DER RING - v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
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»Da werden …<br />
Bisher sind 300 Meter des <strong>Bethel</strong>-Stollens bekannt.<br />
über den Rücken, wenn er an<br />
die heulenden Sirenen beim<br />
Bombenalarm zurückdenkt. »Die<br />
Menschen waren in Panik und<br />
drängten sich durch die engen<br />
Gänge im Stollen«, erzählt er.<br />
Viele hätten geweint, gerade die<br />
Kinder. Auch der damals 16jährige<br />
Lehrling hatte Angst. »Die<br />
kampferprobten Soldaten aus<br />
den Lazaretten beruhigten und<br />
trösteten uns.«<br />
»Kinderspielplatz«<br />
Ein Auto fährt auf dem <strong>Bethel</strong>weg<br />
über einen Gullydeckel und<br />
holt Reinhard Overbeck zurück in<br />
die Gegenwart. Unter Tage hallt<br />
und poltert es. »Und jetzt stellen<br />
Sie sich mal vor, wie laut es hier<br />
unten war, wenn da oben Bomben<br />
fielen«, sagt der 84Jährige<br />
zu Bärbel Bitter. Sie freut sich,<br />
die unterirdischen Gänge mit<br />
einem Zeitzeugen zu betreten.<br />
»Es ist noch einmal etwas ganz<br />
anderes, wenn man mit jemandem<br />
hier unten ist, der das alles<br />
miterlebt hat. Das ist eine gute<br />
Gelegenheit, sich in die Zeit zu<br />
versetzen.«<br />
Auch Christoph Hühn erinnert<br />
sich lebhaft an den <strong>Bethel</strong><br />
Stollen. Er war damals noch ein<br />
Kind und wohnte in der Ortschaft<br />
<strong>Bethel</strong>. Ende der 1940er<br />
Jahre entdeckten er und seine<br />
Freunde den Stollen als »Spielplatz«.<br />
Unter Tage wurde auch<br />
nach Kriegsende noch weitergebaut,<br />
und die Baustelle mit dem<br />
geheimnisvollen Tunnelsystem<br />
weckte die Abenteuerlust der<br />
Kinder. Damals gab es auch vom<br />
alten Brüderhaus am Nazarethweg<br />
einen Zugang zum Stollen.<br />
»Vom NazarethHaus ging es in<br />
dem betonverkleideten Stolleneingang<br />
hinab durch den mit<br />
roten Ziegelsteinen ummauerten<br />
Wasserkanaltunnel«, sagt er.<br />
»Und dort im Gullybrunnen<br />
konnte man die Steigleiter hochklettern,<br />
die Hand durch die<br />
kleine Gullyöffnung strecken<br />
und Leute auf dem Nazarethweg<br />
erschrecken.« Die Finsternis in<br />
den unterirdischen Gängen störte<br />
die Kinder damals nicht. »Den<br />
Stollen kannten wir so gut, dass<br />
er, finster wie er war, von uns im<br />
Dunkeln durchrannt wurde«, so<br />
Christoph Hühn.<br />
Ab und an hätte er sich alleine<br />
auf Erkundungstour im Stollen<br />
gemacht. »Da hatte ich aber<br />
Streichhölzer von zu Hause stibitzt<br />
und viel Pappe aus dem<br />
Heizungskeller. So konnte ich<br />
qualmende Fackeln herstellen<br />
und dann heimlich ‘rein«,<br />
erzählt er. »Bei der Abzweigung<br />
unter der Zionskirche gingen<br />
zwei andere, finstere Gänge ab,<br />
die aber im Bau und mit nassen<br />
Stützhölzern verbarrikadiert<br />
waren.« Das hätte ihn allerdings<br />
nicht aufgehalten. Vom tropfenden<br />
Wasser erlosch jedoch seine<br />
Fackel. Da stand er nun, neun<br />
Jahre alt, orientierungslos und in<br />
völliger Finsternis. »Ich war mir<br />
sicher, dass ich in dem Finsternislabyrinth<br />
bleiben würde, und<br />
niemand würde mich je finden,<br />
denn es wusste ja keiner, dass<br />
ich da drinnen zu Tode gekommen<br />
war.« Vorsichtig hätte er<br />
sich vorgetastet und schließlich<br />
wie in den Abenteuern von<br />
Tom Sawyer einen Weg aus der<br />
»Höhle« gefunden.<br />
– Christina Heitkämper –<br />
Die Treppe führt in die Zionskirche. Heute<br />
ist der Ausgang verbarrikadiert.<br />
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