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Drachme 25

Ελληνογερμανικό περιοδικό από Μόναχο Γερμανίας,για Έλληνες και Φιλέλληνες

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Kategorie: Queer*<br />

Mit freundlicher Empfehlung...<br />

Feuilleton<br />

33<br />

---------<br />

Iosif Alygizakis<br />

...Das Blaue<br />

der Hyazinthe<br />

Der Begriff Literatur lässt sich auf Griechisch wie folgt interpretieren:<br />

Logotechnia (λογοτεχνία) und bedeutet die Kunst<br />

(techni/τέχνη) der Sprache (Logos/λόγος). Zweifellos stellt der<br />

Sprachgebrauch - neben den tiefgehenden Bedeutungen des<br />

Werkes - eine der Hauptvoraussetzungen dar, um ein Buch als<br />

«literarisches Werk» zu charakterisieren.<br />

Andererseits gibt es auch die sogenannte lockere, leicht lesbare<br />

Strand-»Literatur». Hingerissen vom Sommermodus empfehlen<br />

wir Das Blau der Hyazinthe von Iosif Alygizakis, das zwar eindeutig<br />

zur ersten Kategorie gehört, aber zugleich auf dem Liegestuhl<br />

(weiter-)gelesen werden kann. Man fängt an, es zu durchblättern<br />

und taucht ein in die Seele eines einsamen Mannes, der<br />

wegen seiner Gefühle einem Jungen gegenüber die Hölle auf<br />

Erden durchgeht. Ein Geschmack von Thomas Manns «Tod in<br />

Venedig» mit einer starken Dosis der bezaubernden Hafenstadt<br />

Chania in Kreta, die die Hintergrundkulisse des Romans bildet.<br />

Kurz zum Inhalt<br />

Auf der Suche nach dem ersten Job übernimmt ein angehender<br />

Lehrer den Privatunterricht für den 13-jährigen Aristarchos und<br />

gibt Nachhilfe in Latein und Altgriechisch. Der junge Lehrer ist<br />

der einzige Mann, der seit vielen Jahren die Wohnung von Mutter<br />

und Sohn betritt, und er glaubt, die Augen des Jungen deuten<br />

zu können. Er selbst lebt in ständiger Furcht, sein Geheimnis<br />

könnte entdeckt werden – er steht auf Männer – und somit treiben<br />

ihn Scham- und Schuldgefühle dazu, bewusst männlich aufzutreten.<br />

Doch während des Unterrichts passiert es. Der Lehrer<br />

verliebt sich in seinen Schüler. Leiden und Bangen werden seine<br />

ständigen Begleiter. Gleichzeitig erlebt Aristarchos seine Pubertät<br />

und empfindet den Lehrer als Ersatz-Vaterfigur. Jede Geste wird<br />

missverstanden. Von beiden Seiten. Mit verheerenden Folgen...<br />

Drei leere Blätter - eine Originalität<br />

Das Blau der Hyazinthe (Originaltitel: Τρεις Λευκές Σελίδες/<br />

Drei leere Blätter) ist Teil einer Dilogie (zweiter Roman: Και κάτι<br />

πολύ προσωπικό/Und etwas ganz Persönliches). Im Original<br />

gibt es tatsächlich drei leere (ohne Inhalt) Blätter, in denen sich<br />

die Geschichte des zweiten Buches einschleicht. Bei beiden Büchern<br />

handelt es sich um Meisterwerke, an denen der Autor 10<br />

Jahre lang gearbeitet hat.<br />

Homerische Sprache<br />

Iosif Alygizakis, einer der ersten neugriechischen Autoren, der<br />

in seinen Romanen offen über homoerotische Themen schreibt,<br />

ist ein richtiger Sprachkünstler. Dank seines sprachwissenschaftlichen<br />

Hintergrundes (Studium in Anglistik) und seiner Liebe für<br />

Qualität gelingt es ihm, den Leser mit einem perfekten Sprachgebrauch<br />

zu bezaubern. Zuweilen bedient er sich sogar der<br />

homerischen Sprache, die er - während des Schreibens - erneut<br />

studierte. In einer ausgezeichneten Übersetzung von Hans-Bernhard<br />

Schlumm ins Deutsche liest man:<br />

Mein Aufenthalt im Pantheon der Gedanken ist gesichert.<br />

Mit maßvollen und aus der Vergangenheit bekannten Bewegungen<br />

wurden die neidischen Münder der Ankläger zum<br />

Schweigen gebracht, bevor sie mit ihrer ehrenhaften Doppelmoral<br />

Giftpfeile auf mich abschießen, über mich herfallen und<br />

mir drohen konnten, es nie zu wagen, mich zu verwirklichen<br />

– ich selbst zu sein.<br />

Ein Kritiker<br />

Alygizakis versäumt es nicht, die Heuchelei der Gesellschaft offen<br />

zu kritisieren und zeigt erfolgreich, dass das Finden der eigenen<br />

sexuellen Identität gerade für junge Männer immer noch<br />

von Schuldgefühlen begleitet wird. Er beschreibt, welchem moralischen<br />

Druck sich viele junge Männer heute noch ausgesetzt<br />

sehen und wie sie sich, gefangen in der moralischen Verurteilung<br />

der Gesellschaft, fühlen.<br />

Zitat:<br />

Der tragische Dichter Phrynichos wurde angeklagt, weil er<br />

mit seinem Stück Die Einnahme von Milet die Zuschauer zu<br />

Tränen über das Unglück des Vaterlandes gerührt hatte, während<br />

ich dagegen ihnen die Augen zu öffnen versuche, damit<br />

sie ohne Scheuklappen sehen, was sich hinter ihren erhobenen<br />

Zeigefinger verbirgt, denn sie sollen begreifen, dass sich<br />

die Verhältnisse geändert haben!<br />

Eine anregende Lektüre wünscht<br />

Johanna Panagiotou<br />

*: Queer = (aus dem Englischen) Bezeichnet als Adjektiv Dinge,<br />

Handlungen oder Personen, die von der Norm abweichen.<br />

Infos<br />

Seiten: 150<br />

Cover: Hardcover,<br />

21,6 x 15,4 cm<br />

Sprache: deutsch<br />

Erscheinungsdatum:<br />

1. August 2014<br />

ISBN : 978-3-942223-84-3<br />

e-ISBN : 978-3-942223-85-0

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