Rotary Magazin 11/2022
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SCHWERPUNKT – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – NOVEMBER <strong>2022</strong><br />
ROTARIERIN IM FOKUS<br />
«C’EST LE TON, Q<br />
MUSIQUE»<br />
«Konstruktive Gespräche beruhen auf gegenseitigem Vertrauen»,<br />
erklärt Rot. Sophie Steiner Kernen und ergänzt: «Erst wenn man<br />
sich kennt und bereit ist, einander zuzuhören, kann man einen<br />
Dialog zielbewusst führen». Als Diplomatin war sie die letzten<br />
vier Jahre im EDA in Bern für die Koordination der bilateralen<br />
Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA zuständig.<br />
30<br />
Immer mehr Frauen sind in diplomatischen<br />
Diensten ihrer Länder tätig. Auch<br />
für die Schweiz?<br />
Sophie Steiner Kernen: Diese Tendenz<br />
sehen wir in vielen Sparten, welche früher<br />
klassische Männerdomänen waren. Der<br />
«Concours diplomatique», das Auswahlverfahren<br />
des EDA, ist einem ausgewogenen<br />
Verhältnis zwischen Frauen und<br />
Männern und zwischen den Sprachregionen<br />
verpflichtet. Im Verlauf der letzten<br />
Jahre sind folglich auch immer mehr<br />
Frauen zu Botschafterinnen ernannt worden.<br />
Diese Entwicklung freut mich sehr.<br />
Wie haben Sie Ihr Berufsziel erreicht?<br />
Voraussetzung, um in den diplomatischen<br />
Dienst eintreten zu können, ist<br />
nebst weiteren Kriterien ein abgeschlossenes<br />
Studium. Ich habe im Hauptfach<br />
Geschichte und im Nebenfach Slawistik,<br />
speziell russische Literatur, studiert. Nach<br />
meinen Studien an den Universitäten<br />
Neuenburg und Bern sammelte ich Praxiserfahrungen<br />
in einer Kommunikationsagentur,<br />
in der Schweizerischen Botschaft<br />
in Moskau sowie in der Vermögensverwaltung<br />
einer Grossbank. Dazwischen<br />
leistete ich Militärdienst als Militärpolizeigrenadier<br />
und war im Kompetenzzentrum<br />
Gebirgsdienst der Schweizer Armee in<br />
Andermatt als Dolmetscherin Deutsch/<br />
Russisch tätig. 2015 bestand ich den «Concours<br />
diplomatique» und trat im Frühjahr<br />
2016 ins Eidgenössische Departement für<br />
auswärtige Angelegenheiten ein.<br />
«ALS KIND HABE ICH NICHT<br />
DAVON GETRÄUMT,<br />
DIPLOMATIN ZU WERDEN»<br />
Was hat Sie motiviert, Diplomatin zu<br />
werden?<br />
Ich war schon immer eine ausgesprochen<br />
neugierige Person, habe mich für Politik<br />
interessiert, war darauf aus, mehr über<br />
andere Menschen, andere Länder, andere<br />
Sprachen und andere Kulturen zu lernen.<br />
Als Kind habe ich aber nicht davon<br />
geträumt, Diplomatin zu werden, weil ich<br />
gar nicht wusste, was unter diesem Beruf<br />
konkret zu verstehen ist.<br />
Ihr Vater, Rot. Rudolf Steiner, war als<br />
Solothurner Kantonsrat, später als<br />
Nationalrat während vielen Jahren in der<br />
Politik aktiv. Die politische DNA ist Ihnen<br />
sozusagen in die Wiege gelegt worden?<br />
Sicher. Politik war in meinem Elternhaus<br />
immer ein Thema und ich hatte dank<br />
des Engagements meiner Eltern schon früh<br />
Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen<br />
des politischen Geschehens zu werfen.<br />
Ist es Ihnen erlaubt, persönliche,<br />
politische Standpunkte zu vertreten?<br />
Grundsätzlich schon. Aber: Als Diplomatin<br />
vertrete ich die Interessen der<br />
Schweiz, bringe die Standpunkte des Bundesrats<br />
in die Gespräche ein, gestützt auf<br />
die aussenpolitische Strategie. Auf lokaler<br />
oder regionaler Ebene dürfte ich mich in<br />
einer Partei engagieren und mich auch in<br />
ein politisches Amt wählen lassen. Das<br />
Prinzip der Gewaltentrennung setzt mir<br />
jedoch klare Grenzen.<br />
Wikipedia erklärt: «Diplomatie ist die<br />
Kunst und Praxis des Verhandelns<br />
zwischen bevollmächtigten Repräsentanten<br />
verschiedener Gruppen oder<br />
Nationen.» Sind Sie mit dieser Definition<br />
einverstanden?<br />
Ja, aber sie ist nicht vollständig. Verhandlungen<br />
sind ein Teil unseres Auftrags,<br />
sie sind ein Schritt, um ein Ziel erreichen<br />
zu können. In der Diplomatie hat die<br />
Pflege von Beziehungen zwischen Staaten<br />
und internationalen Organisationen Priorität.<br />
Erst, wenn man sich kennt und bereit<br />
ist, einander zuzuhören, kann man einen<br />
Dialog zielbewusst führen.<br />
Die Schweizer Aussenpolitik handelt nach<br />
dem Grundsatz der Neutralität. Von<br />
unserer Diplomatie wird aber erwartet,<br />
dass sie Stellung bezieht, wenn Menschenrechte<br />
mit Füssen getreten werden<br />
oder Völkerrecht torpediert wird. Dürfen