27.02.2018 Views

CERCLE DIPLOMATIQUE - issue 01/2018

CD is an independent and impartial magazine and is the medium of communication between foreign representatives of international and UN-organisations based in Vienna and the Austrian political classes, business, culture and tourism. CD features up-to-date information about and for the diplomatic corps, international organisations, society, politics, business, tourism, fashion and culture. Furthermore CD introduces the new ambassadors in Austria and informs about designations, awards and top-events. Interviews with leading personalities, country reports from all over the world and the presentation of Austria as a host country complement the wide range oft he magazine.

CD is an independent and impartial magazine and is the medium of communication between foreign representatives of international and UN-organisations based in Vienna and the Austrian political classes, business, culture and tourism. CD features up-to-date information about and for the diplomatic corps, international organisations, society, politics, business, tourism, fashion and culture. Furthermore CD introduces the new ambassadors in Austria and informs about designations, awards and top-events. Interviews with leading personalities, country reports from all over the world and the presentation of Austria as a host country complement the wide range oft he magazine.

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

SAVOIR VIVRE ART NOUVEAU ARCHITECTURE<br />

Weltstadtarchitektur<br />

World city architecture<br />

Text: Evelyn Rois und Bruno Stubenrauch<br />

Jugendstil-Meisterwerk:<br />

Die Wiener Secession von<br />

Joseph M. Olbrich.<br />

Art Nouveau masterpiece:<br />

The Vienna Secession by<br />

Joseph M. Olbrich.<br />

Wiens Jugendstilbauten von Otto<br />

Wagner, Joseph Maria Olbrich oder<br />

Jože Plečnik bestimmen bis heute das<br />

Erscheinungsbild der Stadt. Das große<br />

Jubiläumsjahr 2<strong>01</strong>8 zur Wiener Moderne<br />

ist willkommene Gelegenheit,<br />

sich in Wiens grandioses architektonisches<br />

Erbe zu vertiefen.<br />

To this day, Vienna‘s Art Nouveau<br />

buildings, designed by pioneers such as<br />

Otto Wagner, Joseph Maria Olbrich or<br />

Jože Plečnik, dominate the city‘s appearance.<br />

2<strong>01</strong>8 marks the anniversary year<br />

of Wiener Moderne (”Viennese Modern<br />

Age“), making it the perfect opportunity<br />

to delve more deeply into Vienna‘s<br />

grandiose architectural heritage.<br />

Otto Wagners Stadtbahn-<br />

Pavillons waren ein<br />

bedeutender Schritt Richtung<br />

Moderne.<br />

Otto Wagner‘s Stadtbahn<br />

pavilions were a significant<br />

step towards modernity.<br />

Von links: Planskizze und früher Entwurf von Joseph M.<br />

Olbrich, 1897; Menschenmenge vor der Secession, 1902;<br />

Gorgonenhäupter über dem Portal.<br />

From left: Plan sketch and early draft by Joseph M. Olbrich,<br />

1897; Crowd in front of the Secession, 1902; Gorgon heads<br />

above the portal.<br />

PHOTOS: WIENER SECESSION / JORIT AUST, WOLFGANG THALER; ARCHIV DER SECESSION; WIENTOURISMUS / CHRISTIAN STEMPER<br />

Es war ein regelrechter Skandal. So ein Haus<br />

hatte die Welt noch nicht gesehen! Das 1898<br />

eröffnete Secessionsgebäude war ein radikales<br />

Statement der ein Jahr zuvor – unter anderen von<br />

Gustav Klimt und Josef Hoffmann – gegründeten<br />

Künstlervereinigung der Wiener Secessionisten und<br />

das Stein gewordene Manifest des Wiener Jugendstils.<br />

Die strenge Klarheit des Baukörpers wird von<br />

symbolträchtigen Ornamenten durchbrochen, gekrönt<br />

von einer Kuppel aus goldenen Lorbeerblättern<br />

