eV. Die Größe W geht direkt in den Abstand ein, ab dem die Reneutralisationsprozesse<br />

vor der Oberfläche einsetzen, siehe Kap.2.2.3.


108 5. Die Argon–Spektren<br />

So<strong>mit</strong> schlägt sich dieser Effekt empfindlich in dem in Kap.2.5 beschriebenen<br />

Reneutralisationsablauf nieder.<br />

• Durch den <strong>sehr</strong> stark abgebremsten Strahl können Teilchen selektiv in<br />

die ersten Kristallschichten ≪implantiert≫ werden. Das geht un<strong>mit</strong>telbar<br />

aus den TRIM–Simulationen aus Kap.7 hervor. Ähnlich wie bei der<br />

Halbleiterdotierung <strong>mit</strong> Bor oder Phosphor kann sich das auf die Bandstruktur<br />

und die Leitungseigenschaften der obersten Kristallschichten<br />

auswirken.<br />

• Unter <strong>sehr</strong> flachem Beobachtungswinkel müssen aus dem Kristall heraus<br />

e<strong>mit</strong>tierte Elektronen zunächst einen langen Weg durch die Verunreinigungsschichten<br />

zurücklegen, wodurch sich ihre Energie und Nachweiswahrscheinlichkeit<br />

ändert.<br />

Falls unsere Spektren vorwiegend von <strong>Wechselwirkungen</strong> bestimmt werden<br />

würden, welche erst innerhalb des Kristalls passieren, dann müßten sich alle<br />

Spektren weitgehend unabhängig vom Zustand der Targetoberfläche reproduzieren<br />

lassen. Das Vorhandensein der Präparationseffekte an sich ist also<br />

trotz der fehlenden quantitativen Auswertungsmöglichkeiten unserer bisherigen<br />

Experimente ein weiteres Indiz für unser Wechselwirkungsmodell.<br />

An dieser Stelle sei betont, daß alle in den vorangegangenen Abschnitten dieses<br />

Kapitels diskutierten Serien ohne zwischenzeitliche Präparation erfolgten.<br />

Im Laufe solcher reinen Argon–Meßreihen auf gut vorpräparierten Wafern<br />

ändern sich die Oberflächeneigenschaften in wesentlich geringerem Ausmaß,<br />

als in Serien dieses Abschnitts, in denen Sauerstoff–Spektren oder Präparationsschritte<br />

eingeschoben wurden bzw. eine quasi unpräparierte Oberfläche<br />

vorlag.<br />

5.5 Zusammenfassung und Schlußfolgerungen<br />

Die in den Meßserien beobachteten Abhängigkeiten des LMM– und des MXY–<br />

Peaks von der Energie und dem Einfallswinkel der Ar 9+ –<strong>Ionen</strong> können konsistent<br />

<strong>mit</strong> <strong>einer</strong> vor der Oberfläche einsetzenden und dort teilweise bis zur<br />

L–Schale reichenden Augerkaskade erklärt werden. Anhand des LMM–Peaks<br />

konnte gezeigt werden, daß in der (Θ = 92 ◦ )–Geometrie bevorzugt vor der<br />

Oberfläche e<strong>mit</strong>tierte Elektronen nachgewiesen werden.


5.5. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen 109<br />

Mit wachsender Interaktionszeit des Ions vor dem Eintritt in den Kristall<br />

steigt der Besetzungsgrad innerer Schalen, was eine Aufweitung des MXY–<br />

Peaks zu niedrigen Energien hin zur Folge hat. LMM–Prozesse können vor<br />

der Oberfläche nur aus niedrigen M–Schalenbesetzungen heraus beobachtet<br />

werden, da die hohen LMM–Raten <strong>einer</strong> weitergehenden Auffüllung entgegenwirken.<br />

Abbildung 5.11: Sputtereffekt während <strong>einer</strong> Ar 9+ –Serie auf <strong>einer</strong> unpräparierten<br />

Targetoberfläche Der Einfallswinkel Θ beträgt 92 ◦ . Der Einschub zeigt das AES–<br />

Spektrum un<strong>mit</strong>telbar vor Beginn der Serie. Man erkennt SiO2, B, Ar, C, N und O–<br />

Verunreinigungen. Zwischen dem ersten und letzten Spektrum wurde die Oberfläche<br />

für insgesamt 7 Stunden einem 7nA–Ar 9+ –Beschuß ausgesetzt. Man stellt einen klaren<br />

Zeiteffekt fest, welcher wahrscheinlich durch das Freisputtern der Oberfläche <strong>mit</strong> Hilfe<br />

des <strong>Ionen</strong>strahls hervorgerufen wird. Der Effekt wurde aber noch nicht ausreichend<br />

studiert, um detailliertere Aussagen machen zu können. Die Spektren sind auf ihr<br />

Maximum normiert.<br />

Sobald die inneren Orbitale des Ions <strong>mit</strong> dem Vakuumschwanz des Valenzbandes<br />

überlappen, steht ein <strong>sehr</strong> effektiver Auffüllmechanismus für die M–<br />

Schale des Ions zur Verfügung. Der Einfluß des direkten Elektronentransfers<br />

von inneren Orbitalen der Festkörperatome in die M–Schale des Ions bei nahen<br />

Stößen ist wegen der niedrigen Kollisionsfrequenzen bei den gewählten


110 5. Die Argon–Spektren<br />

Einschußenergien gegenüber den LVV–Prozessen gering. Das Heraustreten<br />

der gut definierten 220eV–Stufe ist ein klares Indiz für das vermehrte Auftreten<br />

letzterer Übergänge.<br />

Innerhalb des Kristalls sorgen LVV–Prozesse wegen der <strong>sehr</strong> hohen Valenzbandelektronendichte<br />

für ein schnelles Auffüllen der M–Schale bevor ein<br />

LMM–Prozeß ablaufen kann. Der unter flachen Einfallswinkeln und bei kleinen<br />

Energien auftretende scharfe 211eV–Peak ist ein deutlicher Hinweis auf<br />

die Effektivität dieses Mechanismus.<br />

Die Abnahme des MXY–Buckels zusammen <strong>mit</strong> der Dominanz des 211eV–<br />

Maximums unter flachen Einfallswinkeln des Ions muß im Rahmen des Modells<br />

insofern gedeutet werden, daß der Großteil aller Innerschalenübergänge<br />

des Ions erst innerhalb des Kristalls ablaufen. Das gilt auch bei minimalen<br />

Einfallsenergien.<br />

Andererseits weist die Systematik der Meßserien klar auf vor der Oberfläche<br />

stattfindende LMM–Übergänge hin. Deren Intensität liegt zwar absolut betrachtet<br />

unterhalb der aus dem Kristall heraus ablaufenden Emissionen, aber<br />

der stets präsente Knick bei 206eV deutet darauf hin, daß sie sich zumindest<br />

in der gleichen Größenordnung wie der Hauptpeak bewegt. Der in Kap.2.5<br />

beschriebene ≪Flaschenhals≫ im Laufe der Transfers von Elektronen aus den<br />

Rydbergzuständen in die inneren Schalen muß also bei kleinen Energien umgangen<br />

werden können.<br />

Einerseits könnte hierdurch eine Korrektur des Zeitablaufs der schrittweisen<br />

Neutralisation des Ions vor der Oberfläche bei <strong>sehr</strong> kleinen Einfallsenergien<br />

notwendig werden. Falls das Ion aufgrund s<strong>einer</strong> geringen kinetischen Energie<br />

schon in größerer Entfernung vor der Jellium–Kante den neutralen Zustand<br />

erlangt, könnte sich sein Wechselwirkungsintervall vor der Oberfläche gegenüber<br />

den bekannten Rechnungen verlängern. Andererseits könnte sich die<br />

Geschwindigkeit der durch die Screening Dynamics ver<strong>mit</strong>telten effektiven<br />

Abregung des hohlen Atoms steigern oder <strong>Wechselwirkungen</strong> während der<br />

Reflexion von reneutralisierten <strong>Ionen</strong> eine Rolle spielen. Die vorhandenen<br />

Meßdaten reichen jedoch zur Verifikation dieser beiden Aspekte nicht aus.<br />

Zur Analyse dieser besonders im Frühstadium der Kaskade wirkenden Effekte<br />

ist eine quantitative Spektrokopie der niederenergetischen Elektronen <strong>mit</strong><br />

Hilfe <strong>einer</strong> Magnetfeldabschirmung erforderlich.


Kapitel 6<br />

Die Sauerstoff–Spektren<br />

Im vorangegangenen Kapitel wurde ein Modell zur Erklärung der Ar 9+ –<br />

Spektren vorgestellt. Das einzelne L–Loch spielte dabei eine entscheidende<br />

Rolle. Eine weitergehende Entleerung dieser Schale verspricht keine neuen<br />

strukturellen Erkenntnisse, da so die Anzahl der möglichen Autoionisationsübergänge<br />

rapide wächst, wobei spektrale Strukturen trotz der zunehmenden<br />

Übergangsenergien ausgewaschen werden. Erst ein Anbrechen der<br />

K–Schale bei Ar 17+ –<strong>Ionen</strong> würde zusätzliche Informationen <strong>mit</strong> sich bringen.<br />

Dieser Ionisationsgrad konnte aber <strong>mit</strong> der zur Verfügung stehenden<br />

EZR–Quelle (s. Kap.3.1) nicht erreicht werden. Andere Autoren (siehe z.B.<br />

[32] und Verweise darin) haben entsprechende Messungen und Rechnungen<br />

durchgeführt, auf die hier aber nicht eingegangen sei.<br />

Stattdessen gehen wir in diesem Kapitel auf die Autoionisationsspektren von<br />

O 7+ –<strong>Ionen</strong> ein. Deren 1s 1 –Ausgangskonfiguration führt zu einem gut strukturierten<br />

hochenergetischen Ast des Spektrums, der Thema von Kap.6.1 sein<br />

wird. Außerdem beobachtet man ähnlich wie beim Argon in Kap.5.2 einen<br />

hier aber noch deutlicher separierten niederenergetischen Anteil, dessen Analyse<br />

in Abschnitt 6.2 zusätzliche Hinweise auf den zeitlichen Ablauf des Neutralisationsprozesses<br />

liefern wird.<br />

111


112 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

Abbildung 6.1: O 7+ –Spektren unter Θ = 12 ◦ Die Peaks bei 464eV und 477,5eV<br />

bleiben fast unverändert, während sich <strong>mit</strong> zunehmender Einschußenergie im höherenergetischen<br />

Anteil deutliche Strukturen ausbilden.


6.1. Die hochenergetischen Peaks 113<br />

6.1 Die hochenergetischen Peaks<br />

In Abb.6.1 ist eine Serie von O 7+ –Spektren unter einem Einschußwinkel von<br />

Θ = 12 ◦ bei verschiedenen Quellenvorspannungen UQ aufgetragen. Die Positionen<br />

und groben Strukturen der Peaks bei 464eV und 477,5eV bleiben fast<br />

unverändert, während der höherenergetische Zweig erkennbar <strong>mit</strong> der Einschußenergie<br />

variiert. Zur Aufklärung dieser Abhängigkeiten sind zunächst<br />

einige Simulationsrechnungen <strong>mit</strong> Hilfe des Cowan–Codes erforderlich. Wie<br />

bei den Argonspektren in Kap.5.1.3 werden sich Peaks oder abgegrenzte<br />

Spektralbereiche einzelnen Übergängen bzw. Gruppen aus diesen zuordnen<br />

lassen.<br />

6.1.1 Rekonstruktion des KXY–Spektrums<br />

Berechnung der KLL–Anteile<br />

In Tabelle 6.1 sind die Energien und relativen Intensitäten für KLL-Prozesse<br />

unter zunehmender Besetzung der L–Schale aufgelistet. Bei den Ausgangskonfigurationen<br />

handelt es sich stets um Neutralteilchen, wobei die M–Schale,<br />

wie in der linken Spalte angegeben, aufgefüllt wurde. Den äußeren M–Elektronen<br />

kommt hier nur eine Betrachterrolle zu. Eine Veränderung ihrer Konfiguration<br />

allein führt zu k<strong>einer</strong> wesentlichen Änderung der Ergebnisse. Es stellt sich<br />

die Frage, welche dieser Übergänge an dem Wechselwirkungsszenario vor der<br />

Kristalloberfläche überhaupt teilnehmen. Aus physikalischen Gründen kann<br />

ein Großteil der aufgeführten Prozesse ähnlich wie bei den Argon–Spektren<br />

in Kap.5 nicht wesentlich zu diesem Spektrum beitragen. Die dortigen Argumentationsschritte<br />

sind hier nochmals kurz <strong>mit</strong> den adäquaten Modifikationen<br />

für das O 7+ –Ion zusammengefaßt.<br />

In der Anfangsphase der Neutralisation des Ions vor der Oberfläche vollzieht<br />

sich ein resonanter Transfer von Valenzbandelektronen in die äußeren Schalen<br />

des Ions (s. Kap.2.5). Die Übergangsraten zu Beginn der anschließenden<br />

Autoionisationskaskade reichen i.a. nicht aus, um ein schnelles Auffüllen der<br />

L–Schale vor der Oberfläche zu ermöglichen. Sobald ein oder zwei Elektronen<br />

in der L–Schale vorhanden sind, stehen die in Tabelle 6.1 aufgelisteten<br />

KLL–Prozesse in Konkurrenz zu <strong>einer</strong> weitergehenden Besetzung dieser Schale.<br />

Bereits im Fall <strong>einer</strong> (L3 M4)–Konfiguration treten relative Intensitäten


114 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

KLL–Übergänge<br />

Besetzung L–Konfig. Übergang rel. Intensität [10 15 sec −1 ] Energie [eV]<br />

L2 M5 2s 2 2s ↦→ 1s, 2s ↑ 2,1 467,1<br />

1s 3s 2 3p 3 2s 2p 2s ↦→ 1s, 2p ↑ 7,3 474,1<br />

2p 2 2p ↦→ 1s, 2p ↑ 1,6 486,7<br />

L3 M4 2s 2 2p 2s ↦→ 1s, 2s ↑ 8,3 465,4<br />

1s 3s 2 3p 2 2s 2 2p 2s ↦→ 1s, 2p ↑ 4,7 478,5<br />

2s 2p 2 2s ↦→ 1s, 2p ↑ 22,9 476,2<br />

2s 2p 2 2p ↦→ 1s, 2p ↑ 2,1 489,3<br />

2p 3 2p ↦→ 1s, 2p ↑ 3,9 492,1<br />

L4 M3 2s 2 2p 2 2s ↦→ 1s, 2s ↑ 36,2 467,4<br />

1s 3s 1 3s 2 2s 2 2p 2 2s ↦→ 1s, 2p ↑ 39,4 483,2<br />

2s 2p 3 2s ↦→ 1s, 2p ↑ n.b. 478,7<br />

2s 2 2p 2 2p ↦→ 1s, 2p ↑ 1,7 494,1<br />

2s 2p 3 2p ↦→ 1s, 2p ↑ 13,0 496,9<br />

L5 M2 2s 2 2p 3 2s ↦→ 1s, 2s ↑ 16,7 466,3<br />

1s 3s 3p 2s 2 2p 3 2s ↦→ 1s, 2p ↑ n.b. 484,5<br />

2s 2 2p 3 2p ↦→ 1s, 2p ↑ 2,1 498,1<br />

L6 M1 2s 2 2p 4 2s ↦→ 1s, 2s ↑ 5,4 468,7<br />

1s 3p 2s 2 2p 4 2s ↦→ 1s, 2p ↑ 10,6 495,5<br />

2s 2 2p 4 2p ↦→ 1s, 2p ↑ 1,2 511,2<br />

L7 M0 2s 2 2p 5 2s ↦→ 1s, 2s ↑ 0,3 474,1<br />

1s 2s 2 2p 5 2s ↦→ 1s, 2p ↑ 0,7 495,2<br />

2s 2 2p 5 2p ↦→ 1s, 2p ↑ 0,1 512,4<br />

Tabelle 6.1: Simulation der KLL–Linien Für die in den beiden linken Spalten angegebene<br />

Ausgangskonfiguration sind die relativen Intensitäten und Übergangsenergien der<br />

Augerprozesse angegeben, an denen die beiden in der dritten Spalte aufgeführten Orbitale<br />

beteiligt sind. Ein Elektron fällt in die K-Schale, das andere wird ins Kontinuum<br />

e<strong>mit</strong>tiert.


