Empathie: Gewinne und Verluste im ... - Jacobs University
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– EMPATHIE – DEFINITION UND ERFASSUNG –<br />
(Eisenberg & Fabes, 1990). Die Person fühlt sich unbehaglich <strong>und</strong> überfordert<br />
(Batson, 1991). Im Gegensatz zu <strong>Empathie</strong> oder Mitgefühl wird unangenehmer<br />
Stress nicht mit einer Orientierung auf Andere, sondern mit einem starken Selbst-<br />
Fokus in Verbindung gebracht (Batson, 1991). Die Person sorgt sich um das eigene<br />
Wohlergehen <strong>und</strong> ist bemüht die eigene aversive emotionale Erregung zu redu-<br />
zieren. Es wird angenommen, dass eine Person, die ungenehmen Stress empfindet,<br />
versucht, der belastenden Situation so schnell wie möglich zu entfliehen. Dies<br />
geschieht durch Abwenden oder, falls dies nicht möglich sein sollte, auch durch Hilfe-<br />
verhalten (Batson, 1991).<br />
Ähnlich wie Mitgefühl kann unangenehmer Stress auf <strong>Empathie</strong> folgen. Dabei<br />
wird angenommen, dass unangenehmer Stress die Folge einer empathischen Über-<br />
erregung ist (Eisenberg et al., 1988). Unangenehmer Stress kann aber auch durch<br />
kognitive Prozesse ausgelöst werden, beispielsweise durch die Verbindung von<br />
stressreichen Erinnerungen aus der eigenen Vergangenheit mit der Situation einer<br />
anderen Person. Unangenehmer Stress bezeichnet somit eine eigenständige, an die<br />
unangenehme Situation einer anderen Person geb<strong>und</strong>ene Gefühlsqualität <strong>und</strong> geht<br />
damit ebenfalls über empathisches Mitschwingen hinaus. Dagegen betrachtet Davis<br />
(1983) unangenehmen Stress als affektive D<strong>im</strong>ension des multid<strong>im</strong>ensionalen Kon-<br />
strukts <strong>Empathie</strong> <strong>und</strong> somit als zur <strong>Empathie</strong> gehörend. Unangenehmer Stress wird<br />
über eine Skala (personal distress) <strong>im</strong> <strong>Empathie</strong>fragebogen von Davis (IRI; Davis,<br />
1980) gemessen. Diese Skala erfasst die selbstberichtete Tendenz einer Person,<br />
Unbehagen, Unruhe <strong>und</strong> Bedrängnis in Reaktion auf das Leid einer anderen Person<br />
zu empfinden. Wie bei den Konstrukten Perspektivenübernahme <strong>und</strong> Mitgefühl ent-<br />
scheidet die Breite des <strong>Empathie</strong>begriffes, ob unangenehmer Stress als eine Facette<br />
von <strong>Empathie</strong> oder als eventuell auf <strong>Empathie</strong> folgender, separater Prozess betrach-<br />
tet wird.<br />
Zusammenfassend kann auch das Konstrukt unangenehmer Stress (personal<br />
distress) klar vom in der vorliegenden Studie verwandten <strong>Empathie</strong>begriff abgegrenzt<br />
werden. Unangenehmer Stress bezeichnet ein selbstbezogenes, aversives Gefühl<br />
des Betroffenseins in Reaktion auf das Leid einer anderen Person <strong>und</strong> kann auf<br />
<strong>Empathie</strong> folgen. In der vorliegenden Studie wurde mit dem empathischen Mit-<br />
schwingen erfasst, in welchem Ausmaß eine Person die Gefühle einer anderen Per-<br />
son in emotional negativ <strong>und</strong> emotional positiv gefärbten Situationen geteilt <strong>und</strong> mit-<br />
empf<strong>und</strong>en hat. Dabei wurde nicht untersucht, ob in emotional negativ gefärbten