DER RING - v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
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Zwischen …<br />
}Wie sieht die Praxis aus? Wer<br />
ordnet Intensivbetreuungen an?<br />
Die Literatur zeigt, dass die<br />
Anordnung und Beendigung<br />
einer Intensivbetreuung im<br />
Wesentlichen dem ärztlichen<br />
Bereich zugeordnet ist. Dem<br />
Gesetz nach trägt der Arzt die<br />
Letztverantwortung. Die einseitige<br />
Verantwortung der Medizin<br />
hat für den Patienten bisweilen<br />
unschöne Nebenwirkungen.<br />
Zurzeit ist es zum Beispiel vielfach<br />
so, dass eine Maßnahme<br />
am Wochenende nicht beendet<br />
werden kann, wenn der anordnende<br />
Arzt keinen Dienst hat –<br />
auch wenn sie nicht mehr nötig<br />
ist. Die unnötige Verlängerung<br />
ist ein ethisches Problem und<br />
natürlich eine Belastung für das<br />
Personal. Sie ließe sich vermeiden,<br />
wenn die Pflege mehr Entscheidungsverantwortung<br />
hätte.<br />
Darum sollte eine kooperative<br />
Entscheidungsfindung explizit<br />
sichergestellt werden; zumal die<br />
Pflege ja in jedem Fall auch die<br />
Durchführungsverantwortung<br />
hat.<br />
}Ungefähr fünf Prozent der<br />
Pa tienten erhalten eine Intensivbetreuung.<br />
Ist sie immer nötig?<br />
Dafür müssten wir klarer definieren,<br />
wofür wir sie brauchen<br />
und entsprechende Daten zur<br />
Wirksamkeit erheben. Tatsache<br />
ist, dass diese Intervention häufig<br />
aus Gründen der Risikominimierung<br />
zur Anwendung kommt.<br />
Die Literaturrecherche zeigt,<br />
dass die Auslösung einer solchen<br />
Maßnahme mit der personellen<br />
Besetzung und der Qualifikation<br />
der Mitarbeiter zu tun hat –<br />
und mit Angst. Es geht darum,<br />
Schaden abzuwenden – von den<br />
Patienten, den Mitarbeitern und<br />
auch von der Einrichtung. Je größer<br />
die Angst vor einem Schaden<br />
ist, desto eher werden Intensivbetreuungen<br />
durchgeführt. Das<br />
ist dann weniger der Erkrankung<br />
des Patienten als der Kultur des<br />
Hauses geschuldet.<br />
}Was können Kliniken für eine<br />
gute Kultur in ihrem Haus tun?<br />
In Großbritannien verfügt ein<br />
Großteil der Gesundheitsdienstleister<br />
über schriftliche Richtlinien<br />
für die Durchführung<br />
von Intensivbetreuungen. Wir<br />
gehen davon aus, dass die Zahl<br />
der Maßnahmen sinkt und ihre<br />
Qualität sich erhöht, wenn die<br />
Klinikleitung Behandlungsstandards<br />
formuliert. Sie muss unter<br />
anderem Kriterien für die Auslösung<br />
von Intensivbetreuungen<br />
festlegen, verbindlich definieren,<br />
wer für das Ansetzen, Durchführen<br />
und Absetzen der Maßnahmen<br />
verantwortlich ist und die<br />
hierfür notwendige Qualifika<br />
Die Fixierung eines Patienten darf nur begleitet von einer intensiven Betreuung erfolgen.<br />
Wichtig ist die Dokumentation der Maßnahme.<br />
tion der Mitarbeiter sicherstellen.<br />
Ganz wichtig sind auch die<br />
Dokumentation der Maßnahmen<br />
und ihre zeitnahe systematische<br />
Auswertung. Aktuell fehlen in<br />
Deutschland Daten, die hier<br />
eine bessere Steuerung möglich<br />
machen. Außerdem wird in der<br />
Literatur der Einsatz von Aufklärungsbogen<br />
für die Patienten,<br />
ähnlich wie bei einer Operation,<br />
gefordert.<br />
}Wie geht es weiter?<br />
Ende vergangenen Jahres haben<br />
wir das NRWGesundheitsministerium<br />
im Rahmen der Deutschen<br />
Fachgesellschaft Psychiatrische<br />
Pflege in einem offenen<br />
Brief auf die Problematik hingewiesen<br />
und wurden daraufhin<br />
zu einem Diskussionsgespräch<br />
nach Düsseldorf eingeladen. Als<br />
nächsten Schritt planen wir eine<br />
Expertenbefragung mit Vertretern<br />
von Betroffenen, Angehörigen<br />
und der Medizin. Es muss<br />
in Deutschland mehr in der<br />
Versorgungsforschung getan<br />
werden. Der PsychiatrieExperte<br />
Tilmann Steinert sagte einmal,<br />
dass die Fixierung von Patienten<br />
nicht zugelassen wäre, wenn sie<br />
ein Medikament wäre. Dazu ist<br />
die Maßnahme im Hinblick auf<br />
Wirkung und Nebenwirkung zu<br />
wenig erforscht. Das lässt sich<br />
auch auf die Intensivbetreuungen<br />
übertragen. Hier besteht ein<br />
dringender Bedarf, Studien zu<br />
ihrer Wirksamkeit und auch zum<br />
subjektiven Erleben der Patienten<br />
anzustoßen.<br />
– Das Interview führte<br />
Petra Wilkening –<br />
Kontakt:<br />
Prof. Dr. Michael Schulz,<br />
EMail michael.schulz@fhdd.de<br />
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