6.1. Die hochenergetischen Peaks 115<br />

oberhalb von 10 16 sec −1 auf, welche unter Berücksichtigung der in Kap.2.3<br />

Abbildung 6.2: O 7+ –Spektren bei verschiedenen Energien und Einfallswinkeln Wie<br />

in Abb.6.1 treten in allen Spektren der Serie die im Text erläuterten Strukturen auf.<br />

Zu beachten ist das deutliche Anwachsen des Bereichs zwischen 495eV und 515eV<br />

<strong>mit</strong> Zunahme des Einfallswinkels und der Einschußenergie. Die Spektren sind auf ihre<br />

jeweiligen Maxima normiert.<br />

dargelegten Zeitskalen der Ion–Oberflächen–<strong>Wechselwirkungen</strong> ein weiteres<br />

Auffüllen blockieren. Erst nachdem das unvollständig abgeregte Ion in den<br />

Festkörper eingedrungen ist, können Augerprozesse <strong>mit</strong> gefüllter L-Schale<br />

ablaufen, welche dort <strong>sehr</strong> effektiv über andere Mechanismen bedient werden<br />

kann.<br />

Dieser Argumentation folgend sollten sich entsprechend den drei möglichen<br />

KLL–Augerübergangstypen drei Spektralbereiche herauskristallisieren , in<br />

denen aufgrund der Simulationsergebnisse verstärkte Intensität oder Peaks<br />

zu erwarten sind. Für (2s ↦→ 1s, 2s ↑)–Übergänge ist das der Bereich von


116 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

465eV bis 467eV und für die entsprechenden (2s ↦→ 1s, 2p ↑)–Prozesse derjenige<br />

von 474eV bis 478eV. Die (2p ↦→ 1s, 2p ↑)–Übergangsenergien steigen<br />

angefangen bei 486,7eV systematisch <strong>mit</strong> 3eV bis 5eV pro hinzukommendem<br />

L–Elektron bis hin zu 512,4eV in der (L7 M0)–Konfiguration an. Die Übergangsraten<br />

deuten bei niedriger bis <strong>mit</strong>tlerer L–Schalenbesetzung auf eine<br />

breitere Struktur hin, welche zwischen 492eV und 496eV leicht gepeakt sein<br />

sollte.<br />

Tatsächlich ragen die unteren beiden dieser drei Peakregionen klar aus allen<br />

gemessenen Spektren hervor. In der Region um 495eV ist stets zumindest<br />

eine leichte Auswölbung zu erkennen. Der (2s ↦→ 1s, 2s ↑)–Peak liegt jedoch<br />

gegenüber unseren Standard–Cowan–Code–Rechnungen um 1eV bis 2eV zu<br />

tief bei etwa 464eV. J.Limburg et al. [28] errechnen 1 einen <strong>mit</strong> dem Experiment<br />

besser übereinstimmenden Wert. Für unsere Argumentation ist aber<br />

weniger die exakte Reproduktion der Peakpositionen als vielmehr die klar aus<br />

den Rechnungen hervorgehende energetische Trennung der (2s ↦→ 1s, 2s ↑)–<br />

(2s ↦→ 1s, 2p ↑)– und (2p ↦→ 1s, 2p ↑)–≪Übergangsklassen≫ voneinander maßgebend,<br />

welche auch noch unter Einbeziehung <strong>einer</strong> bis zu einigen eV großen<br />

Abweichung der Rechnungen von den physikalischen Meßwerten eindeutig<br />

bleibt.<br />

Berechnung der KLM–Beiträge<br />

Der gesamte von KLL–Übergängen abgedeckte Spektralbereich erstreckt sich<br />

auf das Intervall von 465,4eV bis 512,4eV. In allen Spektren lassen sich<br />

aber Anteile bis hin zu etwa 560eV identifizieren. Allein aus diesem energetischen<br />

Argument folgt schon zwingend, daß neben KLL– auch KLM–<br />

oder noch höherenergetischere Übergänge das Spektrum erzeugen. Solche<br />

Prozesse spielen besonders im <strong>mit</strong>tleren Stadium der Neutralisationskaskade<br />

eine wichtige Rolle. Ist beispielsweise die L–Schale erst einfach besetzt,<br />

so können noch keine KLL–Prozesse einsetzten. Jene hemmen bei höheren<br />

Auffüllungsgraden wegen ihrer <strong>sehr</strong> viel größeren Übergangsraten die KLM–<br />

Emission zu ihren Gunsten. In Tab. 6.2 ist der Fall <strong>einer</strong> (K1 L1 M1 O5)–<br />

Konfiguration komplett durchgerechnet worden. Simulationen unter Umver-<br />

1 Die Rechnung erfolgte ebenfalls <strong>mit</strong> dem Cowan–Code, jedoch unter Einbeziehung<br />

der LS–Kopplung. Deren Beitrag verschwindet aber für den hier relevanten Fall der<br />

1s(2s 21 S) 2 S–Konfiguration. Die Diskrepanz der beiden Resultate ist evtl. auf die Implementation<br />

unterschiedlicher numerischer Iterationsverfahren zurückzuführen [18].


6.1. Die hochenergetischen Peaks 117<br />

KLM–Übergänge<br />

Besetzung Übergang rel. Intensität [10 15 sec −1 ] Energie [eV]<br />

K1 L1 M1 O5 2s ↦→ 1s, 3s ↑ 0,99 529,3<br />

1s 4s 2 4p 3 2s ↦→ 1s, 3p ↑ 1,86 532,5<br />

2p ↦→ 1s, 3s ↑ 1,51 537,5<br />

2p ↦→ 1s, 3p ↑ 0,86 540,5<br />

2p ↦→ 1s, 3d ↑ 0,03 543,8<br />

Tabelle 6.2: Simulation der KLM–Übergänge Nur in der <strong>mit</strong>tleren Phase der Kaskade<br />

können KLM–Prozesse erkennbare Beiträge zum Spektrum leisten. Hierfür stellvertretend<br />

sind alle Übergänge <strong>einer</strong> (K1 L1 M1 O5)–Konfiguration berechnet worden.<br />

teilung der Elektronen zwischen M– und O–Schale wie bei <strong>einer</strong> (M3 O3)–<br />

Besetzung ergeben eine Verschiebung der Beiträge um 1eV bis 2eV in Richtung<br />

höherer Energien. Läßt man hingegen eine Zweifachbesetzung der L–<br />

Schale wie in der (K1 L2 M2 O3)–Konfiguration zu, so stellt sich die durch<br />

einen (2s ↦→ 1s, 3s ↑)–Übergang definierte untere Grenze des Energieintervalls<br />

auf 522,3eV ein. KLM–Übergänge aus höheren L–Schalenbesetzungen<br />

heraus sind in unserem Modell eher unwahrscheinlich.<br />

Die KLM–Augerlinien konzentrieren sich folglich auf den Bereich zwischen ca.<br />

520eV und 540eV. In der Tat weisen alle gemessenen Spektren innerhalb dieser<br />

Zone eine gewisse Intensität auf. Insbesondere der Knick bei etwa 523eV<br />

in den Spektren <strong>mit</strong> ausgeprägtem Mittelteil zwischen 485eV und 510eV<br />

weist auf die Existenz meßbarer KLM–Beiträge hin. Um etwa 527±2eV<br />

ist ein kl<strong>einer</strong> Peak zu erkennen, welchen man i.W. den beiden aus <strong>einer</strong><br />

(K1 L1 M1 O5)–Anfangskonfiguration heraus ablaufenden (2s ↦→ 1s, 3s ↑)–<br />

und auch (2p ↦→ 1s, 3s ↑)–Prozessen zuordnen kann. Oberhalb von 530eV<br />

fällt das Spektrum kontinuierlich <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> leichten Auswölbung um 537eV<br />

herum ab.<br />

Abschätzung der KVV–Übergangsenergien<br />

Zwischen 540eV und 545eV flacht die abfallende Flanke des KLM–Peaks<br />

wieder ab. Adäquate KXY–Übergänge <strong>mit</strong> K < X < Y haben eine zu geringe<br />

Übergangswahrscheinlichkeit, um <strong>mit</strong> den beobachteten Intensitäten<br />

in Erscheinung treten zu können. Im Gegensatz dazu steht für sogenannte


118 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

KVV–Prozesse unter Beteiligung der Valenzbandelektronen des Kristalls eine<br />

KVV–Übergänge<br />

Übergang Energie [eV]<br />

K1 L1 O6 ↦→ K2 O6, O: 5s 2 5p 4<br />

2s ↦→ 1s 551,5<br />

2p ↦→ 1s 558,8<br />

Bindungsenergien: EB(5s) = 5, 4eV , EB(5p) = 4, 5eV<br />

K1 L1 M6 ↦→ K2 M6<br />

2s ↦→ 1s 543,1<br />

2p ↦→ 1s 552,1<br />

Bindungsenergien: EB(3s) = 15, 5eV , EB(3p) = 11, 0eV<br />

K1 L4 N3 ↦→ K2 L3 N3, L: 2s 2 2p 2 , N: 4s 2 4p 1<br />

2s ↦→ 1s 519,2<br />

2p ↦→ 1s 532,8<br />

Bindungsenergien: EB(4s) = 4, 4eV , EB(4p) = 3, 6eV<br />

Tabelle 6.3: KVV–Übergangsenergien Die (K1 L1 O6)–Konfiguration gibt aufgrund<br />

ihrer L–Bindungsenergien, welche der Kristallaustrittsarbeit von 4,6eV am nächsten<br />

kommen, die Einbettung des Ions in den Kristall am besten wieder. Die obere Grenze<br />

der KVV–Energien beträgt in dieser Simulation 558,0eV.<br />

<strong>sehr</strong> große Zahl von Anfangszuständen zur Verfügung. Die entsprechenden<br />

KVV–Übergangsraten liegen in der gleichen Größenordnung wie diejenigen<br />

der KLL–Hauptbeiträge (s. Kap.5.3 und [20]). Ihre Linienintensitäten werden<br />

zudem noch durch hohe Elektronendichte des Valenzbandes begünstigt 2 .<br />

Da alle KVV–Prozesse innerhalb des Kristalls ablaufen, ist bei kleinen Einfallswinkeln<br />

Θ das für eine Messung zugängliche Zeitfenster gegenüber ausschließlich<br />

vor der Oberfläche ablaufenden Interaktionen vergrößert, s. auch<br />

S.88. KVV–Übergänge stehen im Festkörper in Konkurrenz zu den KLL–<br />

Prozessen, allerdings können erstere als Übergänge zwischen inneren Schalen<br />

nicht direkt von der Elektronendichte des Valenzbandes profitieren.<br />

Für eine Berechnung der KVV–Übergangsenergien innerhalb des Kristalls<br />

machen wir analog zu den LVV–Übergängen des Argons (s.Kap.5.3) den An-<br />

2 KVV–Elektronen werden auch in vielen AES–Spektren unter Einsatz <strong>einer</strong> Elektronenkanone<br />

beobachtet [4] (S.14, Fig.10). Im einfachen Beispiel des Graphits ist eine Unterscheidung<br />

zwischen KLL– und KVV–Augerübergängen gar nicht möglich, weil die (C–<br />

C)–Bindungen über eine L–Schalenhybridisierung zustandekommen.


6.1. Die hochenergetischen Peaks 119<br />

satz, daß das Atom anders als vor der Oberfläche von einem neutralen wieder<br />

in einen neutralen Zustand übergeht. Das Valenzband kann die entstandene<br />

≪Lücke≫ quasi instantan schließen. Auf diese Weise schätzen wir in diesem<br />

Bild eine obere Grenze für KVV–Energien ab. Die Einbettung des Ions in<br />

den Kristall kann über eine Bevölkerung der dem Valenzband etwa isoenergetischen<br />

O–Schale durch nicht am Augerprozeß teilnehmende Elektronen<br />

approximiert werden.<br />

Der so berechneten Tabelle 6.3 entnimmt man zunächst, daß bei (K1 L1 O6)–<br />

und (K1 L4 N3)–Besetzung der Schalen die Bindungsenergien der äußeren<br />

Elektronen am besten <strong>mit</strong> der Austrittsarbeit des Kristalls von W = 4, 6eV<br />

übereinstimmt. Unter Verwendung dieser beiden Konfigurationen ergibt sich<br />

ein Energiebereich der KVV–Elektronen von etwa 520eV bis 560eV. Innerhalb<br />

unseres Modells läßt sich jedoch die untere Grenze wesentlich schlechter<br />

als die obere abschätzen, weil sie empfindlicher auf die Wahl <strong>einer</strong> spezifischen<br />

Schalenkonfiguration reagiert und keine ausreichende Anzahl äußerer Elektronen<br />

zur Simulation der Kristallumgebung mehr eingefügt werden kann.<br />

Die obere Beschränkung des KVV–Intervalls von 560eV ist hingegen weitgehend<br />

unabhängig von der Auswahl eines spezifischen Ausgangszustands.<br />

Es sei betont, daß die angegebenen Werte lediglich als Orientierungshilfe zur<br />

Lokalisation der KVV–Energien innerhalb der Augerspektren dienen sollen.<br />

Aus den Resultaten der auf unserem einfachen Modell basierenden Rechnungen<br />

folgt aber <strong>mit</strong> ausreichender Genauigkeit, daß aus KVV–Übergängen<br />

Elektronen <strong>mit</strong> Energien oberhalb von 540eV hervorgehen können. Alle anderen<br />

physikalisch relevanten Augerprozesse sind nicht in der Lage zu diesem<br />

Energiebereich beizutragen. Der zweite ≪Knick≫ auf der abfallenden hochenergetischen<br />

Flanke des 528eV–Peaks kann also diesem im Festkörper ablaufenden<br />

Mechanismus zugeschrieben werden.<br />

6.1.2 Winkel– und Energieabhängigkeit der Spektren<br />

In diesem Abschnitt wird anhand der Veränderung der Spektren <strong>mit</strong> der<br />

Energie und dem Einfallswinkel des Strahls ein Modell für den chronologischen<br />

Ablauf des Neutralisationsvorgangs der <strong>Ionen</strong> entwickelt.<br />

Zunächst betrachten wir die unter einem Einfallswinkel Θ = 92 ◦ aufgenommenen<br />

Spektren in Abb.6.3. Aus Kap.5 wissen wir, daß bei Verwendung dieser


120 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

Abbildung 6.3: O 7+ –Spektren unter Θ = 92 ◦ Mit zunehmender Einschußenergie<br />

gewinnt der <strong>mit</strong>tlere Teil des Spektrums gegenüber den beiden niederenergetischen<br />

Peaks an Gewicht. Die Spektren sind auf ihr jeweiliges Maximum normiert.


