CI-IMPULSE, Ausgabe 3-2010 - HCIG
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Erlebnisbericht<br />
Namaste Nepal!<br />
Eine Trekkingreise mit <strong>CI</strong><br />
Februar <strong>2010</strong>. Berlin versinkt in Eis- und Schneemassen<br />
und ich im Winterblues. Da erzählt mir eine Freundin, dass<br />
sie sich mit einer anderen Frau über Ostern zu einer zweiwöchigen<br />
Trekkingreise nach Nepal angemeldet hat. Ob<br />
ich mit wolle? Wandern. Sonne. Exotik. Aber ja, keine Frage!<br />
Obwohl ich eigentlich keine organisierten Reisen mag.<br />
Schon gar keine Gruppenreisen mit lauter Guthörenden.<br />
Was soll ich sagen – Nepal ist ein Fest für die Sinne. In Kathmandu<br />
kann man prächtige alte Tempelanlagen und Paläste<br />
besichtigen, rund um den großen Stupa von Bodnath die<br />
Gebetsrollen drehen und den Mönchen beim Singen der<br />
Mantras zuhören, oder durch die Altstadtgassen schlendern<br />
und die Menschen in ihren farbenfrohen Kleidern bewundern.<br />
Besonders schön ist es am frühen Morgen, bevor<br />
der Autoverkehr sich zum Inferno steigert. Dann dösen nur<br />
ein paar Rikschafahrer in ihren buntbemalten Gefährten.<br />
Dann breiten die Marktfrauen ihr Gemüse auf den Plätzen<br />
aus, die Teehändler schöpfen ein Glas nach dem anderen<br />
von der dampfenden Mischung aus Schwarztee, Milch und<br />
Gewürzen aus ihren großen Töpfen. Ein buddhistischer<br />
Mönch erbettelt sein tägliches Brot. Der Schläfer auf den<br />
Stufen des großen Tempels ist erwacht, reckt und streckt<br />
sich, dass man alle Rippen sieht. Beim Zeitungsjungen debattieren<br />
Leser die News des Tages. Hunde und heilige<br />
Kühe stochern in den auf der Straße zusammengefegten<br />
Müllhaufen. Aus den Häusern streben die Bewohner mit<br />
einer blumengeschmückten Schale Reis einem der vielen<br />
Hindutempel zu. Dort opfern sie, zünden ein Talglicht an,<br />
läuten die Tempelglocke und drücken sich und ihren Familienangehörigen<br />
die Tikka auf die Stirn – einen Punkt aus<br />
roter Farbe. Nach dem Zauber der frühen Morgenstunden<br />
versinkt Kathmandu in Lärm und Abgaswolken. Die Menschen<br />
gehen ihrem täglichen Überlebenskampf nach. Die<br />
meisten tun das mit einer Würde und einer gelassenen<br />
Freundlichkeit uns reichen Fremden gegenüber, die mich<br />
tief beeindruckt hat.<br />
Nach einigen Besichtigungstagen in Kathmandu und Umgebung<br />
brachen wir zum Trekking ins Annapurnagebiet auf,<br />
sieben Tage von Hütte zu Hütte.<br />
Unsere Gruppe hatte sich<br />
inzwischen gut zusammengefunden.<br />
Wir waren acht Frauen<br />
und zwei Männer zwischen<br />
30 und 50, bis auf ein Pärchen<br />
und uns drei Berlinerinnen<br />
alle Alleinreisende. Ich habe<br />
von Anfang an gesagt, dass<br />
ich ein <strong>CI</strong> habe und im Störlärm<br />
schlecht höre. Es dauerte<br />
dennoch ein bisschen, bis die<br />
anderen einschätzen konnten,<br />
Markttag in Kathmandu was ich mitbekomme und was<br />
40<br />
Die Autorin am Poon Hill<br />
nicht. Eine aus unserer Gruppe meinte anfangs, so richtig<br />
funktionieren würde mein <strong>CI</strong> ja wohl nicht, als ich sie bei einer<br />
rumpeligen Busfahrt schlecht verstand. Ich habe dann<br />
gesagt, dass es nicht mit einer Brille, sondern eher mit einem<br />
Holzbein zu vergleichen ist und die Technik in manchen<br />
Situationen an ihre Grenzen stößt. Für meine Mitreisenden<br />
war ich wahrscheinlich sehr schwerhörig, aber im<br />
Vergleich zu Hörgerätezeiten hörte ich unglaublich viel und<br />
fand in der Gruppe schnell Kontakt. Bei den obligatorischen<br />
Gruppenabendessen in Restaurants musste ich natürlich<br />
meine Kompromisse machen; da habe ich gegen Ende des<br />
Abends manchmal nicht mehr viel von der Unterhaltung<br />
mitbekommen.<br />
Beim Trekking war ich von hörtechnischen Einschränkungen<br />
weitgehend frei, da hat man nur die kleinen Geräusche der<br />
Natur um sich – den Wind, die Vögel und die Glöckchen der<br />
Maultierkarawanen, die in diesen straßenlosen Gegenden<br />
alle Güter transportieren. Da konnte ich mich wunderbar<br />
mit allen unterhalten oder auch einfach vor mich hinwandern<br />
und die Landschaft genießen. Und nachts traumhafte<br />
Ruhe, während andere die durch die dünnen Bretterwände<br />
der Hütte sägenden Schnarcher verfluchten. Ich teilte das<br />
Privileg der nächtlichen Ruhe übrigens mit einigen Touristen<br />
aus Japan, die sich in Gebärdensprache unterhielten<br />
und denen wir mehrmals unterwegs begegneten.<br />
Wir hatten ein wahres Luxustrekking: Vier Träger schleppten<br />
unsere schweren Rucksäcke, sodass wir nur unser Tagesgepäck<br />
schultern mussten. Dazu kamen drei Sherpas, die<br />
sich um alles Organisatorische kümmerten, vom Quartier<br />
bis zum Teekochen. Die Rundumbetreuung mag überflüssig<br />
erscheinen, hatte aber ihr Gutes: Trekking in diesem Gebiet<br />
heißt Treppensteigen. Stundenlang geht es auf Stufen die<br />
steilen Hänge hinauf oder hinunter. Was unsere Träger trotz<br />
ihrer Last locker in Badelatschen bewältigten, brachte uns<br />
zuweilen doch aus der Puste. Hinzu kam, dass wir eine von<br />
Krankheiten geschlagene Truppe waren: Zeitweise schleppten<br />
sich acht von uns zehn mit Brechdurchfall oder Erkältungen<br />
durch die malerische Berglandschaft. Keine Mahlzeit<br />
verging ohne Witzeleien über die „plain-rice-Fraktion“<br />
– diejenigen, die wieder einmal nur Reis oder Kartoffeln