Pädagogische Intervention bei Kindern mit Legasthenie - Bücher für ...
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2 Zum Verständnis neuropsychologischer Zusammenhänge<br />
me Funktionen umfassen“ (Hofmann/Sasse 2005, S. 92), und dass <strong>bei</strong>m Lesevorgang ver-<br />
schiedene Verar<strong>bei</strong>tungskreise <strong>für</strong> verschiedene Arten der Verar<strong>bei</strong>tung aktiviert werden (vgl.<br />
Eden/Zeffiro 1998). Die Aktivitäten bestimmter Gehirnareale während des Lesens können <strong>mit</strong><br />
bildgebenden Verfahren gemessen werden, wo<strong>bei</strong> <strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong>, <strong>bei</strong> denen <strong>Legasthenie</strong> bzw.<br />
LRS diagnostiziert worden war, ein verändertes Gehirnaktivitätsmuster <strong>bei</strong>m Lesen festge-<br />
stellt wurde. Jedoch betonen amerikanische Forscher, dass <strong>Legasthenie</strong> kein neurobiologi-<br />
sches Schicksal ist, sondern Umweltfaktoren eine entscheidende Bedeutung zukommt und<br />
sich neuronale Aktivierungsauffälligkeiten <strong>bei</strong> einem Teil der Kinder nach angemessener<br />
Förderung sogar wieder normalisieren können, was <strong>mit</strong> bildgebenden Verfahren nachgewie-<br />
sen ist (vgl. Berninger/Richards 2002).<br />
Das Phänomen des gestörten Schriftspracherwerbs wird seit mehr als 100 Jahren wissen-<br />
schaftlich untersucht, wo<strong>bei</strong> der Ertrag erst in den letzten drei Jahrzehnten bedeutsam scheint.<br />
Bis in die 70er Jahre hinein dominierte in der Lese-Rechtschreibforschung die Vorstellung,<br />
dass psychologische Grundfaktoren die schriftsprachlichen Fertigkeiten steuern würden (vgl.<br />
Kirschhock 2004, S. 24). Das Lesen und Schreiben wurde als „eine Hierarchie von Teilleis-<br />
tungen gesehen, die additiv aufeinander aufbauen“ (ebd.). So<strong>mit</strong> wurde ein Versagen im Le-<br />
sen bzw. Rechtschreiben auf eine Funktionsschwäche, also auf schriftsprachunabhängige Be-<br />
reiche im kognitiven Bereich 21 zurückgeführt.<br />
Ein entscheidender Fortschritt der Forschung bestand darin, die frühe Phase des normalen<br />
Schriftspracherwerbs genauer zu untersuchen und da<strong>bei</strong> nicht länger von der Annahme, der<br />
Schuleintritt stelle erst den Beginn des Schriftspracherwerbs dar, auszugehen. Daraufhin kon-<br />
zentrierte sich die psychologische Forschung insbesondere auf die Identifizierung so genann-<br />
ter Vorläufermerkmale oder Teilfertigkeiten, die <strong>für</strong> den Erfolg eines Kindes <strong>bei</strong>m Lesen- und<br />
Schreibenlernen von spezifischer Relevanz sind und sich offensichtlich schon im Vorschulal-<br />
ter ausbilden (vgl. Blässer 1994). Nachdem in den letzten Jahren verschiedene psychologische<br />
Modelle über den Prozess des Worterkennens, des verständnisvollen Lesens und des Schrei-<br />
bens entwickelt und daraus Vorstellungen abgeleitet wurden, wie sich das Lesen <strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong><br />
ohne bzw. <strong>mit</strong> Schwierigkeiten entwickelt, wurde zunächst versucht, einen kurzen Überblick<br />
über die wichtigsten Entwicklungslinien <strong>bei</strong>m Erlernen des Lesens und Schreibens zu geben.<br />
Dies betrifft im Zusammenhang dieser Ar<strong>bei</strong>t vor allem die phonologische Bewusstheit. Be-<br />
sonders hervorzuheben ist die im Regelfall in mehreren Linien und auf mehreren Ebenen pa-<br />
21 z.B. auditive oder visuelle Wahrnehmungsschwächen und visuomotorische Koordinationsstörungen wie bspw.<br />
Raumorientierungsschwierigkeiten, aber auch Störungen im Ar<strong>bei</strong>tsverhalten (mangelnde Motivation und<br />
Konzentration).<br />
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