cahier scientifique revue technique luxembourgeoise
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12 CAHIER SCIENTIFIQUE | REVUE TECHNIQUE LUXEMBOURGEOISE 2 | 2010<br />
Die weit verbreitete Verwendung anthropogener Stoffe, wie Pharmaka, Industrieprodukte, Kosmetika, synthetische Farbstoffe,<br />
Konservierungsmittel, chlorierte Lösungsmittel oder Pestizide führt zu einer steigenden Belastung der Fliessgewässer, Seen und<br />
des Grundwassers. Diese vom Menschen in die Umwelt eingetragenen Substanzen und ihre Abbauprodukte werden als Xenobiotika<br />
bezeichnet, also Stoffe, die dem natürlichen biologischen Kreislauf fremd sind. Xenos und Bios stammen aus dem griechischen<br />
und bedeuten “fremd”, bzw. “Leben”. Die Verbindungen sind teilweise biologisch schwer abbaubar und haben unter Umständen<br />
toxische Wirkungen. Manche Substanzen reichern sich in Organismen an. Durch verbesserte chemische Analyseverfahren lassen<br />
sich weltweit die Xenobiotika im Spurenbereich von den Kläranlagen über das Fluss- und Grundwasser bis hin in das Trinkwasser<br />
verfolgen. Selbst in entfernten Regionen wie der Arktis lassen sich beispielsweise Polychlorierte Kohlenwasserstoffe in der<br />
Umwelt nachweisen.<br />
KONZENTRATIONEN, HERKUNFT, WIRKUNG, MINDERUNGSMASSNAHMEN<br />
XENOBIOTIKA IN LUXEMBURGER FLIESSGEWÄSSERN_<br />
Dr. rer nat habil Andreas Krein<br />
Problemstellung<br />
Ziel dieser Untersuchung ist es, in einer Fallstudie die realen<br />
Konzentrationen ausgewählter Pharmaka in zwei<br />
lokalen Gewässern zu bestimmen und die Herkunft sowie<br />
potentielle Wirkung auf Organismen in luxemburgischen<br />
Fliessgewässern zu beleuchten. Im Sinne eines vorsorgenden<br />
Gewässerschutzes und Verbraucherschutzes sind<br />
Anstrengungen aller Beteiligten zum nachhaltigen Schutz<br />
der Wasserressourcen essentiell, daher werden weiterhin<br />
mögliche Minderungsmaßnahmen bezüglich des Eintrags<br />
von Xenobiotika aufgezeigt.<br />
Material und Methoden<br />
Zur Untersuchung kommen antibiotisch wirksame Arzneistoffe<br />
aus den Gruppen der Sulfonamide und Tetrazykline.<br />
Diese Antibiotika werden bei der Behandlung von Menschen<br />
aber auch in der Tiermedizin häufi g verwendet. Weiterhin<br />
haben wir Ibuprofen und Diclofenac untersucht, welche in<br />
Antirheumatika zur Behandlung von Schmerzen, Entzündungen<br />
und Fieber bzw. in Analgetika bei Rheuma, Prellungen<br />
und Arthrose eingesetzt werden. Aus der Gruppe der<br />
Hormone wurden die wichtigsten natürlichen Hormone Estradiol<br />
und Estron und das synthetische Ethinylestradiol analysiert,<br />
welches in der Antibabypille als Wirkstoff enthalten<br />
ist. Das weiterhin analysierte Carbamazepin zählt chemisch<br />
zur Klasse der Dibenzazepine und wird vorwiegend gegen<br />
Epilepsien oder Krampferkrankungen eingesetzt. Alle diese<br />
Stoffe sind löslich, im Wasserkreislauf stabil und können<br />
auch in luxemburgischen Gewässern sehr gut nachgewiesen<br />
werden. Im Projekt wurden Wasserproben im Einlauf und<br />
Auslauf mehrerer Kläranlagen, in Regenüberlaufbecken des<br />
Kanalsystems sowie in mehreren Oberfl ächengewässern entnommen.<br />
Die Substanzen wurden in den Laboratorien des<br />
Centre de Recherche Public - Gabriel Lippmann nach Festphasenanreicherung<br />
durch Hochleistungsfl üssigkeits-Chromatographie<br />
mit Tandem-Massenspektrometrie gemessen.<br />
Ihr Nachweis ist im unteren Nanogramm pro Liter Bereich<br />
möglich. Nähere Informationen zu den Probenahmen, Extraktionswegen<br />
sowie den Analyseverfahren fi nden sich bei<br />
Pailler et al. (2009a).<br />
Xenobiotika Konzentrationen in Gewässern – Beispiel<br />
Mess und Pétrusse<br />
Zur Untersuchung kommen zwei Fließgewässer im Süden<br />
Luxemburgs, die durch unterschiedliche Landnutzungsformen<br />
geprägt sind (Abbildung 1). Das bis zum Pegel in der<br />
Gemeinde Pontpierre 35,6 km² große Einzugsgebiet der<br />
Mess entwässert in die Alzette. Den größten Flächenanteil<br />
von 80 % stellen landwirtschaftlich genutzte Gebiete dar,<br />
wobei das Verhältnis zwischen Ackerland und Grünland ca.<br />
1:3 beträgt. Der Anteil der Forst- und Siedlungsfl ächen liegt<br />
jeweils bei etwa 10 %. Ein wichtiger lokaler Eintragsweg<br />
für Xenobiotika ist die Kläranlage Reckingen. Auch die bis<br />
zum Pegel in der Stadt Luxemburg 43.7 km 2 große Pétrusse<br />
entwässert in die Alzette. Insgesamt sind 21% der Fläche<br />
der Pétrusse versiegelt. Ihr östlicher Teil des Einzugsgebietes<br />
liegt in der Stadt Luxemburg und nimmt hier Wasser<br />
der dortigen Trennkanalisationen auf. Die beiden kleinen<br />
Kläranlagen von Roedgen und Schléiwenhaff liefern mit<br />
ihrem gereinigten Abwasser permanent Xenobiotika in den<br />
Vorfl uter. Auch in den Zufl üssen der Trennkanalisation lässt<br />
sich bei Trockenwetter ein konstanter Zustrom ungeklärten<br />
Abwassers beobachten, der vermutlich auf Fehlanschlüsse<br />
zurückzuführen ist.<br />
Abbildung 1_Landnutzungscharakteristika sowie Standorte von Kläranlagen,<br />
Pegeln und meteorologische Messstationen in den Einzugsgebieten der<br />
Mess und der Pétrusse