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Invasive Neophyten in der Schweiz: Lagebericht und ...

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- die „übrigen“ <strong>Neophyten</strong> s<strong>in</strong>d periodisch (z.B. anlässlich <strong>der</strong> Aktualisierung <strong>der</strong> Roten Listen,<br />

also alle 5 bzw. 10 Jahre) zu erfassen <strong>und</strong> ihr Verhalten ist dabei zu beschreiben, damit<br />

unerwünsche Entwicklungen frühzeitig erkannt <strong>und</strong>, wenn nötig, Gegenmassnahmen<br />

e<strong>in</strong>geleitet werden können. Mit dem von <strong>der</strong> cps-skew entwickelten Schlüssel ist zu prüfen, ob<br />

<strong>Neophyten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> neu <strong>in</strong> die Schwarze o<strong>der</strong> <strong>in</strong> die Watch-Liste aufzunehmen s<strong>in</strong>d.<br />

Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er objektiven <strong>und</strong> pragmatischen Darstellung sei hier erwähnt, dass es ganz spezielle<br />

Situationen gibt, unter denen <strong>in</strong>vasive <strong>Neophyten</strong> toleriert werden können.<br />

E<strong>in</strong> Beispiel hierfür ist Buddleja davidii (Schmetterl<strong>in</strong>gsstrauch, Sommerflie<strong>der</strong>) <strong>in</strong> Gärten <strong>in</strong> Villenquartieren o<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>tensiv bewirtschafteteten Agrarlandschaften. Denn hier kann sich die Art nicht ausbreiten, denn sie ist für ihr<br />

Aufkommen auf vegetationsfreie o<strong>der</strong> -arme Standorte angewiesen <strong>und</strong> solche kommen <strong>in</strong> den soeben erwähnten Gebieten<br />

kaum vor. E<strong>in</strong> weiteres Beispiel ist Rob<strong>in</strong>ia pseudoacacia (Rob<strong>in</strong>ie, Falsche Akazie) im <strong>in</strong>nerstädtischen Bereich; hier kann<br />

diese Art als traditioneller, recht schadstoff- <strong>und</strong> salzresistenter Strassenbaum toleriert werden (Kowarik 2003). Wichtig ist,<br />

dass bei <strong>der</strong> Entsorgung von Teilen <strong>der</strong> genannten Arten ke<strong>in</strong>e Samen o<strong>der</strong> lebensfähigen Sprosse z.B. mit Grüngut für<br />

Komposierung ausgebreitet werden; also Verbrennen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Kehrichtabfuhr.<br />

Mehrere <strong>in</strong>vasive <strong>Neophyten</strong>, z.B. Rob<strong>in</strong>ia pseudoacacia, Solidago gigantea <strong>und</strong> Lonicera japonica besiedeln <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> lokal schon <strong>der</strong>art grosse, auch naturschützerisch wertvolle Flächen, dass sie mit e<strong>in</strong>em vertretbaren Aufwand<br />

lei<strong>der</strong> nicht mehr zu elim<strong>in</strong>ieren s<strong>in</strong>d. In diesen Gebieten geht es darum, die weitere Ausbreitung dieser Arten unbed<strong>in</strong>gt zu<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Unter ganz bestimmten Bed<strong>in</strong>gungen kann e<strong>in</strong> Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von Flächen, welche von <strong>Neophyten</strong> dom<strong>in</strong>iert<br />

werden, <strong>und</strong> solchen, wo die ursprüngliche Vegetation erhalten bleibt, <strong>in</strong>teressant se<strong>in</strong>. Es kann als abschreckendes Beispiel<br />

<strong>in</strong> situ gezeigt werden, was passiert, wenn <strong>in</strong>vasive <strong>Neophyten</strong> nicht e<strong>in</strong>gedämmt werden. Ausserdem können ökologische<br />

Sukzessionen <strong>und</strong> Bestandesverän<strong>der</strong>ungen studiert werden. Bed<strong>in</strong>gungen, die erfüllt se<strong>in</strong> müssen, damit das erwähnte<br />

Nebene<strong>in</strong>en<strong>der</strong> tolerierbar ist, s<strong>in</strong>d: Erstens: Es s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>vasiven <strong>Neophyten</strong> beteiligt, die sich stark <strong>und</strong> weit ausbreiten<br />

wie z.B. Solidago spp. <strong>und</strong> Ailanthus altissima, <strong>und</strong> Zweitens: Das Gebiet wird überwacht <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e allfällige weitere<br />

