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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2005-04

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weiterhin eine Einrichtung für die Arbeitnehmer des Betriebes.<br />

Der Personalchef des Betriebes hat mit auf diese Einrichtung<br />

zu achten. Die Beschaffung von Haushaltshilfen für den<br />

Geschäftsführer war eine Kleinigkeit, die neben den arbeitsvertraglichen<br />

Aufgaben erledigt werden konnte und diese<br />

Aufgaben nicht berührte. Die Betreuung der Projekte war, wie<br />

aus dem Begriff „Projekt“ hervorgeht, eine vorübergehende<br />

Aufgabe. Wenn diese Projekte nicht zum betrieblichen Tätigkeitsbereich<br />

gehören – bei dem einen Projekt war das der Fall,<br />

bei dem anderen Projekt ist es zweifelhaft, braucht hier aber<br />

nicht aufgeklärt zu werden –, drängte die Arbeit des Klägers<br />

an diesen Projekten zwar die arbeitsvertraglich festgelegten<br />

Arbeiten zurück, ersetzte diese jedoch nicht. Die arbeitsvertraglichen<br />

Aufgaben des Personaldirektors würden nach Abschluss<br />

der Projekte wieder voll im Vordergrund stehen und<br />

konnten auch jederzeit, wenn nötig, den Vorrang einnehmen.<br />

Die dem Kläger übertragene Betreuung der Projekte änderte<br />

also an seinem arbeitsvertraglich bestimmten Aufgabenbereich<br />

nichts.<br />

Der Kläger war auch nicht einer Zentralabteilung zugeordnet,<br />

die unabhängig von den Betrieben, die die Beklagte übernommen<br />

hat, bestanden hätte.<br />

Die frühere Betriebsinhaberin, hatte ihr Unternehmen, zu dem<br />

die Betriebe in (…) und (…) gehörten, nicht so organisiert,<br />

dass die Unternehmensleitung in einem eigenen Bereich,<br />

getrennt von den Tätigkeiten der Betriebe wahrgenommen<br />

worden wäre. Die Mitglieder des Unternehmensführungskreises,<br />

zu dem der Kläger gehörte, bildeten keine von den<br />

Betrieben losgelöste selbständige Einheit. Der Kläger hatte<br />

keine reine Stabsfunktion inne, sondern hatte als Direktor des<br />

Personalwesens, dem die beiden örtlichen Personalleiter in<br />

(…) und (…) unterstellt waren, und später auch als Direktor<br />

des Materialwesens unmittelbar betriebliche Aufgaben zu<br />

erfüllen. Er unterschrieb Arbeitsverträge und Kündigungen,<br />

er verhandelte mit dem Betriebsrat und schloss mit<br />

ihm Betriebsvereinbarungen. Er führte Verhandlungen mit<br />

Energie-Versorgungsunternehmen. Damit war er nicht nur<br />

mit Unternehmensplanung und strategischer Ausrichtung,<br />

sondern auch mit Arbeiten, die zum Tagesgeschäft im<br />

Betrieb gehörten, betraut. Wenn für den Kläger, wie die<br />

Beklagte vorträgt, im Betrieb nicht viel zu tun war, ist das<br />

unerheblich. Es gibt Positionen, in denen die zu leistende<br />

Arbeit auf andere delegiert werden kann. Gewöhnlich sind<br />

sie mit größerer selbständiger Entscheidungsbefugnis und<br />

höherer Verantwortung im Sinne des Einstehen-Müssens für<br />

das Ergebnis verbunden. Für die Zuordnung zum Betrieb ist<br />

eine solche Eigenart der Position ohne Bedeutung.<br />

An der Zuordnung der Position hat sich in der Zeit, während<br />

der der Insolvenzverwalter den Betrieb fortführte, rechtlich<br />

nichts geändert. Zwar hat der Insolvenzverwalter den Betrieb<br />

verkleinert. Er hat nicht nur dem Kläger, sondern auch einer<br />

Reihe anderer Arbeitnehmer gekündigt. Die Aufgaben des<br />

Klägers hat er so verteilt, dass die Arbeit des Klägers für den<br />

Betrieb nicht weiter erforderlich war. Die Beklagte weist auf<br />

