07.02.2013 Aufrufe

David Kriegleder, Die Integral-Theorie Ken Wilbers ... - Integral World

David Kriegleder, Die Integral-Theorie Ken Wilbers ... - Integral World

David Kriegleder, Die Integral-Theorie Ken Wilbers ... - Integral World

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Vergleich zwischen Ich- und Weltbildentwicklung. Letztere richte sich nicht nur gegen kognitive<br />

Dissonanzen (wie im Falle der Ich-Entwicklung), sondern auch gegen soziale Desintegration.<br />

Für seinen Versuch, zwischen Onto- und Phylogenese Homologien zu verorten, wird Habermas<br />

von vielen Seiten heftig angegriffen. Habermas erntet dabei dreierlei Kritik: Einerseits für seine<br />

Behauptungen zur sozialen Evolution, anderseits für seine Behauptung zur<br />

Entwicklungspsychologie und schließlich auch für den Versuch, Parallelen zwischen den beiden<br />

zu ziehen. 137 Vielen Kritikern missfällt der Versuch, Gesellschaften normativ zu bewerten und sie<br />

in gewisse Entwicklungshierarchien anzuordnen. Es wird kritisiert, dass die von Habermas<br />

getätigte Einteilung nicht den Fähigkeiten, die sogar die primitivsten Gesellschaften nachweislich<br />

besaßen, entspreche. Auch die Habermas’sche Interpretation der Ontogenese wird in Frage<br />

gestellt: So kritisiert etwa die Entwicklungspsychologin Gertrud Nunner-Winkler, dass es keine<br />

Beweise dafür gebe, dass es in der Kindesentwicklung eine präkonventionelle „amoralische“<br />

Stufe gäbe. 138 Schließlich ist auch sein lerntheoretischer Ansatz – also die Ansicht, sowohl in der<br />

Ontogenese als auch in der Phylogenese sei die Entwicklung zu “höheren Stufen” letztlich als<br />

kontinuierlicher Lernprozess zu verstehen – problematisch, da man zwar Individuen ein gewisses<br />

Lernpotential nicht absprechen kann, doch die Lernfähigkeit einer Gesellschaft schwer zu<br />

erfassen und somit eigentlich nur metaphorisch zu begreifen ist. 139<br />

Hinzu kommt, das sowohl<br />

Lawrence Kohlberg als auch Paul Eder – auf deren Arbeiten Habermas ja ganz wesentlich<br />

aufgebaut hatte – ihre <strong>Theorie</strong>n und Modelle in den Folgejahren verwerfen bzw. revidieren und<br />

ihm somit das Fundament seiner Thesen entzogen wird. Jürgen Habermas reagierte schließlich auf<br />

die verschiedenste Kritik, wendet sich von evolutionären <strong>Theorie</strong>n ab und versucht mit seiner<br />

„<strong>Theorie</strong> des kommunikativen Handelns“, (1981) Gesellschaftstheorie (wieder) sprachtheoretisch<br />

zu begründen.<br />

Auf eine genaue Erläuterung des zweiten interessanten Aspekts der Habermas’schen <strong>Theorie</strong> -<br />

also inwieweit sich sein Evolutionskonzept mit den Prämissen des historischen Materialismus<br />

vereinen lässt – muss an dieser Stelle verzichtet werden. Es sei nur darauf hingewiesen, dass<br />

Habermas erkennt, dass die „Logik des Kapitalismus nicht zwangsläufig der Schlüssel zur Logik<br />

der gesellschaftlichen Evolution“ 140<br />

137<br />

Stirk, 2000, S.99 ff.<br />

138<br />

Ebd. S.103.<br />

139<br />

Outhwaite, 1994, S.44.<br />

140<br />

Habermas, 1976, S.39.<br />

darstellt und das sich die Grundannahme des historischen<br />

Materialismus, der zufolge die Steigerung der Produktivkräfte jenen Lernmechanismus darstellt,<br />

mit dem die Übergänge zu neuen Gesellschaftsformationen erklärt werden können, „empirisch<br />

40

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!