100 Jahre Entwicklung 1901 - UniversitätsSpital Zürich
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Sedation, Gedächtnisstörungen<br />
und antiepileptische Aktivität<br />
von Diazepam werden von<br />
α1-GABA A -Rezeptoren vermittelt<br />
Die sedative Wirkung von Diazepam<br />
wird von den α1-GABA A -<br />
Rezeptoren vermittelt (8, 10). Diese<br />
Schlussfolgerung basiert auf der<br />
Beobachtung, dass Diazepam die<br />
horizontale motorische Aktivität in<br />
den α1(H101R)-Mäusen - im Gegensatz<br />
zu Wildtypmäusen - nicht beeinträchtigt<br />
(8). Neurosteroide, die ebenfalls<br />
am GABA A -Rezeptor, aber an<br />
einer anderen Bindungsstelle als die<br />
Benzodiazepine angreifen, reduzierten<br />
die motorische Aktivität sowohl<br />
in Wildtyp- als auch α1(H10R)-Mäusen,<br />
was zeigt, dass in α1(H10R)-<br />
Mäusen die motorische Aktivität weiterhin<br />
pharmakologisch vermindert werden<br />
kann. Ferner war die sedative Wirkung<br />
von Diazepam in α2(H101R)-<br />
Mäusen und in α3(H126R)-Mäusen<br />
nicht beeinträchtigt (9).<br />
Die anterograde Amnesie (eine<br />
Gedächtnisstörung, die sich auf<br />
Ereignisse bezieht, die sich nach<br />
der Einnahme von Diazepam ereignet<br />
haben und im passiven Vermeidungstest<br />
bestimmt wurde) fehlte<br />
ebenfalls in den α1(H101R)-Mäusen<br />
(8). Die Spezifität dieses Effekts wurde<br />
durch die Beobachtung unterstrichen,<br />
dass Scopolamin, ein Antagonist<br />
an muskarinartigen cholinergen<br />
Rezeptoren, auch in den α1(H101R)-<br />
Mäusen anterograd amnestisch wirksam<br />
ist (8). Die anterograd amnestische<br />
Wirkung von Diazepam ist also<br />
ebenfalls von den α1-GABA A -<br />
Rezeptoren vermittelt.<br />
Die antiepileptische (krampflösende)<br />
Aktivität von Diazepam wurde<br />
im Pentylentetrazol-Konvulsionstest<br />
bestimmt. Eine Dosis von 30 mg/kg<br />
Diazepam, mit dem alle Wildtypmäuse<br />
vor durch Pentylentetrazol<br />
(120 mg/kg) induzierten tonischen<br />
Krampfanfällen geschützt werden<br />
können, ist in den α1(H101R)-Mäusen<br />
nur teilweise aktiv: Es schützt<br />
lediglich die Hälfte der Mäuse vor den<br />
Krampfanfällen (8). In α2(H101R)-<br />
Mäusen und in α3(H126R)-Mäusen<br />
ist die antiepileptische Aktivität von<br />
Diazepam im Pentylentetrazol-Konvulsionstest<br />
dieselbe wie in Wildtypmäusen.<br />
(9). Die α1-GABA A -Rezeptoren<br />
vermitteln also nur einen Teil der<br />
antiepileptischen Wirkung von Diazepam.<br />
Alle anderen von uns getesteten<br />
Diazepameffekte, insbesondere die<br />
angstdämpfende, muskelentspannende<br />
und äthanolpotenzierende Wirkung<br />
von Diazepam waren in den<br />
α1(H101R)-Mäusen nachweisbar, was<br />
darauf hinweist, dass diese nicht von<br />
α1-GABA A -Rezeptoren, sondern von<br />
anderen GABA A -Rezeptoren vermittelt<br />
werden (8). Damit ist gezeigt,<br />
dass unterschiedliche GABA A -Rezeptoren<br />
für verschiedene Wirkungen von<br />
Diazepam verantwortlich sind.<br />
Angstdämpfende Aktivität<br />
von Diazepam wird von<br />
α2-GABA A -Rezeptoren vermittelt<br />
Es wurde früher angenommen,<br />
