Empathie: Gewinne und Verluste im ... - Jacobs University
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2.3.3 Perspektivenübernahme<br />
24<br />
– EMPATHIE – DEFINITION UND ERFASSUNG –<br />
Ein weiteres mit der empathischen Akkuratheit verwandtes Konstrukt, die Perspek-<br />
tivenübernahme, wurde in der entwicklungspsychologisch orientierten Forschung<br />
konzeptuell <strong>und</strong> methodisch in mindestens drei verschiedene Arten aufgeteilt (Steins<br />
& Wickl<strong>und</strong>, 1993). Dabei kann sich Perspektivenübernahme auf unterschiedliche<br />
Aspekte der Perspektive einer anderen Person beziehen: auf die räumlich-visuelle<br />
Perspektive, die gedankliche Welt oder die Gefühle der anderen Person (Steins,<br />
2006). Visuell-räumliche Perspektivenübernahme bezeichnet, wenn eine beobach-<br />
tende Person aufgr<strong>und</strong> der Wahrnehmung räumlicher Hinweisreize erkennen kann,<br />
aus welcher räumlichen Perspektive eine andere Person die Welt betrachtet (Piaget<br />
& Inhelder, 1999). Untersucht werden dabei in der Regel komplexe Perspektiven, wie<br />
sie bei der Betrachtung eines Bergmassives von mehreren Standorten aus entste-<br />
hen. Die Teilnehmer sollen sich dabei die verschiedenen Perspektiven unterschied-<br />
licher Beobachter (repräsentiert durch z.B. eine Puppe an den jeweiligen Positionen)<br />
vorstellen <strong>und</strong> durch Überlegung rekonstruieren. Konzeptuelle Perspektivenüber-<br />
nahme (auch kognitive Perspektivenübernahme, Rollenübernahme, sozial-kognitive<br />
Perspektivenübernahme) bezeichnet das Wissen darüber, wie sich Informationen<br />
<strong>und</strong> deren Kombinationsmöglichkeiten für verschiedene Personen zusammenfügen<br />
(Steins, 2006). In Untersuchungen zur konzeptuellen Perspektivenübernahme wer-<br />
den den Teilnehmern üblicherweise Bildergeschichten mit verschiedenen inter-<br />
agierenden Personen gezeigt. Im Anschluss werden die Teilnehmer gebeten, die<br />
Geschichte aus der Perspektive einer jeden Person nachzuerzählen (Oswald, 1996).<br />
Innerhalb einer eigenen Forschungstradition wird diese Fähigkeit auch als „Theory of<br />
Mind“ bezeichnet (z.B. Baron-Cohen, 1995; Leslie, 1987). Von emotionaler Perspek-<br />
tivenübernahme (auch affektiver Perspektivenübernahme) wird gesprochen, wenn<br />
sich die Perspektivenübernahme auf die Gefühle einer anderen Person bezieht. Aus<br />
beobachtbaren Merkmalen wie Haltung, M<strong>im</strong>ik, Gestik oder St<strong>im</strong>me kann der emo-<br />
tionale Zustand einer anderen Person identifiziert <strong>und</strong> verstanden werden (Oswald,<br />
1996). In Untersuchungen zur emotionalen Perspektivenübernahme werden den<br />
Teilnehmern üblicherweise Darstellungen von Emotionen (unter Verwendung von<br />
Bildergeschichten, Audio- oder Filmaufnahmen) gezeigt. Wenn die Teilnehmer in der<br />
Lage sind, die dargestellten Emotionen richtig zu identifizieren, so wird davon ausge-<br />
gangen, dass sie zur emotionalen Perspektivenübernahme in der Lage sind (Oswald,<br />
1996). Emotionale Perspektivenübernahme bezieht sich dabei nur auf die Wahr-