Deutsche Lebensmittel-Rundschau 06/08 - DLR Online: Deutsche ...
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in der Reflexion von frischem Fleisch falle anders<br />
aus als bei überlagertem Fleisch, daraus ergäben<br />
sich die entscheidenden Rückschlüsse. Noch verfügen<br />
die Wissenschaftler nur über einen Prototyp<br />
des Gerätes, aber offenbar zeigt sich schon, dass<br />
das Verfahren zur Überwachung der gesamten <strong>Lebensmittel</strong>kette<br />
geeignet sein wird.<br />
Wenn Frische nur durch die Fleischfarbe charakterisiert<br />
wäre, könnte man sie auch künstlich herstellen.<br />
Der Tierarzt Dr. Peter Nitsch untersuchte<br />
ein Verfahren, bei dem hochkonzentrierter Sauerstoff<br />
unter Druckbehandlung in das Rindersteak<br />
hineingepresst wird. Das Ergebnis ist tatsächlich<br />
eine überaus frisch-rote Farbe, die sogar haltbar<br />
ist. „Das sieht schön aus, aber macht Probleme“,<br />
stellte der Referent fest. Sauerstoff unter hohem<br />
Druck mache Fette ranzig und das Steak kaum<br />
mehr genießbar. Einen anderen Ansatz zur Qualitätsverbesserung<br />
trug Dr. Simone Müller, Landesanstalt<br />
für Landwirtschaft in Thüringen vor. Sie<br />
setzte für die Beeinflussung der Rohschinkenqualität<br />
auf die Variation der Schweinrasse. Die von<br />
ihr favorisierten rustikaleren Duroc-Kreuzungen<br />
erwiesen sich aber gegenüber den fleischreichen<br />
Pietrain-Nachkommen als unterlegen. Ihr Problem<br />
waren die mäßigen sensorischen Bewertungen, die<br />
wohl auf die Empfindlichkeit des Fettes zurückzuführen<br />
sind. Instabile Fette führen zu Ranzigkeit,<br />
die in Aroma und Geschmack negativ auffällt.<br />
Für die Chemikerin Dr. Sabine Andreé aus Kulmbach<br />
ist Vertrauen zwar gut, profundes Wissen<br />
aber besser. Also ist sie dabei Methoden für die<br />
Tierarterkennung zu entwickeln. In ihrem Vortrag<br />
ging es vor allem um Geflügelprodukte. Die<br />
Frage war, ist da wo ausschließlich Barbarie-Ente<br />
auf dem Etikett steht auch nur Barbarie-Ente drin?<br />
Oder wurde etwa Hähnchen untergemischt. Wenn<br />
Zweifel bestehen, ob alles mit rechten Dingen zugeht,<br />
muss man einen Nachweis führen können.<br />
Die molekulargenetische PCR-Methode hat sich<br />
hierfür bewährt, sie ist ja auch ansonsten gut für<br />
Kriminalistisches geeignet. „Von Wachtel bis Truthahn<br />
erkennen wir alles, was beim Geflügel wichtig<br />
ist“, fasste Dr. Andreé ihre Untersuchungen<br />
zusammen. Sie gab aber gleichzeitig Entwarnung:<br />
Selbst mit ihrer empfindlichen Methodik wurde im<br />
Probenmaterial kein Hinweis auf Täuschungsmanöver<br />
gefunden.<br />
Hygiene ist zunächst einmal vor allem ein juristisches<br />
Problem, in der EU zumindest. „Was die Hygiene<br />
anbetrifft, ist das EU-Recht nunmehr gleiches<br />
Recht für alle“, lobte der <strong>Lebensmittel</strong>rechtler<br />
Prof. Dr. Jörg Gundel, Universität Bayreuth. Er<br />
musste aber zugeben, dass das auch Nachteile mit<br />
sich bringt. Für die Kleinbetriebe des <strong>Lebensmittel</strong>handwerks<br />
sei die Schraube doch wohl schon<br />
zu fest angezogen. Die systematischen Konzepte<br />
der Selbstkontrolle, wie das HACCP-Konzept, seien<br />
auf dieser Ebene nur schwer anwendbar. Sein<br />
Bayreuther Kollege Prof. Dr. Stefan Leible warf<br />
einen kritischen Blick auf Haftungsfragen, wenn<br />
hygienisch etwas schief geht. Im Grundsatz hat<br />
der Verbraucher sogar das Recht auf Schadenersatz<br />
schon dann, wenn ein Produkt ekelerregend,<br />
Die mit 230 Teilnehmern gut gefüllte Dr. Stammberger-Halle. Im Vordergrund: Dr. Manfred Gareis,<br />
Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Biotechnologie am MRI, Kulmbach; Dr. Wolfgang Branscheid,<br />
Leiter des Instituts für Sicherheit und Qualität bei Fleisch, MRI, Kulmbach; Präsident Rechkemmer;<br />
Landrat Klaus-Peter Söllner, Landkreis Kulmbach; Oberbürgermeister Henry Schramm, Stadt Kulmbach;<br />
Ministerialrat Dr. Michael Winter, BMELV, Bonn; Prof. Dr. Klaus Troeger (ebenfalls Leiter des Instituts für<br />
Sicherheit und Qualität bei Fleisch, MRI, Kulmbach).<br />
aber noch nicht gesundheitsschädlich ist. Dabei ist<br />
die Definition, was ekelerregend ist, durchaus an<br />
die geringe Toleranzschwelle moderner Verbraucher<br />
angepasst. Andererseits sitzt der Verbraucher<br />
trotzdem an einem recht kurzen Hebel, denn<br />
ihm obliegt die Beweislast, wie weit ihm wirklich<br />
ein Schaden entstanden ist. Das kann schwierig<br />
werden.<br />
Hygiene ist vorrangig eine Frage von unerwünschten<br />
Keimen auf <strong>Lebensmittel</strong>n. Von einem<br />
Verderbniserreger, der sich nur in der Kälte wirklich<br />
wohlfühlt und deshalb in der Antarktis zu Hause<br />
ist, berichtete die Tierärztin Eva Ziegler vom MRI.<br />
Kurioserweise erscheint dieser Keim auf Rindfleisch,<br />
das im heißen Brasilien abgepackt wurde.<br />
Der Keim führt zum Verderb ganzer Gebinde von<br />
Edelteilstücken. Wie er jedoch den Sprung über<br />
die Klimazonen hinweg in subtropische Kühlhäuser<br />
geschafft hat, ist ein großes Rätsel. Eine weitere,<br />
schon viel länger diskutierte Hygienefrage<br />
ist der Einsatz von Nitritpökelsalz bei Fleischwaren.<br />
Speziell bei Ökoprodukten versucht man, auf<br />
diesen Zusatzstoff zu verzichten. Die Referenten<br />
zum Thema waren sich aber einig: Bei manchen<br />
Fleischwaren geht es zwar gut auch ohne Pökeln,<br />
bei anderen jedoch wie den Brühwürsten und den<br />
Kochpökelwaren leistet diese hygienische Sicherung<br />
gute Dienste. Es hängt also vom Produkt<br />
ab, ob Pökeln hygienisch wichtig ist oder nicht.<br />
Einigkeit bestand aber auch, dass die Verbraucher<br />
das Aroma besonders schätzen, das durch Pökeln<br />
entsteht. Schutz vor Fettoxidation und damit Erhalt<br />
des ursprünglichen Wurstgeschmacks scheint für<br />
dieses Aroma wichtig zu sein.<br />
Im letzten Teil der Tagung ging es um Iod und<br />
dann auch um Rückstände. Iod ist ein unentbehrliches<br />
Spurenelement, die Schilddrüse ist für<br />
ihre Hormonproduktion darauf angewiesen. Wo<br />
Iod fehlt, ist der Kropf die Folge. In Deutschland<br />
ist Iodmangel überwiegend kein Problem mehr.<br />
Die Ergänzung über Iodsalz ist weit hin üblich und<br />
akzeptiert und die Tierfütterung hat sich an einer<br />
ausreichenden Versorgung unserer Milch- und<br />
Fleischlieferanten ausgerichtet. Namentlich über<br />
die Milchviehfütterung könnte man die Versorgung<br />
leicht soweit treiben, dass mit zwei Glas<br />
Milch bereits eine Überversorgung des Menschen<br />
zu erreichen wäre. „Und die Grenze zwischen zu<br />
viel und zu wenig ist bei Iod erstaunlich eng“, erläuterte<br />
die Agrarwissenschaftlerin Katrin Franke<br />
vom Friedrich-Loeffler-Institut in Braunschweig.<br />
Die Tierernährer wissen jedoch, was sie tun, sodass<br />
es zu einem gefährlichem Iodüberschuss in<br />
Deutschland nicht kommen wird. Über Fleisch übrigens<br />
ist eine ausreichende Iodversorgung nicht<br />
möglich, weil die Muskulatur Iod nur in mäßiger<br />
Menge aufnimmt. Wie die Milch sind da die Eier<br />
ein ganz anderes Kaliber. „Es ist der Dotter, der<br />
das Spurenelement wie ein Schwamm aufsaugt“,<br />
304 ı Informationen <strong>Deutsche</strong> <strong>Lebensmittel</strong>-<strong>Rundschau</strong> ı 104. Jahrgang, Heft 6, 20<strong>08</strong>