Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2005-04
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Regelung, in welcher personellen Zusammensetzung der Betriebsrat<br />
das Übergangs- bzw. das Restmandat auszuüben<br />
hat. Das Restmandat ist anders als das Übergangsmandat<br />
kein Vollmandat, sondern nur ein nachwirkendes Mandat, das<br />
durch die mit der Abwicklung des Betriebes einhergehenden<br />
betriebsverfassungsrechtlichen Rechte ausgefüllt wird (BAG,<br />
AP Nr. 5 zu § 24 BetrVG 1972; Richardi/Thüsing, BetrVG, 8. Aufl.,<br />
§ 21 b, Rz 7). Sowohl während der Dauer eines Übergangsals<br />
auch eines Restmandates bleibt der Betriebsrat in seiner<br />
bisherigen personellen Zusammensetzung bestehen und ist<br />
insoweit für die noch zu erledigenden Arbeiten zuständig.<br />
Das Restmandat ist daher von dem Betriebsrat auszuüben, der<br />
bei Beendigung des Vollmandats im Amt war (BAG, AP Nr. 5<br />
zu § 24 BetrVG 1972; Erfurter Kommentar/Eisemann, 5. Aufl.,<br />
§ 21 b BetrVG, Rz 4). Die Mitglieder des Betriebsrates beim alten<br />
Arbeitgeber verlieren nicht dadurch ihr Restmandat, dass<br />
sie im Wege des § 613 a BGB auf einen anderen Arbeitgeber<br />
übergegangen sind. Sie sind damit zwar beim bisherigen Arbeitgeber<br />
ausgeschieden, sie üben trotzdem nachwirkend ihr<br />
bisheriges Betriebsratsamt als Restmandat dort aus.<br />
Das vorliegende Verfahren hat aber nicht der ehemalige Betriebsrat<br />
der alten Arbeitgeberin betrieben, sondern formell<br />
und ausdrücklich der Betriebsrat der neuen Arbeitgeberin.<br />
Schon vorgerichtlich haben sich die Verfahrensbevollmächtigten<br />
des Betriebsrates für dieses Gremium bei der alten Arbeitgeberin<br />
bestellt gehabt.<br />
Im Streitfalle kann das richtige Gremium auch nicht durch<br />
Auslegung ermittelt werden, nachdem der antragstellende<br />
Betriebsrat im Anhörungstermin klar gestellt hat, dass er das<br />
vorliegende Verfahren in Ausübung seines Restmandates ausübt.<br />
Zwar wäre eine solche Auslegung mit der Folge einer<br />
entsprechenden Rubrumsberichtigung bzw. zumindest Klarstellung<br />
in den Entscheidungsgründen des vorliegenden Beschlusses<br />
dann evtl. möglich, wenn das alte und das neue Betriebsratsgremium<br />
personell identisch wären. Die personelle<br />
Identität blieb im Zeitpunkt des Betriebsübergangs unverändert,<br />
weil alle Arbeitnehmer auf die neue Arbeitgeberin übergegangen<br />
sind, darunter auch alle neun Betriebsratsmitglieder.<br />
Allerdings haben nach Ablauf von rund einer Woche 60<br />
Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprochen mit der<br />
Folge, dass sie wieder zum alten Arbeitgeber zurückgekehrt<br />
sind; unter den Widersprechenden haben sich auch drei Betriebsratsmitglieder<br />
befunden. Da sie durch den Widerspruch<br />
aus dem Betriebsratsgremium bei der neuen Arbeitgeberin<br />
ausgeschieden sind, sind an ihrer Stelle drei Ersatzmitglieder<br />
nachgerückt. Diese drei widersprechenden Betriebsratsmitglieder<br />
haben auch nicht ihr Restmandat niedergelegt mit<br />
der Folge, dass in diesem Fall die Ersatzmitglieder nachgerückt<br />
wären (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG,<br />
22. Aufl., § 21 b Rz 15). Wenn aber das Restmandat von<br />
dem alten Betriebsrat ausgeübt wird, so geschieht dies auch<br />
in der alten personellen Zusammensetzung. Die drei dem Betriebsübergang<br />
widersprechenden Betriebsratsmitglieder haben<br />
unstreitig an dem Beschluss zur Einleitung des vorliegen-<br />
<strong>04</strong>/05<br />
Rechtsprechung<br />
Personalvertretungsrecht<br />
den Verfahrens nicht mitgewirkt, sondern die nachrückenden<br />
Ersatzmitglieder waren an ihrer Stelle an der Beschlussfassung<br />
beteiligt. In diesem Fall hat ein Gremium in einer fehlerhaften<br />
personellen Zusammensetzung entschieden. Es kann nicht<br />
ausgeschlossen werden, dass ein Gremium in seiner richtigen<br />
personellen Zusammensetzung gegebenenfalls anders entschieden<br />
hätte.<br />
Ob die Auffassung des Arbeitsgerichts richtig ist, dass eine<br />
Einigungsstelle zur Aufnahme von Sozialplanverhandlungen<br />
im Hinblick auf die ausgesprochenen Kündigungen der 60<br />
Arbeitnehmer, die dem Betriebsübergang widersprochen haben,<br />
auch offensichtlich unzuständig sein soll, kann vorliegend<br />
dahingestellt bleiben.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 18. April <strong>2005</strong>, 2 TaBV 15/05<br />
399. Mitbestimmung, Eingruppierung<br />
Wird in einem Überleitungstarifvertrag zu einem Haus-<br />
Entgelttarifvertrag, der das Eingruppierungssystem neu<br />
ordnet, die neue Eingruppierung für jede einzelne Stelle<br />
des Arbeitgebers genau festgelegt, so kann der Betriebsrat<br />
im Rahmen seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1<br />
S. 1 BetrVG nicht geltend machen, die in dem Überleitungstarifvertrag<br />
getroffene Festlegung entspreche nicht den<br />
neuen Eingruppierungsmerkmalen. Die Tarifparteien sind<br />
nicht verpflichtet dem Betriebsrat insoweit einen Beurteilungsspielraum<br />
zu belassen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Köln<br />
vom 26. November 20<strong>04</strong>, 4 TaBV 50/<strong>04</strong>, Rechtsbeschwerde<br />
zugelassen<br />
400. Betriebsrat, Anhörung, Mängel<br />
1. Mängel des Verfahrens bei einer Anhörung des Betriebsrats<br />
nach § 102 BetrVG sind für die Wirksamkeit der Kündigung<br />
nicht relevant, wenn sie in die Zuständigkeit des Betriebsrats<br />
fallen.<br />
2. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber weiß oder<br />
erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht<br />
fehlerfrei behandelt hat.<br />
■ Landesarbeitsgerichts Köln<br />
vom 9. Dezember 20<strong>04</strong>, 5 (7) Sa 925/<strong>04</strong>, Rechtsmittel nicht<br />
zugelassen<br />
401. Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, zugänglich machen<br />
Die in § 8 TVG sowie in § 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG statuierte<br />
Verpflichtung des Arbeitgebers, den Tarifvertrag bzw. die Betriebsvereinbarung<br />
auszulegen, bedeutet, dass der Arbeitgeber<br />
dem Arbeitnehmer auf Anforderung das entsprechende<br />
Regelwerk zugänglich machen muss.<br />
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