Ausbreitung von <strong>in</strong>vasiven <strong>Neophyten</strong> wird sofort rückgängig gemacht.<br />

E<strong>in</strong> solches Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gibt es beispielsweise <strong>in</strong> den Auen zwischen <strong>der</strong> Maggia <strong>und</strong> <strong>der</strong> Melezza <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe von<br />

Locarno. Hier bilden Rob<strong>in</strong>ia pseudoacacia <strong>und</strong> Lonicera japonica auf mehreren Hektaren e<strong>in</strong> völlig neues<br />

Auenökosystem, das die Dynamik von Invasionen <strong>und</strong> ihre Folgen exemplarisch vor Augen führt. Neben dieser neuen<br />

Lebensgeme<strong>in</strong>schaft sollen im gleichen Gebiet selbstverständlich auch die ursprünglichen, von Eichen, Weiden <strong>und</strong> vielen<br />

an<strong>der</strong>en Arten gebildeten Auenwäl<strong>der</strong> erhalten bleiben.<br />

Gesamthaft machen diese Beispiele deutlich, dass die Auswirkungen <strong>der</strong> <strong>Neophyten</strong> <strong>in</strong> jedem Fall<br />

lokal <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuell neu geprüft <strong>und</strong> bewertet werden müssen! Diese pragmatische E<strong>in</strong>stellung, dass<br />

<strong>in</strong> seltenen Ausnahmefällen <strong>in</strong>vasive <strong>Neophyten</strong> <strong>der</strong> Schwarzen Liste nicht zu bekämpfen s<strong>in</strong>d, darf<br />

ke<strong>in</strong>esfalls dazu missbraucht werden, diese Arten generell zu tolerieren!<br />

Am Rande sei bemerkt, dass es problematisch ist, <strong>Neophyten</strong> relativ <strong>und</strong>ifferenziert <strong>in</strong> Rote Listen aufzunehmen, nach den<br />

Kriterien <strong>der</strong> IUCN (IUCN 2001) zu bewerten <strong>und</strong> dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesamtbilanz <strong>der</strong> Roten Listen aufzuführen, wie dies bei<br />

Moser et al. (2002) geschehen ist. Denn die Aufnahme <strong>in</strong> die Kategorien „vom Aussterben bedroht“, „stark gefährdet“,<br />

„verletzlich“ <strong>und</strong> auch „potentiell gefährdet“ bedeutet e<strong>in</strong>en gewissen moralischen Schutz für die betreffenden Arten. (Hier<br />

sei präzisiert, dass die Arten <strong>der</strong> Roten Liste nicht automatisch e<strong>in</strong>en Schutzstatus erhalten.) Beson<strong>der</strong>s missverständlich ist,<br />

wenn e<strong>in</strong> <strong>in</strong>vasiver Neophyt wie Ambrosia artemisiifolia als „potenziell gefährdet“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Roten Liste <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> figuriert.<br />

Unseres Erachtens sollten nur die etablierten o<strong>der</strong> die etabliert gewesenen <strong>Neophyten</strong> im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e Rote-Liste-<br />

Klassierung beurteilt werden, also Arten, welche <strong>in</strong>nerhalb von m<strong>in</strong>destens 25 Jahren m<strong>in</strong>destens zwei spontane<br />

Generationen hervorgebracht haben (Def<strong>in</strong>tion von Kowarik 2003). Dies trifft bei Ambrosia artemisiifolia bisher wohl<br />

kaum zu. Landolt (1991) <strong>und</strong> Korneck et al. (1996) waren bei den Roten Listen <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> <strong>und</strong> Deutschlands (nationale<br />

Listen) bereits im von Kowarik (2003) vorgeschlagenen S<strong>in</strong>ne vorgegangen. Die für die Rote Liste nicht beurteilten<br />

<strong>Neophyten</strong> sollten jedoch <strong>in</strong> separaten Listen verzeichnet <strong>und</strong> auch weiter kartiert <strong>und</strong> kontrolliert werden, damit Schäden<br />

frühzeitig erfasst <strong>und</strong> die betreffenden Arten e<strong>in</strong>gedämmt werden können.

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