6.1. Die hochenergetischen Peaks 121<br />

Geometrie bevorzugt vor der Oberfläche e<strong>mit</strong>tierte Elektronen in den Analysator<br />

gelangen. Es fällt auf, daß insbesondere der <strong>mit</strong>tlere Spektralbereich<br />

zwischen 485eV und 520eV deutlich von der Quellenvorspannung abhängt.<br />

Eine ähnliche Energieabhängigkeit von KLL–Spektren ist von J. Limburg<br />

et al. [29] beim Beschuß von Si(100)– und Al(110)–Oberflächen <strong>mit</strong> ebenfalls<br />

wasserstoffartigem N 6+ berichtet worden. Dabei wurde die Strahlenergie<br />

E0 = q · (UQ + UP ) über einen Bereich von 78eV bis 60keV variiert, welcher<br />

weit oberhalb dem aus der reinen Bildladungsanziehung resultierenden Wert<br />

von ∆Eim � 20eV angesiedelt ist.<br />

Das Auffüllen der L–Schale<br />

Die strukturellen Unterschiede werden von ihnen auf die zunehmende Kollisionsrate<br />

von <strong>Ionen</strong> und Targetatomrümpfen <strong>mit</strong> steigendem E0 zurückgeführt,<br />

bei denen ein <strong>sehr</strong> effektiver Elektronenübertrag in die L–Schale des<br />

Ions stattfindet. Aus der Gitterkonstanten d = 5, 430˚A des Si–Diamantgitters<br />

und der Geschwindigkeit v = 1, 384 · 104 �<br />

· E [eV] / m [amu] m · sec−1 re-<br />

sultieren für O q+ –<strong>Ionen</strong> <strong>mit</strong> E = 20eV – was UQ � 0V entspricht – typische<br />

Stoßfrequenzen von νS = v<br />

d = 3 · 1013 sec −1 . Erst für kinetische Energien im<br />

Bereich einiger 10keV stellen sich Raten in der Größenordnung 1 · 10 15 sec −1<br />

ein, so daß sich dieser Mechanismus in größerem Ausmaß auf die Gestalt<br />

der Spektren auswirken kann. Über den genauen Ablauf dieser Interaktion<br />

ist wenig bekannt, vor allem ist nicht klar, wieviele Elektronen pro Kollision<br />

übertragen werden. Falls man vereinfachend annimmt, daß im Mittel nur wenige<br />

Elektronen pro Kollision transferiert werden, dann reichen die Stoßraten<br />

aber auf keinen Fall aus, um die in Abb.6.3 auftretenden Veränderungen des<br />

<strong>mit</strong>tleren Spektralteils bewirken zu können.<br />

Wenn also die unterschiedliche Form der Spektren in Abb.6.3 auf geschwindigkeitsabhängige<br />

physikalische Prozesse zurückzuführen ist, dann bleiben<br />

hierfür nur noch die in Kap.5.3.2 diskutierten XVV–Übergänge übrig. Ihre<br />

Raten steigen <strong>mit</strong> abnehmender effektiver Ladung Zeff und Geschwindigkeit<br />

v des Ions um zwei Größenordnungen [20] an. Bei fortgeschrittener Besetzung<br />

der L–Schale <strong>mit</strong> Zeff ≤ 3 und quasistatischen Verhältnissen v ∼ = 0 a.u.<br />

erreicht die LVV–Transfergeschwindigkeit <strong>mit</strong> ca. 1 · 10 15 sec −1 ihr Maximum.<br />

Da aber diese Randbedingungen in allen unseren Einzelspektren bei Quellenvorspannungen<br />

zwischen −12V < UQ < 15V in guter Näherung rea-


122 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

lisiert sind 3 , scheiden alle ionengeschwindigkeitsabhängigen L–Besetzungsmechanismen<br />

durch die Targetelektronen als Ursache der unterschiedlichen<br />

spektralen Verläufe aus.<br />

Das legt die Vermutung nahe, daß sich in Abb.6.3 unter Θ = 92 ◦ und<br />

UQ = 0V gegenüber UQ = −11V analog zu den Erläuterungen auf S.88<br />

die Verkürzung des zeitlichen Beobachtungsfensters der <strong>Ionen</strong> und ihrer Interaktionszeit<br />

vor der Oberfläche bemerkbar macht.<br />

Quervergleiche zwischen den Spektren<br />

Allgemein läßt sich beobachten, daß sich <strong>mit</strong> zunehmender Strahlenergie die<br />

Intensität des <strong>mit</strong>tleren Spektralbereichs relativ zu den beiden scharfen Peaks<br />

vergrößert. Mißt man diesen Effekt unter flachen Winkeln Θ, so erstreckt sich<br />

das zeitliche Beobachtungsfenster über einen <strong>sehr</strong> weiten Bereich. Das Anwachsen<br />

des <strong>mit</strong>tleren Spektralbereichs <strong>mit</strong> UQ in Abb.6.1 und Abb.6.2 muß<br />

dann <strong>mit</strong> der verkürzten Wechselwirkungszeitspanne vor der Kristalloberfläche<br />

in Zusammenhang gebracht werden.<br />

Vergleicht man die unter festem Winkel Θ aufgenommenen Spektren in Abb.6.1<br />

und Abb.6.3 bzgl. ihrer Energieabhängigkeit <strong>mit</strong>einander, so vergrößert sich<br />

der Hub der höherenergetischen Flanke des 477,5eV–Peaks zum Zentralbereich<br />

<strong>mit</strong> abnehmender Vorspannung UQ wie in Abb.6.1, während sich die<br />

KLM–Region um 528eV gegenüber dem breiten Mittelteil leicht abzuheben<br />

beginnt. In Abb.6.4 unter Θ = 5 ◦ und den beiden negativen Vorspannungen<br />

steht dem einfallenden Ion eine maximale Interaktionszeit vor der Oberfläche<br />

zur Verfügung. Unter diesen extremen Rahmenbedingungen bildet sich in der<br />

Übergangszone zwischen dem 477,5eV–Peak und dem Zentralbereich sogar<br />

eine scharfkantige ≪Stufe≫ aus. Parallel dazu setzt sich der KLM–Peak noch<br />

deutlicher vom Mittelteil ab. KVV–Prozessen jenseits von 540eV fällt hingegen<br />

trotz des langen Beobachtungsfensters ein geringes Gewicht zu.<br />

Burgdörfer et al. [17] und andere Autoren stimmen darin überein, daß nur die<br />

L–Elektronen beim Eintauchen des Ions in den Festkörper gebunden bleiben;<br />

weiter außen liegende Schalen werden aufgrund ihrer energetischen Position<br />

oberhalb des Valenzbandes und durch den raschen Wechsel der dielektrischen<br />

3 Die LVV–Raten ändern sich erst bei Einschußenergien von E0 > 1keV in signifikanter<br />

Weise gegenüber den hier angegebenen Werten.


6.1. Die hochenergetischen Peaks 123<br />

Abbildung 6.4: O 7+ –Spektren unter Θ = 5 ◦ Unter diesem extrem flachen Einfallswinkel<br />

und den negativen Vorspannungen wird die obere Flanke des 477,5eV–Peaks<br />

<strong>sehr</strong> steil. Im <strong>mit</strong>tleren Spektralbereich erkennt man neben den beiden niederenergetischen<br />

Hauptpeaks noch drei schwächere ausgebildete Strukturen bei 496,5eV, 514eV<br />

und 527eV. Beide Spektren sind auf ihr jeweiliges Maximum normiert.


124 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

Umgebung ≪abgepellt≫. KLM–Augerübergänge können so<strong>mit</strong> ausschließlich<br />

vor der Oberfläche stattfinden. Da sie sich auf der Energieachse deutlich von<br />

KLL– und KVV–Prozessen abgrenzen, kann aus dem relativen Anwachsen<br />

des KLM–Peaks auf eine Zunahme vor dem Kristall ablaufender Emissionen<br />

unter Beteiligung der K–Schale geschlossen werden.<br />

Zudem ist die Entwicklung der oberen Flanke des 477,5eV Peaks zu <strong>einer</strong><br />

Stufe ein Indiz für die Dominanz von KLL–Emissionen <strong>mit</strong> zweifacher L–<br />

Schalenbesetzung. Die L–Schale kann vor dem Eindringen in den Kristallverbund<br />

nur relativ langsam über späte Stufen der Augerkaskade <strong>mit</strong> Elektronen<br />

bedient werden, so daß die <strong>sehr</strong> schnellen Coster–Cronig–Prozesse zwischen<br />

L–Schalenelektronen dort KLL-Übergänge <strong>mit</strong> größerer L–Auffüllung verhindern.<br />

Im Kristall konkurrieren KLL– und Coster–Cronig–Zerfälle <strong>mit</strong> LVV–Auffüllprozessen,<br />

deren Raten bis zu 1·10 15 sec −1 (siehe S.121) betragen können. Das<br />

aus dieser Zone heraus e<strong>mit</strong>tierte KLL–Spektrum konstituiert sich so<strong>mit</strong> aus<br />

<strong>einer</strong> Mischung von Übergängen <strong>mit</strong> verschiedenen L–Besetzungsgraden. Anhand<br />

der Energiewerte aus Tab.6.1 ergibt sich daraus ein Intensitätszuwachs<br />

oberhalb des 477,5eV–Peaks bis hin zu etwa 510eV <strong>mit</strong> einem Schwerpunkt<br />

der Linien zwischen 492eV und 498eV.<br />

Unter Θ = 92 ◦ dringt der Strahl quasi senkrecht in den Kristall ein. Das Spektrometer<br />

detektiert hingegen aufgrund der weggedrehten Targetoberfläche<br />

bevorzugt <strong>sehr</strong> nahe an der Oberfläche erzeugte Elektronen. Der im Vergleich<br />

zu allen anderen (UQ = 0V)–Spektren markante Verlauf des (Θ = 92 ◦ ,<br />

UQ = 0V)–Spektrums im Zentralbereich aus Abb.6.3 kann durch den in<br />

dieser Geometrie unterdrückten Nachweis von KLL–Prozessen bei hohen<br />

L–Schalenbesetzungen erklärt werden, welche im Mittel erst tiefer im Kristall<br />

stattfinden. Eine einfache Abschätzung zeigt, daß anfänglich wasserstoffartige<br />

<strong>Ionen</strong> bei <strong>einer</strong> durchschnittlichen LVV–Rate von 1 · 10 14 sec −1<br />

(Zeff ≫ 1) und <strong>einer</strong> UQ = 0V entsprechenden Geschwindigkeitskomponente<br />

senkrecht zur Oberfläche bis zum Erreichen der (K1 L7)–Konfiguration<br />

über 13˚A weit in den Kristall eindringen müssen. KLL–Emissionen aus unteren<br />

L–Besetzungsgraden können hingegen schon in der Zone zwischen der<br />

≪Jellium–Kante≫ (s. Kap.2.2.2) und der obersten Kristallschicht eintreten.<br />

Aus Kap.5 ist bekannt, daß sich ein solcher Unterschied in der Eindringtiefe<br />

unter Θ = 92 ◦ eine deutliche Intensitätsverlagerung zur Folge hat.<br />

Unter flachen Einfallswinkeln Θ spielt dieser Effekt keine Rolle mehr. Zum


6.1. Die hochenergetischen Peaks 125<br />

einen wächst die Aufenthaltszeit des Ions vor der Oberfläche proportional<br />

zu 4 1/ sin(Θ), zum anderen können alle innerhalb des großen Spektrometerakzeptanzwinkels<br />

(s.Kap.3.4) generierten Augerelektronen nachgewiesen<br />

werden.<br />

Interpretation<br />

Die beobachteten Veränderungen der Peakintensitäten lassen sich konsistent<br />

zu den vorangegangenen Abschätzungen interpretieren, falls bei <strong>sehr</strong> negativen<br />

Quellenvorspannungen oder flachen Einfallswinkeln ein wesentlicher<br />

Anteil der KLL–Emissionen vor der Oberfläche geschieht. Dort wird die<br />

L–Schale noch <strong>sehr</strong> langsam aufgefüllt, so daß Coster–Cronig– und KLL–<br />

Prozesse <strong>mit</strong> ihren höheren Übergangsraten <strong>einer</strong> starken L–Besetzung entgegenwirken.<br />

Charakteristisch für diese Situation sind der <strong>sehr</strong> flach ausfallende<br />

<strong>mit</strong>tlere Spektralbereich zusammen <strong>mit</strong> den beiden gut ausgeprägten<br />

464eV– und 477,5eV–Hauptpeaks und dem breiten 495eV–Buckel.<br />

Außerdem erkennt man besonders in den beiden unter Θ = 5 ◦ und UQ = −5V<br />

und −10V aufgenommenen Spektren aus Abb.6.4, daß sich der 528eV–KLM–<br />

Peak klar von der höherenergetischen KVV–Region und dem Zentralbereich<br />

des Spektrums abzuheben beginnt. Diese beiden Phänomene stehen im Einklang<br />

<strong>mit</strong> unserem Modell, welches unter diesen Randbedingungen eine maximale<br />

Interaktionszeit vor der Oberfläche und da<strong>mit</strong> die von allen Spektren<br />

größten Beiträgen dieser hauptsächlich vor dem Kristall ablaufenden Prozesse<br />

erwarten läßt.<br />

Unter flachen Einschußwinkeln kann <strong>mit</strong> abnehmender Einschußenergie keine<br />

entscheidende Zunahme der KLM–Intensität beobachtet werden, weil die<br />

Bildladungsanziehung parallel dazu den effektiven Einfallswinkel Θ anwachsen<br />

läßt.<br />

Mit zunehmender Vorspannungen UQ steigt das Gewicht des gesamten <strong>mit</strong>tleren<br />

Spektralbereichs gegenüber den beiden Hauptpeaks und den KLM– und<br />

KVV–Beiträgen. Die <strong>Ionen</strong> haben unter diesen Bedingungen weniger Zeit<br />

vor der Oberfläche zur Verfügung und gelangen früher in das Einflußgebiet<br />

der LVV–Prozesse. Im Spektrum schlägt sich das in <strong>einer</strong> Superposition der<br />

4 Die Formel stimmt nur unter Vernachlässigung der spezifisch auf die senkrechte Geschwindigkeitskomponente<br />

einwirkenden Bildladungsanziehung (s.Kap.2.2.3).


126 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

KLL–Übergangslinien aller L–Besetzungsgrade nieder, welche vornehmlich<br />

im <strong>mit</strong>tleren Spektralbereich zwischen 485eV und 510eV zu finden sind.<br />

In der (Θ = 92 ◦ ,UQ = 0V)–Messung aus Abb.6.3 finden sich hauptsächlich<br />

KLL–Übergänge niedriger und <strong>mit</strong>tlerer L–Besetzungsgrade wieder. Zu UQ =<br />

−11V hin zeichnet sich eine deutliche Umstrukturierung ab; es läßt sich ein<br />

gut definierter Übergang (Stufe) zu einem schwachen Mittelteil <strong>mit</strong> einem<br />

davon abgehobenen 528eV–KLM–Peak beobachten. Tendenziell deuten sich<br />

hier charakteristische Merkmale eines teilweise vor der Oberfläche generierten<br />

KXY–Spektrums an. Eine quantitative Untersuchung des Zusammenspiels<br />

von LVV–, KXY–, Coster–Cronig– und Stoßprozessen bei der Auffüllung<br />

der L–Schale könnte zu präziseren Aussagen führen.<br />

6.2 Die LXY–Struktur<br />

Dem Besetzungsgrad der L–Schale kam im vorangegangenen Abschnitt eine<br />

wichtige Bedeutung zu. Für den Auffüllungsprozeß der bei O 7+ –<strong>Ionen</strong> freien<br />

L–Schale zeigen sich intraatomare LXY–Auger– und nach dem Eintauchen<br />

des Ions in den Kristall auch LVV– Übergänge verantwortlich. In der Zeitfolge<br />

des Neutralisationsszenarios lassen sie sich demnach vor den KLL–Prozessen<br />

einordnen.<br />

6.2.1 Simulation der Übergangsenergien<br />

Zur Interpretation der verschiedenen LXY–Spektren sind in Tab. 6.4 unter<br />

Verwendung des Cowan–Codes Übergangsenergien von Ausgangskonfigurationen<br />

berechnet worden, welche bestimmte Zeitphasen des Wechselwirkungsmechanismus’<br />

repräsentieren. LVV–Energien können nur grob abgeschätzt<br />

werden.<br />

Die in <strong>einer</strong> frühen Phase ablaufenden Prozesse werden unter allen experimentellen<br />

Rahmenbedingungen beobachtet. In Abb.6.5 reagieren die beiden<br />

hochenergetischen Flanken der Spektren dementsprechend kaum auf<br />

die Änderung des Beobachtungswinkels von Θ = 12 ◦ auf 92 ◦ . Der vom<br />

(Θ = 92 ◦ )–Peak überdeckte Spektralbereich zwischen 50eV und 90eV stimmt<br />

gut <strong>mit</strong> den in Tab.6.4 für die frühe Phase prognostizierten Werten überein.


6.2. Die LXY–Struktur 127<br />

Abbildung 6.5: LXY–Anteil des O 7+ –Spektrums Unter einem Einfallswinkel von<br />

Θ = 12 ◦ ist das Spektrum zu niedrigen Energien hin weiter ausgedehnt als bei Θ = 92 ◦ .<br />

Beide Spektren sind auf ihr jeweiliges Maximum normiert.