dass die angstdämpfende Wirkung<br />
von Benzodiazepinen auf der Hemmung<br />
von Neuronen (= Nervenzellen)<br />
im Hirnstamm beruht. Wichtige<br />
Neurone im retikulären Aktivationssystem<br />
(noradrenderge, dopaminerge<br />
und serotonerge Neurone des Hirnstamms)<br />
und des basalen Vorderhirns<br />
(cholinerge Neurone) haben<br />
GABA A -Rezeptoren, die als einzige<br />
α-Untereinheit α3 enthalten. Im<br />
Hell/Dunkel-Wahltest wird bestimmt,<br />
wie lange sich die Mäuse in der hellen<br />
Kammer (aversiver Stimulus) im<br />
Vergleich zur dunklen Kammer aufhalten,<br />
im Erhöhten-Plus-Labyrinth,<br />
wie lange sie sich auf den offenen<br />
Armen (aversiver Stimulus) versus<br />
den geschlossenen Armen aufhalten.<br />
Diazepam führte in Wildtyp- und<br />
α3(H126R)-Mäusen zu einer Verlängerung<br />
der Zeiten, welche die Mäuse<br />
in der hellen Kammer bzw. den offenen<br />
Armen verbringen, weil offenbar<br />
ihre "Angst" vor diesen potentiell<br />
gefährlicheren Elementen gedämpft<br />
wird (9). Dies weist darauf hin, dass<br />
Eine neue Pharmakologie<br />
für Benzodiazepine<br />
die α3-GABA A -Rezeptoren in diesen<br />
Tests nicht essentiell für die angstdämpfende<br />
Wirkung von Diazepam<br />
sind.<br />
An der Verarbeitung von Furcht<br />
beteiligte Gehirnareale sind u.a. der<br />
Thalamus, die Grosshirnrinde, der<br />
Hippokampus und das Striatum. Neurone,<br />
die α2-GABA A -Rezeptoren<br />
exprimieren, finden sich in limbischen<br />
Gebieten, z.B. Hippokampus<br />
und Amygdala (Mandelkern) sowie<br />
in der Grosshirnrinde und im Striatum.<br />
α2-GABA A -Rezeptoren stellen<br />
etwa 15 % aller GABA A -Rezeptoren<br />
im Gehirn dar (11). Im Hell/Dunkel-<br />
Wahltest und im Erhöhten-Plus-Labyrinth<br />
führte Diazepam nicht zur einer<br />
Verlängerung der Zeiten, die die<br />
Mäuse in der hellen Kammer und auf<br />
den offenen Armen verbringen und<br />
hatte daher keine angstdämpfende<br />
Wirkung (9), was darauf hinweist,<br />
dass in diesen Tests α2-GABA A -<br />
Rezeptoren die angstdämpfende Wirkung<br />
von Diazepam vermitteln. Dieser<br />
Befund ist konsistent mit der<br />
Expression von α2-GABA A -Rezeptoren<br />
in Gehirnregionen, die mit der<br />
Verarbeitung emotionaler Stimuli in<br />
Verbindung gebracht werden. Neuronale<br />
Netzwerke, welche die angstdämpfende<br />
Wirkung von Diazepam<br />
vermitteln, sind nun durch einen<br />
molekularen Marker, nämlich die<br />
GABA A -Rezeptor α2-Untereinheit<br />
charakterisiert.<br />
Muskelentspannende<br />
Wirkung von Diazepam<br />
10 mg/kg Diazepam beeinträchtigt<br />
über eine zentral gesteuerte<br />
Muskelentspannung den Greifreflex<br />
von Wildtypmäusen im Horizontaldraht-Test.<br />
In diesem Test wird<br />
geprüft, ob sich die Mäuse mit mindestens<br />
drei Gliedmassen an einem<br />
horizontalen Draht festhalten können.<br />
In α1(H101R)-Mäusen war die<br />
muskelentspannende Wirkung von<br />
Diazepam unverändert (8), was darauf<br />
hinweist, dass dieser Rezeptorsubtyp<br />
nicht an der Vermittlung die-<br />
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