– in der Bildsprache der Secessionisten das Symbol<br />

für die vitale Kraft der Erneuerung. Ein Tempel für<br />

die neue, befreite Kunst war die Idee des jungen Architekten<br />

Joseph Maria Olbrich. Die Secession ist ein<br />

Schlüsselwerk der Wiener Moderne, die an der Wende<br />

zum 20. Jahrhundert aufbrach, den Ballast des imperialen<br />

Historismus der Ringstraßenzeit hinweg zu<br />

fegen. „Der Wiener Jugendstil ist bis heute anspruchsvolle<br />

Inspirationsquelle für Architekten, vor<br />

allem dahingehend, wie handwerkliches Können einhergeht<br />

mit wirkungsmächtiger Präsenz“, meint der<br />

renommierte Wiener Architekt Adolf Krischanitz zur<br />

anhaltenden Nachwirkung von Olbrichs Meilenstein.<br />

Krischanitz, Anfang der 1990er-Jahre selbst Präsident<br />

der Secession, zeichnet für die zurzeit stattfindende<br />

Renovation anlässlich des 120-Jahr Jubiläums<br />

des ikonischen Baus verantwortlich. Die Secession<br />

verbirgt sich also gerade unter einem Baugerüst – ab<br />

Juli 2<strong>01</strong>8 erstrahlt dann der prägnante Slogan der<br />

Secessionisten, „Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre<br />

Freiheit“, der bis heute nichts von seiner Aktualität<br />

eingebüßt hat, in neuer Frische über dem Eingang.<br />

Vom Historismus zur Moderne<br />

Der bei der Eröffnung der Secession gerade 30<br />

Jahre alte Joseph Maria Olbrich war – wie andere Architekten<br />

der Secessionisten auch – ein Schüler und<br />

Mitarbeiter Otto Wagners, einer zentralen Figur des<br />

flirrenden kreativen Schubes, der Wien an der Wende<br />

zum 20. Jahrhundert durchschüttelte. Wagners Entwürfe<br />

und Bauten hoben den Wiener Jugendstil erst<br />

aus der Taufe und prägen das Stadtbild bis heute ganz<br />

entscheidend: U-Bahn Stationen, das Schützenhaus<br />

am Donaukanal, die Postsparkasse... an allen Ecken<br />

und Enden stößt man in Wien auf Wagners markante<br />

architektonische Handschrift. „Etwas Unpraktisches<br />

kann nicht schön sein“ lautete sein berühmtes Credo,<br />

aus dem heraus er sein dem Funktionalismus und<br />

den technischen Möglichkeiten neuer Baustoffe wie<br />

Eisen oder Aluminium verpflichtetes Architekturverständnis<br />

entwickelte. Die Formensprache der schmiedeeisenen<br />

Ornamente etwa, die Wagner und sein<br />

Büro ab 1894 für die Stationen, Brücken, Geländer<br />

und jedes noch so kleine Detail der Wiener Stadtbahn<br />

– heute als U4 und U6 ins U-Bahn Netz der<br />

Stadt integriert – entwarf, steht noch immer unverwechselbar<br />

für die Identität der Stadt. „Wagners hoher<br />

ästhetischer Anspruch und sein kompromissloses<br />

Streben nach höchster Qualität sind bis heute beeindruckend.<br />

Seine Vision war die strikt funktionale<br />

und zugleich schöne „unbegrenzte Großstadt“ der<br />

Zukunft. Dieser „Weltstadtarchitekt“ hat nichts von<br />

seiner Faszination eingebüßt: Ein umstrittener Baukünstler<br />

am Puls der Zeit, ein bedingungsloser Vorkämpfer<br />

der Moderne, den es neu zu entdecken gilt“,<br />

betont Andreas Nierhaus, Kurator der großen Wagner-Schau<br />

im Wien Museum.<br />

Fassadendetail des<br />

Postsparkassengebäudes, für<br />

das Otto Wagner erstmals im<br />

großen Maßstab das neue<br />

Baumaterial Aluminium<br />

einsetzte.<br />

Facade detail of the<br />

Postsparkasse building, for<br />

which Otto Wagner used the<br />

new building material<br />

aluminum for the first time on<br />

a large scale.<br />

112 Cercle Diplomatique 1/2<strong>01</strong>8<br />

Cercle Diplomatique 1/2<strong>01</strong>8<br />

113

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!