128 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

LMN–Übergänge<br />

Übergang Energie [eV]<br />

K1 L0 M1 N6 N: 4s 2 4p 4 früh,LMN<br />

3s ↦→ 2s, 4s ↑ 86,9<br />

3s ↦→ 2s, 4p ↑ 88,6<br />

3p ↦→ 2s, 4s ↑ 89,3<br />

3p ↦→ 2s, 4p ↑ 91,1<br />

3s ↦→ 2p, 4s ↑ 79,4<br />

3s ↦→ 2p, 4s ↑ 81,1<br />

3s ↦→ 2p, 4s ↑ 81,8<br />

3s ↦→ 2p, 4s ↑ 83,5<br />

K1 L0 M6 M: 3s 2 3p 4 früh,LMM<br />

3s ↦→ 2s, 3s ↑ 64,7<br />

3p ↦→ 2s, 3p ↑ 75,5<br />

3s ↦→ 2p, 3s ↑ 56,8<br />

3s ↦→ 2p, 3p ↑ 66,8<br />

K1 L0 M7 M: 3s 2 3p 5 früh,LVV<br />

V ↦→ 2s, V ↑ 76,5<br />

V ↦→ 2p, V ↑ 67,8<br />

K1 L0 M1 N6 L: 2s2p N: 4s 1 4p 2 spät,LMN<br />

3s ↦→ 2s, 4s ↑ 63,6<br />

3p ↦→ 2s, 4p ↑ 69,0<br />

3s ↦→ 2p, 4s ↑ 53,4<br />

3p ↦→ 2p, 4p ↑ 58,4<br />

K1 L0 M7 M: 3s 2 3p 5 spät,LMM<br />

3s ↦→ 2s, 3s ↑ 46,8<br />

3p ↦→ 2s, 3p ↑ 53,0<br />

3s ↦→ 2p, 3s ↑ 33,3<br />

3s ↦→ 2p, 3p ↑ 39,0<br />

K1 L3 M4 L: 2s2p 2 M: 3s 2 3p 2 spät,LVV<br />

V ↦→ 2s, V ↑ 49,7<br />

V ↦→ 2p, V ↑ 35,8<br />

Tabelle 6.4: Übergangsenergien der LXY–Übergänge Die Ausgangskonfigurationen<br />

sind typisch für angegebenen Zeitphasen des Neutralisationsszenarios. Die LVV–<br />

Energien wurden aus Übergängen zwischen zwei Neutralatomen unter Berücksichtigung<br />

der Kristallaustrittsarbeit abgeschätzt.


6.3. Das O 8+ –Spektrum 129<br />

Bei flachem Strahleinfallswinkel Θ können alle im Lauf des Abregungsprozesses<br />

entstandenen Elektronen detektiert werden, so daß sich der gemessene<br />

LXY–Buckel zu kl<strong>einer</strong>en Energien hin aufweitet. Tatsächlich setzt der Peak<br />

des (Θ = 12 ◦ )–Spektrums im Bereich des aus den Simulationen hervorgehenden<br />

unteren Grenzwertes von 33,3eV ein.<br />

Die berechneten LVV–Energien unterliegen besonders in diesem niederenergetischen<br />

Bereich zu großen Fehlern, um aus ihnen detaillierte Aussagen<br />

gewinnen zu können. Tendenziell wandern auch sie <strong>mit</strong> zunehmender L–<br />

Schalenbesetzung zu kl<strong>einer</strong>en Energien hin.<br />

6.2.2 Interpretation<br />

Die Verschiebung der niederenergetischen Kante des LXY–Peaks liefert einen<br />

weiteren Hinweis auf die Oberflächensensitivität der (Θ = 92 ◦ )–Meßgeometrie.<br />

Die in den Rechnungen gut reproduzierbare Position dieser Kante ist ein Indiz<br />

für die Existenz von LXY–Prozessen vor der Oberfläche. Die L–Schale<br />

des Ions kann durch diesen Mechanismus noch vor dem Eindringen in den<br />

Kristall zumindest teilweise gefüllt werden. Auf diese Weise lassen sich vor<br />

der Oberfläche ablaufende KLL–Übergänge erklären.<br />

6.3 Das O 8+ –Spektrum<br />

Anhand des O 8+ –Spektrums aus Abb.6.6 läßt sich die Zuordnung von Spektralbereichen<br />

zu bestimmten Übergangsklassen weitergehend überprüfen. Dabei<br />

ist die gegenüber O 7+ –<strong>Ionen</strong> deutlicher ausgeprägte Abspaltung der einzelner<br />

Spektralbeiträge voneinander von Nutzen.<br />

Zunächst gelingt über eine Cowan–Code–Simulation der Übergangsenergien<br />

die eindeutige Identifikation des O 8+ –KLM–Bereichs zwischen 590eV und<br />

632eV. Offensichtlich gewinnen diese Übergänge aufgrund des zusätzlichen<br />

K–Lochs an Gewicht. Der erste O 8+ –KXY–Zerfall initiiert nachfolgende Augerprozesse<br />

aus <strong>einer</strong> 1s 1 –Konfiguration heraus. Jedoch stimmt dieses O 7+ –<br />

Spektrum der ≪zweiten Generation≫ nicht <strong>mit</strong> dem in den vorangegangenen<br />

Abschnitten besprochenen überein, was an späterer Stelle auf S.130 diskutiert<br />

werden wird.


130 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

Abbildung 6.6: O 8+ –Spektrum <strong>mit</strong> Θ = 12 ◦ und UQ = 0V Durch das zusätzliche<br />

K–Loch spalten sich die die KLL– und KLM–Anteile voneinander ab. Die Pfeile weisen<br />

in Richtung zunehmender L–Schalenbesetzung.<br />

Um die Chronologie des O 8+ –Neutralisationsprozesses zu veranschaulichen<br />

sind in Abb.6.6 für die jeweiligen Übergangsklassen Pfeile in Richtung zunehmender<br />

L–Schalenbesetzung eingezeichnet. Es fällt sofort auf, daß sich<br />

die niederenergetische Spektralregion zwischen 440eV und etwa 500eV ausschließlich<br />

aus den schon bekannten O 7+ –Prozessen <strong>mit</strong> den beiden charakteristischen<br />

Hauptpeaks zusammensetzt. Die Dominanz des Peaks bei 530eV<br />

muß auf O 8+ –KLL–Übergänge <strong>mit</strong> geringer L–Besetzung zurückgeführt werden,<br />

da die Übergangsraten von O 7+ –<strong>Ionen</strong> kein Intensitätsmaximum in dieser<br />

Zone zulassen.<br />

In Abb.6.6 macht man folgende Beobachtungen. Die O 8+ –KLM–Prozesse treten<br />

bei allen L–Konfigurationen auf. O 8+ –KLL–Übergänge sind verstärkt<br />

bei niedriger L–Besetzung präsent. Die Aufweitung des höherenergetischen<br />

530eV–Peak–Ausläufers deutet aber auch bei den O 8+ –KLL–Übergänge <strong>mit</strong><br />

höherer L–Besetzung an.<br />

Aus der Sicht des im vorigen Abschnitt behandelten O 7+ –Ions stellen diese<br />

beiden Arten von KXY–Übergängen einen Mechanismus zur L(!)–Schalenauffüllung<br />

dar, wobei die Besetzung aber im Gegensatz zu LXY–Prozessen<br />

<strong>mit</strong> mehreren Elektronen instantan ≪in einem Schub≫ erfolgt. Beim O 7+ –Ion<br />

nehmen die Coster–Cronig–Übergänge bei niedriger L–Besetzung <strong>sehr</strong> hohe


6.4. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen 131<br />

Raten an. Als Ergebnis des Zusammenspiels der L–Besetzungs– und Entleerungsraten<br />

werden so<strong>mit</strong> bevorzugt KLL–Elektronen aus zweifacher L–<br />

Besetzung heraus e<strong>mit</strong>tiert. Sind aber ≪ab initio≫ mehrere Elektronen in der<br />

L–Schale vorhanden, so können Coster–Cronig–Prozesse aus energetischen<br />

Gründen nicht mehr so häufig stattfinden. Als Konsequenz erhöht sich die Intensität<br />

der Auger-Übergänge <strong>mit</strong> <strong>mit</strong>tleren und höheren L–Besetzunggraden.<br />

Vergleicht man das O 8+ –Spektrum <strong>mit</strong> der unter den gleichen Rahmenbedingungen<br />

aufgenommenen (Θ = 12 ◦ , UQ = 0V )–Messung aus Abb.6.1, so stellt<br />

man dort eine stark abweichende Intensitäten im Bereich zwischen 490eV<br />

und 510eV fest. Das <strong>mit</strong> relativ hoher senkrechter Einfallsenergie (Θ = 42 ◦ ,<br />

UQ = 0V)–Spektrum in Abb.6.2 ähnelt dem O 8+ –Spektrum in diesem Bereich<br />

noch am meisten. Hieraus ergibt sich ein experimenteller Beleg für die<br />

im vorigen Abschnitt vorgenommene Zuordnung dieser Zone zu O 7+ –KLL–<br />

Übergängen aus höherer L–Besetzung heraus.<br />

6.4 Zusammenfassung und Schlußfolgerungen<br />

Während in den Argonspektren Coster–Cronig–Übergänge innerhalb der M–<br />

Schale aus energetischen Gründen verboten sind, spielen sie bei der Besetzung<br />

der L–Schale von O 7+ –<strong>Ionen</strong> aufgrund ihrer hohen Übergangsraten eine entscheidende<br />

Rolle. Sie sorgen für eine Umschichtung der für KLL–Prozesse<br />

effektiv zur Verfügung stehende L–Schalenkonfigurationen. Bei <strong>langsamer</strong><br />

Auffüllung der L–Schale bleiben auf diese Weise nur zwei KLL–Ausgangszustände<br />

übrig, aus welchen die beiden dominanten Peaks bei 464eV und<br />

477,5eV hervorgehen. Am Verlauf der Spektren unter flachen Winkeln und<br />

kleinen <strong>Ionen</strong>energien erkennt man, daß LVV–Prozesse allein die Coster–<br />

Cronig–Raten nicht überwiegen können.<br />

Erst bei höheren Strahlenergien <strong>mit</strong> UQ ≤ 0V steht ein weiterer <strong>sehr</strong> schneller<br />

Auffüllmechanismus der L–Schale über Kollisionen des Ions <strong>mit</strong> Targetatomrümpfen<br />

zur Verfügung. Auf diese Weise kann die L–Schale vor Ablauf<br />

eines KXY–Übergangs zu einem höheren Grad besetzt werden. Das bedeutet<br />

aber, daß ein Anwachsen der Intensität des <strong>mit</strong>tleren Spektralbereichs<br />

un<strong>mit</strong>telbar auf ein hauptsächlich im Kristall erzeugtes Spektrum hindeutet.<br />

Die O 7+ –Meßserien liefern demgemäß in denjenigen Fällen eindeutige Hinweise<br />

auf vor der Oberfläche stattfindende KXY–Prozesse, in denen die Einschu-


132 6. Die Sauerstoff–Spektren<br />

ßenergie der <strong>Ionen</strong> über die Kompensation des Plasmapotentials UP <strong>mit</strong>tels<br />

der Quellenvorspannung UQ minimiert wurde. Das deutliche Hervortreten des<br />

KLM–Peaks unter diesen Randbedingungen unterstützt diese Annahme. Es<br />

bleibt quantitativ zu klären, welchen Anteil die LVV–Prozesse am Auffüllen<br />

der L–Schale haben. Die zunehmende Bedeutung des KLM–Peaks bei flacher<br />

werdendem Einfallswinkel deutet aber auf eine Abhängigkeit der Spektren<br />

von der Interaktionszeit der Ions vor der Oberfläche hin, so daß nicht ausschließlich<br />

LVV–Prozesse für das Auffüllen der L–Schale und da<strong>mit</strong> indirekt<br />

für KXY–Übergänge verantwortlich sein können.<br />

Sowohl die Argon– als auch die Sauerstoffserien lassen sich so<strong>mit</strong> über zu<br />

einem gewissen Anteil vor dem Kristall stattfindende Augerübergänge interpretieren,<br />

bei denen die innerste unvollständig gefüllte Schale komplettiert<br />

wird. Es bleibt in quantitativen Rechnungen zu zeigen, ob hieraus ein Revision<br />

der bisher angenommenen Wechselwirkungsmodelle (overbarrier–Modell,<br />

Bildladungspotential ∝ q 3/2 , usw. ) notwendig wird.


Kapitel 7<br />

Simulation der<br />

Kristallschädigung<br />

7.1 Der TRIM–Code<br />

Zur Simulation der Trajektorien und Stöße von <strong>Ionen</strong> innerhalb des Kristalls<br />

verwenden wir das von J.F. Ziegler entwickelte Computerprogramm TRIM<br />

(Transport of Ions in Matter) [48]. Es basiert auf von J.P. Biersack entwickelten<br />

Reichweite–Algorithmen [14] und Stopping Power–Berechnungen<br />

von J.F. Ziegler [47].<br />

Das Programm beschränkt sich auf Wechselwirkungsprozesse einfach geladener<br />

<strong>Ionen</strong>, welche abgesehen von Sputtereffekten erst nach dem Eindringen<br />

in den Kristallverbund einsetzen. Dort spielen aufgrund des niedrigen Ladungszustands<br />

hauptsächlich binäre Stöße zwischen den einfallenden <strong>Ionen</strong><br />

und den Targetatomen eine Rolle.<br />

Nach dem in Kap.2 entwickelten Interaktionsmodell wird ein hochgeladenes<br />

Ion schon vor der Oberfläche über seine Rydbergzustände vollständig neutralisiert.<br />

Beim Eintritt in den Kristall werden die Elektronen aus äußeren<br />

Schalen abgestreift, während innere Niveaus erhalten bleiben und bei kleinen<br />

Einschußenergien Ekin < 100eV schon im Bereich weniger ˚Angstrøm<br />

unterhalb der ersten Monolage über XVV–Prozesse <strong>mit</strong> dem Leitungsband<br />

vollständig aufgefüllt werden.<br />

133


134 7. Simulation der Kristallschädigung<br />

Folglich kann man in <strong>einer</strong> groben Näherung annehmen, daß der ursprüngliche<br />

Ladungszustand der <strong>Ionen</strong> bei binären Kollisionen im Innern des Festkörpers<br />

keine entscheidende Rolle mehr spielt. Die TRIM–Simulationen eignen sich<br />

so<strong>mit</strong> für eine Approximation der aus Ion–Targetatomstößen resultierenden<br />

Kristallschädigung 1 .<br />

Als Konsequenz aus den Stoßvorgängen entstehen Gitterfehler, Einlagerungen<br />

von Fremdatomen, Ionisationsprozesse und Phononen. Im Rahmen der<br />

Simulationsrechnungen vergleichen wir speziell die von den <strong>Ionen</strong> ausgehenden<br />

Gitterfehler und Implantationseffekte in Abhängigkeit von ihrer kinetischen<br />

Energie. Unter Ausnutzung der in hohen Ladungszuständen gespeicherten<br />

potentiellen Energien, welche zum Teil schon vor der Oberfläche<br />

freigesetzt werden, wird sich ein <strong>sehr</strong> schonendes Verfahren zur Modifikation<br />

von Einkristalloberflächen aufzeigen lassen.<br />

7.1.1 Programmbeschreibung<br />

Das für MSDOS–Systeme 2 geschriebene TRIM–Programm kann die <strong>Wechselwirkungen</strong><br />

von einfach geladenen, mononuklearen <strong>Ionen</strong> <strong>mit</strong> aus bis zu<br />

drei Kristallschichten bestehenden, kristallinen Festköpern simulieren. Der<br />

<strong>Ionen</strong>strahl wird über Atomsorte, Masse, Energie und Einfallswinkel spezifiziert.<br />

Zur Beschreibung jeder Kristallschicht steht eine Liste von Atomen<br />

und Verbindungen zur Verfügung, welche auch anteilig <strong>mit</strong>einander kombiniert<br />

werden können.<br />

Stöße zwischen <strong>Ionen</strong> und Targetatomen gehen über ein vollständig quantenmechanisch<br />

gerechnetes Verfahren in die Berechnungen ein. Dabei spüren<br />

die Stoßpartner bei den Kollisionen <strong>einer</strong>seits ein durch Leitungsbandelektronen<br />

abgeschirmtes Coulomb–Potential, andererseits führt der Überlapp der<br />

Elektronenwellenfunktionen zu Austausch– und Korrelationstermen. Mittels<br />

statistischer Mittelungsalgorithmen erreicht das Programm trotz dieser detaillierten<br />

Rechnungen eine hohe Geschwindigkeit.<br />

Vor dem Start der Rechnungen müssen dem Programm Informationen über<br />

intraatomare Bindungsverhältnisse und die kollektive elektronische Struk-<br />

1 Genauer betrachtet muß die Anwendbarkeit des in TRIM implementierten ZBL–<br />

Potentials auf Stoßprozesse <strong>langsamer</strong>, <strong>hochgeladener</strong> <strong>Ionen</strong> und ≪hohler≫ Atome <strong>mit</strong><br />

Targetatomrümpfen innerhalb des Festkörpers demonstriert werden.<br />

2 TRIM ist ebenfalls unter DOS–Emulatoren von LINUX, UNIX und OS/2 ausführbar.


7.1. Der TRIM–Code 135<br />

Abbildung 7.1: Schema der Gitterenergien Um ein Atom aus s<strong>einer</strong> Kristallposition<br />

herauszulösen ist eine minimale Anregungsenergie von Edisp erforderlich.


