„Unsere Gemeinden sind in <strong>ihre</strong>n Strukturen gesund“ Das Sparpaket der Bundesregierung enthält um- fangreiche Maßnahmen zur Konsolidierung des maroden Staatshaushaltes. Zum Schuldenabbau werden auch die Länder beitragen, die sich ver- pflichtet haben, rund 5,2 Milliarden Euro einzu- sparen. Helmut Mödlhammer, Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, sprach mit den Wirtschaftsnachrichten über die derzeitige Situation der heimischen Kommunen.
n Herr Präsident, wie ist die derzeitige finanzielle Lage der Gemeinden in Österreich? Die Finanzkrise hat uns schwer getroffen, weil uns die Steuereinnahmen weggebrochen sind. Wir sind ja zu einem guten Teil abhängig von den Steuereinnahmen des Bundes, von denen wir unsere Anteile bekommen. Diese Anteile erholen sich wieder, aber die Krise hat uns einige Jahre zurückgeworfen. n Zu <strong>welchen</strong> Problemen führt diese Lage in den Gemeinden? Müssen wir uns darauf einstellen, dass demnächst kommunale Einrichtungen, wie Schwimmbäder oder Bibliotheken, zugesperrt werden, so wie das in Deutschland schon der Fall ist? Nein. Gottlob unterscheidet sich unsere Situation von der Lage in unserem Nachbarland noch deutlich. Unsere Gemeinden sind in <strong>ihre</strong>n Strukturen gesund und arbeiten höchst effizient. Die Einnahmenverluste sind ja nur die eine Seite des Problems. Die zweite Seite besteht darin, dass wir trotz sinkender Einnahmen immer mehr Aufgaben aufgebürdet bekommen. Von der Kinderbetreuung bis hin zur Pflege tragen die Gemeinden immer größere Lasten. Viele Aufgaben werden nicht als gesamtstaatliche Aufgabe angesehen, sondern vom Bund oder den Ländern beschlossen, bezahlen sollen dann aber die Gemeinden. <strong>Mit</strong> der Reform der Pflegefinanzierung ist im Vorjahr eine Erleichterung gelungen, der Investitionsrückstau ist aber groß. Noch ist es jedoch nicht notwendig, kommunale Einrichtungen zu schließen. n Zwei Drittel der Gemeinden sind Abgangsgemeinden, liest man immer wieder … Das ist eine Darstellung, die mich ärgert, weil es nur eine Betrachtung über das gesamte Kalenderjahr ist. Viele dieser Gemeinden decken <strong>ihre</strong> Abgänge aus Überschüssen oder Rücklagen der Vorjahre. Auch die so genannten Bedarfszuweisungen sind ja keine mildtätigen Gaben der Länder, sondern <strong>Mit</strong>tel, die den Gemeinden zustehen. Tatsache ist, dass die Gemeinden österreichweit gesehen, mit einer Ausnahme <strong>ihre</strong> Maastricht- Ziele immer erreicht haben. Insgesamt haben wir aber dadurch Schulden in der Höhe von 16 Milliarden Euro, Bund und Länder sind mit über 200 Milliarden Euro verschuldet. Da soll man schon auch die Kirche im Dorf lassen. Unseren Schulden stehen nämlich Werte gegenüber, zum großen Teil im Bereich Kanal- und Wasserversorgung, die gebührenfinanziert und somit abgesichert sind. Unsere Schulden sind kaum strukturell, sondern stecken in sehr konkreten und bezifferbaren Projekten. n Was werden die Gemeinden zum Sparpaket bzw. zur Budgetkonsolidierung beitragen? Wir tragen jede Menge dazu bei. Zum einen haben wir uns als einzige Ebene schon 2011 dazu verpflichtet, ab 2012 ein österreichweites Nulldefizit zu erwirtschaften. Noch haben wir nicht alle Daten, aber wahrscheinlich haben wir dieses Ziel schon 2011 erreicht. Bund und Länder sind Lichtjahre vom Nulldefizit entfernt, hier kann sich jeder eine Scheibe von den Anstrengungen der Gemeinden abschneiden. n Und wo schmerzt Sie das Sparpaket besonders? Ein Sparpaket, das niemandem weh tut, bringt nichts. Natürlich sind die Einschnitte in vielen Bereichen für die Gemeinden nicht erfreulich. Wir haben zum Beispiel hart darum gekämpft, dass die Gemeinden die Möglichkeit, sich bei Infrastruktur-Projekten die Vorsteuer zurückzuholen, nicht verlieren. Zumindest haben wir aber hier einen Aufschub von einigen Monaten erreicht, damit geplante und finanzierte Projekte nicht mit einem Schlag um 20 Prozent teurer werden. Das hätte nicht nur die Gemeinden, sondern auch die Bauwirtschaft und den Arbeitsmarkt hart getroffen. Aber wir müssen künftig damit leben, dass viele Projekte eben um 20 Prozent teurer sind. Da werden sich einige wichtige Dinge zeitlich verschieben. Aktuell versuchen wir zumindest zu erreichen, dass diese Regelung für den Bau von Bildungseinrichtungen zurückgenommen wird. n Wird sich all das auf die Investitionstätigkeit der Gemeinden auswirken? Natürlich wird es das. Wir haben schon in den letzten Jahren einen großen Rückstau an wichtigen Projekten angesammelt, weil das Geld einfach nicht vorhanden war. Da geht es nicht nur um Schulen, sondern auch um Straßen, um Gebäude, um wichtige Sanierungen von Kindergärten und Pflegeheimen. Jede Gemeinde muss jeden Euro drei Mal umdrehen, bevor sie etwas anfängt und Prioritäten setzt. Wir investieren in Summe immer noch zwei Milliarden Euro pro Jahr. n Läuft das nicht darauf hinaus, dass auch die Gemeinden früher oder später Steuern erhöhen müssen? Nein, das tut es nicht. Wir sind nicht so, dass wir ständig über Steuererhöhungen nachdenken. Wir haben uns an einer Erhöhungsdebatte nie beteiligt, weil wir der Überzeugung sind, dass es noch viele Einsparungspotenziale gibt. Auf Gemeindebene arbeiten wir an stärkeren Kooperationen, auch in der Verwaltung sparen wir Jahr für Jahr größere Summen ein. Worüber man sich in nächster Zeit aber sicherlich unterhalten muss, das ist die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die so genannten Einheitswerte. Es kann nicht sein, dass die Basis für eine Steuer 40 Jahre alt ist. Hier werden wir bald Reformmodelle vorlegen, die dann zu diskutieren sind. Ü In seiner vierten Amtsperiode als Präsident des Österreichischen Gemeindebundes will der erfolgreiche Interessenvertreter Helmut Mödlhammer mit guten Ideen statt mit ständigem Raunzen die heimischen Kommunen wieder auf Vorkrisen-Niveau bringen. Foto: Österreichischer Gemeindebund