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CI-IMPULSE, Ausgabe 3-2010 - HCIG

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Fachbeitrag<br />

Warum <strong>CI</strong> nicht „überall“<br />

operieren lassen?<br />

Allgemein gilt für operative Maßnahmen dasselbe wie für<br />

handwerkliche Tätigkeiten: Wer eine Sache besonders oft<br />

macht, der wird sie – angemessene Geschicklichkeit vorausgesetzt<br />

– mit der Zeit auch besonders gut machen.<br />

Operieren kann man nicht aus Büchern lernen, man lernt<br />

es durch häufige Durchführung. Es ist auch auf keinen<br />

Fall so, dass „ein guter Operateur“ „alles“ gut operieren<br />

kann. Das gibt es nur im Fernsehen. Auch ein sehr erfahrener<br />

Chirurg wird neue Eingriffe erst einstudieren<br />

müssen. Beispielsweise trainieren wir an der MHH-HNO<br />

neue Implantationstechniken mit neuen Implantaten<br />

grundsätzlich zunächst und sehr viel am anatomischen<br />

Präparat.<br />

Cochlea-Implantat-Operationen wiederum sind (noch) keine<br />

Alltags-Operationen – anders als etwa Mandeloperationen,<br />

die seit Jahren und mehrfach in jeder Stadt in Deutschland<br />

durchgeführt werden. Es gibt mehr Menschen, die an<br />

einer Mandelentzündung erkranken als Menschen, die<br />

gehörlos sind. Außerdem wird bei einer <strong>CI</strong>-Versorgung ein<br />

medizinisches Produkt verwendet, welches auch „gehandhabt“<br />

werden muss.<br />

Die erschreckende Tatsache, dass es sogar heute vereinzelt<br />

HNO-Ärzte gibt, die diese Implantate noch gar nicht<br />

richtig „wahrgenommen“ haben, illustriert diese „Seltenheit“<br />

deutlich. Das bedeutet zumindest derzeit, dass angesichts<br />

sehr vieler vorhandener Implantationskliniken in<br />

Deutschland in den kleineren Zentren die wünschenswerte<br />

operative Erfahrung sich nicht sammeln kann. Cochlea-Implantat-Operationen<br />

sind nicht einfach „Mastoidektomien“<br />

oder „eine andere Mittelohroperation“. Viele taube Ohren<br />

weisen zum Beispiel Innenohrmissbildungen auf, die besondere<br />

Erfahrung mit diesem „Gerät“ wünschenswert<br />

machen. Auch der eigentliche Zugang zur Hörschnecke,<br />

die sogenannte posteriore Tympanotomie, bringt eine nicht<br />

unerhebliche Gefährdung des Gesichtsnerven mit sich, die<br />

nur in erfahrenen Händen minimiert werden kann. Alleine<br />

eine große Patientenzahl kann zu dieser Erfahrung führen,<br />

denn eine solche posteriore Tympanotomie wird eben fast<br />

nur bei <strong>CI</strong>-Operationen durchgeführt.<br />

Dasselbe gilt für die Ingenieursleistungen. Auch hier zahlt<br />

sich Erfahrung durch große Stückzahlen aus. Vor allem die<br />

modernen Implantate mit hohen Reizfolgeraten sind nicht<br />

immer unproblematisch in ihrer Programmierung. Fälle<br />

spontaner Impedanzanstiege mit Verfall des Hörens und<br />

massiven Schwindelbeschwerden bei Fehlprogrammierung<br />

kamen wiederholt bei uns zur Vorstellung. Vereinzelt wurden<br />

solche Patienten sogar (unnötigerweise und erfolglos)<br />

reimplantiert, da der Hörnerv gefährdet war. Dies wäre eine<br />

27<br />

Komplikation, die schleichend auftritt, aber sicher einen<br />

bleibenden Nervenschaden hinterlassen würde.<br />

Und schließlich: Eine angemessene Rehabilitation und kontinuierliche<br />

Nachsorge lässt sich derzeit wirtschaftlich nur<br />

an größeren Zentren gewährleisten. Das mag sich in Zukunft,<br />

mit der weiteren Verbreitung der Implantate, ändern.<br />

Derzeit machen wir aber die Erfahrung, dass es Kliniken<br />

gibt, die ihren <strong>CI</strong>-Patienten nur eine minimale Rehabilitation<br />

anbieten, die bei weitem das Potential der Implantate<br />

nicht ausschöpft. Das bedeutet, dass die Patienten zwar<br />

besser hören als mit den Hörgeräten – aber eben deutlich<br />

schlechter als sie eigentlich mit <strong>CI</strong> VERSTEHEN könnten!<br />

Genauso beobachten wir, dass die meisten niedergelassenen<br />

Kollegen (verständlicherweise) bei Problemen im<br />

Zusammenhang mit dem Implantat nicht ausreichend sicher<br />

sind in ihren diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen.<br />

Hier stehen wir mit unserer ganzjährigen und<br />

dauerhaften Bereitschaft gern immer zur Verfügung. Auch<br />

dies ist eine wichtige Funktion für ein <strong>CI</strong>-Zentrum.<br />

Zusammenfassend ist deshalb derzeit zu wünschen, dass<br />

sich die <strong>CI</strong>-Implantationen in Chirurgenhänden konzen-<br />

trieren, die diesen Eingriff häufig durchgeführt haben UND<br />

durchführen und die die Gesamtverantwortung auch dauerhaft<br />

tragen wollen und können. Deshalb ist zu fordern,<br />

dass der Operateur über eine Infrastruktur verfügt, die eine<br />

angemessene Anpassung/Rehabilitation und eine ebensolche<br />

Nachsorge ganzjährig und dauerhaft garantiert.<br />

Typischerweise wird das alles nur an großen Zentren der<br />

Fall sein.<br />

Autorin Prof. Dr. med. Anke Lesinski-Schiedat<br />

Oberärztin HNO-Klinik & Hörzentrum Hannover<br />

(Dir.: Prof. Dr. T. Lenarz) MHH

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