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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2005-04

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Betriebliche Altersversorgung:<br />

Bei Gestaltungsfehlern ist Sozialhilfe vorprogrammiert<br />

Rechtsanwalt Johannes Fiala*, München<br />

Findige bAV-Unternehmensberatungen bewerben einen Pensionszusagencheck:<br />

„Gerne übernehmen wir für Sie die fachgerechte<br />

Prüfung von Pensionszusagen. Dabei stellen wir zusätzlich<br />

sicher, dass häufige in der Praxis vorkommende Mängel<br />

(…) ebenfalls erkannt werden.“ Bei Bestellung erhält der<br />

Vermittler Fragebögen. Leider werden jedoch damit zentrale<br />

Risiken nicht erkannt, denn die Praxis erfordert mehr als zig<br />

Standardfragen, vielmehr ist Einzelfallprüfung aller Akten angesagt.<br />

Dazu ein paar Beispiele aus der Praxis:<br />

Sozialhilfeantrag nach Pensionscheck<br />

Ein Kunde betreibt eine kleine GmbH. Mit Pensionszusage<br />

angestellt sind ein GGF und seine Ehefrau. Andere Mitarbeiter<br />

und die mitarbeitende Tochter besitzen keine Pensionszusagen.<br />

Unternehmensberater U. lässt sich vom Vermittler die Unterlagen<br />

zur Prüfung vorlegen. Alles O.K. denken U., der Vermittler,<br />

und der Kunde. Leider ein Irrtum.<br />

Als der Kunde in die Insolvenz fällt, stellt sich heraus, dass<br />

es zahlreiche Pensionszusagen und Verpfändungen gibt, nur<br />

leider sind diese widersprüchlich und unvollständig und die<br />

etwa 30 Rückdeckungsversicherungen teilweise bereits aufgelöst.<br />

Der Kunde stellt fest, dass der Unternehmensberater<br />

leider nur ein Teil der Akten vom Steuerberater zur Prüfung<br />

bekommen hatte. Ohne Pension muss der GGF nun leider<br />

Sozialhilfe beantragen.<br />

Prozessfinanzierer<br />

Der Kunde kann keine Pension bei der insolventen GmbH<br />

durchsetzen. Mehrere Prozessfinanzierer sagen ohne weiteres<br />

zu, nachdem vor allem weder der fröhliche Unternehmensberater<br />

noch der Steuerberater nach Auskunft des örtlichen<br />

Amtsgerichtspräsidenten eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz<br />

besitzen. Der vom Unternehmensberater „eingespannte“<br />

Vermittler ist entsetzt. Auch er soll haften, obwohl<br />

er doch nur den Fragebogen ausgefüllt und das Ergebnis mit<br />

dem Kunden besprochen hatte. Dennoch kein Wunder, denn<br />

schließlich hatte er einen Teil der Vergütung erhalten und das<br />

persönliche Vertrauen des Kunden in Anspruch genommen –<br />

als bAV-Experte verkauft man schließlich besser.<br />

Hinterlegung<br />

Aufsätze/Beiträge<br />

Nicht minder problematisch stellt sich die Pensionszusage<br />

beim Unternehmensverkauf und bei vorweggenommener<br />

Erbfolge dar. Wenn der Unternehmenskäufer später Mängel<br />

in den Raum stellt oder es zum Streit in der Familie mit den<br />

Erben kommt, hängt der GGF nebst Partner bei der Pensionszusage<br />

„am Tropf seiner früheren“ GmbH. Wenn es zum Streit<br />

kommt, friert die GmbH einfach die Pensionszahlungen ein.<br />

Jetzt kommt der GGF auf die Idee, sein Pfandrecht geltend<br />

zu machen, aber wieder wird daraus nichts: Der Versicherer<br />

wird sich kaum in den Streit mit der GmbH einmischen,<br />

und schlicht beim Amtsgericht hinterlegen. GGF und GmbH<br />

können sich dann in aller Ruhe streiten, und das kann dauern.<br />

Ähnlich verhalten sich Versicherer übrigens, wenn es zum<br />

Streit zwischen GGF und Insolvenzverwalter kommt. Klagen<br />

bis vor das „jüngste Gericht“, sprich die letzte Instanz, können<br />

dauern: 10 Jahre Verfahrensdauer kann verfassungsgemäß<br />

sein. Der Praktiker nennt dies den „Justizkredit“.<br />

Sozialhilfeantrag nach<br />

Sozialversicherungscheck<br />

Der Kunde hatte seinerzeit auch einen Sozialversicherungscheck,<br />

über den Vermittler bei der Unternehmensberatung<br />

beauftragt. Die fachkundigen Checklisten wurden bearbeitet,<br />

das Textbaustein-Gutachten führte zum gewünschten Erfolg.<br />

Der GGF und seine Ehefrau erhielten kräftige Rückzahlungen<br />

aus der gesetzlichen Rentenversicherung – und der Vermittler<br />

eine Provision aus der anschließenden Geldanlage.<br />

Doch nun stellt sich heraus, dass die Beratung lückenhaft<br />

war – für die Eheleute hätten sich durch freiwillige Beiträge<br />

und andere gestalterische Maßnahmen erhebliche Vorteile<br />

ergeben.<br />

Wäre richtig beraten worden, könnte die Ehefrau früher als mit<br />

65 eine Vollrente beziehen. Auch der GGF könnte, nachdem<br />

er vor der Insolvenz invalide geworden war, eine Vollrente<br />

beziehen – wenn er denn korrekt beraten worden wäre. Beide<br />

hätten damit (auch wenn es nicht in der Pensionszusage<br />

steht) aus gesetzlichen Gründen zudem ihre Pension früher<br />

* M.B.A. (Univ.Wales), M.M. (Univ.), geprüfter Finanz- und<br />

Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Bankkaufmann;<br />

www.fiala.de<br />

<strong>04</strong>/05<br />

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