Mai 2006 (PDF) - an.schläge
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Foster spaziert durch ihr Wien, erinnert<br />
sich und stellt unbequeme Fragen,<br />
wo die <strong>an</strong>deren lieber „ums Thema<br />
herum“ reden. Denn beim Treffen<br />
mit den ehemaligen Mitschülern und<br />
Mitschülerinnen soll der schöne<br />
Schein gewahrt werden. Doch was ist<br />
aus den ehemaligen Nazis, was aus<br />
den MitläuferInnen, und was aus den<br />
jüdischen MitschülerInnen geworden?<br />
Hat sich etwa gar nicht so viel verändert<br />
über die Jahre? Und was bleibt<br />
uns in Erinnerung?<br />
Fosters Buch versucht auf einer<br />
sehr persönlichen Ebene Antworten<br />
auf diese Fragen zu geben.<br />
Jutta Sommerbauer<br />
Edith Foster: Über die Jahre. Ein Klassentreffen in Wien<br />
Aus dem Amerik<strong>an</strong>ischen von Ines Rieder.<br />
Mit einem Nachwort von Frigga Haug,<br />
Milena Verlag 2005, 15,90 Euro<br />
Wien und die Frauen<br />
Über Petra Ungers Rundgänge durch<br />
Wien haben die <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> (06/2005)<br />
schon berichtet. Nun gibt es ihre<br />
Frauenspaziergänge im Rahmen einer<br />
neuen Buchreihe mit Wien-Schwerpunkt<br />
auch zum Nachlesen.<br />
In bewährt engagierter M<strong>an</strong>ier<br />
zeigt Petra Unger, dass Frauengeschichtsschreibung<br />
eigentlich kein<br />
Spazierg<strong>an</strong>g ist, vor allem deshalb,<br />
weil sie der traditionellen Historiographie<br />
gegen den Strich geschrieben<br />
werden muss.<br />
In 55 doppelseitigen Einträgen<br />
werden bek<strong>an</strong>nte und weniger bek<strong>an</strong>nte<br />
Frauen porträtiert, der Steph<strong>an</strong>sdom<br />
wird auf Frauendarstellungen<br />
abgeklopft, die Wiener Marktfrauen<br />
bekommen ihr längst fälliges<br />
Denkmal, die Pestsäule wird genauer<br />
unter die Lupe genommen, den Anfängen<br />
der Prostitution und des Frauenwahlrechts<br />
nachgespürt.<br />
Und mit „Es war einmal eine<br />
Frauenministerin“ legt Petra Unger<br />
den Finger auf eine noch g<strong>an</strong>z frische<br />
Wunde. Genau dieser differenzierte<br />
Blick auf Frauen und ihre (bis herauf<br />
zur Gegenwart verstümmelte) Geschichte<br />
ist es, der diese kleine<br />
Sammlung mit Wien-Konnex so wert-<br />
voll macht. Denn wie die Autorin im<br />
Vorwort selbst meint: „Frauengeschichte<br />
zu erfahren, ist nicht immer<br />
leicht.“<br />
Bibi Klein<br />
Petra Unger: Frauenspaziergänge<br />
Wo sich Frauen in Wien am besten treffen.<br />
Metro-Verlag <strong>2006</strong>, 9,90 Euro<br />
Schweinchen gehabt ...<br />
... im doppelten Sinn des Wortes<br />
haben Magda und Lisa – zwei Schweinemädchen,<br />
die eine dicke Freundinnenschaft<br />
verbindet.<br />
Beide verfügen über spezielle<br />
Fähigkeiten und Eigenschaften.<br />
(Beinah)-Unerschrockenheit, Tapferkeit,<br />
Stärke, Mut, Schnelligkeit und<br />
Sauschlauheit helfen ihnen, den gefährlichen<br />
Weg von der Schule nach<br />
Hause zu meistern. Gefährlich deswegen,<br />
weil sich eine Gruppe von<br />
Schweinebuben vor den beiden<br />
Freundinnen aufbaut, und so wie sie<br />
das tun, verheißt das nichts Gutes.<br />
Was d<strong>an</strong>n auf den folgenden Seiten<br />
abgeht <strong>an</strong> Aufmischerei der Saujungs,<br />
Einsatz eines Baumstamms als Brücke<br />
inklusive nervenaufreibenden Bal<strong>an</strong>ceakt<br />
gefolgt vom glimpflich endenden<br />
Absturz, Umleitung des Baustellen-Drachen-Baggers,<br />
