100 Jahre Entwicklung 1901 - UniversitätsSpital Zürich
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Krayenbühl war ein früher<br />
und überzeugter Befürworter<br />
einer eigenständigen Anästhesie<br />
in <strong>Zürich</strong>. Als die Gründung<br />
einer Anästhesieabteilung innerhalb<br />
der Chirurgischen Universitätsklinik<br />
im <strong>Jahre</strong> 1953 zur<br />
Diskussion stand, hat er dieses<br />
Vorhaben vehement unterstützt,<br />
auch mit Eingaben an den damaligen<br />
Regierungspräsidenten Dr.<br />
h.c. Jakob Heusser 5 , Vorsteher<br />
der kantonalen Gesundheitsdirektion.<br />
1941 wurde Prof. Dr. med.<br />
Alfred Brunner, 1890-1972, zum<br />
Ordinarius für Chirurgie am<br />
Kantonsspital <strong>Zürich</strong> gewählt.<br />
Seine Liebe galt der Thoraxchirurgie,<br />
die er bereits als Assistent<br />
von Ferdinand Sauerbruch 6<br />
in <strong>Zürich</strong> und München kennengelernt<br />
hatte. In den ersten <strong>Jahre</strong>n<br />
seiner Tätigkeit in <strong>Zürich</strong><br />
stand für Brunner die chirurgische<br />
Behandlung der Lungentuberkulose<br />
und des Bronchuskarzinoms<br />
im Vordergrund. In den<br />
<strong>Jahre</strong>n 1941-1947 wurden<br />
Lobektomien und Pneumonektomien,<br />
für uns heute kaum vorstellbar,<br />
generell in Lokalanästhesie<br />
ausgeführt. Brunner<br />
beschreibt seine Methode wie<br />
folgt:<br />
“...wobei der 2. bis 11. Intercostalnerv<br />
durch Leitungsanästhesie<br />
unterbrochen, das Schnittgebiet<br />
der Thoraxwand und der<br />
Lungenhilus infiltriert wurden.<br />
Meist wurde auch der N. phrenicus<br />
intrathorakal durch Anästhesierung<br />
seines Stammes und<br />
damit die Zwerchfellbewegung<br />
ausgeschaltet. Nur ausnahmsweise<br />
wurde daneben noch etwas<br />
Überdruck mit Sauerstoff gegeben.<br />
Es wurde einige Tage vor<br />
der Operation ein Pneumothorax<br />
angelegt in der Vorstellung, dass<br />
dadurch der Operationsschock<br />
vermindert werden könne.”<br />
Die Gründung von Lehrstuhl und Institut für Anästhesiologie<br />
an der Universität <strong>Zürich</strong> im <strong>Jahre</strong> 1966<br />
Den nicht seltenen schweren<br />
Komplikationen wie Kreislaufdekompensation,<br />
Luftembolien<br />
mit bleibenden neurologischen<br />
Ausfällen bis zum Koma oder<br />
auch Todesfällen auf dem Operationstisch<br />
stand man damals<br />
mangels Alternativen recht hilflos<br />
gegenüber.<br />
In <strong>Zürich</strong> war es Karl Eduard<br />
Mülly, 1909-1986, seit 1940<br />
Assistenzarzt bei Brunner, der<br />
sich als einer der ersten in der<br />
Schweiz intensiv mit der Anästhesie<br />
befasste und zu diesem<br />
Zweck Kontakte mit dem englischen<br />
und skandinavischen Ausland<br />
suchte. Sein Hauptinteresse<br />
galt wie das seines Chefs der<br />
Thoraxchirurgie. So erstaunt es<br />
nicht, dass er das Sabbatsberg-<br />
Krankenhaus in Stockholm<br />
wählte, als er nach dem 2. Weltkrieg<br />
ins Ausland reisen konnte.<br />
Das Sabbatsberg-Krankenhaus<br />
unter der chirurgischen Leitung<br />
von Clarence Crafoord, 1899-<br />
1984, galt als Mekka der Thoraxchirurgie<br />
für Besucher aus<br />
der ganzen Welt. Crafoord war<br />
berühmt geworden durch seine<br />
Pionierarbeit über die Technik<br />
der Pneumonektomie.<br />
Mülly hat in Stockholm bald<br />
erkannt, dass eine Verbesserung<br />
der Resultate in der Lungenchirurgie<br />
ausser mit einer ausgefeilten<br />
Operationstechnik nur mit<br />
einer zeitgemässen Anästhesie<br />
zu erzielen war. Das halbe Jahr<br />
in Stockholm wurde zu einer<br />
intensiven Auseinandersetzung<br />
mit der modernen Anästhesie.<br />
Hier erhielt er das Rüstzeug, das<br />
es ihm ermöglichte, die moderne<br />
Narkosetechnik in <strong>Zürich</strong> unter<br />
den skeptischen Augen seines<br />
Chefs erfolgreich einzusetzen.<br />
1947 war ein Schüsseljahr für<br />
die Anästhesie in <strong>Zürich</strong>. Mülly<br />
begann im November mit der<br />
systematischen Einführung der<br />
Intubationsnarkose. Im ersten<br />
Halbjahr hat er 45 Patienten<br />
nach der neuen Methode anästhesiert;<br />
es waren jedoch ausschliesslich<br />
Narkosen für Operationen<br />
am offenen Thorax oder<br />
für grosse Abdominaleingriffe.<br />
Die Beatmung der kurarisierten<br />
Patienten erfolgte nach oraler<br />
Intubation mit einem geschlossenen<br />
Pendelsystem mit CO 2 -<br />
Absorption nach Waters, wie es<br />
Mülly bereits in Stockholm<br />
gebraucht hatte. Da er jedoch<br />
hier vorerst noch keinen Respirator<br />
zur Verfügung hatte, mussten<br />
die voll relaxierten Patienten<br />
auch für sehr lange Eingriffe<br />
von Hand beatmet werden. Diese<br />
erste Serie von 45 überwiegend<br />
intrathorakalen Eingriffen verlief<br />
derart erfolgreich, dass sich<br />
auch der sehr skeptische Brunner<br />
von der Überlegenheit der Intubationsnarkose<br />
hat überzeugen<br />
lassen.<br />
5 Regierungsrat Dr. h.c. Jakob Heusser,<br />
1895-1989, von Uster. Er wurde 1943<br />
in den Regierungsrat gewählt, wo er<br />
bis zu seinem Rücktritt im Frühjahr<br />
1963 ununterbrochen der kantonalen<br />
Gesundheitsdirektion vorstand. Im<br />
Amtsjahr 1953/54 war er Präsident des<br />
Regierungsrates.<br />
6 Prof. Dr. med. Ferdinand Sauerbruch,<br />
1875-1951, entwickelte bereits als junger<br />
Assistent in Breslau das Druckdifferenzverfahren,<br />
welches das Operieren<br />
im offenen Thorax ermöglichte.<br />
1910 wurde er als Ordinarius für Chirurgie<br />
nach <strong>Zürich</strong> berufen und führte<br />
die Thoraxchirurgie hier ein. Er leitete<br />
die Klinik bis 1918, als er einem Ruf<br />
nach München folgte.<br />
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