136 7. Simulation der Kristallschädigung<br />

Abbildung 7.2: Modell eines Gitterstoßes Das <strong>mit</strong> der kinetischen Energie E ankommende<br />

Ion Z1 kollidiert <strong>mit</strong> dem Targetatom Z2, wobei die Energien E1 und E2<br />

auf die beiden Stoßpartner übergehen.


7.1. Der TRIM–Code 137<br />

tur des Targets <strong>mit</strong>geteilt werden. Mit Hilfe dieser Angaben kann TRIM<br />

langreichweitige <strong>Wechselwirkungen</strong> wie Plasmonen und die Anregungen von<br />

Elektronen zwischen Kristallbändern berücksichtigen.<br />

7.1.2 Modell der Stoßprozesse<br />

TRIM verwendet das in Abb.7.1 dargestellte Potentialmodell zur Bestimmung<br />

des aus einem interatomaren Stoßprozeß resultierenden ≪Endzustands≫.<br />

In Abb.7.2 tritt ein Teilchen Z1 <strong>mit</strong> der kinetischen Energie E in den Kristallverbund<br />

ein. Die Bindungsenergie Ebind der Atome Z2 liegt zwischen 1eV<br />

und 2eV. Um die Targetatome Z2 aus ihrer Gitterposition zu lösen ist eine<br />

minimale Anregungsenergie Edisp notwendig. Für Halbleiter kann Edisp <strong>mit</strong><br />

etwa 15eV angesetzt werden, bei Metallen <strong>mit</strong> ca. 25eV.<br />

Im Moment des Stoßvorgangs verteilt sich die ursprüngliche Energie E auf Z1<br />

und Z2. Die Größe der beiden virtuellen 3 Energieüberträge E1 und E2 relativ<br />

zu Edisp entscheidet über das Ergebnis der Kollision. Beträgt die kinetische<br />

Endenergie Ef eines Teilchens weniger als Ebind, so betrachtet man es im<br />

Rahmen der Simulation als gestoppt.<br />

• Gitterveränderung: E2 > Edisp<br />

Das Targetatom Z2 kann aus seinem Platz herausgelöst werden.<br />

• Gitterleerstelle: E1 > Edisp und E2 > Edisp<br />

Z1 verläßt <strong>mit</strong> der kinetischen Energie E1, Z2 <strong>mit</strong> der um Ebind verminderten<br />

Energie die Gitterstelle. Ebind geht in Phononen über.<br />

• Ersetzung: E1 < Edisp und E2 > Edisp<br />

Z1 ersetzt Z2 an der betreffenden Gitterstelle. E1 geht vollständig in<br />

Phononen über, E2 ist die kinetische Energie des wegfliegenden Targetatoms.<br />

• Zwischenatom: E1 < Edisp und E2 < Edisp<br />

Die Summe E1 + E2 geht in Gitterphononen über, das Targetatom<br />

Z2 verbleibt an s<strong>einer</strong> Position, während Z1 an <strong>einer</strong> Zwischenstelle<br />

eingelagert wird.<br />

3 Diese sind nicht nicht identisch <strong>mit</strong> den kinetischen Energien!


138 7. Simulation der Kristallschädigung<br />

Die Summe aus Leerstellen und Ersetzungen ergibt die Anzahl der Gitterveränderungen.<br />

7.2 Simulationsergebnisse<br />

In den drei Diagrammen von Abb.7.3 sind die Simulationsergebnisse zusammengestellt.<br />

Bei senkrechtem Strahleinfall wächst die longitudinale und radiale<br />

Implantationstiefe <strong>mit</strong> der Einschußenergie. Die vertikalen Balken geben<br />

die Aufstreuung in der Implantationstiefe, den sogenannten Straggle an.<br />

Für Sputterprozesse verwendete man früher typischerweise Energien im Bereich<br />

einiger 10keV; heutzutage hat man leistungsfähigere <strong>Ionen</strong>quellen <strong>mit</strong><br />

<strong>sehr</strong> hohen Teilchenströmen zur Verfügung, so daß man <strong>mit</strong> kl<strong>einer</strong>en Einschußenergien<br />

von 500eV bis 1000eV auf schonendere Weise sputtern kann.<br />

Unsere Experimente <strong>mit</strong> hochgeladenen <strong>Ionen</strong> spielen sich im Bereich unterhalb<br />

von 50eV ab. Bei diesen kinetischen Energien finden kaum noch Kristallschädigungen<br />

in Form von Gitterleerstellen und Ersetzungen statt, da<br />

die Einfallsenergie von vergleichbarer Größe wie Edisp � 15eV ist. Allerdings<br />

werden die <strong>Ionen</strong> massiv in die ersten Kristallagen implantiert.<br />

7.3 Ausblick auf technologische Anwendungen<br />

Die von TRIM ebenfalls berechnete Sputterausbeute und der Anteil reflektierter<br />

Teilchen sind nicht auf den Fall <strong>langsamer</strong>, <strong>hochgeladener</strong> <strong>Ionen</strong> übertragbar.<br />

Hier kommt den in Kap.2 beschriebenen elektronischen Übergängen<br />

zwischen dem Ion und den Festkörperniveaus eine wichtige Bedeutung zu.<br />

Dazu vergegenwärtige man sich, daß bei der Reneutralisation des Ions vor<br />

der Oberfläche Elektronentransferraten (zwischen den Rydbergniveaus und<br />

dem Valenzband) oberhalb von 10 15 sec −1 auftreten. Das nackte Ion wirkt<br />

dabei wie ein ≪Elektronenstaubsauger≫, welcher die Leitungs– bzw. Valenzbandelektronen<br />

aus den obersten Kristallschichten in seine Rydbergzustände<br />

abzieht.


7.3. Ausblick auf technologische Anwendungen 139<br />

Abbildung 7.3: Simulation der Kristallschädigung von Ar 1+ in Silizium Die longitudinale<br />

und radiale Reichweite und Straggle (vertikale Balken) der <strong>Ionen</strong> und die durch<br />

Stöße verursachten Gitterleerstellen pro Ion sind als Funktion der Einschußenergie bei<br />

senkrechtem Einfall aufgetragen.


140 7. Simulation der Kristallschädigung<br />

Dadurch entstehen an der Oberfläche Zonen <strong>mit</strong> <strong>sehr</strong> geringer Elektronendichte.<br />

Typische Zeitdauern für die Kompensation dieser Ladungsdichteschwankungen<br />

lassen sich über die Plasmon–Frequenz der Kristalls abschätzen.<br />

Plasmonen sind quantisierte, kollektive Schwingungen der Kristallelektronen<br />

gegenüber den Atomrümpfen an den Gitterplätzen. Plasmonfrequenzen von<br />

Metallen liegen im Bereich einiger 10 15 sec −1 , während Halbleiter und besonders<br />

Isolatoren um einige Größenordnungen geringere Werte aufweisen.<br />

Metalle können demnach die Bandlücken quasi instantan wieder schließen,<br />

was zudem von der hohen Ladungsträgerdichte ihres Leitungsbandes begünstigt<br />

wird. Im Valenzband von Isolatoren hingegen können sich lokal Elektronendefizite<br />

ausbilden, wodurch interatomare Bindungen aufgebrochen werden<br />

können. Da außerdem die Valenzen von Oberflächenatomen oft nicht<br />

vollständig abgesättigt sind, ist ein Abtragen von Oberflächenschichten unter<br />

Einwirkung der hochgeladenen <strong>Ionen</strong> denkbar.<br />

Yamamura et al. [46] und Neidhart et. al. [34] berichten über einen starken<br />

Anstieg der Sputterausbeuten bei Isolatoren <strong>mit</strong> wachsender <strong>Ionen</strong>ladung.<br />

Auch die Bindungen von chemisorbierten Teilchen und Adsorbatschichten<br />

an eine Festkörperoberfläche lassen sich auf diese Weise aufspalten. In den<br />

Messungen aus [9] läßt sich eine deutliche Zunahme der entsprechenden Sputterausbeuten<br />

<strong>mit</strong> der <strong>Ionen</strong>ladung erkennen.<br />

Mit der Behandlung von Oberflächen durch langsame, hochgeladene <strong>Ionen</strong><br />

eröffnen sich so<strong>mit</strong> Möglichkeiten für neue Herstellungstechniken in Bereichen<br />

wie der Halbleiterchipproduktion und der Nanostrukturtechnologie. Dort kommt<br />

es auf die selektive Modifikation <strong>sehr</strong> kl<strong>einer</strong> Strukturen an, was sich bei einem<br />

<strong>Ionen</strong>strahl über Masken oder hochentwickelte elektrostatische Optiken<br />

realisieren ließe. Durch die geringe Schädigung der kristallinen Struktur könnte<br />

in <strong>einer</strong> Produktionslinie auf Nachbehandlungsschritte wie beispielsweise<br />

das thermische Ausheilen bei hohen Temperaturen verzichtet werden, welche<br />

im Bereich mikroskopischer Strukturen zu Problemen führen können.


Kapitel 8<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

In dieser Arbeit wurde erstmals die Emission von Autoionisationselektronen<br />

<strong>sehr</strong> <strong>langsamer</strong>, <strong>hochgeladener</strong> <strong>Ionen</strong> während ihrer Reneutralisation und<br />

Abregung vor und innerhalb eines Siliziumkristalls systematisch untersucht.<br />

Zur qualitativen Rekonstruktion einiger Teilbereiche der Spektren wurden<br />

auf dem Cowan–Code basierende Simulationsrechnungen durchgeführt. Dabei<br />

wurden mehrere bekannte Interaktionsmodelle berücksichtigt, deren relatives<br />

Gewicht sich wegen der <strong>sehr</strong> geringen Einfallsenergien der <strong>Ionen</strong> in<br />

charakteristischer Weise von bisher veröffentlichten Arbeiten zu Spektren<br />

höherenergetischer <strong>Ionen</strong> unterscheidet.<br />

Die gemessenen Winkel– und Energieabhängigkeiten konnten im Rahmen<br />

eines Wechselwirkungsszenarios erklärt werden, bei welchem vor der Oberfläche<br />

ablaufende Autoionisationsübergänge bis hin zur innersten, unvollständig<br />

besetzten Schale des Ions und die direkte Auffüllung innerer Schalen<br />

aus dem Valenzband eine wichtige Rolle spielen. Aufgrund der <strong>sehr</strong> kleinen<br />

Einschußenergien kommt den aus Ion–Targetatomstößen resultierenden Elektronentransferprozessen<br />

nur eine untergeordnete Bedeutung zu.<br />

Die Abhängigkeit der Spektren vom Präparationszustand der Kristalloberfläche<br />

und die aus den TRIM–Simulationen folgende geringe Schädigung<br />

der Kristallstruktur durch den <strong>Ionen</strong>strahl lassen auf zukünftige technologische<br />

Anwendungen im Bereich der mikroskopischen Oberflächenstrukturierung<br />

und –bearbeitung hoffen. Als Beispiele lassen sich die Nanostrukturtechnologie,<br />

die Halbleiterchipherstellung und die Produktion von Diamant–<br />

Schichten anführen. Andererseits könnten sich die hochgeladenen <strong>Ionen</strong> auf-<br />

141


142 8. Zusammenfassung und Ausblick<br />

grund ihrer kleinen Radien z.B. auch zur Implantation in C60–Molekülen<br />

(≪Bucky–Balls≫) eignen.<br />

Einige dieser Bestrebungen werden von anderen Gruppen schon verfolgt.<br />

Unsere Forschungsaktivitäten werden in Zukunft sowohl auf ein tiefergehendes<br />

Verständnis der grundlegenden Wechselwirkungsprozesse als auch in<br />

verstärktem Maße auf ihre technologischen Einsatzmöglichkeiten ausgerichtet<br />

sein.


Anhang A<br />

Atomare Einheiten<br />

• Länge:<br />

• Masse:<br />

• Zeit:<br />

• Geschwindigkeit:<br />

• Energie:<br />

• Kraft:<br />

• elektrische Ladung:<br />

¯h 2<br />

me 2 = 5, 292 · 10−11 m (A.1)<br />

m = 9, 11 · 10 −31 kg (A.2)<br />

¯h 3<br />

me 4 = 2, 419 · 10−17 sec (A.3)<br />

e 2<br />

¯h = 2, 188 · 106 msec −1<br />

me 4<br />

(A.4)<br />

2 = 2Ryd = 27, 21eV (A.5)<br />

¯h<br />

m 2 e 6<br />

¯h 4 = 8, 239 · 10−8 N (A.6)<br />

e = 1, 602 · 10 −19 C (A.7)<br />

143


144 A. Atomare Einheiten<br />

• elektrisches Potential:<br />

• elektrisches Feld:<br />

m 2 e 5<br />

me 3<br />

• elektrisches Dipolmoment:<br />

• magnetische Induktion:<br />

• magnetisches Moment:<br />

2 = 27, 21V (A.8)<br />

¯h<br />

¯h 4 = 5, 142 · 1011 Vm −1<br />

(A.9)<br />

¯h 2<br />

me = 2, 542 · 10−18 esE = 6, 8485Cm (A.10)<br />

m 2 e 5<br />

¯h 4 = 1, 715 · 103 T (A.11)<br />

¯h 2<br />

me = 1, 586 · 10−2 eVT −1<br />

(A.12)


Anhang B<br />

<strong>Ionen</strong>spektrometersimulation<br />

B.1 Problemstellung<br />

In diesem Anhang wird ein numerisches Näherungsverfahren zur Berechnung<br />

des Potentialverlaufs über der Masche eines kreisförmigen Stanzgitters<br />

(Ø10mm) vorgestellt, an welchem eine Spannung UG anliegt und das von<br />

Abbildung B.1: Geometrie und Potentialverhältnisse Zwei geerdete Gitter schließen<br />

im Abstand D = 3mm das auf ein Potential UG befindliche <strong>mit</strong>tlere Stanzgitter ein.<br />

zwei gleichartigen, geerdeten Gittern im Abstand D eingerahmt wird, siehe<br />

Abb.B.1. Wir konzentrieren uns dabei auf die Bestimmung des in Kap.3.5.2<br />

benötigten Werts für die Schwellenenergie eUS des Gegenfeldspektrometers,<br />

welche aus physikalischen Gründen in den Mittelpunkten der Maschen des<br />

Zentralgitters lokalisiert ist.<br />

145


146 B. <strong>Ionen</strong>spektrometersimulation<br />

B.2 Der mathematische Hintergrund<br />

Gemäß den Maxwell’schen Gleichungen bilden elektrische Ladungen die Quellen<br />

eines elektrischen Feldes. Das von <strong>einer</strong> Ladungsverteilung ρ(�r) im Gebiet<br />

