Rotary Magazin 11/2023
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ROTARY SUISSE – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – NOVEMBRE <strong>2023</strong><br />
KINDERN<br />
Hans Peter Frei vom RC Zürich-Oberland.<br />
Das rotarische Engagement für dieses<br />
Projekt hatte 2015 begonnen; Hans Peter<br />
Frei war als Verantwortlicher für die Verbindung<br />
des Distrikts 2000 mit der <strong>Rotary</strong><br />
Foundation quasi Dreh- und Angelpunkt<br />
für das Vorhaben. Er schildert aus seiner<br />
Sicht, wie viel Energie und Durchhaltewillen<br />
es brauchte, um den Prozess von einer<br />
Stufe zur nächsten zu bringen. Jetzt allerdings<br />
könne man sagen: «Es läuft.» Haiti<br />
sei wohl eines der schwierigsten Länder<br />
für Kooperationsprojekte. Gerade deshalb<br />
aber sei es lohnend, sich zu engagieren,<br />
schliesslich sei gerade dort Unterstützung<br />
nötig, gibt Corinne Wieser zu bedenken.<br />
Wie ist sie damals auf <strong>Rotary</strong> gekommen?<br />
Corinne Wieser ist ursprünglich<br />
Krankenschwester; später bildete sie sich<br />
zur Grafikerin aus. Im Rahmen der<br />
700-Jahr-Feier der Schweiz kam sie 1991<br />
für ein Projekt von Radio Swiss Romande<br />
nach Haiti. Sie berichtete damals über ein<br />
lokales Ausbildungszentrum, die Ateliers-<br />
Écoles von Camp-Perrin, das Handwerker<br />
zu selbständiger unternehme rischer Tätigkeit<br />
ausbildete.<br />
Corinne Wieser war später immer<br />
wieder in Haiti. 2008 kam ihr die Idee,<br />
mit einem Buch für Kindergärten die Kinder<br />
auf Hygiene-Themen aufmerksam zu<br />
machen. 2010 wurde das Land von einer<br />
Choleraepidemie heimgesucht, die sich<br />
hartnäckig hielt, sodass sich die Idee des<br />
Hygiene-Buches verfestigte.<br />
Auf der Suche nach Finanzierung<br />
gelangte sie 2015 an <strong>Rotary</strong> und damit<br />
an Hans Peter Frei. Dieser sondierte die<br />
Möglichkeiten, er versuchte, <strong>Rotary</strong> Clubs<br />
im Distrikt 2000 zu motivieren, hielt Vorträge,<br />
fand bei zwölf Clubs Zustimmung<br />
und machte sich dann daran, einen Global<br />
Grant zu erhalten. Der Vorteil? «Ein<br />
Global Grant bedeutet, dass die <strong>Rotary</strong><br />
Foundation das lokal gesammelte Geld<br />
verdoppelt, wenn sie das Projekt gutheisst»,<br />
erklärt Frei. Dies gelang, und am<br />
Schluss standen 200 000 Franken für<br />
das Bildungsprojekt in Haiti bereit. 2018<br />
wurde das Vorhaben offiziell lanciert.<br />
900 Lehrerinnen und Lehrer wurden im Rahmen des Projekts bereits geschult<br />
Doch das war erst ein Teil der Strecke. In<br />
Haiti musste die Partnerseite gefunden<br />
werden, sprich ein lokaler <strong>Rotary</strong> Club,<br />
der die Zusammenarbeit mit der rotarischen<br />
Führung in der Region gewährleisten<br />
würde. Frei beharrte auf dem<br />
Grundsatz, nicht einfach Geld zu schicken,<br />
sondern wollte sicherstellen, dass die<br />
Unterstützung am Bestimmungsort ihre<br />
volle Wirkung entfaltet.<br />
Aber es brauchte, wie Frei schildert,<br />
auch diplomatische und taktische Ge <br />
schicklichkeit sowie etliche persönliche<br />
Besuche in Haiti. Kommunikationshürden<br />
und Sprachbarrieren zwischen Französisch<br />
und Englisch, Bewilligungsverfahren und<br />
unerwartete Transportbehinderungen<br />
muss ten überwunden werden.<br />
Für den Druck des «Fernsehbuchs»<br />
fand sich nach längerer Suche die<br />
Bubu-Druckerei in Mönchaltorf. Die Spiralbindung<br />
von derart grosser Breite<br />
schafften nur die bereits erwähnten<br />
Ateliers-Écoles von Camp-Perrin, sodass<br />
acht Kilometer Draht in den Container mit<br />
Zielort Haiti gepackt wurden.<br />
Container und Haiti – das bedeutete<br />
Probleme. Waren ins Land zu bringen wird<br />
laut den Schilderungen durch Korruption<br />
und die staatliche Bürokratie enorm teuer<br />
bis unmöglich gemacht. Es gibt den Ausweg<br />
via Botschaften. Aber es war nicht die<br />
schweizerische, sondern die französische<br />
Botschaft, die es möglich machte, sieben<br />
Tonnen Material von Belgien nach Haiti zu<br />
verschiffen. Die Leitfäden für die Lehrer<br />
und die Testfragen für die Schüler wurden<br />
lokal in Haiti gedruckt.<br />
Corinne Wieser hatte immer wieder<br />
mit Rückschlägen zu kämpfen, der grösste<br />
war das Erdbeben im August 2021. Dann<br />
brannte das Haus aus, nur ihren Computer<br />
konnte sie retten. Hinzu kämen die politische<br />
Instabilität und unterbrochene Verkehrswege.<br />
In die Hauptstadt zu fahren sei<br />
zu riskant wegen Kidnapping, ausserdem<br />
sei die Kriminalität hoch. Die Stromproduktion<br />
sei völlig ungesichert, eine staatliche<br />
Versorgung gebe es nicht, auch keine Post.<br />
Man habe mit Treibstoffknappheit und<br />
einem instabilen Telefon- und Internetbetrieb<br />
zu kämpfen. Lehrer erhielten oft<br />
lange Zeit keinen Lohn. Der Umgang mit<br />
Behörden sei schwierig.<br />
Umso eindrücklicher findet es<br />
Corinne Wieser, dass im Projekt mit den<br />
Hygiene-Lehrmitteln so viele motivierte<br />
Lehrkräfte mitmachen. Überschlagsmässig<br />
könne man heute sagen: Wenn 900<br />
Lehrpersonen mit Klassen von etwa<br />
30 bis 40 Schülern das «Fernsehbuch»<br />
benutzen, ergebe das pro Jahr rund<br />
30 000 Kinder, die mit dem Hygiene-Lehrgang<br />
in Berührung kämen. Hochgerechnet<br />
auf sechs Jahre, so lange sollten die<br />
Bücher halten, seien das mehr als 180 000<br />
Kinder – wenn nicht mehr.<br />
K Rot. Beat Gygi | A zvg<br />
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