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Entwicklung der Landschaft - Alte Salzstrasse

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200 <strong>Landschaft</strong>sgeschichte Heutige Zeitzeugen berichten<br />

201<br />

tschechi-<br />

sche Grenzorte<br />

Vervielfachung<br />

des<br />

Automobilverkehrs<br />

Einstellung<br />

<strong>der</strong> meisten<br />

Eisenbahnen<br />

Besuchern <strong>der</strong> tschechischen Grenzorte fallen seit den 90er Jahren zuerst<br />

die vielen Verkaufsstände auf. Überwiegend ehemalige vietnamesische<br />

Gastarbeiter versuchen hier durch den Handel mit Gartenzwergen, steuervergünstigten<br />

Zigaretten und zahllosen sonstigen Dingen an deutsche<br />

Kunden ein Auskommen zu erzielen. Hinzu kamen in den letzten Jahren<br />

viele neue Hotels, Gaststätten und Pensionen, vor allem in den Wintersportzentren.<br />

Dennoch ist die Arbeitslosigkeit in den wenigen tschechischen<br />

Erzgebirgsdörfern hoch (zumindest dort, wo auch heute noch stän-<br />

dig Menschen leben).<br />

Verkehr<br />

Der Automobilverkehr hat sich in den letzten Jahrzehnten vervielfacht.<br />

Im gleichen Maße, wie Kraftfahrzeuge an Bedeutung zunahmen, ging die<br />

<strong>der</strong> Eisenbahn zurück. Die einstmals wichtige Bahnverbindung Most/Brüx<br />

– Freiberg, wo früher große Mengen Braunkohle transportiert wurden, war<br />

bereits seit dem Krieg zwischen Moldau/Moldava und Neuhermsdorf, später<br />

ab Holzhau unterbrochen. Ab den 60er Jahren erfolgte die Einstellung<br />

<strong>der</strong> meisten Nebenbahnstrecken, die vorher ein dichtes Netz im Ost-Erzgebirge<br />

gebildet hatten (1966 Mulda–Sayda sowie Schweinitztalbahn<br />

Olbernhau–Deutschneudorf; 1970 Pirna–Gottleuba; 1972 Klingenberg–<br />

Frauenstein). Ihre Ziele werden seither überwiegend von Bussen und Lkw<br />

angesteuert.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> zunehmenden Zahl von Privat-Kfz und <strong>der</strong> um ein Vielfaches<br />

gestiegenen Preise seit 1990 werden die meisten öffentlichen Busverbindungen<br />

heute fast nur noch im Schülerverkehr genutzt. Eine Ausnahme<br />

bildet die Buslinie Dresden–Dippoldiswalde–<strong>Alte</strong>nberg.<br />

An Wochenenden sind<br />

mittlerweile die meisten Ortschaften des<br />

Ost-Erzgebirges nicht mehr mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln zu erreichen.<br />

Die Situation auf <strong>der</strong> tschechischen Seite<br />

sieht <strong>der</strong>zeit allerdings noch völlig an<strong>der</strong>s<br />

aus: obwohl auch hier nur relativ wenige<br />

Menschen den öffentlichen Personenverkehr<br />

in Anspruch nehmen, werden alle<br />

Bergdörfer mit regelmäßigen Buslinien<br />

bedient, an Sonnabenden und Sonntagen<br />

ebenso wie wochentags. In <strong>der</strong> Sommersaison<br />

fährt auch ein Bus für Fahrrä<strong>der</strong> aus<br />

Teplice nach Cínovec. Jedoch gibt es im<br />

gesamten Ost-Erzgebirge nur eine einzige<br />

grenzüberschreitende öffentliche Verkehrsverbindung:<br />

die Buslinie Dresden–<strong>Alte</strong>nberg–Teplice.<br />

Abb.: Bahntrasse <strong>der</strong> 1972 eingestellten<br />

Strecke nach Frauenstein<br />

Eisenbahnstrecken<br />

„Verkehrssicherungspflicht“<br />

LKW-Transitverkehr<br />

Autobahn<br />

A17/D8<br />

Einen beträchtlichen Gütertransport hatte bis 1990 noch die Müglitztalbahn<br />

von und nach <strong>Alte</strong>nberg aufgrund des dortigen Zinnerz-Bergbaubetriebes<br />

zu bewältigen, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Wende eingestellt wurde. Außerdem<br />

