atw 2018-07
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<strong>atw</strong> Vol. 63 (<strong>2018</strong>) | Issue 6/7 ı June/July<br />
KTA-GS und durch Entsendung von<br />
weiteren Experten im Auftrag des<br />
BMU aufzufangen.<br />
1 Zusammenhang<br />
zwischen KTA-Regeln,<br />
internationalen und<br />
nationalen Normen<br />
Der Zusammenhang zwischen technischen<br />
Normen, wie den Regeln des<br />
Kerntechnischen Ausschusses (KTA),<br />
und DIN-Normen und den einschlägigen<br />
Gesetzen und Verordnungen<br />
ist rechtlich begründet (siehe<br />
Abbildung 1). Während das Atomgesetz<br />
[1] und das Strahlenschutzgesetz<br />
[2] Hoheitsaufgaben des<br />
Staates sind, liegt die Erarbeitung von<br />
technischen Normen in der Selbstverwaltung<br />
der Wirtschaft. Dies bedeutet<br />
zum einen, dass die staatlichen Vorgaben<br />
meist einen sehr viel geringeren<br />
Detaillierungsgrad aufweisen und<br />
somit auf weiterführende Dokumente<br />
verweisen müssen (wie z.B. auf DIN-<br />
Normen), und zum anderen, dass,<br />
obwohl der Detaillierungsgrad größer<br />
ist, technische Normen wesentlich<br />
flexibler hinsichtlich der Erarbeitung<br />
und Überarbeitung sind. Die Erarbeitung<br />
von technischen Normen ist ein<br />
offener Prozess (siehe auch Abschnitt<br />
4), wobei die Beteiligung einer<br />
breiteren Öffentlichkeit durch Einspruchsverfahren<br />
erfolgt [3].<br />
Es wird in 22 DIN-Normen auf<br />
KTA-Regeln verwiesen, während andererseits<br />
in 67 KTA-Regeln auf<br />
DIN-Normen verwiesen wird. Diese<br />
Zahlen verdeutlichen die enge Verflechtung<br />
von DIN-Normen und KTA-<br />
Regeln und zeigen auch, dass DIN-<br />
Normen praxisrelevant für den Alltag<br />
in kerntechnischen Anlagen sind. Als<br />
Beispiel kann hier die KTA 3201.4 [4]<br />
aufgeführt werden, in welcher nicht<br />
weniger als 14-mal auf DIN-Normen<br />
verwiesen wird. Formulierungen wie<br />
„nach dem Stand von Wissenschaft<br />
und Technik“ deuten auf weitere Verweise<br />
auf Normen hin, werden aber<br />
nicht explizit angegeben.<br />
Zwischen dem KTA und DIN e. V.<br />
besteht ein Vertrag [5], der genau<br />
regelt, wer welche technischen Regeln<br />
aufstellt, wobei es unter § 2 heißt „das<br />
DIN erarbeitet ferner solche Normen,<br />
die das Regelwerk des KTA außerhalb<br />
des sicherheitstechnischen Bereiches<br />
ergänzt“. Ein für die internationalen<br />
Normungsaktivitäten wichtiger Aspekt<br />
wird unter § 9 der Vereinbarung angesprochen<br />
und besagt „das DIN vertritt<br />
die Fachmeinung des KTA auf internationaler<br />
und europäischer Ebene“.<br />
Die Erarbeitung von neuen KTA-<br />
Regeln und DIN-Normen im Bereich<br />
| | Abb. 1.<br />
Pyramide.<br />
der Kernreaktoren ist allerdings stark<br />
rückläufig, was auch Auswirkungen<br />
auf die Beteiligung in den jeweiligen<br />
Gremien hat. Eine Fortschreibung<br />
bzw. Aktualisierung wird somit immer<br />
schwieriger. Daher muss ein neuer<br />
Weg beschritten werden und der erarbeitete<br />
Stand in andere Normen und<br />
Regeln einfließen, die auch in Zukunft<br />
bearbeitet werden. Wie auch in<br />
anderen Bereichen außerhalb der<br />
Kerntechnik ist daher die Über führung<br />
in die internationale Normung eine<br />
Möglichkeit den erarbeiteten Stand<br />
von Wissenschaft und Technik zu<br />
erhalten und weiterzugeben (Abbildung<br />
2).<br />
2 Internationale<br />
Normungsarbeit<br />
des ISO/TC 85/SC 6<br />
Das ISO/TC 85/SC 6 Reactor technology<br />
ist zuständig für die Normung<br />
im Bereich Kernkraftwerke und<br />
Forschungsreaktoren. Der Geltungsbereich<br />
umfasst dabei Standortauswahl,<br />
Konstruktion, Bau, Betrieb<br />
und Stilllegung. Die Standortauswahl<br />
umfasst alle Arten von kerntechnischen<br />
Anlagen und alle Themen wie<br />
Hochwasser, seismische Gefahren<br />
usw. Forschungsreaktoren umfassen<br />
eine Vielzahl von Einrichtungen:<br />
Erzeugung von Neutronenstrahlen,<br />
Bestrahlung von Proben, Herstellung<br />
von Isotope (insbesondere Produktion<br />
für Nuklear medizin) und Testreaktoren<br />
oder Prototypen neuer Technologien.<br />
Die Normung im Bereich<br />
der Stilllegung beschränkt sich<br />
auf reaktorspezifische technische<br />
Themen.<br />
Die Erarbeitung der internationalen<br />
Normen des ISO/TC 85/SC 6<br />
findet in den einzelnen Arbeitsgruppen<br />
des SC 6 statt (Abbildung<br />
3). Die Abstimmung über Annahme<br />
und weiteres Vorgehen zu den<br />
| | Abb. 2.<br />
Ablösung nationaler Normung durch internationale und europäische<br />
Normen.<br />
internationalen Norm-Entwürfen<br />
findet im SC 6 selbst statt. Das SC 6<br />
arbeitet dabei weitgehend unabhängig<br />
vom übergeordneten ISO/TC<br />
85, mit welchem lediglich eine<br />
Koordinierung der Arbeiten stattfindet.<br />
Bezüglich einer engeren<br />
Zusam menarbeit ist insbesondere das<br />
SC 5 zu nennen, welches teilweise in<br />
gleichen Auf gabengebieten arbeitet,<br />
allerdings mit dem Kernthema des<br />
Brennstoffkreislaufes.<br />
Die Arbeitsgruppe 1 (Working<br />
Group 1 – WG 1) beschäftigt sich<br />
mit der Entwicklung, der Pflege und<br />
Förderung von Normen für Berechnungen,<br />
Analysen und Messungen<br />
zur Unterstützung der Reaktorkernphysik.<br />
Solche internationalen<br />
Normen liefern u. a. Kriterien für<br />
die Auswahl nuklearer Daten und<br />
com putergestützter Methoden; geeignete<br />
Benchmark-Problemspezifikationen<br />
zur Verifizierung der vom<br />
Reaktorkern verwendeten Berechnungs<br />
methoden, Kriterien für die<br />
Bewertung der Genauigkeit und der<br />
Anwendbarkeit von Datenmethoden;<br />
Methoden der Verifikation und der<br />
Abschätzung von Unsicherheiten. Die<br />
WG 1 wird von einem amerikanischen<br />
ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 393<br />
Energy Policy, Economy and Law<br />
German Secretarial Management ISO/TC 85/SC 6 Reactor Technology ı Janine Winkler and Michael Petri