100 Jahre Entwicklung 1901 - UniversitätsSpital Zürich
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- Noch eine kurze Episode, um<br />
zu zeigen, wie es damals war. Im<br />
Sommer 1951, also zwei <strong>Jahre</strong> nach<br />
seinem Staatsexamen, verbringt Jürg<br />
Hossli drei Monate an der Chirurgischen<br />
Klinik des Allgemeinen Krankenhauses<br />
in Hamburg, um dort die<br />
sogenannte Periduralanästhesie zu<br />
erlernen. Als Gegenleistung führt er<br />
in diesem Krankenhaus die endotracheale<br />
Intubation ein.<br />
Zwar ging es am Anfang natürlich<br />
auch um die Einführung neuer<br />
Techniken. Aber vor allem mussten<br />
bestehende sicher gemacht und entsprechend<br />
instruiert werden, wie z.B.<br />
die Äther-Tropfnarkose mit der<br />
Schimmelbusch-Maske. Jürg Hossli<br />
stand immer auch im Universitätsspital<br />
an vorderster Front. Als Beispiel<br />
unter unzähligen sehen wir ihn<br />
zusammen mit Oberschwester Annemarie<br />
Klingensteiner bei der Anästhesie<br />
für eine Operation am offenen<br />
Herzen (Abb. 2).<br />
Zahlreiche berühmte Anästhesieärzte<br />
besuchten das Zürcher Institut.<br />
Von den vielen sei eine Persönlichkeit<br />
erwähnt, nämlich Sir Robert<br />
Macintosh, der Inhaber des weltweit<br />
ersten Lehrstuhls für Anästhesie in<br />
Oxford. Er weilte mehrmals bei uns,<br />
Abb. 3. Sir Robert Macintosh demonstriert<br />
eine Äthernarkose mit seinem<br />
EMO-Verdampfer, November 1968.<br />
so z.B. auch hier im November<br />
1968, als er uns mit seinem berühmten<br />
EMO-Verdampfer seine Äthernarkose<br />
demonstrierte (Abb. 3).<br />
Jürg Hossli wurde schnell auch<br />
ein Pionier der Intensivmedizin,<br />
führte doch die noch junge Anästhesieabteilung<br />
unter seiner Leitung<br />
sehr bald Intensivbehandlungen<br />
durch. Spektakulär war in dieser<br />
Hinsicht die Poliomyelitisepidemie<br />
von 1954, bei der die Anästhesieabteilung<br />
50 Medizinstudenten<br />
rekrutieren musste, um 18<br />
Poliomyelitispatienten von Hand<br />
rund um die Uhr mit dem "to-andfro"-System<br />
zu beatmen. Etwas<br />
weniger dramatisch, aber ebenso<br />
arbeitsintensiv waren Dauerbeatmungsfälle<br />
von chirurgischen<br />
Patienten mit Tetanus (Abb. 4),<br />
Fettembolie und anderen lebensbedrohlichen<br />
Krankheitsbildern unter<br />
Relaxation und eventuell Hypothermie.<br />
Gerade beim Tetanus hat<br />
Hossli entscheidendes beigetragen:<br />
Er konnte meines Wissens weltweit<br />
als erster zeigen, dass die Hirnschäden,<br />
die man bei Verstorbenen<br />
findet, nicht durch die Krankheit<br />
selbst, sondern durch die Folgehypoxie<br />
verursacht werden.<br />
80 <strong>Jahre</strong> Georg Hossli<br />
Abb. 4. Dauerbeatmung eines Patienten mit Tetanus unter Muskelrelaxation<br />
und Oberflächenhypothermie (Eisbeutel!).<br />
Akademischer Werdegang<br />
Im Januar 1960 beendet Jürg<br />
Hossli seine Habilitationsschrift mit<br />
dem Titel "Die Anästhesie in der<br />
Chirurgie der Brust und der Brusthöhle".<br />
Sie wird 1967 in Kirschners<br />
Operationslehre publiziert. Am 15.<br />
Juni 1960 hält er seine Probevorlesung<br />
über die "Wiederbelebung des<br />
Herzens". Er unterscheidet bereits die<br />
drei Funktionszustände des Herzens,<br />
die dem klinischen Bild des Kreislaufstillstands<br />
zugrunde liegen können:<br />
Herzkammerflimmern, Asystolie<br />
und "weak action", letzteres heute<br />
wohl als elektromechanische Entkoppelung<br />
bezeichnet. Zu Beginn des<br />
Wintersemesters erhält er die Venia<br />
legendi für das Gebiet Anästhesiologie,<br />
Wiederbelebung und Schockbekämpfung.<br />
Am 24. Juni 1961 hält er<br />
seine Antrittsvorlesung als Privatdozent<br />
mit dem Titel "Die Rettung des<br />
akut bedrohten Menschenlebens bei<br />
Unfällen und Krankheiten": Er definiert<br />
bereits das, was wir später nach<br />
Ahnefeld als Rettungskette bezeichnen,<br />
und betont, wie wichtig die qualitativ<br />
hochstehende Versorgung auf<br />
allen Stufen, d.h. am Unfallort, während<br />
des Transports und auf allen Stationen<br />
des Krankenhauses ist.<br />
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