100 Jahre Entwicklung 1901 - UniversitätsSpital Zürich
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In einem recht deutlichen<br />
Schreiben vom 18. Juli 1952 an<br />
seinen Vorgesetzten und Direktor<br />
der Chirurgischen Klinik, Prof. A.<br />
Brunner, erläuterte er seine Bedenken<br />
gegen die herrschenden<br />
Zustände: “Zur Zeit ist der Anästhesiedienst<br />
an der Chirurgischen<br />
Universitätsklinik <strong>Zürich</strong> absolut<br />
ungenügend organisiert. Allein in<br />
den vergangenen sechs Monaten<br />
haben sich bei uns drei tödliche<br />
Unfälle ereignet, die mit Sicherheit<br />
ganz oder zur Hauptsache aus<br />
Fehlern bei der Narkose entstanden<br />
sind. Fast jede Woche passiert<br />
ausserdem bei uns irgend ein<br />
schwerer Zwischenfall bei einer<br />
Allgemeinanästhesie; diese<br />
Zwischenfälle sind dadurch<br />
bedingt, dass ein ungenügend ausgebildeter<br />
oder erfahrener Arzt<br />
oder ein Narkoseschüler aus dem<br />
Pflegepersonal zu Narkosen<br />
gedrängt werden, die über ihr Können<br />
hinausgehen und die dann<br />
auch entsprechend schlecht geführt<br />
werden...”.<br />
Er hat seinem Chef Brunner<br />
vorgeschlagen, den Anästhesiedienst<br />
neu aufzubauen: “Ich hoffe,<br />
sehr verehrter Herr Professor, Sie<br />
missverstehen mich nicht und legen<br />
meine Pläne nicht als Anmassung<br />
aus. Sie wissen, dass ich mich für<br />
meine Zukunft jetzt zu entscheiden<br />
habe, und Sie begreifen wohl, dass<br />
mir die Arbeit hier als Anästhesist<br />
nur verlockend erscheinen kann,<br />
wenn ich die Erfüllung dieser Pläne<br />
mit einiger Sicherheit voraussehen<br />
kann. Dann aber sollen Sie<br />
versichert sein, dass ich mich mit<br />
aller Kraft einsetzen und meine<br />
Lebensstellung voll auszufüllen<br />
versuchen würde.”<br />
Brunner hat sich nach einem<br />
längeren Gespräch mit Hossli für<br />
die Neuorganisation des Anästhesiedienstes<br />
an der Chirurgischen<br />
Klinik entschieden und auch die<br />
Gründung eines zentralen Anästhesiedienstes<br />
unterstützt.<br />
Die Gründung von Lehrstuhl und Institut für Anästhesiologie<br />
an der Universität <strong>Zürich</strong> im <strong>Jahre</strong> 1966<br />
Hossli hat folgende Richtlinien<br />
für einen zentralen Anästhesiedienst<br />
aufgestellt:<br />
a) personelle Unabhängigkeit,<br />
Dotierung mit Ärzten und<br />
Schwestern, verantwortlicher<br />
Leiter;<br />
b) finanzielle Unabhängigkeit,<br />
eigener jährlicher Kredit,<br />
eigenes Budget;<br />
c) eigene Arbeitsräume innerhalb<br />
der Chirurgischen Klinik.<br />
Für die anästhesiologische<br />
Betreuung der gesamten Chirurgischen<br />
Klinik am Kantonsspital<br />
<strong>Zürich</strong> hat Hossli damals vorgeschlagen:<br />
1 Leitender Anästhesist,<br />
2 Assistenten (mit fortgeschrittenerAnästhesieausbildung),<br />
4 Schwestern und 2 Pfleger.<br />
Im Hinblick auf eine spätere<br />
Zentralisierung des Anästhesiedienstes<br />
meldete er den Bedarf<br />
von zwei zusätzlichen Assistenten<br />
sowie weitere Schwesternstellen<br />
für die Neurochirurgie und die<br />
Augenklinik bzw. für die Frauenklinik<br />
und die Hals-Nasen-Ohrenklinik<br />
an.<br />
1953 war wie 1947 ein weiteres<br />
Schlüsseljahr für die Anästhesie<br />
in <strong>Zürich</strong>. Am 19. März 1953<br />
hat Hossli seinen konkreten Stellenplan<br />
betreffend die Anästhesieabteilung<br />
an die Verwaltungsdirektion<br />
des Kantonsspitals<br />
<strong>Zürich</strong> eingereicht. Die Entscheidung<br />
darüber lag nun bei der<br />
Kantonalen Gesundheitsdirektion,<br />
damals unter dem Regierungspräsidenten<br />
Jakob Heusser.<br />
In der Zwischenzeit absolvierte<br />
Hossli eine viermonatige Studienreise<br />
in Amerika und erwarb<br />
den Spezialarzttitel für Anästhesiologie.<br />
Zu diesem Zeitpunkt<br />
waren die Bedingungen für dessen<br />
Erlangung erst im Sinne einer<br />
Übergangsordnung geregelt. Die<br />
erste offizielle Weiterbildungsordnung<br />
für Anästhesiologie wur-<br />
de am 1. Januar 1954, zusammen<br />
mit der Revision aller Spezialarzt-Ausbildungsbedingungen,<br />
in<br />
Kraft gesetzt.<br />
Auch nach der Rückkehr von<br />
Hossli aus Amerika war der Entscheid<br />
der Gesundheitsdirektion<br />
noch ausstehend. Nun kam von<br />
anderer Seite Hilfe. Prof. H.<br />
Krayenbühl, Direktor der Neurochirurgischen<br />
Klinik, setzte sich<br />
persönlich für die Verwirklichung<br />
der Anästhesieabteilung ein. Weitere<br />
Unterstützung erhielt Hossli<br />
von den Leitern anderer operativ<br />
tätiger Kliniken, insbesondere<br />
von Prof. Luzius Rüedi 7 , seit<br />
1948 Direktor der ORL-Klinik,<br />
und von Prof. Marc Amsler 8 , seit<br />
1943 Direktor der Augenklinik.<br />
Die Anästhesieabteilung wurde<br />
schliesslich durch Regierungsratsbeschluss<br />
auf den 1. November<br />
1953 geschaffen. Hossli wurde<br />
vom Regierungsrat des Kantons<br />
<strong>Zürich</strong> auf den 1. Februar<br />
1954 zum Leitenden Arzt der<br />
neuen Anästhesieabteilung am<br />
Kantonsspital gewählt.<br />
Die Probleme, die ihm gegenüberstanden,<br />
waren enorm. Zwar<br />
wurden der neuen Abteilung fünf<br />
Assistenzarztstellen zugeteilt,<br />
neue Stellen wurden jedoch nur<br />
zögerlich bewilligt. Zudem waren<br />
an der Chirurgischen Klinik<br />
ausser Hossli selbst keine ausgebildeten<br />
oder gar fortgeschrittenen<br />
Anästhesieärzte tätig. Hossli<br />
musste die Stellen mit Anästhesieneulingen<br />
besetzen.<br />
7 Prof. Dr. med. Luzius Rüedi,<br />
1900-1993.<br />
8 Prof. Dr. med. Marc Amsler,<br />
1891-1968.<br />
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