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Die Erschaffung und der Verfall oppositioneller Identität

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N^ 1<br />

1 FORSCHUNGSJOURNAL NSB 2/93<br />

auch klassische Themen <strong>der</strong> Rechten mit marktliberalen<br />

For<strong>der</strong>ungen nach Entstaatlichung zu<br />

verknüpfen: "Wir wollen alle unsere Mitbürger,<br />

die bestimmte Lebenshaltungen, Ansichten <strong>und</strong><br />

Handlungsweisen vertreten, vereinen, wollen <strong>der</strong><br />

integrierende Kern <strong>der</strong> rechten Bewegung<br />

sein." 26<br />

Für die Rechtsliberalen ist Politik im Sinn polemischer<br />

<strong>und</strong> konfrontativer Abgrenzung entscheidend<br />

(hochpolarisierende Feindbil<strong>der</strong>). <strong>Die</strong> ODS<br />

von V.Klaus for<strong>der</strong>te in diesem Sinn eine "umfassende<br />

Entbolschewisierung" des öffentlichen <strong>und</strong><br />

politischen Lebens, die offensichtlich auf die<br />

Wirkung alter <strong>und</strong> neuer Feindbil<strong>der</strong> gerichtet<br />

ist. Das strategische Ziel <strong>der</strong> "Dekommunisierungskampagne"<br />

war es, gegenüber konkurrierenden<br />

Parteien im Vorfeld <strong>der</strong> für 1992 angekündigten<br />

Parlamentswahlen Positionen im öffentlichen<br />

Leben zu besetzen.<br />

<strong>Die</strong> Unterschiede im politischen Stil <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Handlungsweise können auch noch unter einem<br />

weiteren Gesichtspunkt zusammengefaßt werden:<br />

<strong>Die</strong> "Rechtsliberalen" um V. Klaus orientieren<br />

sich direkt o<strong>der</strong> indirekt an Perspektiven<br />

eines elite-demokratischen Denkens, in dem sich<br />

Ansätze <strong>der</strong> Interessenpolitik mit Elementen des<br />

Populismus verbinden. <strong>Die</strong> "Liberale Bürgerbewegung<br />

(OH)" um <strong>Die</strong>nstbier orientiert sich<br />

eher an Elementen einer "freiheitlichen Bürgergesellschaft",<br />

die mit Vorstellungen einer repräsentativen<br />

Demokratie verknüpft werden sollen.<br />

Sie unternehmen so gesehen den Versuch,<br />

die "Werte <strong>der</strong> zivilen Gesellschaft zu verwirklichen"<br />

27<br />

.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Parlamentswahlen vom 5./6.<br />

Juni 1992 scheinen auf den ersten Blick den<br />

Übergang von den politischen Sammlungsbewegungen<br />

"Bürgerforum" <strong>und</strong> "Öffentlichkeit<br />

gegen Gewalt" (VPN) zu politischen Parteien<br />

als dominanten Akteuren zu belegen. Eine an<strong>der</strong>e<br />

Entwicklungstendenz ist allerdings noch<br />

gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong>: Das Scheitern <strong>der</strong> "Liberalen<br />

Bürgerbewegung" (OH) von J. <strong>Die</strong>nstbier an<br />

<strong>der</strong> parlamentarischen Sperrklausel <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erfolg<br />

<strong>der</strong> polarisierenden Wahlkampf strategie von<br />

V. Klaus "Demokratischer Bürgerpartei" (ODS)<br />

unterstreichen einen Bedeutungswandel <strong>der</strong> Politik:<br />

1. Es fehlen in <strong>der</strong> parlamentarischen Arena<br />

parteipolitische Positionen <strong>der</strong> Mitte 28<br />

. 2. Der<br />

Übergang von moralisch begründeten Politikvorstellungen<br />

(Havels Position) zu Machtorientierung<br />

<strong>und</strong> Nutzenkalkül scheint durch den<br />

Wahlerfolg <strong>der</strong> ODS abgeschlossen zu sein.<br />

3. Daneben treten unterhalb <strong>der</strong> Ebene des Wählerverhaltens<br />

zunehmend Anzeichen <strong>der</strong> Apathie<br />

<strong>der</strong> Bürger gegenüber den Parteien auf: Der<br />

Bürger "... mißtraut vor allem den politischen<br />

Parteien, mit <strong>der</strong> Konsequenz, daß er es ablehnt,<br />

selbst aktiv in die Politik - mittels einer<br />

Partei - einzutreten" 29<br />

.<br />

2.2. Das Problem <strong>der</strong> nationalen<br />

Unabhängigkeit <strong>der</strong> Slowakei<br />

Dem Bürgerforum fehlte eine Vorstellung des<br />

"tschechisch-slowakischen Ausgleichs" (Butora)<br />

30<br />

. Mit Ausnahme von Havel, <strong>der</strong> sich seit<br />

1989 in immer neuen Initiativen für eine fö<strong>der</strong>ale<br />

Lösung engagierte, wurde dieses Thema<br />

lange verschoben.<br />

<strong>Die</strong> slowakische Allianz "Öffentlichkeit gegen<br />

Gewalt" (VPN) hat sich als Bürgerbewegung<br />

Anfang 1991 gespalten: Im Auflösungsprozeß<br />

<strong>der</strong> VPN traten politische <strong>und</strong> kulturelle Trennungslinien<br />

auf, die stärker auf issues wie "Nation",<br />

Autonomie <strong>und</strong> "slowakische Unabhängigkeit"<br />

sowie ethnisch <strong>und</strong> regional bestimmten<br />

Feindbil<strong>der</strong>n ("Pragozentrismus") beruhten.<br />

<strong>Die</strong> "Bewegung für eine demokratische Slowakei"<br />

(HZDS) von Meciar, die sich im Frühjahr<br />

1991 aus <strong>der</strong> VPN heraus entwickelte, wurde<br />

zur stärksten politischen Kraft in <strong>der</strong> Slowakei<br />

31<br />

.

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