war (und ist) sie – ebenso wie die Strecken nach Kipsdorf und nach Holzhau<br />

– wichtig für den Wintersport. Der drohenden Stilllegung <strong>der</strong> Müglitztalbahn<br />

wi<strong>der</strong>setzten sich Ende <strong>der</strong> 90er Jahre viele Einwohner mit Unterschriftensammlungen<br />

und Demonstrationen. Daraufhin erfolgte eine aufwendige<br />

Instandsetzung <strong>der</strong> Strecke. Eine ebenso effektive Bahnverbindung<br />

ins Ost-Erzgebirge stellt heute die privatisierte Muldentalbahn Freiberg–Holzhau<br />

dar. Auch die Hauptverbindung Dresden–Tharandt–Freiberg<br />

wurde wesentlich ausgebaut. Unbefriedigend ist das Angebot auf <strong>der</strong> lei<strong>der</strong><br />

nur noch bis Olbernhau verkehrenden Flöhatalbahn (ursprünglich bis<br />

Neuhausen). Nach <strong>der</strong> Zerstörung weiter Abschnitte durch das Hochwasser<br />

2002 wurden die Bahnstrecken in relativ kurzer Zeit wie<strong>der</strong> instand gesetzt,<br />

abgesehen von <strong>der</strong> Schmalspurbahn Freital–Dippoldiswalde–Kipsdorf,<br />

<strong>der</strong>en Zukunft trotz zahlreicher Politikerversprechen auch fünf Jahre<br />

nach dem Hochwasser noch immer ungewiss ist.<br />

Prekär stellt sich die Situation auf den zwei Strecken des tschechischen<br />

Bahnnetzes dar, die das Ost-Erzgebirge berühren: Děčín–Krupka–Teplice<br />

sowie Most–Litvínov–Dubí–Moldava. Vor allem letztere, einstmals als „Teplitzer<br />

Semmeringbahn“ bekannt, war in den letzten Jahren wie<strong>der</strong>holt von<br />

<strong>der</strong> Einstellung bedroht.<br />

Das Straßennetz besteht heute in seinen Grundzügen noch so, wie es im<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>t angelegt worden war. Viele Straßen wurden allerdings,<br />

vor allem in den letzten Jahren, wesentlich erweitert und ausgebaut.<br />

Alleen mussten weichen, und von den verbliebenen Straßenbäumen werden<br />

Jahr für Jahr im Sinne <strong>der</strong> sogenannten „Verkehrssicherungspflicht“<br />

etliche totgepflegt. Aufgrund <strong>der</strong> langen Winter gelangen große Mengen<br />

Auftausalze in den Boden und an die Wurzeln <strong>der</strong> Bäume. An einigen Strecken<br />

(z. B. B170 bei Dippoldiswalde, Kammstraße Hermsdorf–Frauenstein)<br />

wurden aber auch neue Straßenbäume gepflanzt.<br />

Vor allem <strong>der</strong> erheblich gestiegene LKW-Transitverkehr führte und führt<br />

zu großen Belastungen für Pflanzen, Tiere und die Anwohner <strong>der</strong> Hauptstrecken,<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> E55/B170 Dresden–Zinnwald–Teplice. Nach<br />

Fertigstellung einer <strong>der</strong> größten deutschen Grenzzollanlagen in Zinnwald<br />

im Jahre 2001 und nach dem Wegfall vieler Zollkontrollen infolge <strong>der</strong> EU-<br />

Erweiterung 2004 nahm <strong>der</strong> grenzüberschreitende Güterverkehr auf <strong>der</strong><br />

E55 auf mehr als 3000 Lkw pro Tag zu. Eine Bürgerinitiative32 setzt sich mit<br />

Demonstrationen und an<strong>der</strong>en Aktionen gegen die Belastungen zur Wehr.<br />

Doch hat offenbar für die meisten zuständigen Politiker und Beamten ein<br />

möglichst ungehin<strong>der</strong>ter internationaler Warenverkehr oberste Priorität.<br />

Das Ost-Erzgebirge wird zum Transitkorridor ausgebaut.<br />

Den drastischsten Einschnitt in den Naturraum stellt <strong>der</strong> 1998 begonnene<br />

und 2006 vollendete Bau <strong>der</strong> Autobahn A17/D8 dar. Die damit verbundene<br />

32 Die Bürgerinitiative (BI) „Lebenswertes Erzgebirge“ ist Mitglied <strong>der</strong> Grünen Liga Ost-<br />

erzgebirge und wird von diesem Umweltverband unterstützt.

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