100 Jahre Entwicklung 1901 - UniversitätsSpital Zürich
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Abb. 2. Modell eines GABA A -Rezeptorkomplexes und seiner Bindungsstellen.<br />
Zusätzlich zur Bindungsstelle für den physiologischen Neurotransmitter GABA<br />
haben GABA A -Rezeptoren modulatorische Bindungsstellen für Benzodiazepine,<br />
Barbiturate, Neurosteroide, γ-Butyrolactone, Zn 2+ , Loreclezol, Äthanol und auch<br />
für Allgemeinanästhetika wie Etomidat, Propofol, Isofluran und Enfluran. Die<br />
Positionierung und Grösse der Bindungsstellen ist arbiträr.<br />
<strong>100</strong> +Benzodiazepin<br />
50<br />
0<br />
0 Benzodiazepin<br />
GABA<br />
Abb. 3. Benzodiazepin-induzierte<br />
Potenzierung der GABA-Wirkung.<br />
Die Dosis-Wirkungs-Kurve für GABA<br />
ist in Anwesenheit eines Benzodiazepins<br />
wie Diazepam nach links verschoben.<br />
Der durch eine submaximale<br />
Konzentration von GABA induzierte<br />
Chlorideinstrom wird durch<br />
Benzodiazepine vergrössert (siehe<br />
Pfeil). Benzodiazepine können ihre<br />
Wirkung nur in Gegenwart von<br />
GABA entfalten. Die Wirkung einer<br />
hohen GABA-Konzentration kann<br />
durch Benzodiazepine nicht erhöht<br />
werden. Diese aktivitätsabhängige<br />
und selbstlimitierende Modulation<br />
des GABA A -Rezeptors ist die Grundlage<br />
für die therapeutischen Wirkungen<br />
der Benzodiazepine.<br />
GABA A -Rezeptoren bestehen aus<br />
fünf Untereinheiten, die eine zentrale<br />
Pore mit Selektivität für Chloridionen<br />
bilden (Abb. 2). Es sind zur Zeit sieben<br />
verschiedene Klassen von Untereinheiten<br />
mit zumeist mehreren Varianten<br />
bekannt. (α1-6, ß1-3, γ1-3, ρ1-3, δ, ε,<br />
θ). Die meisten GABA A -Rezeptoren<br />
sind aus α-, ß- und γ-Untereinheiten<br />
zusammengesetzt (2, 3). GABA A -<br />
Rezeptoren, welche die α1-, α2-, α3und<br />
α5-Untereinheiten besitzen und<br />
im Folgenden α1-, α2-, α3- und α5-<br />
GABA A -Rezeptoren genannt werden,<br />
können durch Benzodiazepine wie<br />
Diazepam (Valium ® ) moduliert werden<br />
(Abb. 3), im Gegensatz zu<br />
GABA A -Rezeptoren, welche die α4oder<br />
die α6-Untereinheit besitzen (4).<br />
Über 90 % aller GABA A -Rezeptoren<br />
sind Diazepam-empfindlich (5). Unter<br />
diesen sind Rezeptoren, welche die<br />
α1-Untereinheit enthalten, am häufigsten<br />
(ca. 50-60 %). Diazepam wird in<br />
der Medizin wegen seiner angstdämpfenden,<br />
sedativen, hypnotischen, antiepileptischen<br />
und muskelentspannenden<br />
Wirkungen verwendet. Mögliche<br />
unerwünschte Wirkungen sind Störungen<br />
des Gedächtnisses, Störungen der<br />
motorischen Koordination und die Verstärkung<br />
der sedierenden Wirkungen<br />
von Alkohol. Ebenso sind die <strong>Entwicklung</strong><br />
von Toleranz und Abhängigkeit<br />
zu beachten. Die Tatsache, dass<br />
Benzodiazepine derart vielfältige Wirkungen<br />
haben, führt in der medizinischen<br />
Praxis nicht ganz unerwartet zu<br />
Problemen. Obwohl die angstdämpfende<br />
Wirkung schon bei kleineren<br />
Dosen auftritt als die sedative Wirkung,<br />
ist die sedative Wirkung bei der<br />
Behandlung von Angsterkrankungen<br />
oftmals störend. Es wäre deshalb wünschenswert,<br />
angstdämpfende Medikamente<br />
zu entwickeln, die keine sedativen<br />
Nebenwirkungen mehr haben.<br />
Eine rationale <strong>Entwicklung</strong> eines solchen<br />
Medikamentes setzt die Kenntnis<br />
der Bedeutung der einzelnen Rezeptorsubtypen<br />
voraus. Man kann sich Benzodiazepine<br />
wie Diazepam als "Schlüssel"<br />
vorstellen, die im Gehirn auf vier<br />
verschiedene "Schlösser" passen, eben<br />
die α1-, α2-, α3- und α5-GABA A -<br />
Rezeptoren. Es war bis vor kurzem<br />
jedoch nicht bekannt, welche "Schlösser",<br />
d.h. welche GABA A -Rezeptorsubtypen<br />
für einzelne Wirkkomponenten<br />
der Benzodiazepine verantwortlich<br />
sind.<br />
Um die Bedeutung einzelner<br />
Rezeptorsubtypen für das pharmakologische<br />
Spektrum von Benzodiazepinen<br />
aufzuklären, gibt es grundsätzlich zwei<br />
verschiedene Möglichkeiten:<br />
1) <strong>Entwicklung</strong> von Liganden, die<br />
für einzelne GABA A -Rezeptorsubtypen<br />
spezifisch sind, also gewissermassen<br />
von "Schlüsseln", die auf nur je<br />
eines der vier "Schlösser" passen. Die<br />
Wirkung dieser Subtyp-spezifischen<br />
Liganden erlaubt dann Rückschlüsse<br />
auf die pharmakologische Funktion<br />
des jeweiligen Rezeptorsubtyps.<br />
2) Die <strong>Entwicklung</strong> von genetisch<br />
veränderten Mäusen, bei denen einzelne<br />
Rezeptorsubtypen fehlen oder für<br />
Benzodiazepine unempfindlich sind.<br />
Die in diesen Tieren noch vorhandenen<br />
Benzodiazepinwirkungen sind dann<br />
den intakten Rezeptoren zuzuschrei-<br />
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