DER RING - v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
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Jan Cantows Buch über Pastor Braune<br />
Im Hausgefängnis der Gestapo-Zentrale<br />
Über den ehemaligen Leiter<br />
der früheren Hoffnungstaler<br />
Anstalten Lobetal Paul Gerhard<br />
Braune ist eine neue Kurz biografie<br />
erschienen. Der Band<br />
ist der erste einer Notizenreihe,<br />
die die »Stiftung Topographie<br />
des Terrors« in Berlin in loser<br />
Folge herausgeben wird.<br />
Das Dokumentationszentrum<br />
der Stiftung befindet sich<br />
auf dem Gelände der beiden<br />
Zentralen »Reichsführung-SS«<br />
und »Gestapo«. Dort war<br />
während der NS-Diktatur<br />
Pastor Braune inhaftiert.<br />
Paul Gerhard Braune hatte mit<br />
einer Denkschrift gegen die<br />
Ermordung unheilbar kranker<br />
und behinderter Menschen protestiert.<br />
Dafür kam er 80 Tage in<br />
Haft. »Noch erwähnen möchte<br />
ich, daß ich in die Zelle hinein<br />
den Schutzhaftbefehl in rotem<br />
Papier bekam«, schreibt er in seinen<br />
Erinnerungen. Darin wurde<br />
ihm vorgeworfen, in unverantwortlicher<br />
Weise Maßnahmen<br />
des Staates und der Partei sabotiert<br />
zu haben. Unterschrieben<br />
war das Papier von Reinhard<br />
Heydrich, dem Leiter der Geheimen<br />
Staatspolizei (Gestapo) und<br />
einem der Hauptverantwortlichen<br />
der systematischen Ermordung<br />
der Juden in Europa.<br />
Widerstand gegen Terror<br />
»Aus der gleichgeschalteten<br />
Masse der Täter, Mitläufer und<br />
Zuschauer hebt sich Paul Gerhard<br />
Braune jedenfalls deutlich<br />
ab«, schreibt Prof. Dr. Andreas<br />
Nachama, geschäftsführender<br />
Direktor der »Stiftung Topographie<br />
des Terrors« und Herausgeber<br />
der Publikation, in seinem<br />
Vorwort. Es sei ein jämmerliches<br />
Bild von einer weitgehend christlich<br />
geprägten Gesellschaft, dass<br />
der Mord an Patienten nicht nur<br />
von Teilen der Bevölkerung mitgetragen<br />
wurde, sondern auch<br />
Paul Gerhard Braune war der Leiter von<br />
Lobetal von 1922 bis 1954.<br />
von den Kirchen. Nur wenige<br />
hätten sich wie Paul Gerhard<br />
Braune zum widerständigen<br />
Verhalten entschieden, so Prof.<br />
Nachama.<br />
Paul Gerhard Braune wurde<br />
am 6. Dezember 1887 in Ostbrandenburg<br />
geboren. Der Vater<br />
war Pfarrer und sein Elternhaus<br />
geprägt von einer christlichen,<br />
nationalkonservativen Weltsicht,<br />
die er übernahm. Auch er wurde<br />
Pfarrer und studierte unter anderem<br />
in <strong>Bethel</strong>. Die Begegnung<br />
mit Friedrich von Bodelschwingh<br />
und die Arbeit mit behinderten<br />
Menschen beeinflussten seinen<br />
weiteren Lebensweg. 1922 folgte<br />
er dem Ruf Fritz von Bodelschwinghs<br />
und übernahm die<br />
Leitung der Hoffnungstaler<br />
Anstalten Lobetal bei Berlin.<br />
Foto: Archiv Presse + Kommunikation<br />
»Paul Gerhard Braune glaubte<br />
fest an eine gottgegebene Obrigkeit<br />
und Monarchie«, schreibt<br />
Jan Cantow. Der Archivar und<br />
Historiker der Hoffnungstaler<br />
Stiftung Lobetal ist der Autor<br />
der neuen BrauneBiografie.<br />
Darin zeigt er dessen Leben, Leistung,<br />
aber auch Grenzen auf.<br />
1933 konnte Braune dem neuen<br />
»Geschehen« in Gestalt von<br />
Adolf Hitler und der NSDAP noch<br />
viel Positives abgewinnen. Nach<br />
der Pogromnacht im November<br />
1938, als die Nationalsozialisten<br />
die Synagogen zerstörten, setzte<br />
er sich umso intensiver für »nichtarische<br />
Christen«, also für Menschen<br />
jüdischer Herkunft, ein.<br />
Haft nach Denkschrift<br />
Die kommunale Hoheit Lobetals<br />
nutzten Braune und seine<br />
engsten Mitarbeiter, um falsche<br />
Papiere auszustellen. Auch der<br />
Ermordung kranker und behinderter<br />
Menschen wollte er nicht<br />
tatenlos zusehen. Im Juli 1940<br />
überreichte er eine Denkschrift<br />
gegen die Euthanasie an den<br />
Chef der Reichskanzlei, Heinrich<br />
Lammers. Am 12. August wurde<br />
Paul Gerhard Braune verhaftet.<br />
Die Haft im GestapoGefängnis<br />
markiert seinen Wendepunkt.<br />
Aus dem nationalkonservativen<br />
Preußen wurde ein Gegner der<br />
Diktatur und ein Demokrat.<br />
– Silja Harrsen –<br />
Jan Cantow. »Pastor Paul<br />
Gerhard Braune«. Hentrich &<br />
Hentrich Verlag Berlin, 2012.<br />
120 Seiten, Klappenbroschur,<br />
12,80 Euro.<br />
ISBN 9783942271851.<br />
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