Entwicklung der Landschaft - Alte Salzstrasse
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162 <strong>Landschaft</strong>sgeschichte Kriege und Krisen<br />
163<br />
Abb.: Plün<strong>der</strong>ung eines Dorfes im 30-Jährigen Krieg, Gemälde von Pieter Snayers<br />
viele Dörfer<br />
entvölkert<br />
Bergbau lag<br />
danie<strong>der</strong><br />
sie sich in den Stollensystemen verbargen. Freiberg wi<strong>der</strong>stand<br />
sogar sämtlichen Belagerungen. Doch wer nicht vom Krieg dahingerafft<br />
wurde, sah sich von <strong>der</strong> über Jahre immer wie<strong>der</strong>kehrenden<br />
Pest bedroht. <strong>Alte</strong>nberg hatte allein im Jahre 1633 über 1200<br />
Pestopfer zu beklagen.<br />
Es dauerte Jahrzehnte, bis die katastrophalen Schäden des Dreißigjährigen<br />
Krieges beseitigt und <strong>der</strong> wirtschaftliche Rückschritt überwunden werden<br />
konnten. Bis weit in die zweite Hälfte des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts blieben viele<br />
Dörfer entvölkert, manche lagen vollkommen wüst. Die Chronisten berichten<br />
beispielsweise vom zeitweilig fast völligem Aussterben von Oberfrauendorf,<br />
Bärenfels und Nie<strong>der</strong>pöbel, <strong>der</strong> Zerstörung von Glashütte sowie<br />
vieler Hammerwerke (Schmiedeberg). Von an<strong>der</strong>en Gemeinden wurden<br />
Ortsteile über lange Zeit hinweg aufgegeben (z. B. Oberdorf Nassau). Vermutlich<br />
gehen auch einige Wüstungen auf das Konto des Dreißigjährigen<br />
Krieges (zwei Wüstungen im Heidenholz bei Börnersdorf, Beilstein zwischen<br />
Liebenau und Fürstenwalde). Nicht nur die Gehöfte verwaisten,<br />
auch ein großer Teil <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Nutzfläche fiel vorübergehend<br />
brach. Der Nutzviehbestand war durch die wie<strong>der</strong>holten Plün<strong>der</strong>ungen<br />
auf einen Bruchteil <strong>der</strong> Vorkriegszahlen zurückgegangen.<br />
Der Bergbau lag danie<strong>der</strong>, mithin war auch <strong>der</strong> Holzbedarf in den meisten<br />
Gegenden seit langer Zeit erstmals wie<strong>der</strong> über einige Jahrzehnte geringer<br />
als die Menge des nachwachsenden Holzes. Gehölze breiteten sich auf<br />
Wäl<strong>der</strong><br />
bekamen<br />
Verschnaufpause<br />
Exulanten<br />
Abb.:<br />
ExulantensiedlungNeu-Georgenfeld<br />
den ungenutzten Flächen vorübergehend wie<strong>der</strong> aus, die ausgeplün<strong>der</strong>ten<br />
Wäl<strong>der</strong> bekamen eine Verschnaufpause. Selbst Wölfe und Luchse, vorher<br />
schon fast ausgerottet, nahmen wie<strong>der</strong> zu. 15<br />
Allmählich begann <strong>der</strong> Bergbau wie<strong>der</strong> aufzuleben, doch die unter ver-<br />
stärktem Preisdruck <strong>der</strong> Weltmarktkonkurrenz stehende Silber- und Zinngewinnung<br />
konnte an ihre Vorkriegsbedeutung nicht wie<strong>der</strong> anknüpfen.<br />
Auch organisatorische Straffung (z. B. 1664 Vereinigung verschiedener<br />
Bergwerksunternehmen in <strong>der</strong> <strong>Alte</strong>nberger Zwitterstocksgewerkschaft)<br />
halfen nicht viel. Eisenbergbau und -verarbeitung konzentrierten sich nur<br />
noch auf Berggießhübel und Schmiedeberg, aus den ehedem zahlreichen<br />
Eisenhämmern des Ost-Erzgebirges wurden, insofern sie nicht völlig ver-<br />
nichtet waren, landwirtschaftlich orientierte Hammergüter o<strong>der</strong> Sägemühlen.<br />
Die dritte Rodungsperiode<br />
Ab Mitte des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts versuchten auf sächsischer Seite die Landesund<br />
Grundherren, vor allem im westlichen Teil des Ost-Erzgebirges, ihre<br />
entvölkerten und verfallenden Län<strong>der</strong>eien wie<strong>der</strong>zubesiedeln. In Böhmen<br />
hingegen, das im Dreißigjährigen Krieg an die katholischen Habsburger<br />
gefallen war, vertrieb die Gegenreformation in mehreren Wellen die protestantische<br />
Bevölkerung. Die Besitzverhältnisse än<strong>der</strong>ten sich hier grundlegend<br />
– Städte, Dörfer und Grundherrschaften gelangten in die Hände<br />
neuer, kaisertreuer Herren. Viele <strong>der</strong> fast ausschließlich lutherisch-evangelischen<br />
Bewohner des Erzgebirges traf diese <strong>Entwicklung</strong> wegen <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Bedeutung des Bergbaus allerdings erst mit einigen Jahrzehnten<br />
Verzögerung.<br />
Sachsen nahm die Exulanten auf und siedelte sie teilweise innerhalb <strong>der</strong><br />
Dörfer an. Wahrscheinlich zu dieser Zeit entstanden in den bis dahin als<br />
Wiesen und Weiden genutzten Bachauen <strong>der</strong> Waldhufendörfer die ersten<br />
kleinen Wohngebäude <strong>der</strong> zumeist landlosen o<strong>der</strong> landarmen „Häusler“.<br />
Manchen Exulanten wurde aber auch die Gründung eigener Siedlungen<br />
ermöglicht, z. B. 1650 Deutschneundorf, 1659 Heidelbach, 1671 Georgenfeld,<br />
1728 Neu-Georgenfeld und 1732 Gottgetreu. Aus Dankbarkeit gegenüber<br />
dem auf Purschenstein herrschenden Adelsgeschlecht <strong>der</strong> Schönbergs<br />
benannten die Glaubensflüchtlinge drei ihrer neuen Siedlungen Ober-,<br />
Nie<strong>der</strong>- und Kleinneuschönberg. Typisch für viele solcher späten Dorfgründungen<br />
sind die kleinen, von Armut zeugenden Häuser, in denen Wohnung,<br />
Stall und Scheune unter einem Dach vereinigt waren.<br />
Diese Dorfgründungen waren wie<strong>der</strong>um<br />
mit Waldrodungen verbunden. Die entstehenden,<br />
meist extrem kleinen Grundstücke<br />
konnten kaum ausreichende Ernährung<br />
für die Neusiedler sichern. Im<br />
15 Im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t wurden im Ost-Erzgebirge<br />
auch noch gelegentlich Bären erlegt.