Informationspflichten im E-Commerce

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Florian S. Jörg 2.3.3 Pflichten des gesetzlichen Schuldverhältnisses Die Terminologie der Haupt- und Nebenpflichten ist uneinheitlich 62 . Bei den vertraglichen Pflichten wird nach herkömmlicher Lehre zwischen Haupt- und selbständigen wie unselbständigen Nebenpflichten differenziert 63 . Die selbständigen Nebenpflichten werden auch als Nebenleistungspflichten 64 bezeichnet. Gemäss der Lehre vom gesetzlichen Schuldverhältnis treten zudem noch die Verhaltenspflichten hinzu. Aus dieser Einteilung ergeben sich folgende Einzelheiten: 2.3.3.1 Hauptpflichten Die oberste Schicht der «Pflichtenpyramide» bilden die Haupt(leistungs)pflichten 65 . Sie entstehen erst mit dem Vertragsabschluss und gehen mit Erfüllung des Vertrages unter 66 . Demnach haben sie ihren Entstehungsgrund im Vertragsverhältnis. In der Regel typisieren sie den Vertrag und bilden den Grund für den rechtsgeschäftlichen Kontakt zwischen den Parteien 67 . Sie bezwecken meist die Herbeiführung einer Veränderung in der 62 Berger, 49ff. und 64f. 63 Kramer unterscheidet zwischen Leistungs- und Nebenpflichten. Die Leistungspflichten wiederum unterteilen sich in Haupt- und Nebenleistungspflichten, welche sich von den Nebenpflichten dadurch unterscheiden, dass sie selbständig verfolgt werden können. Die Nichtbeachtung von Nebenpflichten führt dagegen bloss zu Schadenersatzansprüchen. Der Unterschied besteht somit in der Klagbarkeit: Kramer, Kommentar, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, N 89ff. Siehe auch Wiegand, Haftung, 136f. Ausführlich zum Ganzen Wiegand, Schuldverhältnis, 85 ff., insbesondere 91ff.; zum einheitlichen gesetzlichen Schuldverhältnis Kramer, Einleitung in das schweizerische Obligationenrecht, N 142ff. Loser, 90f.; Moser/Berger, 545; Abegglen, 96ff., der jedoch zum Schluss kommt, die Unterscheidung zwischen Leistungsund Verhaltenspflichten (im Sinne von Nebenpflichten und nicht in der hier verwendeten Bedeutung) sei irrelevant: a.a.O., 102. Vgl. auch Schwenzer, AT, 4.20ff., mit weiteren Hinweisen. 64 Als Nebenleistungspflicht begründen sie einen selbständig klagbaren Erfüllungsanspruch (vgl. Guhl/Koller, § 2 N 26ff., für die Aufklärungspflicht des Arztes; anders aber noch Merz, Kommentar, N 270 zu Art.2). Bei Verletzungen von Nebenpflichten dagegen bestehen nur Schadenersatzansprüche nach Art. 97 ff. OR. Vgl. auch die Einteilung bei Kramer, Kommentar, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, N 89ff.; Wiegand, Haftung, 137. 65 Je nach Autor Leistungspflichten, Hauptpflichten: Kramer, Kommentar, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, N 89ff.; Wiegand, Schuldverhältnis, 91; Berger, 65. 66 Beispiele sind die Kaufpreiszahlung des Käufers oder die Errichtung des Werkes durch den Werkunternehmer etc. 67 Berger, 65; Wiegand, Schuldverhältnis, 91. 26
Informationspflichten im E-Commerce Güterlage der Parteien 68 . Der Einfachheit halber werden sie in der Folge als Hauptpflichten bezeichnet. 2.3.3.2 Nebenleistungs- und Nebenpflichten Die zweite Schicht bilden die leistungsbegleitenden oder leistungsorientierten Nebenpflichten und Nebenleistungspflichten 69 . Sie entstehen erst mit oder nach dem Vertragsschluss, entfalten aber u.U. Wirkung über den Zeitpunkt der Erfüllung hinaus. Entsprechend sind diese Pflichten entweder vertraglich vereinbart oder ergeben sich aus der Auslegung des Vertrages, insbesondere nach dem Prinzip von Treu und Glauben 70 . Bei selbständig einklagbaren Pflichten, welche sich nicht als Hauptpflichten qualifizieren, spricht die Lehre von Nebenleistungspflichten 71 . Fehlt die Erzwingbarkeit einer Pflicht, beruht sie aber dennoch auf dem Vertragsschluss, liegen unselbständige Nebenpflichten vor, die Ähnlichkeiten mit den Verhaltenspflichten aufweisen 72 . Sie haben als Zielrichtung immer den Vertrag und dessen Erfüllung 73 . Bei ihrer Verletzung kann nur auf Schadenersatz geklagt werden 74 . Nach ihrem Inhalt werden die Neben(leistungs)pflichten unterteilt in Obhuts- und Schutzpflichten 75 , Mitteilungs- oder Informationspflichten, Verschaffungspflichten und Mitwirkungspflichten 76 . 68 Moser/Berger, 544. 69 Wiegand, Schuldverhältnis, 91; Berger, 65; OR-Wiegand, N 33 zu Art. 97. 70 Wiegand, Schuldverhältnis, 91; Moser/Berger, 544f. Art. 2 ZGB bildet jedoch nur den Auslegungsmassstab; der Rechtsgrund liegt wie erwähnt im Vertragsschluss der Parteien: Wiegand, Schuldverhältnis, 91; Berger, 65 f. 71 Berger, 65; Kramer, Allgemeine Einführung in das schweizerische OR, N 88 ff.; Wiegand, Schuldverhältnis, 91. Beispiele sind das Mitliefern einer Gebrauchs- oder Montageanweisung oder die ordentliche Verpackung, allenfalls die Aufklärung über Gefahren, wichtige Produkteinformationen etc.: vgl. Berger, 65. Charakteristisch ist für die Nebenleistungspflichten, dass sie nicht immer leicht von den Hauptpflichten unterschieden werden können: vgl. Wiegand, Schuldverhältnis, 91. 72 Wiegand, Schuldverhältnis, 91f.; Berger, 66. 73 Wiegand, Schuldverhältnis, 92. Diese unselbständigen Nebenpflichten wurden von Wiegand 1990 noch mit den Verhaltenspflichten gleichgesetzt: Wiegand, Haftung, 137 Fn 13. Darunter fällt z.B. auch die allgemeinste Nebenpflicht zur Förderung des Vertragszweckes. 74 Art.97ff. OR. 75 Zum Begriff ausführlich z.B. Kramer, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, N 97ff. 76 Guhl/Koller, § 2 N 26ff. Arter/Jörg, Informationspflichten, 57. Vgl. auch Kramer, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, N 96 ff., dem zufolge Mitteilungspflichten als unselbständige Nebenpflichten qualifiziert werden können; Schwenzer, AT, 4.23. 27
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