David Kriegleder, Die Integral-Theorie Ken Wilbers ... - Integral World
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Das hatte natürlich auch Implikationen auf die politische <strong>Theorie</strong>. Denn politische Schlagwörter<br />
und Begriffe wie „Industriegesellschaft“ und „Kapitalismus“ „waren in einen umfassenderen<br />
historischen Prozess eingebettet, der als Modernisierung zu betrachten war. Es gab zwar<br />
voneinander abweichende - positivistische, liberale bzw. marxistische – Varianten dieser<br />
Anschauungsweise, aber auch wichtige gemeinsame Züge. So ging jede Variante von der<br />
jahrtausendlangen [kontinuierlichen] Gestaltung der europäischen Gesellschaftsgeschichte aus“. 29<br />
Es kann also, nach Robert Wright, festgehalten werden: „ [At the end of the 19th century] the idea<br />
of directionality in history was almost conventional wisdom. Ideology entered the picture only<br />
when you discussed the mechanism behind history’s obviously patterned course, and extrapolated<br />
into the future“ 30<br />
Gegen diese Art der Geschichtsphilosophie wetterte Mitte des 20. Jahrhunderts unter anderen Karl<br />
Popper. In seinem 1957 erschienen Werk „The Poverty of Historicism“ greift Popper das<br />
teleologische Geschichtsverständnis von Marx und Hegel an, und sieht im „Historizismus“ –<br />
worunter er den Glauben versteht, die Geschichte verlaufe gesetzmäßig und Gesellschaften ließen<br />
sich daher planen – einen Irrglauben und das Grundübel der Gesellschaftstheorie. Vor der<br />
Evolutionstheorie im darwinistischen Sinne hatte Popper zwar Respekt, auch wenn er sie gemäß<br />
seines Primats des „kritischen Rationalismus“ als nicht „wissenschaftlich“ im engeren Sinn<br />
erachtete (da nicht falsifizierbar und somit nicht empirisch), sonder als “metaphysical research<br />
einstuft.<br />
program” 31<br />
Neben Poppers Kritik an der Berechen- und Voraussagbarkeit von „Geschichte“ stellte sich für<br />
die Historiker ab Mitte des 20. Jahrhunderts die viel allgemeinere Frage, ob überhaupt von<br />
„Universalgeschichte“ also einer einheitlichen Gattungsgeschichte des Menschen gesprochen<br />
werden kann. Denn neben der wissenschaftlichen Problematik einer solchen Annahme war die<br />
Vorstellung eines lebenden Gattungssubjekts nicht zuletzt auch politisch problematisch, öffnete<br />
sie doch Tür und Tor für die gewaltsame Logik höherer menschheitlicher Ziele und<br />
gesellschaftlich Transformationsvorstellungen. 32<br />
Hinzu kam das Problem der Linearität: Kann im<br />
Falle eines „Geschichtsverlaufs“, der regelmäßig Rückschritte (wie auch immer definiert) macht<br />
und damit reversibel ist, überhaupt noch von Entwicklung und damit von „Evolution“ gesprochen<br />
werden? Wir groß bzw. weitgefasst müssen die historische Zeitrahmen sein, damit zumindest „in<br />
the long run“ von einer Art „Entwicklung“ gesprochen werden kann? Und wenn die Entstehung<br />
29<br />
Somlai/Sárkány, 2003, In: Meleghy/Niedenzu (Hrsg.), S.43.<br />
30<br />
Wright, R. , 2001, S.14.<br />
31<br />
Schilpp,1974, S.134-138.<br />
32<br />
Vgl. <strong>Ken</strong>neth, 2000, S.16.<br />
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