Entwicklung der Landschaft - Alte Salzstrasse
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198 <strong>Landschaft</strong>sgeschichte Heutige Zeitzeugen berichten<br />
199<br />
Windkraftanlagen<br />
Uran<br />
<strong>der</strong> Spielzeugherstellung. Von wenigen industriellen Zentren<br />
abgesehen, fehlte allerdings das erfor<strong>der</strong>liche Investitionskapital<br />
für Neu- und Ausbauten. Entsprechend wurden vielerorts<br />
die teilweise bereits hun<strong>der</strong>t Jahre alten Firmen „auf Verschleiß<br />
gefahren“. Vor allem in den Tälern nahmen daher die Umweltbelastungen<br />
zu, aber die weitere Zersiedelung <strong>der</strong> <strong>Landschaft</strong><br />
durch Industriebauten hielt sich in Grenzen.<br />
Die Ineffizienz <strong>der</strong> volkseigenen Wirtschaftsstruktur zeigte sich<br />
unter an<strong>der</strong>em auch in einem sehr hohen Energiebedarf. Folge<br />
des zunehmenden Stromverbrauchs vor allem <strong>der</strong> großen Industriebetriebe<br />
war die Errichtung von Starkstromtrassen, die<br />
auch heute noch vielerorts die <strong>Landschaft</strong> verschandeln (z. B.<br />
zwei 110kV-Leitungen nach <strong>Alte</strong>nberg, von denen eine, weithin<br />
sichtbar, entlang <strong>der</strong> Hochwaldstraße in den 80er Jahren gebaut<br />
wurde). Seit den 90er Jahren fallen zunehmend Windkraftanlagen<br />
im windreichen Ost-Erzgebirge auf, insbeson<strong>der</strong>e im Landkreis Freiberg<br />
(z. B. Voigtsorf). Die damit einhergehende technische Überprägung <strong>der</strong><br />
<strong>Landschaft</strong> stößt nicht nur auf positive Resonanz.<br />
Bergbau<br />
Ende <strong>der</strong> 1940er und Anfang <strong>der</strong> 1950er Jahre fanden noch einmal umfangreiche<br />
geologische Erkundungen im Erzgebirge statt. Diesmal galt<br />
das Interesse vor allem Uran als Rohstoff für das sowjetische Atomprogramm.<br />
Die dafür gegründete Wismut SDAG31 fuhr vor allem in Nie<strong>der</strong>pöbel<br />
bei Schmiedeberg sowie in Bärenhecke bei Glashütte größere Bergwerke<br />
auf, die jedoch bereits um 1955 schon vollständig ausgebeutet waren.<br />
In Freiberg wurden noch bis Ende <strong>der</strong><br />
60er Jahre Erze geför<strong>der</strong>t, anstatt Silber<br />
nunmehr vor allem Blei und Zink. Wegen<br />
immer geringerer Rentabilität musste jedoch<br />
auch hier, nach 800jähriger Tradition,<br />
<strong>der</strong> Bergbau schließlich endgültig eingestellt<br />
werden. Gleichzeitig erfolgte jedoch<br />
ein massiver Ausbau <strong>der</strong> Hüttenindustrie<br />
im Umfeld <strong>der</strong> Bergstadt (v. a. Muldenhütten<br />
und Halsbrücke). Die großindustrielle<br />
Gewinnung von Zink, Zinn und Blei war<br />
mit erheblichen Emissionen von Schwermetallen<br />
und an<strong>der</strong>en Umweltgiften<br />
verbunden.<br />
Abb. oben: Halde Halsbach bei Freiberg<br />
1964 (SLUB, Deutsche Fotothek, R. Peter-<br />
sen) und 2007 (unten)<br />
31 SDAG = Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft<br />
in <strong>Alte</strong>nberg<br />
Intensivierung<br />
des<br />
Zinnbergbaus<br />
Abb. r. oben:<br />
Kalkwerk<br />
Hermsdorf<br />
1929 (SLUB,<br />
Deutsche<br />
Fotothek,<br />
W. Möbius)<br />
und 2007<br />
(unten)<br />
Wohn-<br />
gebiete<br />
Pendel-<br />
verkehr<br />
Genauso wie die Eisenzeche in Berggießhübel waren die alten Zinnreviere<br />
von Sadisdorf und Graupen/Krupka vor und während des zweiten Weltkrieges<br />
noch einmal aufgewältigt worden. Danach lohnte sich <strong>der</strong> Bergbau<br />
jedoch auch hier nicht mehr. In Cínovec/Böhmisch-Zinnwald wurde<br />
<strong>der</strong> Abbau von Wolfram in<br />
bescheidenem Rahmen<br />
fortgeführt. In <strong>Alte</strong>nberg<br />
hingegen erfolgte ab den<br />
60er Jahren eine erhebliche<br />
Intensivierung des Zinnbergbaus.<br />
Die Wände <strong>der</strong><br />
<strong>Alte</strong>nberger Pinge brachen<br />
infolge des unterirdischen<br />
Abbaus immer weiter nach,<br />
Teile <strong>der</strong> Stadt <strong>Alte</strong>nberg<br />
wurden aufgegeben. Große<br />
Talbereiche zuerst des Tiefenbaches,<br />
dann <strong>der</strong> Kleinen<br />
Biela verschwanden unter<br />
sogenannten Spülkippen<br />
(Abraumhalden). Gleichzeitig<br />
entstanden neue Betriebsgebäude.<br />
Viele Menschen<br />
wurden durch den<br />
<strong>Alte</strong>nberger Zinnbergbau<br />
beschäftigt. Nach 1990 waren<br />
sowohl die Gruben in<br />
<strong>Alte</strong>nberg wie auch die in<br />
Cínovec den Weltmarktbedingungen nicht mehr gewachsen und wurden<br />
eingestellt. Wegen <strong>der</strong> mittlerweile wie<strong>der</strong> stark gestiegenen Preise für<br />
Zinn ist <strong>der</strong>zeit eine Wie<strong>der</strong>aufnahme des Bergbaus in <strong>Alte</strong>nberg, unter<br />
Umständen sogar in Bärenstein o<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>pöbel im Gespräch.<br />
Etwas Nicht-Metall-Bergbau gab es außerdem noch in Moldava/Moldau<br />
(Schwerspat) und in Hermsdorf/Erzgebirge (Kalk). Untertageabbau von<br />
Kalk im Hermsdorfer Gimmlitztal sowie bei Lengefeld wird auch gegenwärtig<br />
noch betrieben.<br />
Nach 1990 wiesen Gemeinden (insbeson<strong>der</strong>e in einem Umkreis von etwa<br />
20 km um Dresden) große Wohnbebauungsgebiete für Einfamilienhäuser<br />
aus, meist ganz und gar nicht im landschaftstypischen Stil (z.B. Malter-<br />
Paulsdorf, Cunnersdorf).<br />
Durch den Nie<strong>der</strong>gang vieler Industriebetriebe wie auch <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />
nach <strong>der</strong> Wende hat sich die Zahl <strong>der</strong>jenigen, die im Ost-Erzgebirge<br />
selbst ihren Lebensunterhalt erwirtschaften, drastisch verringert. Mancher<br />
versucht in kleinen Handwerks- und Dienstleistungsbranchen sein Glück,<br />
viele aber pendeln täglich nach Dresden.