Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 2 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14
Steuerrecht-<strong>Finanzrecht</strong>_Kofler.fm Seite 3 Donnerstag, 2. April 2009 2:28 14 I. Ausgangsproblem Die „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ der Kapitalgesellschaft Nach § 7 Abs 3 KStG sind bei Kapitalgesellschaften „alle Einkünfte (§ 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988) den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z 1 des Einkommensteuergesetzes 1988) zuzurechnen“. Im Sinne einer Zurechnungsvorschrift wird somit angeordnet, dass alle steuerbaren Einkünfte den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet und der Gewinnermittlung nach § 5 EStG unterworfen werden. 1 § 7 Abs 3 KStG wirft damit umgekehrt die grundsätzliche Frage auf, ob Kapitalgesellschaften auch eine „außerbetriebliche Vermögenssphäre“ haben können. 2 Wenngleich die grundsätzliche Denkbarkeit einer solchen Vermögenssphäre vor dem Hintergrund einer kausalgenetischen Betrachtung des Betriebsausgabenbegriffes bereits früh bejaht wurde 3 und letztlich auch der Annahme einer Liebhabereifähigkeit von Kapitalgesellschaften zu Grunde liegt, hat gerade die jüngere Rechtsprechung zur außerbetrieblichen Sphäre im Hinblick auf Dienstwohnungen und Wohngebäude von Gesellschafter-Geschäftsführern die Diskussion weiter zugespitzt. 4 Obwohl solcherart kaum Zweifel bestehen dürften, dass Kapitalgesellschaften prinzipiell neben der betrieblichen Sphäre auch einen „außerbetrieblichen“ Bereich haben können, 5 besteht angesichts der heterogenen Fallgruppen erhebliche dogmatische Unsicherheit hinsichtlich dessen exakter Ausprägung. Sieht man hier von außerbetrieblichen Vermögenszugängen ab, 6 kann der außerbetriebliche Vermögens- 1 ErlRV 622 BlgNR XVII. GP, 16; siehe auch Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 5 (1997) § 7 Tz 70 und Tz 79; ausführlich zu den verschiedenen Theorien Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 18 ff; siehe auch unten Kapitel II.A. 2 Trotz der erheblichen terminologischen Unsicherheit soll – der Konvention entsprechend – der Begriff der „außerbetrieblichen Sphäre“ der Kapitalgesellschaft beibehalten werden (siehe zB Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht [1989] 231 ff; Pernegger, ÖStZ 2002/168, 87 [87 ff]; Stangl, ÖStZ 2005/71, 39 [40 ff]). Dieser Oberbegriff soll im gegebenen Zusammenhang die Termini des „Privatvermögens“ (zB VwGH 28. 4. 2004, 2001/14/0166, ÖStZB 2004/516, 564; VwGH 26. 3. 2007, 2005/14/0091, ÖStZB 2007/481, 640), des „Nicht-Betriebsvermögens“ (zB Stangl, ÖStZ 2005/71, 39 [41]), des „steuerneutralen Vermögens“ (zB VwGH 19. 4. 2007, 2005/15/0020, ÖStZB 2007/475, 635; VwGH 16. 5. 2007, 2005/14/0083, ÖStZB 2008/73, 76) bzw der „einkünfteirrelevanten Sphäre“ (zB Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften [2004] 4 f) einschließen, ohne damit implizieren zu wollen, dass es sich um Vermögen handelt, das der außerbetrieblichen Einkünfteerzielung iSd § 2 Abs 3 Z 5 bis 7 EStG dient. 3 Siehe zB Stoll in FS Stadler (1981) 255 (272 f); vgl auch Wiesner in FS Bauer 349 (352 ff); Wiesner/ Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG (1996) § 7 Anm 32 und § 8 Anm 18; Bauer/Quantschnigg/ Schellmann/Werilly, KStG 5 (1997) § 8 Tz 66, Stichwort „Dienstwohnung“. 4 Siehe VwGH 20. 6. 2000, 98/15/0169, ÖStZB 2000/534, 653; VwGH 24. 6. 2004, 2001/15/0002, ÖStZB 2005/32, 57; VwGH 30. 6. 2005, 2001/15/0081, ÖStZB 2006/5, 8; VwGH 26. 3. 2007, 2005/ 14/0091, ÖStZB 2007/481, 640; VwGH 19. 4. 2007, 2005/15/0020, ÖStZB 2007/475, 635; vgl auch VwGH 16. 5. 2007, 2005/14/0083, ÖStZB 2008/73, 76. 5 Vgl zB Rz 612 ff KStR 2001; siehe aus dem jüngeren Schrifttum zB Wiesner, RWZ 2000/74, 229 (230); Wiesner, RWZ 2004/56, 225 (226 f); Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften (2004) 18 ff; Hofstätter/Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG 36 (2006) § 4 Abs 1 Tz 78; Urtz, GeS 2007, 390 (397 f); G. Kofler in FS Doralt (2007) 197 (210 ff); Wiesner, RWZ 2007/37, 129 (129 f); Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 11 (2008) § 8 Tz 57 ff und Tz 253 sowie Anh zu § 8, Stichworte „Außerbetrieblicher Bereich“ und „Dienstwohnung“. 6 So sind beispielsweise Vermögenszugänge aus nicht betrieblich veranlassten Erbschaften, Schenkungen, Spenden etc sowie beispielsweise Lotteriegewinne nicht steuerbar, wobei sich die Zuordnung zur „außerbetrieblichen“ Sphäre nach ihrem Einsatz richten soll; siehe dazu Wiesner in FS Bau- 3