Gemessenes Leben - ADA-Aktive Diabetiker Austria

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Bewerten, Prüfen, Steuern, aber zunächst muss man: Messen! Die aktuelle Blutzuckerhöhe festzustellen, war jahrzehntelang ein Traum. Wir müssen vielen forschenden Firmen dankbar sein. Der Weg von der alten chemischen Küche bis zu heutigen Apps und Steuermöglichkeiten mithilfe neuester Messgeräte war lang! ■ Früher war NICHT alles besser Ich habe von Kollegen gehört, die früher mehrmals im Monat zum Hausarzt pilgern mussten, um die Höhe des BZ festzustellen. Dieser schrieb den Wert auf – und meist blieb es dabei. Ich erinnere mich an eine Dose mit Farbstreifen, ich konnte die Einfärbung am Streifchen vergleichen und musste dies selbstverständlich aufschreiben. Diese Aufzeichnungen blieben uninteressant, denn langsam wurde der HbA1c wichtiger. Dann kam die Ära der großen Messgeräte mit Streifchen für elektronische Messungen. Dicke Kästen verbanden die Messgeräte mit einem Computer – und dies war eine Revolution! Sehr rasch veränderte sich der Ton im Zusammenleben von begleitendem Arzt und Patienten: Nicht mehr der Patient war schuld an zu hohen Werten, sondern es konnte nachgewiesen werden, dass die vorgeschriebenen Spritz- und Essmöglichkeiten nicht zusammenpassten, dass täglich Löcher in der Insulindeckung beim Patienten auftraten, dass falsch – zu viel oder zu wenig – gegessen wurde. Nach langer Diskussion ergab dies eine große Verbesserung in der Diabetesführung. Ich persönlich lebte jahrelang mit einem Verzögerungsinsulin und an die Messun- gen angepasst mit verschiedenen Men- gen langsamer oder rascherer Kohlen- hydrate. Das Ergebnis war überraschend gut (HbA1c um 6,0 %) bis mein Messgerät falsche, d.h. zu optimistische Werte anzeigte und daher der HbA1c auf über 7 % hochkletterte. Die Ursachen wurden genau überprüft, denn ich machte einen Riesenwirbel: Ich war in der Klinik Irsigler, und die Leiterin der Ambulanz – eine ausgezeichnete Diabetologin – war sehr überrascht, als ich ihr mitteilte, dass ich ab diesem Abend auf Basis-Bolus- Therapie umsteigen würde. Es wurde natürlich sofort versucht, mir das zu verbieten. Ich müsse doch mehrere Tage im Spital bleiben, die Handhabung und die Theorie lernen, etc. Mein Einwand, ich sei geprüfter Diabetesberater und würde meine Kursgebühren zurückverlangen, wenn ich die Handhabung nicht zustande brächte, und der Verweis darauf, dass alle meine Freunde so ihren Zucker steuern, siegten! Und brachte super Ergebnisse. So ging es dann fast zwei Jahrzehnte weiter, die Messgeräte veränderten sich lediglich in ihrer Benutzerfreundlichkeit. ■ technisches Fortschreiten Es wurde zum Beispiel immer weniger Blut und immer weniger Zeit für eine Messung benötigt. Der große Fortschritt der letzten Monate – und hier bin ich wirklich begeistert – gelingt einigen Messgeräten, die in der Lage sind, uns die Angst vor Hypos zu nehmen sowie die Angst, durch zu hohe Zuckerwerte Folgeschäden zu riskieren. Welcher Hintergrund macht diese neuen Messgeräte so interessant und pati- entenfreundlich, welche Vorteile bieten sie konkret? Im täglichen Leben steuern wir Diabetiker das Essen und die Gabe von Medikamenten nach zwei Richtwerten: zu hoch (> 200 % mg/dl BZ) birgt Folgen, zu niedrig (< 50 %) führt zu Hypos, Unbehaglichkeit, Kontrollverlust bis hin zu Bewusstlosigkeit. Geräte zur kontinuierlichen Blutzuckermessung können nun darauf eingestellt werden, Signale an der oberen und der unteren Grenze zu geben, z.B. ertönt es 2x alle 10 Minuten, wenn 180 erreicht ist, ADAjournal 01 / 2013 08
Ob vor HypO oder HypER – die neuen Messgeräte können uns die Angst davor nehmen! alle Cartoons: Georg Wolfrum und 3x, wenn 60 gemessen wird. Das heißt, das Gerät wird lästig, gibt keine Ruhe solange nicht wieder ein „guter“ Wert gemessen wird. ■ keine Vor- ohne Nachteile Es gibt natürlich auch Unannehmlichkei- ten: Der Patient muss einen kleinen Sen- der tragen, mit dünnem Röhrchen (7 mm lang) in den Körper hineinplatziert und mit Spezialpflaster angebracht, oder der Patient lebt überhaupt mit einer Insulin-Pumpe. Und der Empfänger – von einem Handy kaum zu unterscheiden – muss immer im Umkreis von einigen Metern liegen, um den Funkkontakt zu halten. Und je nach den persönlichen Schwankungen müssen weiterhin einige normale Messung gemacht und die Werte ins Gerät eingegeben werden. Da ich persönlich meine Insulingaben selber steuern will, empfehle ich, sich diese neue Technik unter www.nintamed.com oder unter www.dexcom.com/at anzusehen. Auf der englischen Webseite www.dexcom.com/dexcom-g4-platinum finden Sie einen kurzen Film. Mir persönlich ist es am wichtigsten, recht- zeitig vor Hypos gewarnt zu werden. Aber selbst wenn Sie nur die Wirksamkeit Ihrer oralen Diabetesmedikamente überprüfen wollen, also ob den ganzen Tag über der Blutzucker halbwegs stabil gehalten wird, sprechen Sie mit Ihrem diabetesfitten Arzt, mit Ihrer Ambulanz oder Station! Lassen Sie sich ein solches Messgerät geben – und wenn es nur mal für zwei Wochen zum Ausprobieren ist! Mit ein bisschen Hilfe modernster Technik können wir uns unser Diabetesleben erheblich erleichtern! Zum Abschluss ein Hinweis: Wenn Sie bei einer Hypo Fremdhilfe benötigen, ist die Polizei verpflichtet, Ihnen den Führerschein abzunehmen, ES SEI DENN Sie tragen ein solches Messgerät! Sie dürfen Ihren Führerschein nämlich behalten, „...wenn durch geeignete Maßnahmen, Schulung, Therapieumstellung und Blutzuckerkontrollen die Vermeidung von Hypoglykämien erreicht wird,“ sagt die EU- Verordnung. Gerne helfe ich bei Fragen weiter! Dr. Erich Wolfrum � Seite 26 Klein, handlich und lebenserleichternd – die neuesten Messgeräte Foto: Dexcom 09 ADAjournal 01 / 2013
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