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David Kriegleder, Die Integral-Theorie Ken Wilbers ... - Integral World

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Gesellschaft ein Platz auf der hierarchischen Entwicklungsleiter des Zivilisationsprozess<br />

zugeordnet werden könnte.<br />

Entscheidend war dabei, dass die Schöpfer dieser <strong>Theorie</strong>n allesamt „Evolution“ und „Fortschritt“<br />

gleichsetzten und sämtliche Zusammenhänge und Zuschreibungen innerhalb ihrer diversen<br />

Entwicklungshierarchien aus eurozentristischer Sicht bzw. vom Standpunkt einer sich<br />

modernisierenden und sich industrialisierenden europäisch-nordamerikanischen Gesellschaft<br />

argumentierten. Methodisch führte dieser Fortschrittsglaube der frühen<br />

Gesellschaftswissenschaftler zur sogenannten „Comparative Method“, der zufolge die<br />

gegenwärtige Welt wie ein großes Museum ist, in der der jetzt „entwickelte Mensch“ aus den<br />

Fundstücken des Primitiven seine eigene Kindheit und Jugend erkennen kann. 15<br />

Kritik an den frühen evolutionistischen <strong>Theorie</strong>n gab es bereits damals: Neben Nietzsches<br />

philosophischer Kritik am blinden Progressivismus und einer optimistischen<br />

Geschichtsphilosophie wandten sich frühe Zweifel aus den Sozialwissenschaften vor allem gegen<br />

die Methodik der Evolutionisten. So kritisierte etwa der britische Soziologe Emilie Durkheim,<br />

dass das Beweismaterial, das eine logische Entwicklungskette menschlicher Zivilisation<br />

suggeriere, einseitig interpretiert und mit Phantasie aufgeblasen sei. Es fehle ein Maßstab, ohne<br />

den der Entwicklungsverlauf einzelner Gesellschaft nicht verglichen und daher nicht in logische<br />

Reihenfolge gestellt werden könne. 16 Emile Durkheim akzeptierte die evolutionistische<br />

Betrachtung gesellschaftlicher Entwicklung höchsten im separierten Hinblick auf einzelne<br />

Gesellschaften, die getrennt und nur für und in sich selbst analysierbar seien. Trotz solcher<br />

Einwände bedeutete die sozialwissenschaftlich „funktionalistische Wende“ eines Emilie<br />

Durkheim jedoch „trotz der weit verbreitenden gegenteiligen Ansicht – keineswegs die<br />

grundsätzliche Ablehnung der Evolutionstheorie, sondern lediglich die Kritik an deren<br />

spekulativen Auswüchsen sowie eine forschungsstrategisch-empiristische Ergänzung.“ 17<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann der evolutionistische Konsens innerhalb der<br />

Sozialwissenschaften erstmals wirklich zu bröckeln. In der Anthropologie war es Franz Boas, der<br />

gegen die vergleichende und evolutionistisch wertende Hierarchisierung von Gesellschaften im<br />

Sinne Stanley Morgans wetterte und sie des Rassismus bezichtigte. Im Rahmen seiner<br />

einflussreichen kulturrelativistischen <strong>Theorie</strong> sprach sich Boas stattdessen für einen historischen<br />

Partikularismus aus: Jede Kultur habe ihre eigene Geschichte und Entwicklung, und man solle<br />

15<br />

Vgl. Somlai/Sárkány, 2003, In: Meleghy/Niedenzu (Hrsg.), S.34.<br />

16<br />

Vgl. ebd. S.35.<br />

17<br />

Ebd. S.11.<br />

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