DER RING - v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
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Erfolg und Misserfolg in der Jugendhilfe<br />
Wie wirkungsvoll sind die Hilfen zur Erziehung?<br />
Sie haben die Effektivität der Hilfen im Blick: (v. l.) Dr. Günther Wienberg, Heidi Post<br />
und Adina Widmann.<br />
Wie ist das eigentlich mit der Jugendhilfe? Helfen die Angebote<br />
den Kindern und Jugendlichen wirklich? Und wenn ja, wie lässt<br />
sich die Qualität messen? Das sind Fragen, mit denen sich nicht<br />
nur die v. <strong>Bodelschwinghsche</strong>n <strong>Stiftungen</strong> <strong>Bethel</strong> beschäftigen,<br />
sondern vor allem auch der Kostenträger, der die Leistungen<br />
refinanziert. In Bielefeld-<strong>Bethel</strong> wurde Ende vergangenen Jahres<br />
die Wirksamkeit der Hilfen auch wissenschaftlich beleuchtet.<br />
»In der Jugendhilfe lassen sich<br />
die Erfolge und Misserfolge nur<br />
schwer messen«, unterstreicht<br />
<strong>Bethel</strong>-Vorstand Dr. Günther<br />
Wienberg. So werde eine vorzeitig<br />
beendete stationäre Erziehungshilfe<br />
schnell als Misserfolg<br />
gewertet. »Aber bedeuten<br />
Abbrüche tatsächlich, dass die<br />
Maßnahme nicht erfolgreich<br />
ist?«, hinterfragt Dr. Wienberg<br />
kritisch. »Vielleicht ist die stationäre<br />
Unterstützung ja überflüssig<br />
geworden, weil der Jugendliche<br />
eine neue, gute Lebensperspektive<br />
gefunden hat?« Die Nachverfolgung<br />
ist fast nie möglich.<br />
Erfolg und Misserfolg hängen<br />
zudem von vielen Einflüssen ab,<br />
die auf den betroffenen Jugendlichen<br />
einwirken. »Die Familie,<br />
Schulen, Peergroups – um nur<br />
einige zu nennen – haben einen<br />
erheblichen Einfluss auf die Kinder<br />
und Jugendlichen. Der Erfolg lässt<br />
sich doch gar nicht von diesen<br />
Einflüssen isolieren«, gibt Dr.<br />
Wienberg zu bedenken. Bei allen<br />
Schwierigkeiten, die Effektivität<br />
der Jugendhilfemaßnahmen zu<br />
messen, sei die Erforschung ihrer<br />
Wirkung richtig und wichtig.<br />
»Wir werden uns weiter mit der<br />
Ergebnisqualität beschäftigen«,<br />
so Dr. Wienberg. Zudem sind<br />
die Überprüfung und Optimierung<br />
der Wirkung von Hilfen in<br />
den strategischen Entwicklungsschwerpunkten<br />
<strong>Bethel</strong>s festgeschrieben.<br />
Umdenken notwendig<br />
Bei einem Fachtag in Bielefeld-<br />
<strong>Bethel</strong> Ende 2012 wurde eine<br />
Studie der Universität Bielefeld<br />
über Abbrüche und Erfolge in<br />
der stationären Erziehungshilfe<br />
vorgestellt. Sie führe zu überraschenden<br />
Erkenntnissen, sagt<br />
Heidi Post von der Stabsstelle<br />
Unternehmensentwicklung<br />
<strong>Bethel</strong>. Die Jugendämter fordern,<br />
Foto: Schulz<br />
dass der Aufenthalt in den Heimen<br />
so kurz wie möglich gehalten<br />
wird. »Doch die Forschung<br />
beweist, dass kurze stationäre<br />
Hilfen nicht viel bewirken.« Erst<br />
ein Aufenthalt ab eineinhalb<br />
Jahren zeige einen positiven<br />
Effekt. »Der Verdacht liegt nahe,<br />
dass die Ämter die Jugendlichen<br />
so schnell wie möglich aus den<br />
Heimen holen wollen, um Kosten<br />
zu sparen. Da muss aber ein<br />
Umdenken stattfinden«, so Heidi<br />
Post.<br />
Ein weiteres Ergebnis der Studie<br />
zeigt, dass die Bedeutung der<br />
Partizipation, also der Mitwirkung<br />
der jungen Menschen bei<br />
der Erziehungshilfe, überbewertet<br />
wird. »Kinder und Jugendliche<br />
können Regeln durchaus<br />
akzeptieren, sofern sie transparent<br />
gemacht werden«, zitiert<br />
Adina Widmann, Praktikantin in<br />
der Stabsstelle Unternehmensentwicklung,<br />
die Studie.<br />
Für junge Menschen, deren<br />
Eltern nicht in der Lage sind,<br />
den Erziehungsauftrag zu erfüllen,<br />
bietet <strong>Bethel</strong> 277 stationäre<br />
Plätze an. Die sozialpädagogischen<br />
Wohn- und Intensivgruppen<br />
beziehungsweise Angebote<br />
der Inobhutnahme befinden<br />
sich in Bielefeld, Hannover und<br />
Lobetal. »Knapp mehr Jungen<br />
als Mädchen nutzen die Hilfen<br />
zur Erziehung«, stellt Michael<br />
Walde, Jugendhilfe <strong>Bethel</strong>, fest.<br />
Von den Mädchen hätten 85<br />
Prozent Missbrauchserfahrungen.<br />
»Der größten Herausforderung<br />
stellt sich die Hoffnungstaler<br />
Stiftung Lobetal. Sie bietet<br />
in Brandenburg stationäre Hilfe<br />
für drogenabhängige psychisch<br />
kranke Jugendliche an. Das ist<br />
die schwierigste Zielgruppe überhaupt«,<br />
so Michael Walde.<br />
– Silja Harrsen –<br />
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