<strong>04</strong>/05<br />

Rechtsprechung<br />

Allgemeines Vertragsrecht<br />

einen Satz im Berufungsurteil im Kündigungsschutzprozess<br />

hin, der lautet: „Zutreffend ist insoweit, dass durch die erfolgte<br />

Umstrukturierung der ursprüngliche Arbeitsplatz des Klägers<br />

als Direktor des Personal- und Materialwesens entfallen ist.“<br />

Gleichwohl gehört der Kläger noch zum Betrieb. Ein Betrieb<br />

ist eine organisatorische Einheit von Sachen und Rechtsbeziehungen.<br />

Die Rechtsbeziehung zum Kläger aber bestand zur<br />

Zeit der Betriebsübernahme am 01.01.2003 noch. Der Arbeitsvertrag<br />

war weder durch die zum 30.11.2001 ausgesprochene<br />

Kündigung noch durch das nicht rechtskräftig gewordene Gestaltungsurteil<br />

des Arbeitsgerichts zum 30.11.2001 aufgelöst<br />

worden.<br />

Eine Veränderung der Zuordnung des Klägers hatte der Insolvenzverwalter<br />

nicht vorgenommen. Er hatte keinen eigenständigen<br />

Betriebsteil „übergeordnete Leitung“ oder eigenständigen,<br />

von den Betrieben getrennten Bereich „Unternehmensleitung“<br />

gebildet und den Kläger dorthin zugeordnet.<br />

Eine solche Zuordnung hätte einer, ausdrücklichen oder konkludenten<br />

Zuordnungsentscheidung bedurft, die ggf. durch<br />

Zuweisung von Tätigkeiten hätte erfolgen können (BAG AP<br />

Nr. 256 zu § 613 a BGB am Ende). Der Insolvenzverwalter hat<br />

eine solche Entscheidung nicht getroffen und weder durch<br />

mündliche Erklärung noch durch Zuweisung von bestimmten<br />

Tätigkeiten zum Ausdruck gebracht. Die Kündigung ersetzt<br />

nicht eine Zuordnung zu einem Betriebsteil oder Unternehmensbereich.<br />

Durch sie wird lediglich die Beendigung des<br />

Arbeitsverhältnisses und somit auch der Arbeit angestrebt,<br />

nicht dagegen die Eingliederung in einen anderen Betriebsteil<br />

oder die Übertragung überbetrieblicher Unternehmensaufgaben.<br />

Eine Suspendierung von der Arbeitspflicht ist keine betriebsverfassungsrechtlich<br />

mitbestimmungspflichtige Versetzung<br />

(BAG AP Nr. 11 zu § 174 BGB). Ebenso ist eine Kündigung<br />

keine Zuordnung aus einem Betrieb heraus anderswohin.<br />

Der Zuordnung des Klägers zu den von der Beklagten übernommenen<br />

Betrieben steht nicht entgegen, dass die Beklagte<br />

den Betrieb nicht vollständig, sondern nur ohne den Teil der<br />

Konstruktion von Maschinen und Anlagen übernommen hat,<br />

der Aufgabenbereich des Klägers aber beide Betriebsteile umfasste.<br />

Wenn nicht ein ganzer Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil<br />

übertragen werden soll, während der andere Teil beim alten<br />

Betriebsinhaber verbleiben oder an einen anderen Erwerber<br />

übergeben werden soll, hat der alte Betriebsinhaber die Betriebsteile<br />

so zu formen, dass sie für sich übertragungsfähig<br />

sind, und hat dabei insbesondere die Arbeitsplätze für<br />

zentrale Aufgaben, wenn diese Arbeitsplätze nicht in einer<br />

selbständigen Zentralabteilung zusammengefasst sind oder<br />

zusammengefasst werden sollen, den einzelnen Teilen zuzuordnen.<br />

Wenn er das nicht getan hat, weil er beispielsweise irrtümlich<br />

der Ansicht gewesen ist, ein früherer Arbeitsplatz sei<br />

schon länger nicht mehr vorhanden und das Arbeitsverhältnis<br />

mit dem letzten Stelleninhaber sei bereits beendet, muss<br />

die Zuordnung nachträglich vorgenommen werden. Das muss<br />

allein nach objektiven Gesichtspunkten geschehen und nicht<br />

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