V generierte elektrostatische Skalarpotential Φ läßt sich an jedem beliebigen<br />

Aufpunkt �r über das Integral<br />

Φ(�r) = 1<br />

4πɛ0<br />

�<br />

V<br />

ρ(�r ′ )<br />

|�r − �r ′ | dr′3<br />

(B.1)<br />

berechnen. In unserem Fall liegt jedoch ein inverses Problem vor: Wir kennen<br />

über die anliegende Spannung das Potential auf den Leiteroberflächen<br />

– die metallischen Gitterdrähte sind Äquipotentialkörper – nicht jedoch die<br />

Ladungsverteilung ρ auf ihnen, welche für die Bestimmung des Potentials an<br />

einem beliebigen Ort �r notwendig ist.<br />

Wir machen folgenden Ansatz zur numerischen Berechnung von Φ(�r), �r /∈ V :<br />

Zunächst ist bekannt, daß sich auf einem Leiter sämtliche Ladungen an der<br />

Oberfläche befinden, so daß man von dem Volumenintegral aus Gl.B.1 zu<br />

einem Integral über die Leiteroberfläche S <strong>mit</strong> den infinitesimalen Flächensegmenten<br />

ds übergehen kann, wenn man dabei die Volumendichte ρ in eine<br />

entsprechende Flächenladungsdichte σ transformiert.<br />

Φ(�r) = 1<br />

4πɛ0<br />

�<br />

S<br />

σ(�r ′ )<br />

|�r − �r ′ | ds′<br />

(B.2)<br />

Unterteilt man daraufhin S in Unterflächen Sj, so ergibt sich Φ nun als<br />

Superposition von n Einzelintegralen über die Sj.<br />

Φ(�r) = 1<br />

4πɛ0<br />

n�<br />

�<br />

j<br />

Sj<br />

1<br />

σ(�rj)<br />

|�r − �rj| dsj, (B.3)<br />

Läßt man die Flächenelemente Sj immer kl<strong>einer</strong> schrumpfen, so ist σ für nicht<br />

allzu pathologische Konfigurationen über jeweils eine Teilfläche Sj nahezu<br />

konstant und man kann es folglich aus dem Integral herausziehen. Hierdurch<br />

geht Gl.B.2 in die lineare Gleichung<br />

Ui = 1<br />

4πɛ0<br />

n�<br />

�<br />

1<br />

σ(�rj) ·<br />

Sj<br />

j<br />

|�ri − �rj| dsj<br />

� �� �<br />

MatrixAij<br />

(B.4)


B.3. Reduktion der Dimension von Aij<br />

über. Ui repräsentiert das am Element Si anliegende Potential. Ein Element<br />

der Matrix Aij besteht demzufolge für i �= j aus dem Integral von 1<br />

|�ri− �rj| über<br />

ein Flächensegment Sj für den fixen Aufpunkt ri eines anderen Oberflächenelements<br />

Si.<br />

Die Diagonalelemente Aii bedürfen <strong>einer</strong> gesonderten Behandlung, weil sie in<br />

der Form von Gl.B.4 singulär werden. Dazu zerlegt man die Teilfläche Si in<br />

weitere Untersegmente Sp und addiert die Einzelintegrale über Sp bei festem<br />

Aufelement Si <strong>mit</strong> Ausnahme dieses Segments auf.<br />

Aii =<br />

�<br />

p <strong>mit</strong> �ri�= �rp<br />

�<br />

Sp<br />

dsp<br />

|�ri − �rp|<br />

147<br />

(B.5)<br />

Es läßt sich demonstrieren [1], daß das obige Verfahren der diskretisierten<br />

Flächenladungen konvergiert, falls man nur zu <strong>einer</strong> ausreichenden Anzahl<br />

dieser Unterflächen Sj und Sp übergeht. Die selbstkonsistente Bestimmung<br />

der Flächenladungsdichten σi geschieht durch Umformung von Ui = Aijσj<br />

(Gl.B.2) durch Matrixinversion.<br />

σi = A −1<br />

ij Uj<br />

B.3 Reduktion der Dimension von Aij<br />

(B.6)<br />

Die bisherigen Betrachtungen gelten für beliebige Verteilungen von Oberflächenladungen<br />

σ. So<strong>mit</strong> lassen sich im Prinzip Lösungen Φ(�r) für alle Randwertprobleme<br />

finden, welche ausschließlich durch Leiteroberflächen bekannten<br />

Potentials definiert sind 1 . Benötigt man jedoch eine große Anzahl von<br />

Segmenten, sei es für <strong>sehr</strong> präzise Feldberechnungen oder für dreidimensionale<br />

Geometrien, so explodiert der erforderliche Speicherbedarf für die Matrix<br />

Aij: bei 1000 Flächensegmenten unter Benutzung von 4–Byte–real–Zahlen<br />

werden 4000 2 � 16MB Systemspeicher verbraucht, für 10000 schon 1600MB:<br />

Das sind Anforderungen, denen selbst moderne Großrechner nicht gewachsen<br />

sind. Durch Symmetrieüberlegungen und Einführung analytischer Teillösungen<br />

kann man jedoch in vielen praktischen Fällen die Dimension von Aij<br />

drastisch reduzieren.<br />

1 Ähnliche Verfahren existieren für Randbedingungen, welche über Permanentmagnete,<br />

Dielektrika und Diamagnetika bestimmt sind, siehe ebenfalls [1].


148 B. <strong>Ionen</strong>spektrometersimulation<br />

In unserem Fall können wir können wir uns zunächst darauf beschränken, das<br />

Feld nur über dem Zentrum <strong>einer</strong> beliebigen Masche zu bestimmen. Das ist<br />

der für die Schwellenenergie relevante Bereich. Zudem sind aus Symmetrie-<br />

Abbildung B.2: Übergang vom eckigen Stanzgitter zur Linienladung Durch die<br />

Verwendung von eindimensionaler Linienelementen der Ladungsdichte λ reduziert sich<br />

die Dimension von Aij erheblich gegenüber <strong>einer</strong> Berücksichtigung dreidimensionaler<br />

Drähte <strong>mit</strong> einem rechteckigen Querschnitt und der Oberflächenladungsdichte σ.<br />

gründen alle Maschen, die genügend weit von den Randbereichen der Gitter<br />

entfernt sind – was den Feldverlauf über ihnen angeht – äquivalent zueinander.<br />

Weiterhin nähern wir die durch das Ausstanzen eckigen Gitterdrähte<br />

durch runde. Dadurch können wir von Flächen– zu Linienladungen übergehen,<br />

wo<strong>mit</strong> alle auftretenden Integrale der Matrix analytisch gelöst werden<br />

können (s.u.).<br />

Physikalisch ist außerdem klar, daß Segmente, die sich in einiger Entfernung<br />

von der betrachteten Masche befinden, einen wesentlich kl<strong>einer</strong>en Beitrag


B.3. Reduktion der Dimension von Aij<br />

Abbildung B.3: Unterteilung des Gitters in eine Nah– und eine Fernzone Die Oberflächenladungsdichte<br />

σ entspricht derjenigen auf der <strong>mit</strong>tleren, σ0 derjenigen auf den<br />

beiden äußeren der drei (unendlich) großen Leiterplatten im Abstand D voneinander,<br />

von denen die äußeren geerdet sind, während an der inneren das Potential UG anliegt,<br />

siehe Gl.B.7.<br />

zum Potential liefern als z.B. die Linienelemente auf den Drähten dieser Masche<br />

selbst. Das nutzen wir aus, indem wir das gesamte Gitter in einen aus<br />

Einzelsegmenten bestehenden Nahbereich und in eine Fernzone unterteilen,<br />

siehe Abb.B.3 und Abb.B.4.<br />

Mit zunehmender Distanz zur betrachteten Masche kann man den Beitrag<br />

der vielen Einzelsegmente zusammenfassen, indem man dort eine adäquate<br />

Flächenladungsdichte einführt. Deren Größe bestimmt sich sowohl aus dem<br />

am Gitter anliegenden Potential als auch durch das Feld der beiden geerdeten<br />

und parallel angeordneten Nachbargitternetze. Nur im Nahbereich um die<br />

Aufmasche herum berücksichtigen wir also den Einfluß jedes Einzelsegments.<br />

Nach einfacher Integration über ≪Ringe≫ der infinitesimalen Dicke dρ erhält<br />

man aus σj = A −1<br />

ij Ui die effektive Flächenladungsdichte σj auf den Gittern<br />

<strong>mit</strong> Radius R, welche sich im Abstand D voneinander befinden <strong>mit</strong><br />

149<br />

Aij = 2π √ R 2 + D 2 − D. (B.7)<br />

Für den Beitrag des Fernbereichs des <strong>mit</strong>tleren Gitters auf seinen <strong>mit</strong> Liniensegmenten<br />

ausgefüllten Zentralteil benötigen noch die analytische Lösung<br />

für das Potential <strong>einer</strong> ebenen Metallplatte <strong>mit</strong> <strong>einer</strong> kreisförmigen Öffnung<br />

<strong>mit</strong> dem Radius a <strong>mit</strong> dem Abstand ρ vom Kreis<strong>mit</strong>telpunkt in der ebene


150 B. <strong>Ionen</strong>spektrometersimulation<br />

Abbildung B.4: Benachbarte Gitterebenen Nur in un<strong>mit</strong>telbarer Nähe der betrachteten<br />

Masche muß tatsächlich <strong>mit</strong> Linienladungselementen gerechnet werden. Sowohl<br />

die weiter entfernten Zonen auf dem <strong>mit</strong>tleren als auch die benachbarten Gitter werden<br />

durch adäquate Flächenladungen σ und σ0 beschrieben.<br />

der Platte,<br />

Aij = 2σ �<br />

a<br />

π<br />

2 − ρ2 (B.8)<br />

wie man die z.B. in J.D. Jackson [26] nachlesen kann.<br />

Abbildung B.5: Integrale zwischen Liniensegmenten Jedes Segment hat einen Mittelpunkt<br />

bei ymid und die Grenzen yup und ylow. Das Aufsegment hat die Mittelpunktskoordinaten<br />

�r0 = (x0, y0).<br />

Weiterhin treten bei den Integrationen zwischen zwei Drahtsegmenten analytisch<br />

lösbare Integrale (s. Abb.B.5) auf, deren Ergebnisse hier genannt seien:


B.3. Reduktion der Dimension von Aij<br />

• Fall: parallele Segmente auf gleichen Drähten (Abb.B.5, a)<br />

151<br />

Aij = log |yup − y0| − log |ylow − y0| (B.9)<br />

• Fall: parallele Segmente auf verschiedenen Drähten (Abb.B.5, b)<br />

Aij = sinh −1<br />

� �<br />

yup − y0<br />

x − x0<br />

• Fall: Diagonalelemente (Abb.B.5, c)<br />

Aii = �<br />

i ohne p<br />

− sinh −1<br />

� �<br />

ylow − y0<br />

x − x0<br />

(B.10)<br />

[log(yup,i − ymid,i) − log(ylow − ymid,i)] (B.11)<br />

Index i: Untersegmente, yup, ylow: obere bzw. untere (Integrations–<br />

)Grenzen der Untersegmente, y0, ymid: Mitte des Aufsegments<br />

So<strong>mit</strong> treten sowohl Linien– als auch Flächenladungssegmente im Vektor<br />

σ(�rj) auf der rechten Seite von Gl.B.4 auf. Es bietet sich der Übersichtlichkeit<br />

wegen an, die Vektoren Ui und σ(�rj) so anzuordnen (s. Abb.B.6), daß zuerst<br />

die Draht– und in den letzten beiden Reihen die Flächenbeiträge eingetragen<br />

werden. Durch Inversion dieser linearen Gleichung erhält man den Vektor<br />

der Linien–bzw. Flächenladungsdichten σ(�rj), aus dem sich dann <strong>mit</strong> Gl.B.3<br />

das Potential in einem Bereich um die betrachtete Masche herum annähern<br />

läßt. In Kapitel 3.5.2 ist der so bestimmte Potentialverlauf entlang <strong>einer</strong> <strong>einer</strong><br />

senkrecht durch die Mitte <strong>einer</strong> Masche laufenden Achse aufgetragen.


152 B. <strong>Ionen</strong>spektrometersimulation<br />

Abbildung B.6: Struktur der Matrix Aij Die Ladungsdichtevektoren und die Matrix<br />

Aij sind nach ihren Flächen– und Linienladungssegmenten aufgeteilt dargestellt.


Anhang C<br />

AUGER-Meßprogrammcode<br />

#include "norm.h"<br />

#define RESET 1<br />

#define NUM_OUTBITS 6 /* number of "special" dio_bits (cae,E/2,E/20,...) */<br />

