RDT 1/2007 - Bund gegen Missbrauch der Tiere ev
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ein - er muss definitiv durch mindestens<br />
fünf Hände gegangen sein. Zuletzt hat<br />
man versucht, ihn in einer Tierarztpraxis<br />
an den Mann bzw. ein neues Herrchen<br />
zu bringen.<br />
Ohne dauerhaften Erfolg, was uns<br />
nicht wirklich verwun<strong>der</strong>t. Zudem<br />
macht unsere Hundepflegerin Christina<br />
Scholz nach kurzem Aufenthalt <strong>der</strong><br />
Heulboje eine wichtige Entdeckung -<br />
<strong>der</strong> junge Dalmatiner ist taub. Ob er<br />
deswegen diese ungeahnte Protestlautstärke<br />
erreicht, schließlich kann er sich<br />
selbst nicht hören, wage ich zu bezweifeln,<br />
zweifellos verfügt er aber über ein<br />
ausgesprochen kräftiges Organ. Der<br />
Versuch, ihn erstmals in ein normales<br />
Leben in einer Familie<br />
zu integrieren,<br />
schlägt fehl.<br />
Auch die Pflegestelle<br />
<strong>der</strong> "Dalmatiner Nothilfe"<br />
in Köln scheitert an Porki;<br />
er macht seinem Namen lei<strong>der</strong><br />
auch hier alle Ehre. Mit<br />
viel Geduld<br />
stellt er<br />
zwar<br />
seine<br />
Heultiraden<br />
ein, wird in relativ kurzer Zeit sogar stubenrein,<br />
doch seine Eifersucht auf die<br />
vorhandenen Katzen nebst Herrchen<br />
und freundlicher Dalmatinerhündin<br />
zwingt die Pflegestelle, ihn zurückzuschicken.<br />
Auf alle Fälle wird auch hier<br />
klar, dass dieser Hund im Laufe seines<br />
Lebens klare Strategien entwickelt hat,<br />
um möglichst alles zu seinem Vorteil zu<br />
entscheiden. Das ist unter diesen Umständen<br />
auch normal. In den heimischen<br />
Schoß des Franziskus Tierheims<br />
zurückgekehrt, wartet <strong>der</strong> Dalmatiner<br />
jetzt seit Ewigkeiten auf Menschen, die<br />
mit ihm umgehen können und die sich<br />
nicht auf seine (albernen) Spielchen<br />
einlassen.<br />
Nachdem unser Sorgenkind Carlo ein<br />
neues, tolles Zuhause gefunden hat, ist<br />
<strong>der</strong> Dalmi als Patentier von unserer engagierten<br />
Familie Weischer übernom-<br />
F RANZISKUS TH<br />
Gehörloser, kluger Beethoven<br />
Trotz seiner Taubheit zeigt sich Beethoven<br />
als außerordentlich motivierter<br />
Schüler und lernt schnell.<br />
Sein bisheriges Alphabet <strong>der</strong> Handzeichen<br />
klappt, jede Aktion sitzt, und er ist<br />
(meistens)konzentriert bei <strong>der</strong> Sache -<br />
solange Leckerchen in ausreichen<strong>der</strong><br />
Anzahl abfallen. Beim so genannten<br />
Mantrailing hat er jetzt erneut seine erstaunlichen<br />
Begabungen unter Beweis<br />
gestellt: Anhand einer Geruchsprobe<br />
soll <strong>der</strong> Hund einen bestimmten Menschen<br />
ausfindig machen. Die Strecke,<br />
die er verfolgt, um den Zweibeiner zu<br />
orten, wird beliebig, je nach Trainingsgrad<br />
erweitert.<br />
men worden. Er hat gewaltige<br />
Fortschritte gemacht und sich so auch<br />
endlich einen neuen Namen verdient.<br />
Angesichts seiner Taubheit tauft ihn unsere<br />
Landesverbandsmitarbeiterin Renate<br />
Querfurth krea tiv auf den Namen<br />
Beethoven um. Und einen Spitznamen<br />
hat er auch weg: In Kennerkreisen<br />
nennt man ihn den "gefleckten Freund".<br />
Mittlerweile wird seine Vermittlung<br />
langsam überfällig, es dauert schon<br />
viel zu lange für den intelligenten Kerl.<br />
Langsam aber sicher steigt ihm das<br />
"Hundeleben" im Zwinger, ungeachtet<br />
beachtlicher Fortschritte, in seinen hübschen<br />
Kopf. Der junge Wilde ist schlicht<br />
unterfor<strong>der</strong>t, langweilt sich, denkt sich<br />
ständig neue Flausen aus; ich kann es<br />
ihm in seinen Augenwinkeln ansehen.<br />
Es ist traurig! Dabei ist er ein prächtiger<br />
Kerl, dickköpfig, verfressen, mit einem<br />
starken Willen und ausgeprägten<br />
Schon beim ersten Versuch unserer<br />
Hundetrainerinnen des Tierheims zeigt<br />
er sich enorm motiviert, begreift wie<strong>der</strong><br />
sehr schnell, worum es geht und ist dabei<br />
kaum zu bremsen. Zumal <strong>der</strong><br />
Mensch, den es zu finden gilt, Fleischwurst<br />
mit sich führt, die als Belohnung<br />
auf den ehrlichen, gefleckten<br />
Fin<strong>der</strong> wartet. Er<br />
erweist sich als ein<br />
wahrer Sherlock<br />
Holmes und spürt<br />
den Menschen mit<br />
<strong>der</strong> Fleischwurst<br />
innerhalb kürzester<br />
Zeit über eine größere<br />
Strecke auf.<br />
Charakter gesegnet,<br />
aber eigentlich ein<br />
Hund wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e.<br />
Für ein Stück Fleischwurst<br />
in Herrchens<br />
Hand geht er<br />
locker einmal durch<br />
die Hölle und zurück.<br />
Dort regnet es bekanntlich<br />
nicht, was ihm sehr ent<strong>gegen</strong><br />
kommt. Denn unfreundliche Witterung<br />
ist nicht seine Sache, da stellt er erst<br />
mal jeden Zweibeiner auf die Bockigkeits-Probe.<br />
Doch im Duett mit seiner<br />
Trainerin Sabine läuft er auf dem Agility<br />
Parcours zu ungeahnter Größe auf,<br />
zeigt sich begabt, lernwillig und hat<br />
Spaß daran, dass er eine Aufgabe bewältigen<br />
darf.<br />
Man stelle sich vor, Luciano Pavarotti,<br />
seines Zeichens schwergewichtiger Opernstar,<br />
hätte eine Fleischwurst unter<br />
dem Arm und Beethoven sollte ihn suchen.<br />
Ich schwöre Euch, er würde ihn<br />
sogar jenseits des Weißwurst - Äquators<br />
im düstersten Bayernlande finden…Doch<br />
seine Ansprüche sind ja<br />
gar nicht so hoch, Beethoven findet<br />
auch Sie, egal wo, wenn Sie sich auf ihn<br />
einlassen. Garantiert, Sie müssen ihm<br />
nur eine Chance geben…<br />
Text: Frank Weber, Fotos Debra Bardowicks<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/<strong>2007</strong><br />
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