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100 Jahre Entwicklung 1901 - UniversitätsSpital Zürich

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Subtyp-spezifische Liganden<br />

der Benzodiazepin-Bindungsstelle<br />

Die in den Untersuchungen von<br />

Mäusen mit punktmutierten<br />

GABA A -Rezeptor-α-Untereinheiten<br />

erhaltenen Einblicke in die Subtypspezifität<br />

von Benzodiazepinwirkungen<br />

ermöglichen die <strong>Entwicklung</strong><br />

neuer Medikamente mit<br />

einem günstigeren klinischen Profil<br />

als die gegenwärtig gebräuchlichen<br />

Benzodiazepine, die an mehreren<br />

GABA A -Rezeptorsubtypen angreifen.<br />

Wenn ein Ligand keine sedative<br />

Wirkung haben soll, sollte er keine<br />

Affinität zum α1-GABA A -<br />

Rezeptor haben oder, falls er bindet,<br />

keine oder nur eine minimale intrinsische<br />

Aktivität. Der von Merck,<br />

Sharp & Dohme entwickelte neue<br />

Ligand L-838,417 bindet mit hoher<br />

Affinität an α1-, α2-, α3- und α5-<br />

GABA A -Rezeptoren. Am α1-<br />

GABA A -Rezeptor hat er aber praktisch<br />

keine intrinsische Wirkung,<br />

wohingegen er eine partielle agonistische<br />

Wirkung an den anderen<br />

genannten Rezeptoren hat. In Tierversuchen<br />

hat er eine angstdämpfende,<br />

aber keine sedative Aktivität<br />

(10). Ein weiterer neuer Ligand ist<br />

das von Sanofi-Synthélabo entwickelte<br />

SL 65.1498. Dieses ist ein voller<br />

Agonist an α2- und α3-<br />

GABA A -Rezeptoren, ein partieller<br />

Agonist an α1-GABA A -Rezeptoren<br />

und bindet nicht an α5-GABA A -<br />

Rezeptoren. Er hat in Tierversuchen<br />

eine potente angstdämpfende Wirkung<br />

(14). Ein Ligand, der hochspezifisch<br />

nur auf α2-GABA A -<br />

Rezeptoren wirkt, sollte angstdämpfende,<br />

aber keine sedativen oder<br />

anterograd amnestischen Wirkungen<br />

haben.<br />

Ausblick<br />

GABA A -Rezeptorsubtyp-spezifische<br />

Liganden versprechen eine<br />

erhöhte Spezifität ihrer Wirkungen<br />

verglichen mit klassischen Benzodiazpinen,<br />

die unselektiv an allen<br />

Diazepam-empfindlichen GABA A -<br />

Rezeptorsubtypen angreifen. Subtyp-spezifische<br />

Liganden werden<br />

vermutlich weniger unerwünschte<br />

Wirkungen aufweisen, weil sie nur<br />

eine kleine Population von<br />

GABA A -Rezeptoren betreffen.<br />

Weiterhin könnten Subtyp-spezifische<br />

Liganden für die Behandlung<br />

von neurologischen oder psychiatrischen<br />

Erkrankungen ausserhalb des<br />

Indikationenspektrums klassischer<br />

Benzodiazepine von Interesse sein.<br />

Die GABA A -Rezeptorsubtyp-Spezifität<br />

von Medikamentenwirkungen<br />

ist wahrscheinlich nicht auf<br />

Liganden der Benzodiazepin-Bindungsstelle<br />

beschränkt, und dies<br />

dürfte auch für andere GABA A -<br />

Rezeptor-Modulatoren zutreffen.<br />

Danksagung<br />

Den Mitautoren der dieser Übersicht<br />

zugrundeliegenden Originalarbeiten,<br />

Florence Crestani, Karin<br />

Löw, Ruth Keist, Dietmar Benke,<br />

Jean-Marc Fritschy, Ina Brünig, Jack<br />

Benson, Hanns Möhler, Irene Tobler,<br />

Caroline Kopp und Tom Deboer<br />

vom Institut für Pharmakologie und<br />

Toxikologie sowie Thomas Rülicke,<br />

James Martin, und Horst Blüthmann<br />

danke ich für Ihre wertvollen Beiträge.<br />

Dietmar Benke danke ich für<br />

Vorlagen zu Abbildungen und die<br />

Autoradiographien.<br />

Eine neue Pharmakologie<br />

für Benzodiazepine<br />

Zusammenfassung<br />

GABA A (= γ-Aminobuttersäure A )-<br />

Rezeptoren sind die molekularen Substrate<br />

für die Regulation von Vigilanz,<br />

Angst, Muskelspannung, epileptogener<br />

Aktivität und Gedächtnisfunktionen.<br />

Benzodiazepine wie z.B. Diazepam<br />

(Valium ® ) verstärken den<br />

GABA-induzierten Chlorideinstrom an<br />

den α1-, α2-, α3- und α5-GABA A -<br />

Rezeptoren, was zur Hyperpolarisation<br />

und funktionellen Hemmung von Nervenzellen<br />

führt. Um die Funktion einzelner<br />

GABA A -Rezeptorsubtypen zu<br />

bestimmen, haben wir Punktmutationen,<br />

welche die α1-, α2- oder α3-<br />

GABA A -Rezeptorsubtypen unempfindlich<br />

für Benzodiazepine machen,<br />

in die Keimbahn der Maus eingeführt<br />

und die Diazepamwirkungen in den<br />

entsprechenden Mauslinien analysiert.<br />

Die sedative Wirkung von Diazepam<br />

fehlte in den α1-punktmutierten Mäusen,<br />

die angstdämpfende Wirkung in<br />

den α2-punktmutierten Mäusen. Dies<br />

zeigt, dass die sedative Wirkung von<br />

α1-GABA A -Rezeptoren vermittelt<br />

wird, wohingegen die angstdämpfende<br />

Wirkung von den α2-GABA A -Rezeptoren<br />

vermittelt wird. Diese Erkenntnisse<br />

ermöglichen die <strong>Entwicklung</strong><br />

neuer Rezeptorsubtyp-spezifischer<br />

Pharmaka mit einem selektiveren Wirkungsprofil<br />

als Diazepam, z.B. einem<br />

angstdämpfenden Medikament ohne<br />

sedative Nebenwirkungen.<br />

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