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Entwicklung der Landschaft - Alte Salzstrasse

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184 <strong>Landschaft</strong>sgeschichte Neue Zeiten<br />

185<br />

von Ziegen<br />

beweidet<br />

Brennholzquelle<br />

Steinrücken<br />

Die meisten <strong>der</strong> für das Ost-Erzgebirge so charakteristischen Steinrücken<br />

wuchsen nun erheblich langsamer als zuvor. Aus Äckern waren Wiesen<br />

geworden, das Pflügen unterblieb und es fielen folglich auch keine neuen<br />

Steine mehr an.<br />

Hier und da wurden die Steinrücken von Ziegen mitbeweidet. Am Geisingberg<br />

und an<strong>der</strong>swo dienten die hohen, teilweise zu Trockenmauern aufgeschichteten<br />

Steinrücken um die kleinen Blockfluren den meist jugendlichen<br />

Ziegenhirten dazu, die ihnen anvertrauten Herden unter Kontrolle<br />

zu halten, quasi als Einzäunung. Sorgsam wurde darauf geachtet, alle breitgetretenen<br />

Steine wie<strong>der</strong> aufzuschichten, damit im nächsten Sommer die<br />

Sensen auf den angrenzenden Wiesen nicht beschädigt würden.<br />

Die Gehölze auf den Steinrücken dienten den Bauersfamilien als wichtige,<br />

häufig auch einzige Brennholzquelle. Nachdem das früher selbstverständlich<br />

praktizierte Je<strong>der</strong>mannsrecht des Brennholzsammelns eingeschränkt<br />

und die Nie<strong>der</strong>wäl<strong>der</strong> in Fichtenforsten umgewandelt worden waren,<br />

nahm <strong>der</strong> Nutzungsdruck auf die „wilden“ Bäume und Büsche <strong>der</strong> Steinrücken<br />

zu. Sie wurden nie<strong>der</strong>waldartig genutzt, in Hofnähe mit kurzen, mit<br />

wachsen<strong>der</strong> Entfernung auch längeren Umtriebszeiten. Auf alten Fotos<br />

präsentiert sich die Ost-Erzgebirgsflur meist auffällig kahl, die Steinrücken<br />

waren allenfalls mit Büschen und einzelnen Ebereschen, häufig aber auch<br />

gar nicht mehr bewachsen. Frühe Natur- und Heimatfreunde opponierten<br />

gegen das zu gründliche Abholzen. Doch die offenen Lesesteinwälle boten<br />

im Komplex mit den angrenzenden, blütenreichen Bergwiesen eine außerordentlich<br />

große Biotopvielfalt und damit Lebensraum für viele Pflanzen<br />

und Tiere. Es wird angenommen, dass die Gesamtartenvielfalt gegen<br />

Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts am größten war.<br />

Abb.: Steinrücken am Osthang es Geisingberges - Wo Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts nur von<br />

Gebüsch wuchs, stehen heute große Bäume<br />

Obstwiesen<br />

Im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t, beson<strong>der</strong>s ab den 20er Jahren, kamen als <strong>Landschaft</strong>s-<br />

bereicherung bis ins mittlere Bergland noch die Obstwiesen hinzu (im<br />

Freiberger Raum schon eher). Vorher scheinen die Osterzgebirgler relativ<br />

wenig Obst angebaut zu haben. (Wildfrüchte hingegen waren viel ge-<br />

„histori-<br />

sche Kulturlandschaft“<br />

Natur- und<br />

Heimatbewegung<br />

zur Sommerfrische<br />

ins Gebirge<br />

rege Bautätigkeit<br />

Tourismus<br />

bräuchlicher als heute.) Um die Wende 19./20. Jahrhun<strong>der</strong>t bildeten<br />

sich in vielen Orten Obstbauvereine, die das Pflanzen von<br />

Apfel-, Birn- und Kirschbäumen för<strong>der</strong>ten – zunächst als Alleen<br />

entlang <strong>der</strong> Straßen, später auch auf Wiesen. Die zu damaliger<br />

Zeit prosperierende Konservenindustrie verursachte eine große<br />

Nachfrage nach Obst.<br />

In den 1930er Jahren, als die Nationalsozialisten die Selbstversorgung<br />

des Reiches anstrebten, kehrten die Schafe ins Ost-<br />

Erzgebirge zurück. Diesmal nicht als Merino-Landschaf-Herden,<br />

son<strong>der</strong>n für bäuerliche Einzelhaltung geeignete Ostfriesische<br />

Milchschafe, wie man sie noch heute in vielen Dörfern antrifft.<br />

Abb.: Ostfriesisches Milchschaf – im Ost-Erzgebirge seit 70 Jahren zuhause<br />

Im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t, als Bergwiesen einerseits und Fichtenforsten an<strong>der</strong>erseits<br />

die <strong>Landschaft</strong> zu prägen begannen, lag auch <strong>der</strong> Beginn landschaftsbeschreiben<strong>der</strong><br />

und botanischer Aufzeichnungen (z. B. Heinrich<br />

Gottlieb Ludwig Reichenbach, Oscar Drude), die noch heute unsere Vor-<br />

stellungen von <strong>der</strong> „historischen Kulturlandschaft“ und ihrer Vegetationszusammensetzung<br />

prägen. Die aufkeimende Natur- und Heimatbewegung<br />

griff von den Städten aus auch auf des Ost-Erzgebirge über. Die Menschen<br />

in den immer mehr verbauten und von Industrie verschmutzten Großstädten<br />

begannen, „Natur“ zu vermissen. Wer es sich leisten konnte, zog zur<br />

Sommerfrische ins Gebirge mit seiner vergleichsweise sauberen Luft und<br />

<strong>der</strong> grünen <strong>Landschaft</strong>, die viele Zeitgenossen für die wahre Natur hielten:<br />

die Fichtenforsten und die Bergwiesen. Hirschbrunft, Auerhahnbalz und<br />

Trollblumenblüte begeisterten Naturfreunde.<br />

Mit <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> zum<br />

Sommerfrische- und Fremdenverkehrsgebiet<br />

ging An-<br />

fang unseres Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

eine rege Bautätigkeit ein-<br />

her, vor allem in den Waldarbeiterweilern<br />

und landwirtschaftlich<br />

benachteiligten<br />

Gebieten. Bärenfels, Bärenburg,<br />

Schellerhau, Rehefeld,<br />

Holzhau und an<strong>der</strong>e Orte<br />

nahmen seit Ende des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts immer mehr<br />

Gäste auf.<br />

Abb.: Angermannmühle bei Hirschsprung<br />

(aus: „Kalen<strong>der</strong> für das Erzgebirge und das<br />

übrige Sachsen 1919“)

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