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Die Erschaffung und der Verfall oppositioneller Identität

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lungsbewegungen, die vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

diffuser <strong>und</strong> kaum artikulierter sozialer Interessen<br />

- <strong>und</strong> eines gegen die Hegemonialmacht<br />

gerichteten <strong>und</strong> über diese Abgrenzung definierten<br />

nationalen Interesses (nach demokratischer<br />

Nationalstaatlichkeit) - den öffentlich -<br />

politischen Raum zu allererst erschließen<br />

mußten.<br />

Nicht zufällig wird das Konzept <strong>der</strong> "civil<br />

society", das den Bürgerbewegungen in den<br />

achtziger Jahren zur Orientierung im Kampf<br />

gegen die Ein-Parteien-Herrschaft diente, auf<br />

seine weitere Tauglichkeit hin kritisch befragt.<br />

<strong>Die</strong> schon in den achtziger Jahren diskutierten<br />

Fragen zum Verhältnis von "civil society" <strong>und</strong><br />

"political society" gewinnen unter den verän<strong>der</strong>ten<br />

politischen Verhältnissen neue Akzentsetzungen.<br />

In ihnen drücken sich gleichwohl<br />

wesentliche Fragen von demokratischen Transformationsprozessen<br />

aus 4<br />

, die sich keineswegs<br />

eindeutig o<strong>der</strong> gar zwangsläufig auf ein idealtypisch<br />

beschreibbares Modell elitendemokratischer<br />

Konkurrenz hinbewegen, son<strong>der</strong>n eine<br />

Vielfalt institutioneller Ausformungen (wie<br />

auch demokratietheoretischer Bewertungen)<br />

denkbar erscheinen lasser?.<br />

Das rasche Ende des Bewegungszyklus in<br />

Osteuropa (1988-1990), als dessen Erben die<br />

neu entstandenen Parteien antreten, läßt sich<br />

nicht eindeutig hinsichtlich <strong>der</strong> zukünftigen<br />

Bedeutung von Bewegungshandeln <strong>und</strong> dessen<br />

Zuschnitt interpretieren. Gewiß kommt es in<br />

dem von den Bürgerbewegungen erschlossenen<br />

öffentlichen Raum zu Institutionalisierungen<br />

von sich professionalisierenden politischen<br />

Akteuren. Der demokratische Diskurs <strong>der</strong><br />

Bürgerbewegung ist Ausgangspunkt einer sich<br />

etablierenden Konkurrenz <strong>der</strong> neu entstehenden<br />

politischen Elite, die sich <strong>der</strong>zeit aus einem<br />

verwirrenden Gemisch von Dissidenten, Technokraten,<br />

Beamten, Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Nomenklatura-Bourgeoisie,<br />

von Reformsozialisten, Ver­<br />

FORSCHUNGSJOURNAL NSB 2/93<br />

tretern <strong>der</strong> Industriearbeiterschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Kirchen zusammensetzt 6<br />

.<br />

<strong>Die</strong> osteuropäischen Akteure <strong>der</strong> entstehenden<br />

konkurrenzdemokratischen Institutionen sind<br />

jedoch - im Spagat zwischen den noch ganz in<br />

<strong>der</strong> Tradition des paternalistisch-bürokratischen<br />

Staates an sie adressiertem hohen Erwartungen<br />

<strong>und</strong> den angesichts <strong>der</strong> ökonomischen<br />

Umbruchsituation geringen Möglichkeiten<br />

7<br />

- konfrontiert mit steigen<strong>der</strong> Abwendung<br />

von den Parteien <strong>und</strong> mit f<strong>und</strong>amentalen Legitimationsproblemen.<br />

Das Fehlen eindeutig<br />

artikulierter sozialer Interessen macht Politik<br />

als Interessenkompromiß schwierig (eineAusnahme<br />

bilden Ansätze ßr einen Sozial-Pakt in<br />

Polen). <strong>Die</strong> politischen Akteure sind gewissermaßen<br />

auf <strong>der</strong> Suche nach ihren sozialen<br />

Adressaten. <strong>Die</strong> fehlende Trennschärfe politischer<br />

Programme <strong>und</strong> die Komplexität <strong>der</strong><br />

Probleme des Transformationsprozesses steigern<br />

die Attraktivität populistischer wie nationalistischer<br />

Politikangebote ebenso, wie sie<br />

aktuell die Bedeutung <strong>der</strong> charismatischen<br />

Persönlichkeiten <strong>der</strong> Bürgerbewegung - ihrer<br />

moralischen Autorität - ßr die politischen<br />

Parteien <strong>und</strong> staatlichen Institutionen ßnktional<br />

konserviert. Einige dieser Persönlichkeiten<br />

(Walesa,Havel, Gönc) sind in beson<strong>der</strong>er Weise<br />

als Integrationsfiguren staatlicher Anerkennung<br />

etabliert, aber einem anhaltenden Anpassungsdruck<br />

<strong>und</strong> Verschleiß ausgesetzt, <strong>der</strong> ihre<br />

Bedeutung als mögliche Garanten einer demokratischen<br />

Transformation (im Sinne einer<br />

zukünftigen Bürgergesellschaft) sicherlich nicht<br />

unberührt läßt.<br />

Schon diese wenigen Hinweise machen deutlich,<br />

daß sich <strong>der</strong> "demokratische Transformationsprozeß<br />

" nicht ohne weiteres aus westlich<br />

geprägten Modellannahmen heraus mit Vorstellungen<br />

<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierungstheorie o<strong>der</strong><br />

eines institutionell "von oben" in die Wege<br />

geleiteten politischen Wandels interpretieren

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