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Festschrift Ruppe Teil 1_KORR2 - Institut für Finanzrecht ...

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Verwaltungsgerichtshof 09.12.2004<br />

Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des<br />

bürgerlichen Rechts so einzusetzen, dass die geringste Steuerbelastung erzielt wird. Im Falle einer rechtlichen<br />

Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist<br />

und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet, ist zu prüfen, ob der gewählte Weg noch<br />

sinnvoll erscheint, wenn man den abgabenersparenden Effekt wegdenkt oder ob er ohne das Resultat der<br />

Steuerminderung einfach unverständlich ist (vgl das hg Erkenntnis vom 30.5.1990, 86/13/0046). Können daher<br />

beachtliche außersteuerliche Gründe <strong>für</strong> eine ( wenn auch ungewöhnliche ( Gestaltung angeführt werden, ist ein<br />

Missbrauch auszuschließen (vgl auch das hg Erkenntnis vom 24.11.1982, 81/13/0021).<br />

Wie der Gerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 26. Juli 2000, 97/14/0070, ausgesprochen hat, lässt das<br />

Fehlen einschlägiger Bestimmungen in einem DBA nicht den Schluss zu, dass das Abkommen den Missbrauch<br />

von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts <strong>für</strong> zulässig erklärt. Derartiges wäre mit dem<br />

( <strong>für</strong> die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages bedeutsamen (vgl Artikel 31 des Wiener Übereinkommens<br />

über das Recht der Verträge BGBl 40/1980) ( Ziel und Zweck des Abkommens, die Besteuerungsrechte auf die<br />

Staaten nach sachlichen Kriterien aufzuteilen, unvereinbar. Auch bei Fehlen ausdrücklicher<br />

Abkommensbestimmungen hat daher ein Staat das Recht, sich vor einer unberechtigten Ausnützung der im<br />

Abkommen vorgesehenen Steuervorteile zu schützen (vgl auch Loukota, Internationale Steuerplanung und<br />

"treaty-shopping", ÖStZ 1990, 2 ff, und die dort referierte Rechtsprechung des BFH). Diese Auffassung<br />

entspricht auch der überwiegenden Staatenpraxis (vgl dazu den bei Loukota, aaO, zitierten OECD-Bericht).<br />

Die Beschwerde zeigt zutreffend auf, dass § 22 BAO an eine ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung,<br />

die in Steuerersparnisabsicht gesetzt wurde, anknüpft. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte<br />

Behörde im angefochtenen Bescheid aber die hie<strong>für</strong> erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen.<br />

Die belangte Behörde hat die Feststellung getroffen, dass die Beschwerdeführerin <strong>für</strong> die geplante<br />

Veranlagung ihrer Liquiditätsüberschüsse eine Gesellschaft (mit einem im Wesentlichen in Schillingwährung<br />

bestehenden Stammkapital) in der irischen Wirtschaftszone <strong>für</strong> Finanzdienstleistungen ( IFSC (Steueroase) (<br />

gegründet und mit dieser Gesellschaft die Anteile einer zweiten irischen Gesellschaft (wiederum mit einem im<br />

Wesentlichen in Schillingwährung bestehenden Kapital) erworben habe. Im Beschwerdefall sind zur bloßen<br />

Tatsache der Gründung bzw des Kaufes von irischen Gesellschaften (die ihre Jahresabschlüsse in Schilling<br />

erstellten) noch eine Reihe von weiteren Umstände hinzugetreten: Die Gesellschaft E hat von der<br />

Beschwerdeführerin einen "Zuschuss" von ATS 390.000.000,- erhalten, der nicht auf einen Kapitalbedarf der E<br />

zurückzuführen war. Die E veranlagte das Kapital konservativ in Festgeld in Schillingwährung und Anleihen in<br />

Schillingwährung, noch dazu im Wesentlichen bei Banken in Österreich, um die daraus resultierenden Zinsen<br />

über die Gesellschaften T als steuerfreie Schachteldividenden an die Beschwerdeführerin fließen zu lassen. Die<br />

Aktivitäten der irischen Gesellschaften haben sich auf die Veranlagung der Liquiditätsüberschüsse der<br />

Beschwerdeführerin beschränkt; sie haben über keine eigenen Büroräume verfügt; ihr Personal bestand lediglich<br />

aus Direktoren, von denen jeweils zwei zugleich leitende Angestellte der Beschwerdeführerin waren und die<br />

anderen zwar in Irland ansässig waren, aber entweder gar nicht oder nur geringfügigst entlohnt werden mussten.<br />

In der Beschwerde wird eingewendet, die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, dass die E von<br />

vornherein eine Veranlagung in Schilling geplant habe. Weiters habe sie ihre Feststellung nicht begründet,<br />

wonach die T als "Briefkastengesellschaft" und Irland als "Steueroase" anzusehen sei. Zudem habe die<br />

Beschwerdeführerin keineswegs Einfluss auf die Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft genommen, weshalb<br />

nicht zu vermuten sei, dass sie den Abschluss eines Vertrages zwischen der E und einer irischen Bank veranlasst<br />

habe.<br />

Im Beschwerdefall steht außer Zweifel, dass die Behörde mit dem Begriff der "Briefkastengesellschaft" auf<br />

die ( von der Beschwerdeführerin keineswegs bestrittene ( Tatsache Bezug genommen hat, dass weder die T<br />

noch die E über eigene Büroräumlichkeiten verfügten, sondern nur jene der B Bank in Dublin mitbenützen<br />

konnten. Die beiden irischen Gesellschaften schienen weder im irischen Telefonbuch noch im<br />

Welttelexverzeichnis auf. In der ( nicht konkret bestrittenen ( Stellungnahme des Prüfers zur Berufung der<br />

Beschwerdeführerin wird ausgeführt, die Gesellschaften "entfalten selbst keine Tätigkeit in Irland, sondern sind<br />

als funktionslose Gebilde lediglich in Form eines Türschildes bei dem jeweiligen Unterlizenzgeber" etabliert.<br />

Bei dieser Sachlage und unter Berücksichtigung der geringen Steuerbelastung, welcher die irischen<br />

Gesellschaften unterlagen, erscheint der Begriff der "Briefkastengesellschaft" als durchaus geeignet, die in Rede<br />

stehenden irischen Gesellschaften zu charakterisieren. Dies gilt auch <strong>für</strong> den Begriff der "Steueroase". Aus dem<br />

angefochtenen Bescheid ist nämlich ohne weiteres erkennbar, dass die belangte Behörde diese Formulierung<br />

gewählt hat, um die besonderen steuerlichen Begünstigungen, welche Irland ausländischen Gesellschaften unter<br />

bestimmten ( im Beschwerdefall gegebenen ( Voraussetzungen einräumte, zu beschreiben. Auf diese besondere<br />

steuerliche Situation hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführlich hingewiesen.<br />

Gesellschafter der E war ausschließlich die T, deren einzige Gesellschafterin wiederum die<br />

Beschwerdeführerin war. Weiters wurde die Geschäftsführung beider irischer Gesellschaften<br />

unbestrittenermaßen von drei Iren, von denen lediglich einer ein Honorar (geringfügige Entlohnung von ca<br />

ATS 18.000,- pro Jahr) bezog, sowie von zwei von der Beschwerdeführerin aus dem Kreis ihrer Dienstnehmer<br />

entsandten Österreichern wahrgenommen. Solcherart handelt es sich im Verhältnis der T zur E und zur<br />

Beschwerdeführerin im Hinblick auf die finanzielle und organisatorische Eingliederung um organschaftsähnliche<br />

www.ris.bka.gv.at Seite 9 von 11

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