auf dass er die<br />
Jungs in die Flucht schlägt usw. ist<br />
saukomisch.<br />
Die Bilder von Kathrin Schäfer,<br />
die auch den Text geschrieben hat,<br />
bezaubern durch ihren Witz (selten<br />
wurden verdutzte Schweinebuben so<br />
wunderbar aufs Papier gebracht)<br />
und ihre Unüberfülltheit, da bleibt<br />
noch viel Platz für eigene Geschichten!<br />
Dass der Papa von Lisa mit<br />
Kochschürze und Topf bewehrt sein<br />
Schweinekind <strong>an</strong> der Wohnungstür<br />
empfängt ist ein sehr nettes Detail.<br />
Eine kleine Sorge bleibt jedoch bestehen:<br />
Ist das fellartige Ding, das<br />
Magdas Schultasche ziert, eh nicht<br />
echt?<br />
Petra Öllinger<br />
Kathrin Schärer:<br />
Zwei dicke Freundinnen<br />
Sauerländer <strong>2006</strong>, 14,30 Euro<br />
Ab 3 Jahren<br />
neu.l<strong>an</strong>d<br />
Tyma Kraitt<br />
Alltagsrassismus<br />
lese.zeichen<br />
Rassismus ist nichts Neues, er ist hier auch keine Seltenheit.<br />
Gelegentlich k<strong>an</strong>n es schon mal zu Übergriffen kommen.<br />
Und wenn schon. Weshalb sich dem überhaupt noch<br />
widmen? Macht es Sinn sich etwas scheinbar so Alltäglichem<br />
entgegenzustellen? Die Antwort darauf k<strong>an</strong>n nur<br />
heißen, es macht Sinn. Jeder einzelne Übergriff ist genau<br />
einer zu viel. So musste ich mir erst neulich mit <strong>an</strong>sehen,<br />
wie während der Fahrt in der U-Bahn ein junger M<strong>an</strong>n,<br />
afrik<strong>an</strong>ischer Herkunft, verbaler Attacken auf tiefstem Niveau<br />
ausgesetzt war. „Du Drogendealer, geh zurück in den<br />
Busch, scheiß N...“ waren nur wenige Kostproben von<br />
dem, was er sich <strong>an</strong>zuhören hatte. Er blieb still. Dabei war<br />
er nicht der einzige. Niem<strong>an</strong>d im Wagon schien sich auch<br />
nur die kleinste Mühe machen zu wollen etwas zu entgegnen.<br />
Dieser Zust<strong>an</strong>d wurde natürlich von dem Rassisten<br />
genutzt, um seiner Hasstirade weiterhin freien Lauf zu lassen.<br />
Auch wenn es ihm sichtlich schwer fiel, wollte sich der<br />
junge Afrik<strong>an</strong>er nichts von seiner Betroffenheit <strong>an</strong>merken<br />
lassen und zog es vor den rassistischen Attacken mit<br />
scheinbarer Ignor<strong>an</strong>z zu begegnen. So entschloss ich mich,<br />
trotz meines eher schüchternen Naturells, etwas zu sagen,<br />
denn bloßes Schweigen war g<strong>an</strong>z einfach nicht mehr drin.<br />
„Schleich di Ham in die Türkei“, wurde mir von dem offensichtlich<br />
verärgerten M<strong>an</strong>n entgegnet. So fühlte er sich<br />
womöglich durch die Tatsache provoziert, dass eine junge<br />
Frau (eine Ausländerin, wahrscheinlich eine Türkin) ihm<br />
ins Wort fiel. Das Wortgefecht hielt noch einige wenige<br />
Stationen <strong>an</strong>. D<strong>an</strong>n stieg er endlich aus. Erleichterung kam<br />
auf. Dennoch war ich darüber verärgert, dass außer mir<br />
niem<strong>an</strong>d im St<strong>an</strong>de war, oder im St<strong>an</strong>de sein wollte dazwischen<br />
zu gehen.<br />
Kurz vor dem Aussteigen sprach mich eine Frau <strong>an</strong>. Sie<br />
meinte nur, dass es gut war sich einzumischen. Mehr als<br />
ein müdes Lächeln konnte ich jedoch nicht hervorbringen.<br />
Insgeheim verblieb ich mit der Frage, weshalb sie denn<br />
nicht zuvor etwas sagen konnte?<br />
Fo t o : p i xe l q u e l l e . d e<br />
mai <strong>2006</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 41