Neue Frauenpower für die Immobilienwirtschaft
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BUSINESS<br />
Zwei-Augen-Gespräche und zwei Notebooks. Die neuen Büromöbel schreien quasi danach, immer und<br />
überall im W-LAN arbeiten zu können. Fluch oder Segen, auf alle Fälle bequem. Hier ein Modell von<br />
Wiesner-Hager, idealerweise mit bloßen Füßen zur Vermeidung von Straßenschmutz zu benutzen.<br />
Arbeitnehmer sind vorbildlich innovativ;<br />
<strong>die</strong> wahren Trendsetter des Arbeitsmarkts<br />
kommen vom Theater.“ So lautet der<br />
Teaser des in der Zeitschrift Theater heute<br />
in der Ausgabe 3/2004 erschienenen<br />
Forschungsberichtes von Doris Eikhof<br />
von der Universität Hamburg und Axel<br />
Haunschild von der Royal Holloway University<br />
of London School of Management.<br />
Die beiden Autoren beleuchten durchaus<br />
kritisch <strong>die</strong> alte Arbeitswelt der SchauspielerInnen<br />
und stellen sie als Arbeitsmarktmodell<br />
der Zukunft heraus. Sie gehen<br />
dabei d’accord mit einer bereits 1998<br />
von den deutschen Universitätsprofessoren<br />
Hans Pongratz und Günter Voß formulierten<br />
These, wonach <strong>die</strong> bisher vorherrschende<br />
Form des „verberuflichten Arbeitnehmers“<br />
weitgehend durch <strong>die</strong> neue<br />
Form des „Arbeitskraftunternehmers“<br />
ergänzt und langfristig abgelöst werde.<br />
Nicht der Betrieb wird privater, sondern<br />
<strong>die</strong> Privatheit wird verbetrieblicht.<br />
Ein Wandel, der nach der Voß-und-Pongratz-These<br />
nachhaltige Konsequenzen <strong>für</strong><br />
das Arbeits- und Berufsverhalten und <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Lebensweise von Erwerbstätigen haben<br />
wird. Das betrifft zuerst Tätigkeiten, welche<br />
dem sogenannten informellen Sektor zugeordnet<br />
sind. Von der freien Wissenschafterin<br />
bis zum Werbetexter auf der einen Sei-<br />
34 IMMOBILIENFOKUS I GEWERBE<br />
Dezember 2006_Nr. 11<br />
te und dem Hilfsarbeiter auf der anderen<br />
Seite. Zentraler Kern der Theorie ist ein<br />
betriebsstruktureller Wandel und damit<br />
eine systematisch erweiterte Selbstkontrolle<br />
der Arbeitenden als Entwicklung des<br />
Seperate Business Unit (SBU)-Modells, der<br />
Zwang zur forcierten Ökonomisierung<br />
ihrer Arbeitsfähigkeiten und somit das<br />
Outsourcing bis zum letzten Arbeitsglied.<br />
Arbeitskraft wird als Ware angeboten. Somit<br />
wird nicht der Büroraum wohnlicher,<br />
sondern <strong>die</strong> Verbetrieblichung der alltäglichen<br />
Lebensführung setzt ein. Diese<br />
Entwicklungen gehen einher mit dem<br />
Abbau institutioneller Regelungen der<br />
Arbeitsmärkte und der Zunahme flexibilisierter<br />
Arbeits- und Beschäftigungsformen.<br />
Netzwerke, Beziehungen und<br />
Informationszurückhaltung sind <strong>die</strong> Jobgaranten<br />
der Zukunft.<br />
Büro muss sein<br />
Die eingangs erwähnte logische Konsequenz<br />
der täglichen Mobilität – Büroräumlichkeiten<br />
werden weniger, Büroeinheiten<br />
geteilt, entpersonifiziert und Desktop-Sharing<br />
wird praktiziert – trifft also<br />
mitnichten zu. Genauso wenig, wie <strong>die</strong><br />
Digitalisierung zu einer Verminderung<br />
des Papierverbrauchs geführt hat. Die<br />
digitale, manchmal auch virtuelle<br />
Nicht der Betrieb wird privater,<br />
sondern <strong>die</strong> Privatheit wird<br />
verbetrieblicht.<br />
Dienstleistungsgesellschaft kann sich<br />
nicht von ihren fixen physischen Orten<br />
lösen. Einerseits werden weiterhin großflächige,<br />
möglichst flexible Büros gefragt<br />
sein und andererseits ist – durch <strong>die</strong> Verschmelzung<br />
der Wohn- und Arbeitswelt vor<br />
allem bei Selbstständigen – mit einer starken<br />
Nachfrage nach kleineren, nahe am<br />
Wohnort gelegenen zentralen Büroeinheiten<br />
zu rechnen. Hier geht Wien zurück<br />
in <strong>die</strong> Zeit, als der Schuster und der Greißler<br />
noch hinter den Geschäftslokalen wohnten.<br />
Diese Nachbarschaftsbüros entstehen<br />
eben in jenen alten Geschäftslokalen und<br />
meist in Altbauten. Sie sind Ausdruck einer<br />
neuen Urbanität und Mobilität.<br />
Gefragt ist in jedem Fall der Gesetzgeber.<br />
Es zeigt sich, dass Gewerbeordnung<br />
und Arbeitsrecht weniger flexibel sind als<br />
<strong>die</strong> moderne Gesellschaft. •<br />
Foto: Kölnmesse