Vollzugshinweise zum Jugendschutzgesetz - Bayerisches ...
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Erziehungsbeauftragte<br />
Person<br />
Voraussetzungen<br />
für die erziehungsbeauftragte<br />
Person<br />
Abschnitt 1 Allgemeines<br />
§ 1 Begriffsbestimmungen<br />
2<br />
Das Gesetz gilt für Kinder und Jugendliche, die sich in seinem räumlichen Geltungsbereich<br />
(d. h. in der Bundesrepublik Deutschland) aufhalten. Ihre Staatsangehörigkeit<br />
ist unerheblich.<br />
Zu § 1 Abs. 1 Nr. 4:<br />
In § 1 Abs. 1 Nr. 4 wurde mit der Gesetzesnovellierung 2003 der bisherige Begriff<br />
des „Erziehungsberechtigten“ durch den Begriff der „erziehungsbeauftragten<br />
Person“ ersetzt. Dies kann jede Person sein, soweit sie<br />
• über 18 Jahre ist,<br />
• auf Dauer oder zeitweise Erziehungsaufgaben wahrnimmt und<br />
• aufgrund einer Vereinbarung mit der personensorgeberechtigten Person handelt.<br />
Außerdem können erziehungsbeauftragte Personen auch solche sein, die ein Kind<br />
oder eine jugendliche Person im Rahmen der Ausbildung oder der Jugendhilfe<br />
betreuen.<br />
Bei der Auslegung der Vorschrift schwierig gestaltet sich, was unter „Wahrnehmung<br />
von Erziehungsaufgaben“ zu verstehen ist, ob insbesondere besondere subjektive<br />
Anforderungen an die Geeignetheit und Qualität der beauftragten Person<br />
zu stellen sind, wie ein besonderes „Autoritätsverhältnis“ gegenüber dem Minderjährigen.<br />
Dies wird in zwei obergerichtlichen Entscheidungen verneint (OLG<br />
Nürnberg, Urteil vom 12.09.2006, Az.: 2 St OLG Ss 108/06 sowie OLG Bamberg,<br />
Beschluss vom 16.12.2008, Az.: 2 Ss OWi 1325/08).<br />
Die 2003 im Gesetzgebungsverfahren <strong>zum</strong> JuSchG von der Bundesregierung getroffene<br />
Annahme, es müsse ein Autoritätsverhältnis entstehen, ohne das Erziehung<br />
nicht denkbar sei (BT-Drs. 15/88, S. 11; so auch bisherige Fassung der bayerischen<br />
<strong>Vollzugshinweise</strong>), konnte sich damit in der Praxis jedenfalls der für das<br />
Ordnungswidrigkeitenrecht zuständigen Obergerichte nicht durchsetzen. Zwar<br />
führt das Oberlandesgericht Bamberg z. B. aus, dass der Begriff der „erziehungsbeauftragten<br />
Person“ in der von ihm vorgenommenen Auslegung im Einzelfall<br />
einem effektiven Jugendschutz zuwider laufen kann. Dies gelte vor allem dann,<br />
wenn es sich bei den begleitenden Personen lediglich um geringfügig ältere<br />
Freunde der Jugendlichen, etwa andere „Cliquenmitglieder“, oder um den volljährigen<br />
männlichen Freund einer Jugendlichen handelt. Dies unterstreicht aber letztlich<br />
nur, dass bei § 1 Abs. 1 Nr. 4, der 2003 gegen das Votum Bayerns eingeführt<br />
wurde, dringender bundesgesetzlicher Handlungsbedarf besteht.<br />
Eine wirksame Erziehungsbeauftragung liegt nach der bisherigen Rechtsprechung<br />
unter folgenden Voraussetzungen vor:<br />
• Die erziehungsbeauftragte Person muss volljährig sein.<br />
• Zwischen den Eltern bzw. der personensorgeberechtigten Person und der erziehungsbeauftragten<br />
Person muss eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall<br />
tatsächlich getroffen worden sein, mit der im Rahmen eines Auftragsverhältnisses<br />
die Aufsichtspflicht als Teil der Personensorge übertragen wird.