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David Kriegleder, Die Integral-Theorie Ken Wilbers ... - Integral World

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geschichtswissenschaftlichen Positionen ab: Er verneint, das der Zivilisationsprozess „historisch“<br />

einzigartig ist, zufällig, und deshalb keine Prognosen für Zukunft machbar sind. Anderseits<br />

verneint er die Ansicht, dass der zivilisatorische Prozess deterministisch ist, daher ein<br />

Sukzessionsgesetz besitzt und somit einer Reihe charakteristischer Stufen folgt. Stattdessen geht<br />

Elias einen Mittelweg und meint, dass gesellschaftlicher Wandel und der zivilisatorische Prozess<br />

„als ganzes nicht „rational geplant; aber (…) auch nicht nur ein regeloses Kommen und Gehen<br />

ungeordneter Gestalten [ist]“ 111 Als Beispiel für diese Ansicht der „zivilisatorischen<br />

Eigengesetzlichkeit“ zeigt Elias in einer ausführlichen Studie, wie es im europäischen<br />

Spätmittelalter zu einer zunehmenden Zentralisierung der Macht – von zersplitterten<br />

Feudalstrukturen zu Großreichen - kam, obwohl jeder der keiner der handelnden Einzelakteure<br />

oder bestimmte Personengruppen das beabsichtigten. 112 Der Prozess der Zentralisierung und<br />

Monopolisierung „repräsentiert in seiner Gesamtheit (trotz zeitweilig entgegen gerichteter<br />

Tendenzen) eine Entwicklung hin zu Gebilden mit größerer Komplexität. Mit jedem<br />

Ausscheidungskampf entsteht ein neues System, welches sich von den Systemen, aus denen es<br />

hervor gegangen ist, darin unterscheidet, dass es ein höheres Maß an Interdependenz seiner<br />

Einheiten und damit einen höheren Integrationsgrad aufweist“ 113 Da dieser Prozess der<br />

Machtzentralisierung gegen den Willen der am Geschehen Beteiligten und nur seiner eigenen<br />

„Beziehungsdynamik“ folgte, sieht Weinich hier eine Parallele zur Riedlschen Evolutionstheorie<br />

und deren <strong>Theorie</strong> der selbstorganisierenden Systeme samt Emergenz. 114<br />

<strong>Die</strong> Parallele zwischen Riedl und Elias könnte – so Weinich – auf im Bezug auf die Sicht der<br />

Evolution als gesteuert von „Zufall und Notwendigkeit“ weitergezogen werden. Im<br />

Zivilisationsprozess existiert der Zufall in Form von Freiheit der individuellen Entscheidungen<br />

menschlicher Akteure, während die Kanalisation des Zufalls durch systemimmanente<br />

Notwendigkeiten – den „constraints“ - erfolgt, „die aus dem kollektiven Handeln der Individuen<br />

– genauer: aus den Aktivitäten der durch aufeinander bezogenes Handeln entstehenden<br />

Figurationen – resultieren.“ 115<br />

Daraus ableitend stellt Weinich die These auf, dass der<br />

Zivilisationsprozess durch zwei Arten von „sozialen Constraints“ - analog zur Riedlschen<br />

Evolution - im Wesentlichen als „gelenkt“ verstanden werden kann. Einerseits durch<br />

gesellschaftliche Institutionen und anderseits durch Mechanismen der individuellen<br />

Affektkontrolle.<br />

111<br />

Elias, 1939, Band II, S. 313, zititiert nach Weinich, 2003 In: Meleghy/Niedenzu (Hrsg), S.222.<br />

112<br />

Weinich S.225.<br />

113<br />

Ebd. S.227.<br />

114<br />

Ebd. S.225.<br />

115<br />

Ebd. S.224.<br />

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