Entwicklung der Landschaft - Alte Salzstrasse
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144 <strong>Landschaft</strong>sgeschichte Die erste Rodungsperiode / „Berggeschrey...“<br />
145<br />
Hoffnung<br />
auf Erz<br />
Zister-<br />
zienser<br />
Abb.:<br />
Kloster Osek<br />
erste<br />
städtische<br />
Siedlungen<br />
www.sayda.de<br />
Abgesehen von <strong>der</strong> Umgebung Freibergs und Graupens/Krupkas war die<br />
erste Rodungsperiode noch nicht primär bergbaulich geprägt, wenn auch<br />
die Hoffnung auf weitere Erzfunde mitgeschwungen haben mag. Vielen<br />
Sagen nach sollen ja zu damaliger Zeit Venetianer bzw. Walen (= Welsche<br />
= Romanischsprachige) immer wie<strong>der</strong> auf geheimnisvolle Weise in den<br />
Wäl<strong>der</strong>n von Erzgebirge und Thüringer Wald zu Reichtum gekommen sein<br />
(die aber wahrscheinlich nicht Silber und Zinn, son<strong>der</strong>n Kobalt und an<strong>der</strong>e<br />
Zuschlagstoffe für die Venezianische Glasherstellung suchten) 5 .<br />
Dennoch handelte es sich damals um eine weitgehend landwirtschaftliche<br />
Erschließung des Gebietes.<br />
Ein nicht unerheblicher Einfluss mag dabei vom Zisterzienserorden ausgegangen<br />
sein, <strong>der</strong> sich nach seiner Gründung Ende des 11. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
sehr rasch zu einer bedeutenden missionarischen Macht entwickelte und<br />
vor allem bei <strong>der</strong> deutschen Ostkolonisation aktiv war. 1162<br />
wurde das Zisterzienserkloster Altzella (bei Nossen, damals<br />
vom Markgrafen Otto mit großen Besitzungen im Raum Freiberg<br />
beschenkt) und 1196 das von Ossegg gegründet. Die<br />
Zisterzienser waren nicht nur gute Landwirte, wie die meisten<br />
Orden, son<strong>der</strong>n auch die Träger des naturwissenschaftlichtechnischen<br />
Wissens dieser Zeit. Sie betrieben unter an<strong>der</strong>em<br />
Bergbau, Schmelzhütten, Schmieden und Glashütten. Vor<br />
allem ihre agrarischen Kenntnisse wurden sicher von den<br />
Kolonisatoren des rauen Erzgebirges dankbar aufgegriffen.<br />
Trotz alledem ist es heute schwer vorstellbar, wie mit den damaligen<br />
Geräten und Methoden innerhalb weniger Jahrzehnte eine <strong>Landschaft</strong><br />
in weiten Teilen grundlegend verän<strong>der</strong>t werden konnte. Die meisten<br />
<strong>der</strong> landwirtschaftlichen Erfolg versprechenden Gebiete wurden bereits<br />
während dieser ersten Rodungsperiode erschlossen und urbar gemacht.<br />
Ziemlich zielsicher hatte man die Gneisböden ausfindig gemacht,<br />
die nährstoffärmeren, blockreichen Porphyr- und Granitgebiete blieben nach<br />
wie vor bewaldet.<br />
Neben den Dörfern entstanden damals auch schon die ersten städtischen<br />
Siedlungen, zum einen bei den bekannten Erzlagerstätten (Freiberg, Graupen),<br />
zum an<strong>der</strong>en in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Burgen (Dippoldiswalde: Nicolaikirche<br />
schon um 1150 mit beachtlichen Ausmaßen, im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t auch Liebstadt<br />
und Frauenstein). Freiberg erhält bereits 1168 o<strong>der</strong> 1188 Stadtrecht,<br />
Dippoldiswalde 1266. Zu den ältesten Städten <strong>der</strong> Region zählt ebenfalls<br />