#define E_TIMES_2 1<br />

#define CAE_CRR 1 ;<br />

#define CAE_17 1 ;<br />

#define CAE_18 1 ;<br />

#define CAE_19 1 ;<br />

#define E_OVER_20 1 ;<br />

#define MIN_STEP_WIDTH 0.05<br />

#define CLOSED 0<br />

#define OPEN 1<br />

#define VDCG_LOW 100 /* tested at 150kHz: 5 */<br />

#define VDCG_HIGH 30000<br />

#define MEAS_REPETITIONS 5<br />

#define MAX_SPEC_LENGTH 1300<br />

#define ADJUSTMENT_TIME 1000<br />

#define NUM_DUMMY_RUNS 3<br />

void<br />

main (void)<br />

{<br />

int i;<br />

int err;<br />

int rep, reps, brk = 0;<br />

int num, old_num;<br />

int choice;<br />

int value;<br />

int key;<br />

int clock;<br />

int oldfile;<br />

int graphdriver = VGA;<br />

int graphmode = VGAHI;<br />

int rtextx, rtexty;<br />

int color;<br />

int crr[7];<br />

int cae[7];<br />

char quit;<br />

char filename[512];<br />

char filegplt[] = "c:\\designer.23\\@daten\\p.p";<br />

char string[80];<br />

char current[80];<br />

char norm[80];<br />

153


154 C. AUGER-Meßprogrammcode<br />

char pressure[80];<br />

char title[80];<br />

char comment[81];<br />

char energystr[10];<br />

char countsstr[10];<br />

unsigned e, upper, lower;<br />

unsigned e_times_2 = 1; /* !!!!!!! unbedingt so lassen !!!!! */<br />

unsigned point, intermed = 50000;<br />

unsigned gate;<br />

unsigned status;<br />

unsigned outbits[NUM_OUTBITS];<br />

unsigned long counts, cmax = 0, cmaxx = 1000;<br />

unsigned long vdcg_pulsewidth[2];<br />

float egun;<br />

float x, min, max, step, xstep, lmin;<br />

float angle;<br />

float energy[MAX_SPEC_LENGTH];<br />

double runs;<br />

double mean, sigma;<br />

double ctre[MAX_SPEC_LENGTH];<br />

double square[MAX_SPEC_LENGTH];<br />

struct dostime_t t, time;<br />

struct date d;<br />

FILE *file;<br />

FILE *gplt;<br />

FILE *fnum;<br />

/* initializing arrays to default values */<br />

ini_arrays (vdcg_pulsewidth, outbits, cae, crr);<br />

/* initialization of software and hardware */<br />

err = InitRoutine ();<br />

ErrorRoutine ("Error during ’InitRoutine", err);<br />

printf ("\n\n");<br />

printf ("Minimum -> ");<br />

scanf ("%f", &min);<br />

printf ("Maximum -> ");<br />

scanf ("%f", &max);<br />

printf ("Step -> ");<br />

scanf ("%f", &step);<br />

printf ("Wdhs -> ");<br />

scanf ("%d", &reps);<br />

printf ("EXT(1)/INT(0) -> ");<br />

scanf ("%d", &clock);<br />

if (clock == 0) /* using internal 8MHz clock */<br />

vdcg_pulsewidth[0] = 20000; /* low pulsewidth */<br />

printf ("# HIGH-Pulse -> ");<br />

scanf ("%d", vdcg_pulsewidth + 1);<br />

printf ("CRR/CAE (1/2) -> ");<br />

do<br />

{<br />

scanf ("%d", &choice);<br />

}<br />

while (choice < 1 || choice > 2);<br />

if (choice == 2)<br />

outbits[0] = 1;<br />

else<br />

outbits[0] = 0;<br />

printf ("CRR: 1 2 4 10 20 40 100\n");<br />

printf ("CAE: 200 100 50 20 10 5 2\n");<br />

printf ("----------|----|----|----|----|-----|----\n");<br />

printf ("Eingabe: 1 2 3 4 5 6 7\n\n");<br />

printf ("CAE/CRR value -> ");<br />

do<br />

{


scanf ("%d", &value);<br />

}<br />

while ((value < 1) || (value > 7));<br />

switch (value)<br />

{<br />

case 1:<br />

outbits[1] = 1;<br />

break;<br />

case 2:<br />

outbits[1] = 1;<br />

outbits[2] = 1;<br />

break;<br />

case 3:<br />

outbits[1] = 1;<br />

outbits[3] = 1;<br />

break;<br />

case 5:<br />

outbits[2] = 1;<br />

break;<br />

case 6:<br />

outbits[3] = 1;<br />

break;<br />

case 7:<br />

outbits[2] = 1;<br />

outbits[3] = 1;<br />

break;<br />

default: /* CRR 4/1 */<br />

outbits[1] = 1;<br />

outbits[3] = 1;<br />

break;<br />

}<br />

printf ("\nExperimentelle Bedingungen:\n\n");<br />

printf ("Strahl-Energie[keV] -> ");<br />

scanf ("%f", &egun);<br />

fflush (stdin);<br />

printf ("Winkel[ o ] -> ");<br />

scanf ("%f", &angle);<br />

fflush (stdin);<br />

printf ("Targetstrom[A] -> ");<br />

gets (current);<br />

fflush (stdin);<br />

printf ("Normierung -> ");<br />

gets (norm);<br />

fflush (stdin);<br />

printf ("Druck[mbar] -> ");<br />

gets (pressure);<br />

fflush (stdin);<br />

printf ("Titel: -> ");<br />

gets (title);<br />

fflush (stdin);<br />

printf ("Kommentar: -> ");<br />

gets (comment);<br />

getdate (&d);<br />

i = 0;<br />

do<br />

{<br />

printf ("Datei No. -> ");<br />

scanf ("%d", &num);<br />

if (old_num != num)<br />

i = 0;<br />

sprintf (filename, "c:\\designer.23\\@daten\\%02d%02d_m%02d.dta", d.da_mon, d.da_day, num);<br />

if (!(fnum = fopen (filename, "r+"))) /* case file already exists */<br />

i++;<br />

fclose (fnum);<br />

old_num = num;<br />

}<br />

while ((i


156 C. AUGER-Meßprogrammcode<br />

err = set_counter (vdcg_pulsewidth, clock);<br />

ErrorRoutine ("Error while setting counters", err);<br />

err = set_digital ();<br />

ErrorRoutine ("Error while setting DIO", err);<br />

err = set_bg ();<br />

ini_digital (outbits);<br />

printf ("\n\n!!! Hardware and Software setup finished !!!\n\n\n");<br />

printf ("\n\nStarting spectrum!\n\n");<br />

delay (1000);<br />

detectgraph (&graphdriver, &graphmode);<br />

initgraph (&graphdriver, &graphmode, "c:\\sprachen\\tcpp30\\bgi");<br />

ini_graph (min, max);<br />

getdate (&d);<br />

_dos_gettime (&t);<br />

setcolor (WHITE);<br />

settextjustify (LEFT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

outtextxy (50, 25, title);<br />

setcolor (LIGHTBLUE);<br />

settextjustify (LEFT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

outtextxy (50, 40, "Minimale Energie:");<br />

outtextxy (50, 50, "Maximale Energie:");<br />

outtextxy (50, 60, "Strahl-Energie:");<br />

outtextxy (50, 70, "Einfallswinkel:");<br />

outtextxy (50, 80, "Targetstrom:");<br />

outtextxy (50, 90, "Druck:");<br />

outtextxy (50, 100, "Datei Nr.:");<br />

setcolor (LIGHTMAGENTA);<br />

settextjustify (RIGHT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

sprintf (string, "%3.0feV", min);<br />

outtextxy (245, 40, string);<br />

sprintf (string, "%3.0feV", max);<br />

outtextxy (245, 50, string);<br />

sprintf (string, "%.2fkV", egun);<br />

outtextxy (245, 60, string);<br />

sprintf (string, "%3.0f o ", angle);<br />

outtextxy (245, 70, string);<br />

sprintf (string, "%sA", current);<br />

outtextxy (245, 80, string);<br />

sprintf (string, "%smbar", pressure);<br />

outtextxy (245, 90, string);<br />

sprintf (string, "%02d", num);<br />

outtextxy (245, 100, string);<br />

setcolor (RED);<br />

rectangle (50, 130, 200, 185);<br />

setcolor (WHITE);<br />

settextjustify (LEFT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

outtextxy (60, 138, "Hotkeys:");<br />

setcolor (YELLOW);<br />

settextjustify (LEFT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

outtextxy (60, 150, "q");<br />

outtextxy (60, 160, "+");<br />

outtextxy (60, 170, "-");<br />

outtextxy (60, 180, "x");<br />

setcolor (LIGHTRED);<br />

settextjustify (RIGHT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

outtextxy (195, 150, "letzte Wdh");<br />

outtextxy (195, 160, "plus 1 Wdh");<br />

outtextxy (195, 170, "minus 1 Wdh");<br />

outtextxy (195, 180, "Abbruch");<br />

setcolor (BROWN);<br />

rectangle (45, 34, 250, 105);<br />

setcolor (LIGHTGREEN);<br />

settextjustify (LEFT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

outtextxy (50, 120, comment);<br />

err = CTREnable (SLOTISA_0, ONBOARD, CHANNEL_0); /* CTRE */<br />

ErrorRoutine ("Error enabling CTRE !!!", err);<br />

err = CTREnable (SLOTISA_1, ONBOARD, CHANNEL_0); /* VDCG */<br />

ErrorRoutine ("Error enabling VDCG !!!", err);<br />

err = CTRRead (SLOTISA_0, ONBOARD, CHANNEL_0, RESET, &counts, &status); /* reset CTRE */<br />

ErrorRoutine ("Error reading/resetting CTRE !!!", err);


flushall (); /* clearing all input streams */<br />

for (rep = 1; rep 1)<br />

cmaxx = cmax;<br />

setcolor (rep % 14 + 1); /* changing g_color for each repetition */<br />

moveto (xpix (min, min, max), ypix (0, cmaxx)); /* initial g_cursor */<br />

for (x = min - NUM_DUMMY_RUNS * step; x > 8) & 127) | (e_times_2 cmax) && (point > NUM_DUMMY_RUNS))<br />

cmax = (unsigned long) counts;<br />

if (status == CTR_OVERFLOW) /* checking for CTRE OVERFLOW */<br />

printf ("!!! Warning: overflow while measuring at %.2f eV !!!\n", x);<br />

if (point > NUM_DUMMY_RUNS)<br />

lineto (xpix (x, min, max), ypix ((unsigned long) floor (ctre[point] / ((double) rep)), cmaxx));<br />

if (kbhit ()) /* check if keyboard hit occured */<br />

{<br />

key = getch (); /* getting hold of inserted key */<br />

rtextx = 0.5 * getmaxx ();<br />

rtexty = 0.8 * getmaxy ();<br />

color = getcolor (); /* saving old pixel color */<br />

settextjustify (LEFT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

setcolor (getbkcolor ());<br />

outtextxy (rtextx, rtexty, "00000000000000000000000000000000000");<br />

setcolor (LIGHTRED);<br />

switch (key)<br />

{<br />

case ’q’:<br />

reps = rep;<br />

157


158 C. AUGER-Meßprogrammcode<br />

}<br />

}<br />

}<br />

sprintf (string, "Letzter Schleifendurchlauf (Nr.%d)", reps);<br />

break;<br />

case ’+’:<br />

reps += 1;<br />

sprintf (string, "Neue Anzahl der Durchläufe: %d -> %d", reps - 1, reps);<br />

break;<br />

case ’-’:<br />

reps -= 1;<br />

sprintf (string, "Neue Anzahl der Durchläufe: %d -> %d", reps + 1, reps);<br />

break;<br />

case ’x’:<br />

reps = rep;<br />

sprintf (string, "!!! Sofortiger Schleifenabbruch !!!");<br />

intermed = point;<br />

break;<br />

}<br />

outtextxy (rtextx, rtexty, string);<br />

moveto (xpix (x, min, max), ypix (counts / (float) rep, cmaxx));<br />

setcolor (color);<br />

if (key == ’x’)<br />

break; /* leaving ’for’-loop */<br />

point++; /* array index */<br />

do<br />

{ /* waiting until gate gets active */<br />

err = DIOReadBit (SLOTISA_1, ONBOARD, PORT_1, 0, &gate);<br />

ErrorRoutine ("Error reading DIO for gate active !!!", err);<br />

}<br />

while (gate == CLOSED);<br />

if (key == ’x’) /* if key ’x’ has been struck */<br />

break;<br />

sprintf (filename, "c:\\designer.23\\@daten\\%02d%02d_m%02d.dta", d.da_mon, d.da_day, num);<br />

file = fopen (filename, "w+");<br />

if (file == NULL)<br />

{<br />

printf ("Error opening file!\n\n");<br />

exit (0);<br />

}<br />

fprintf (file, "# Titel: %s\n", title);<br />

fprintf (file, "# Spektrum vom %02d.%02d.%04d um %02d:%02d.%02d Uhr\n", d.da_day, d.da_mon, d.da_year, t.hour, t.minute, t.second);<br />

fprintf (file, "# Minimum: %4.2lf Maximum: %4.2lf Step: %4.2lf\n", min, max, step);<br />

fprintf (file, "# Messungen pro Kanal: %d\n", reps);<br />

fprintf (file, "# Silizium-Wafer\n");<br />

fprintf (file, "# Strahl-Energie: %.2fkeV\n", egun);<br />

if (clock == 1)<br />

fprintf (file, "# CLOCK: external\n");<br />

else<br />

fprintf (file, "# CLOCK: internal 8MHz\n");<br />

fprintf (file, "# VDCG_LOW: %ld\t\tVDCG_HIGH: %ld\n", vdcg_pulsewidth[0], vdcg_pulsewidth[1]);<br />

if (outbits[0] == 0)<br />

fprintf (file, "# CRR-Mode: %d / 1 \n\n", crr[value - 1]);<br />

else<br />

fprintf (file, "# CAE-Mode: HV = %deV\n", cae[value - 1]);<br />

fprintf (file, "\n# Experimentelle Randbedingungen:\n\n");<br />

fprintf (file, "# Einfallswinkel (Strahl-Kristalloberfläche): %3.2f o \n", angle);<br />

fprintf (file, "# Targetstrom: %sA\n", current);<br />

fprintf (file, "# Normierung: %s\n", norm);<br />

fprintf (file, "# Druck: %smbar\n", pressure);<br />

fprintf (file, "# %s\n\n", comment);<br />

if (key != ’x’)<br />

{<br />

runs = (double) reps;<br />

for (i = NUM_DUMMY_RUNS; i


mean = ctre[i] / runs;<br />

sigma = sqrt (square[i] / runs - pow (mean, 2.0));<br />

fprintf (file, "%4.2f\t%8.4lf\t%8.4lf\n", energy[i], mean, sigma);<br />

}<br />

}<br />

else<br />

{<br />

for (i = NUM_DUMMY_RUNS; i


160 C. AUGER-Meßprogrammcode<br />

}<br />

_dos_gettime (&t);<br />

printf ("Ende der Messung um %02d.%02d:%02d Uhr.\n\n", t.hour, t.minute, t.second);<br />

err = DIOWrite (SLOTISA_0, ONBOARD, PORT_0, !10);<br />

ErrorRoutine ("Error while writing to DIO port 0 on 1st board", err);<br />

err = DIOWrite (SLOTISA_0, ONBOARD, PORT_1, !0);<br />

ErrorRoutine ("Error while writing to DIO port 1 on 1st board", err);<br />

/***************************************************************/<br />

/******************* FILE: config.c ****************************/<br />

/***************************************************************/<br />

/* makros concerning the counters */<br />

#define INVERT_CLOCK 1<br />

#define INVERT_GATE 1<br />

#define INVERT_OUTPUT 1<br />

#define DIVIDER_LATCH_ON 1<br />

#define EXTERNAL_CLOCK 1<br />

#define DUMMY 0<br />

/* makros concerning the digital I/O */<br />

#define HANDSHAKE 1 /* for ’ON’ no ’READBit()’ possible on port */<br />

#define OUTPUT 0<br />

#define INITIAL_ZERO 0<br />

/* makros concerning the burstgenerator */<br />

#define BURSTPERIOD_1 800 /* in multiples of 125ns, minimum 3, must >= pulseperiod*pulsesperburst */<br />

#define PULSEPERIOD_1 5 /* in multiples of 125ns, minimum 3 */<br />

#define PULSES_PER_BURST_1 3 /* minimum value */<br />

#define BURSTPERIOD_2 9000 /* in multiples of 125ns, minimum 3, must >= pulseperiod*pulsesperburst */<br />

#define PULSEPERIOD_2 3 /* in multiples of 125ns, minimum 3 */<br />

#define PULSES_PER_BURST_2 3 /* minimum value */<br />

int<br />

set_counter (unsigned long *vdcg_pulsewidth, int clock)<br />

{<br />

int err;<br />

unsigned long data = DUMMY; /* only valid for divider and VDCG modes */<br />

/* VDCG on 1st board (32 Bit), used as gate for CTRE, */<br />

printf ("Setting VDCG to external/internal clock usage\n");<br />

if (err = CTRSetOptions (SLOTISA_1, ONBOARD, CHANNEL_0, !INVERT_OUTPUT, !INVERT_CLOCK, !INVERT_GATE, DUMMY, clock))<br />

return err;<br />

printf ("Setting VDCG on 1st board\n");<br />

if (err = CTRConfigure (SLOTISA_1, ONBOARD, CHANNEL_0, vdcg_pulsewidth, VDCG_MODE))<br />

return err;<br />

/* CTRE on 2nd board (32 Bit), event counting mode , signals from CLAM-analyser */<br />

printf ("Setting CTRE options\n");<br />

if (err = CTRSetOptions (SLOTISA_0, ONBOARD, CHANNEL_0, !INVERT_OUTPUT, !INVERT_CLOCK, !INVERT_GATE, DUMMY, DUMMY))<br />

return err;<br />

printf ("Setting CTRE on 2nd board to 32 bit signal measurement\n");<br />

if (err = CTRConfigure (SLOTISA_0, ONBOARD, CHANNEL_0, &data, LCTR_MODE))<br />

return err;<br />

return 0;<br />

}<br />

int<br />

set_bg (void)<br />

{<br />

int err;<br />

int pulsesperburst_1 = PULSES_PER_BURST_1;<br />

int pulsesperburst_2 = PULSES_PER_BURST_2;<br />

/* BG in single shot mode, initially disabled by ’BGConfigure()’ call */


printf ("Setting BG1 to continuous mode\n");<br />

if (err = BGConfigure (SLOTISA_0, ONBOARD, CHANNEL_0, BURSTPERIOD_1, PULSEPERIOD_1, pulsesperburst_1, BG_CONT_MODE))<br />

return err;<br />

printf ("Setting BG1 options\n");<br />

if (err = BGSetOptions (SLOTISA_0, ONBOARD, CHANNEL_0, !INVERT_OUTPUT))<br />

return err;<br />

printf ("Starting (enabling) BG1\n");<br />

if (err = BGEnable (SLOTISA_0, ONBOARD, CHANNEL_0))<br />

return err;<br />

printf ("Setting to continuous mode\n");<br />

if (err = BGConfigure (SLOTISA_1, ONBOARD, CHANNEL_0, BURSTPERIOD_2, PULSEPERIOD_2, pulsesperburst_2, BG_CONT_MODE))<br />