Sayda, erstmals 1207 als Handelsposten und Grenzfeste an <strong>der</strong> <strong>Alte</strong>n Salzstraße<br />
zwischen Halle/Leipzig und Prag erwähnt.<br />
Auch am Südfuß des Erzgebirges entstanden städtische Siedlungen, so die<br />
Bergbauorte Krupka/Graupen, Hrob/Klostergrab sowie – in <strong>der</strong> Umgebung<br />
eines Mitte des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts von <strong>der</strong> Böhmenkönigin Judita gegründeten<br />
Benediktinerinnen-Klosters – die Stadt Teplice/Teplitz6 .<br />
5 Den Sagen nach sollen die Walen im Erzgebirge durch Gold reich geworden sein,<br />
wofür aber die geologischen Voraussetzungen nicht gegeben sein dürften.<br />
6 deutsch ab 1895 Teplitz-Schönau, früher Töplitz<br />
„Berggeschrey im obermeißnischen Gebürge“<br />
(bis 17. Jahrhun<strong>der</strong>t)<br />
Wahrscheinlich schon während <strong>der</strong> bäuerlichen Landnahme (vielleicht<br />
auch gerade deshalb) kam es im Ost-Erzgebirge zu weiteren Erzfunden,<br />
neben denen von Freiberg und Graupen. Möglicherweise gab es im<br />
13. und 14. Jh. noch mehr Abbaustellen oberflächennaher Erze als bis<br />
heute überliefert wurde.<br />
Abb.: Eisenbergbau bei Berggießhübel, nach einem Grubenriß von 1725 (aus: Schmidt 2004)<br />
Eisenerz<br />
Noch wichtiger als Silber und Zinn waren für die Besiedlung sicher vorerst<br />
die an vielen Orten des Ost-Erzgebirges zutage tretenden Eisenerzvorkommen.<br />
Der Verschleiß an Äxten und Pflügen dürfte in den Anfangsjahren<br />
<strong>der</strong> Urbarmachung gewaltig gewesen sein. In den Flusstälern, wo ausreichend<br />
Wasserkraft und (noch) holzreiche Wäl<strong>der</strong> zur Verfügung standen,<br />
legte man Eisenhämmer an. Im Müglitztal fand bereits im 13. Jh. <strong>der</strong> Eisenhammer<br />
bei Schlottwitz urkundliche Erwähnung, im 14. Jh. kamen Hammerwerke<br />
bei Glashütte und Lauenstein hinzu. Beson<strong>der</strong>e Bedeutung erlangte<br />
<strong>der</strong> ab Mitte des 13. Jh. bezeugte Berggießhübler Eisenbergbau,<br />
<strong>der</strong> erst Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts, also nach über 600 Jahren, endgültig<br />
eingestellt wurde. Das hier gegossene „Pirnische Eisen“ galt über die Landesgrenzen<br />
hinaus als Markenzeichen und Qualitätsbegriff.<br />
Doch nicht alles Eisenerz wurde an Ort und Stelle verarbeitet. Die für die<br />
Erzaufbereitung erfor<strong>der</strong>liche Holzmenge war wesentlich größer als die<br />
des Erzes. Deshalb transportierte man das Eisenerz zu den im Ost-Erzgebirge<br />
verteilten Hammerwerken, unter an<strong>der</strong>em entlang einer eigens dafür<br />
angelegten Straße, die heute „<strong>Alte</strong> Eisenstraße“ o<strong>der</strong> auch „Eisenweg“ genannt<br />
wird und wahrscheinlich schon seit Anfang des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
zwischen Berggießhübel und Schlottwitz bestand. Später wurde sie verlängert<br />
bis zum „neuen Schmiedewerk oberhalb Dippoldiswalde“ (Schmiedeberg,<br />
seit Anfang des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts). Eisenerzabbau gab es unter an<strong>der</strong>em<br />
auch bei Schellerhau, Johnsbach, Reichstädt und Dorfchemnitz.<br />
Die im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t aufkommende Bezeichnung „Erzgebirge“ indes