return err;<br />

printf ("Setting BG2 options\n");<br />

if (err = BGSetOptions (SLOTISA_1, ONBOARD, CHANNEL_0, !INVERT_OUTPUT))<br />

return err;<br />

printf ("Enabling BG2\n");<br />

if (err = BGEnable (SLOTISA_1, ONBOARD, CHANNEL_0))<br />

return err;<br />

return 0;<br />

}<br />

int<br />

set_digital (void)<br />

{<br />

int err;<br />

/* two 8-Bit DIO ports on each board, handshake ’OFF’ for single bit access necessary, initial data ’0’ */<br />

printf ("Setting DIO:\n");<br />

printf ("1st BOARD, PORT 0 -> output\n");<br />

if (err = DIOConfigure (SLOTISA_0, ONBOARD, PORT_0, OUTPUT, !HANDSHAKE, INITIAL_ZERO))<br />

return err;<br />

printf ("1st BOARD, PORT 1 -> output\n");<br />

if (err = DIOConfigure (SLOTISA_0, ONBOARD, PORT_1, OUTPUT, !HANDSHAKE, INITIAL_ZERO))<br />

return err;<br />

printf ("2nd BOARD, PORT 0\ -> output\n");<br />

if (err = DIOConfigure (SLOTISA_1, ONBOARD, PORT_0, OUTPUT, !HANDSHAKE, INITIAL_ZERO))<br />

return err;<br />

printf ("2nd BOARD, PORT 1 -> input\n");<br />

if (err = DIOConfigure (SLOTISA_1, ONBOARD, PORT_1, !OUTPUT, !HANDSHAKE, INITIAL_ZERO))<br />

return err;<br />

return 0;<br />

}<br />

/*******************************************************************/<br />

/**************** FILE: graphic.c **********************************/<br />

/*******************************************************************/<br />

#include <br />

void<br />

ini_graph (int xmin, int xmax)<br />

{<br />

int xres, xoffset, xrange;<br />

int yres, yoffset, yrange;<br />

int errorcode;<br />

char scale[10];<br />

float x;<br />

/* read result of initialization */<br />

errorcode = graphresult ();<br />

if (errorcode != grOk) /* an error occurred */<br />

{<br />

printf ("Graphics error: %s\n", grapherrormsg (errorcode));<br />

printf ("Press any key to halt:");<br />

getch ();<br />

exit (1); /* return with error code */<br />

}<br />

xres = getmaxx ();<br />

xoffset = floor (xres * 0.05);<br />

xrange = floor (xres * 0.9);<br />

yres = getmaxy ();<br />

yoffset = yres - floor (yres * 0.05);<br />

yrange = floor (yres * 0.9);<br />

161


162 C. AUGER-Meßprogrammcode<br />

setbkcolor (BLACK);<br />

setcolor (LIGHTGRAY);<br />

line (xoffset, yoffset, xres - xoffset, yoffset);<br />

line (xoffset, yoffset, xoffset, yres - yoffset);<br />

/* settextstyle */<br />

settextjustify (LEFT_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

setcolor (YELLOW);<br />

outtextxy (500, 10, "AUGER-Spektrum");<br />

setcolor (RED);<br />

outtextxy (500, 20, "by");<br />

setcolor (CYAN);<br />

outtextxy (520, 20, "Jens Ducrée");<br />

settextjustify (CENTER_TEXT, CENTER_TEXT);<br />

for (x = xmin; x


printf ("SoftwareInit\n\n");<br />

if (err = SWInit ())<br />

return err;<br />

printf ("Including 98C-Board(s)\n\n");<br />

if (err = Include98C ())<br />

return err;<br />

printf ("Including 20003M-2 Boards\n\n");<br />

if (err = Include3M ())<br />

return err;<br />

printf ("Assigning the 1st slot and segment\n\n");<br />

if (err = SlotAssign (SLOTISA_0, SEGMENTISA_0))<br />

return err;<br />

printf ("Assigning the 2nd slot and segment!\n\n");<br />

if (err = SlotAssign (SLOTISA_1, SEGMENTISA_1))<br />

return err;<br />

printf ("Hardware initialization\n\n");<br />

return HWInit ();<br />

}<br />

void<br />

ini_digital (unsigned *outbits)<br />

{<br />

int i;<br />

int err;<br />

}<br />

/* initializing 2 CLAM output 8-Bit ports on 1st board to initial data ’0’ */<br />

/* port 0: CLAM energy ( lower 8 Bits ) */<br />

/* port 1: CLAM energy ( upper 7 Bits ) and E_TIMES_2 bit */<br />

printf ("Writing initial data to DIO ports:\n");<br />

printf ("1st BOARD,PORT 0\n");<br />

err = DIOWrite (SLOTISA_0, ONBOARD, PORT_0, INI_DIO_DATA);<br />

ErrorRoutine ("Error writing initial DIO data to 1st board, port 0", err);<br />

printf ("1st BOARD,PORT 1\n");<br />

err = DIOWrite (SLOTISA_0, ONBOARD, PORT_1, INI_DIO_DATA);<br />

ErrorRoutine ("Error writing initial DIO data to 1st board, port 1", err);<br />

/* initializing 1st CLAM output 8-Bit port on 2nd board for "special bits" */<br />

printf ("2nd BOARD,PORT 0\n");<br />

err = DIOWrite (SLOTISA_1, ONBOARD, PORT_0, INI_DIO_DATA);<br />

ErrorRoutine ("Error writing initial DIO data to 2nd board, port 0", err);<br />

/* 2nd port has been configured for INPUT */<br />

/* printf( "2nd BOARD,PORT 1\n" ) ; */<br />

/* DIOWrite( SLOTISA_1 , ONBOARD , PORT_1 , INI_DIO_DATA ) ; */<br />

/* initializing the "E/2"-bit on first board,port 1(upper),bit 7 */<br />

printf ("Writing ’special bits’ to DIO ports:\n");<br />

printf ("The (E * 2) bit No 15 on 1st BOARD, 2nd PORT\n");<br />

err = DIOWriteBit (SLOTISA_0, ONBOARD, PORT_1, E_TIMES_2_BIT, !(outbits[0]));<br />

ErrorRoutine ("Error writing initial DIO bitwise data to 1st board, port 1", err);<br />

/* initilizing CAE-Bits and E_OVER_20-Bit */<br />

printf ("The CAE/CRR bits and the E_OVER_20 bit on 2nd BOARD, 1st PORT\n");<br />

for (i = 0; i


164 C. AUGER-Meßprogrammcode<br />

void<br />

ini_arrays (unsigned long *vdcg_pulsewidth, unsigned *outbits, int *cae, int *crr)<br />

{<br />

/* default VDCG-pulsewidths */<br />

vdcg_pulsewidth[0] = VDCG_LOW;<br />

vdcg_pulsewidth[1] = VDCG_HIGH;<br />

/* initializing digital-I/O ports with read-in parameters (E/2,E*20,CAE/CRR,Mode) */<br />

outbits[0] = 0;<br />

outbits[1] = 0;<br />

outbits[2] = 0;<br />

outbits[3] = 0;<br />

outbits[4] = 1;<br />

outbits[5] = 0;<br />

/* assignment of CLAM-modes */<br />

crr[0] = 1;<br />

crr[1] = 2;<br />

crr[2] = 4;<br />

crr[3] = 10;<br />

crr[4] = 20;<br />

crr[5] = 40;<br />

crr[6] = 100;<br />

cae[0] = 200;<br />

cae[1] = 100;<br />

cae[2] = 50;<br />

cae[3] = 40;<br />

cae[4] = 10;<br />

cae[5] = 5;<br />

cae[6] = 2;<br />

}


Literaturverzeichnis<br />

[1] R.P. Adam:<br />

Diplomarbeit, Westfälische Wilhelms–Universität, Münster (1994)<br />

[2] L.E. Davis, N.C. MacDonald, P.W. Palmberg, G.E. Riach,<br />

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ed. by D. Briggs and M.P. Seah, Wiley, Chichester (1983)<br />

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Zusammenstellung direkter und abgeleiteter Augerspektren vieler Elemente<br />

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[8] , H.J. Andrä:<br />

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[10] H.J. Andrä:<br />

Vorlesung: <strong>Ionen</strong>– und Plamatechnologie<br />

Westfälische Wilhelms–Universität, Wintersemester 1995/96<br />

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[15] J. Burgdörfer, P. Lerner, F.W. Meyer:<br />

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[16] J. Burgdörfer, F.W. Meyer:<br />

Phys. Rev. A 47, R20 (1993)<br />

[17] J. Burgdörfer, Carlos Reinhold, Fred Meyer:<br />

Nucl. Instr. Meth. B 95, 415–419 (1995)<br />

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Datei RCNwriteup innerhalb des Cowan–Code, Mod36–Paketes (1993)<br />

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Phys. Rev. A 47, R755 (1993)


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Nucl. Instr. Meth. B 98, 458–461 (1995)<br />

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2. Auflage, de Gruter, Berlin (1983)<br />

[27] Götz Leonhardt:<br />

Diplomarbeit, Westfälische Wilhelms–Universität Münster (1995)<br />

[28] J. Limburg, J. Das, S. Schippers, R. Hoekstra, R. Morgenstern:<br />

Phys. Rev. Lett. 73,6, 786–789 (1994)<br />

[29] J. Limburg, S. Schippers, I. Hughes, R. Hoekstra, R. Morgenstern,<br />

S. Hustedt, N. Hatke, W. Heiland:<br />

Velocity Dependence of KLL Auger emission from hollow atoms formed<br />

during collisions of hydrogenic N 6+ ions on surfaces<br />

Paper persönlich zugeschickt und veröffentlicht, Quelle n.b.<br />

[30] J. Lindhard:<br />

K. Dan. Vidensk. Selsk. Mat. Fys. Medd., 28 (1954) na 8<br />

[31] G. Molière, Z. Naturf. A2, 133 (1947)


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Nucl. Instr. Meth.B 98, 429-435 (1995)<br />

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Preparation of Atomically Clean Surfaces of Selected ELements: A Review<br />

Appl. Surf. Sci. 10, 143–207 (1982)<br />

[34] T. Neidhart, F. Pichler, F. Aumayr, HP. Winter, M. Schmid,<br />

P. Varga:<br />

” Potential Sputtering“of Lithium Fluoride by Slow Multicharged Ions<br />

eingereicht zu Phys. Rev. Lett., November 1994<br />

[35] W.H. Press, B.P. Flannery, S.A. Teukolsky, W.T. Vetterling:<br />

Numerical Recipes in C<br />

[36] S. Schippers, J. Limburg, J. Das, R. Hoekstra, R. Morgenstern:<br />

Phys. Rev. A, vol. 50, no. 1, 540–552 (1994)<br />

[37] P. Strohmeier:<br />

Diplomarbeit, Westfälische Wilhelms–Universität, Münster (1986)<br />

[38] M. Stübbe:<br />

Diplomarbeit, Westfälische Wilhelms–Universität, Münster (1995)<br />

[39] Robert D. Cowan:<br />

The Theory of Atomic Structure and Spectra<br />

University of California Press, Berkeley (1981)<br />

[40] Uwe Thumm und Peter Kürpick:<br />

Verhandlungen der DPG zur Frühjahrstagung Rostock, A 22.2<br />

und persönliche Mitteilung<br />

[41] P.Varga:<br />

Comm. At Mol. Phys., Vol. 23, No. 3, 111–142 (1989)<br />

[42] VG Instruments GmbH:<br />

Handbuch zum CLAM


LITERATURVERZEICHNIS 169<br />

[43] Christian Vitt:<br />

Diplomarbeit, Westfälische Wilhelms–Universität, Münster (1996)<br />

[44] H. Winter:<br />

XVII ICPEAC Inv. (1991)<br />

[45] H. Winter und C. Auth:<br />

Phy. Rev. Lett., 71, 1939 (1993)<br />

[46] Y. Yamamura, S.T. Nakagawa, H. Tawara:<br />

Nucl. Instr. Meth. B 98, 400–406 (1995)<br />

[47] James F. Ziegler:<br />

The Stopping and Range of Ions in Matter:<br />

vol. 2–6, Pergamon Press (1977–85)<br />

[48] James F. Ziegler:<br />

Instruction Manual von TRIM Version 95.4<br />

als Postscript–File Teil des Programmpakets<br />

3.1, 3.3, 3.3, B.2, 1 3.7 3.7 3.7, 2 2.2.1, 2.6, 2.7 3.4 9, 3.4 30 7.3 1 5 3<br />

7.1 2.8.1 2.2.3 2.8.1, 33 4.1.1, 1 5 2.8.2, 5.3.3, 31, 6.1.2 4.2 1 5.4.1 3.18,<br />

5.4.2 38 3.1, 3.1 3.4, 6.1.1 2.8.3, 3.4, 4, 6.1.2 5.3.3 2.2.1 6 3.6 30, 7.3 3.5.3<br />

4 3.5.4 3.1, 11, 5 4.1.1, 22, 4.2 2 9 3.4 1, 3.1, 11, 3.2, 4, 5 2.6 5 7.3 7.1 7.1


Danksagung<br />

An dieser Stelle möchte ich denjenigen Leuten meinen herzlichen Dank aussprechen,<br />

die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.<br />

Zu besonderem Dank bin ich Herrn Prof. Dr. H.J. Andrä verpflichtet, der<br />

mich nicht nur an einem <strong>sehr</strong> interessanten Thema arbeiten ließ, sondern<br />

auch <strong>mit</strong> zahlreichen konstruktiven Ideen, praktischen Ratschlägen und einem<br />

<strong>sehr</strong> angenehmen Arbeitsklima meine Arbeit voranbrachte. Außerdem<br />

ermöglichte er mir die Präsentation m<strong>einer</strong> Ergebnisse auf <strong>einer</strong> DPG–Tagung<br />

in Rostock und die Teilnahme an <strong>einer</strong> <strong>sehr</strong> lehrreichen Summer–School für<br />

Plasmaphysik in Garching.<br />

Für die gute Zusammenarbeit und den technischen Support möchte ich weiterhin<br />

Herrn Dipl. Ing. Hans–Werner Ortjohann und Dr. Joachim Leuker<br />

danken.<br />

Meinen Mitdiplomanden Dipl. Phys. Götz Leonhardt und Dipl. Phys. Matthias<br />

Stübbe, insbesondere aber Herrn Christian Vitt möchte für die außergewöhnlich<br />

kollegiale und inspirierende Atmosphäre während der vielen gemeinsamen<br />

Diskussionen und Laborstunden danken.<br />

Außerdem wußte ich das sich nicht nur auf das Labor beschränkende, kooperative<br />

Verhältnis zu den ≪Laserleuten≫ Dipl. Phys Andreas Horn, Dipl.<br />

Phys. Peter Westphal, Dipl. Phys. Stefan Koch, Dipl. Phys. Thomas Kersebohm,<br />

Dipl. Phys. Harald Nölle, Thomas Kracht und Herrn Dr. Schmand zu<br />

schätzen.<br />

Weiterhin trug die hervorragende Zusammenarbeit <strong>mit</strong> den Mitgliedern der<br />

Gruppe von Herrn Prof. Dr. Frekers zum Erfolg m<strong>einer</strong> Arbeit bei. Namentlich<br />

möchte ich dabei besonders Herrn Dr. Heinrich Wörtche, Herrn Dipl.<br />

Phys. Matthias Hartig, Herrn Dipl. Phys. Volker Hannen, Herrn Dipl. Phys.<br />

Jochen Volmer und nicht zuletzt Frau Ana Núñez Ruiz hervorheben, die mir<br />

in vielen Situationen nützliche Hilfe und Denkanstöße ver<strong>mit</strong>telten.<br />

Last but not least bin ich meinen Eltern zu großem Dank verpflichtet, die mich<br />

über meine gesamte Ausbildungszeit hinweg sowohl in persönlichen Dingen<br />

als auch in finanzieller Hinsicht vorbildlich unterstützt haben.


Erklärung<br />

Ich erkläre, daß ich diese Arbeit ohne fremde Hilfe verfaßt und keine anderen<br />

als die angegebenen Quellen und Hilfs<strong>mit</strong>tel verwandt habe.<br />

Münster, im April 1996

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